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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_112/2010  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. September 2010  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Wyssmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1.  X.________ Export B.V.,  
2. X.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt B.J.C Heijmeijer, 
 
gegen  
 
Oberzolldirektion, Hauptabteilung Recht und Abgaben.  
 
Gegenstand 
Leistungspflicht (Art. 12 Abs. 2 VStrR), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 23. Dezember 2009. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
X.________ ist bzw. war Geschäftsführer und Mehrheitsaktionär der niederländischen X.________ Export B.V. in L.________/NL sowie der (inzwischen gelöschten) Y.________ S.A. mit Sitz in M.________, Kanton K.________. Letztere erwarb vom damaligen Bundesamt für Aussenwirtschaft die Generaleinfuhrbewilligung und beantragte die Zuteilung von Zollkontingentsanteilen für die Einfuhr von Schnittblumen. Gestützt darauf führte die Y.________ S.A. Schnittblumen zum gegenüber dem Ausserkontingentszollansatz (AKZA) vergünstigten Kontingentszollansatz (KZA) ein. Transport und administrative Abwicklung erfolgten durch die X.________ Export B.V. Am 22./23. Juli 1997 wurde das eintreffende Transportfahrzeug der X.________ Export B.V. durch den Schweizer Zoll in Basel angehalten und durchsucht, Chauffeur und Mitfahrer wurden einvernommen. Am 23. Juli 1997 leitete die Zollkreisdirektion Basel eine Untersuchung ein. Es bestand der Verdacht, dass die Y.________ S.A. sich fiktiver Rechnungen Schweizer Floristen über inländische Blumenkäufe bedient und damit zu Unrecht Zusatzkontingente für die Einfuhr von Schnittblumen zum vergünstigten Kontingentszollansatz (KZA) erwirkt hatte. Im Zuge der weiteren Ermittlungen wurden diverse Personen befragt und fanden Durchsuchungen bei der Y.________ S.A. und bei den schweizerischen Floristen statt. Am 6. August 1997 wurde auch X.________ durch die Zollkreisdirektion Basel einvernommen. 
 
Mit zwei Verfügungen vom 10. Juni 2002 erklärte die Zollkreisdirektion X.________ und die X.________ Export S.A. je für eine Zollforderung im Betrag von Fr. 395'728.25 und eine Mehrwertsteuerforderung (Einfuhrsteuer) in der Höhe von 7'914.60 leistungspflichtig. 
 
Eine Beschwerde der Betroffenen hiess die Eidgenössische Oberzolldirektion mit Entscheid vom 29. Juni 2007 teilweise gut und setzte die Leistungspflicht für den Zoll auf Fr. 383'509.-- und für die Einfuhrsteuer auf Fr. 7670.20 herab. Im Übrigen wies sie die Beschwerde ab. 
 
B.   
Mit Urteil vom 23. Dezember 2009 wies das Bundesverwaltungsgericht die gemeinsame Beschwerde der X.________ Export S.A. und von X.________ ab, soweit darauf einzutreten war. 
 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die X.________ Export S.A. und X.________ gemeinsam, es sei der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2009 aufzuheben; von der Verfügung einer nachträglichen Leistungspflicht für die Abfertigung von Blumen in den Jahren 1996 und 1997 sei abzusehen. 
 
Mit Verfügung vom 4. März 2010 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
Die Eidgenössische Zollverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung der Zoll- und Mehrwertsteuer-Gesetzgebung können mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerdeführer, die für die nicht abgeführten Abgaben leistungspflichtig erklärt worden sind, besitzen ein aktuelles und praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und sind zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Eingabe ist einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerdebegründung ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten ist ausdrücklich zu rügen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dieser kann, soweit rechtserheblich, nur beanstandet werden, wenn er offensichtlich unrichtig erscheint, oder in Verletzung von Verfahrensrechten ermittelt wurde (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet, dass die Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein muss (BGE133 II 249 E. 1.2.2). Es gelten daher für die Sachverhaltsrüge wegen Willkür ähnlich hohe Anforderungen an die Begründung der Beschwerde, wie bei der Rüge der Verletzung von Grundrechten gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 133 II 249 E. 1.4.3). Es wird im Zusammenhang mit den einzelnen Rügen zu prüfen sein, ob die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen genügt. 
 
1.3. Am 1. Mai 2007 trat das neue Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) in Kraft. Zollveranlagungsverfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits hängig sind, werden nach dem bisherigen Recht abgeschlossen (Art. 132 Abs. 1 ZG). Die Leistungspflicht, für welche vorliegend die Nachzahlungen verfügt wurden, betreffen Einfuhren der Jahre 1995 bis 1997. Es finden daher noch die Vorschriften des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 mit den seitherigen Änderungen Anwendung (aZG, BS 6 465; AS 1973 644 und 1974 1857).  
 
Was die Einfuhrsteuer (Mehrwertsteuer) betrifft, so stand zur Zeit der fraglichen Einfuhren die Verordnung über die Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994 (aMWSTV, AS 1994 1464) in Kraft. Diese wurde am 1. Januar 2001 durch das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (aMWSTG; AS 2000 1300) ersetzt, welches seinerseits am 1. Januar 2010 durch das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) abgelöst wurde. Übergangsrechtlich findet auf die fraglichen Einfuhren noch die aMWSTV Anwendung (Art. 93 aMWSTG; Art. 112 MWSTG). Diese wurde vom Bundesrat gestützt auf Art. 8 der Übergangsbestimmungen der (alten) Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 erlassen und hat gesetzesvertretenden Charakter. 
 
1.4. Nach Art. 10 aZG umfasst die Zollzahlungspflicht auch die Verbindlichkeit zur Entrichtung oder Sicherstellung der Abgaben und Kosten, die gestützt auf andere als zollrechtliche Erlasse durch die Zollverwaltung zu erheben sind (vgl. BGE 75 I 355 E. 2 S. 360; Urteil 2A.220/2004 E. 2.3). Hierunter fällt auch die Steuer auf den Einfuhren (Art. 75 aMWSTV). Es gelten für diese die zollrechtlichen Bestimmungen, soweit die Mehrwertsteuerverordnung nichts anderes anordnet (Art. 65 aMWSTV).  
 
1.5. Die Schwerverkehrsabgabe war bereits im vorinstanzlichen Verfahren nicht mehr bestritten, wie auch die Nachbelastung für die Überschreitung der festgelegten Kontingentmengen des Jahres 1995 akzeptiert wurde und nicht mehr Streitgegenstand bildet (vgl. angefochtenes Urteil E. 2.2).  
 
2.  
 
2.1. Eine allfällige Verjährung der Zollabgabe und Einfuhrsteuer wäre zugunsten der Abgabepflichtigen von Amtes wegen zu berücksichtigen, weshalb die Frage der Verjährung zu prüfen ist (vgl. BGE 98 Ib 351 E. 2a; Urteil A.133/1987 vom 29. Oktober 1987, E. 4a, in: ASA 59 S. 255; s. auch BGE 101 Ib 348).  
 
Die Verjährung richtet sich vorliegend nach Art. 12 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 VStrR (SR 313.0), weil die geltend gemachte Leistungspflicht im Zusammenhang mit (objektiven) Widerhandlungen gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes steht (BGE 110 Ib 306 E. 3 S. 311 f.; Urteil 2A.457/2001 vom 7. Februar 2001, in: ASA 70 330 E. 2a). Nach diesen Vorschriften verjähren Leistungs- und Rückleistungspflicht nicht, solange Strafverfolgung und Strafvollstreckung nicht verjährt sind (Art. 12 Abs. 4 VStrR). Altrechtlich verjähren Strafverfolgung und -vollstreckung in fünf Jahren, wenn die Übertretung in einer Hinterziehung oder Gefährdung von Abgaben oder im unrechtmässigen Erlangen einer Rückerstattung, Ermässigung oder eines Erlasses von Abgaben besteht; die Frist kann durch Unterbrechung um nicht mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden (Art. 11 Abs. 2 VStrR). Sie ruht zudem bei Vergehen und Übertretungen während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerde- oder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht (Art. 11 Abs. 3 VStR). 
 
Neurechtlich beträgt diese Frist aufgrund des revidierten Art. 333 Abs. 6 lit. a des Strafgesetzbuches (StGB), der gemäss Absatz 1 auf das Verwaltungsstrafverfahren ergänzend Anwendung findet, zehn Jahre. Da jedoch die strafrechtliche Abteilung entschieden hat, dass die Verjährungsfrist für Übertretungsstrafen nicht länger sein könne als sie für Vergehen, die im gleichen Gesetz geregelt werden, gelte, findet neurechtlich die Verjährungsfrist von sieben Jahren für Vergehen auch auf die Übertretungen im Verwaltungsstrafrecht Anwendung (Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB, in Kraft seit 1. Januar 2007, AS 2006 3459; BGE 134 IV 328 E. 2.1). Sie ruht gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR bei Vergehen und Übertretungen während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerde- oder gerichtlichen Verfahrens über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht (BGE 134 IV 328 E. 2.2). Die Regeln über die Unterbrechung und das Ruhen der Verfolgungsverjährung wurden mit Änderung des StGB vom 22. März 2002 aufgehoben, doch wurde Art. 11 Abs. 3 VStrR davon ausgenommen (vgl. Art. 333 Abs. 6 lit. b und c StGB). 
 
2.2. Die Zoll- und Einfuhrsteuerwiderhandlungen betrafen die Jahre 1995 bis 1997. Die Kontingentszuteilung erfolgte letztmalig für die Periode vom 1. Mai bis 25. Oktober 1997. Das strafbare Verhalten dauerte bis zur Beschlagnahme und Durchsuchung des eintreffenden Transportfahrzeuges der Beschwerdeführerin und der Einvernahme des Chauffeurs und des Mitfahrers am 22./23. Juli 1997 durch den Zoll an. Strafrechtlich ist die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit aufgegeben worden. Mehrere tatsächliche Handlungen können nur noch ausnahmsweise als Einheit zusammengefasst werden (BGE 133 IV 256 E. 4.5.3; 131 IV 83 E. 2.4). Die Verjährung ist daher grundsätzlich in Bezug auf die einzelnen Widerhandlungen zu prüfen.  
 
Am 23. Juli 1997 wurde die Strafuntersuchung eingeleitet. Im August 1997 wurde auch der Beschwerdeführer befragt, womit altrechtlich die Strafverjährung von fünf Jahren unterbrochen und auf 7½ Jahre hinausgeschoben wurde (Art. 11 Abs. 2 VStrR). Am 10. Juni 2002 ergingen die Leistungsentscheide der Zollkreisdirektion Basel, welche in der Folge mit Beschwerde bei der Eidgenössischen Oberzolldirektion angefochten wurden. Die Leistungsentscheide decken altrechtlich somit den Zeitraum ab dem 10. Dezember 1994 ab. Seither ruht die Verfolgungsverjährung infolge der hängigen Beschwerdeverfahren über die Leistungspflicht (Art. 11 Abs. 3 VStrR). 
 
Neurechtlich wurde mit den Leistungsentscheiden vom 10. Juni 2002 die Verjährungsfrist, die sieben Jahre beträgt und nicht mehr unterbrochen werden kann, einzig für die Einfuhrdelikte ab dem 10. Juni 1995 eingehalten. Für Einfuhrdelikte zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 9. Juni 1995 wäre die Strafe und damit auch die Leistungspflicht verjährt. Wie sich aus dem Entscheid der Oberzolldirektion vom 29. Juni 1997 und dessen Anhang ergibt, waren die Zolldelikte des Jahres 1995 indes nur sehr geringfügig (Fr. 369.75 Zoll, Fr. 7.40 Mehrwertsteuer), und waren nur Einfuhren im Oktober 1995 betroffen. Die Verwendung falscher (fiktiver) Rechnungen zur Erlangung von Kontingentsvorteilen steht für das Jahr 1995 nicht in Frage. Sowohl nach altem wie auch nach neuem Recht (lex mitior, vgl. BGE 134 IV 328 E. 2.1 in fine) war im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Leistungsentscheide die Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten. Damit konnte auch die Leistungspflicht nicht verjähren (Art. 12 Abs. 4 VStrR). 
 
2.3. Mit der Vorinstanz (Urteil E. 6.6 in fine) ist aber festzuhalten, dass die Frist zwischen Einleitung der Untersuchung und dem Entscheid der Oberzolldirektion von fast zehn Jahren im Lichte von Art. 29 Abs. 1 BV offensichtlich zu lange dauerte, zumal die Untersuchung bereits im Jahre 1997 praktisch abgeschlossen war. Konsequenzen ergeben sich für das Verwaltungsverfahren daraus keine, da die Leistungspflicht nicht von der Dauer des Verfahrens abhängig gemacht werden kann. Diese wird vielmehr durch ebendiese Verjährungs- und Verwirkungsfristen gesetzlich beschränkt (s. auch Gerold Steinmann, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 13 zu Art. 29 BV).  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführer rügen in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass die untersuchende Zollbehörde ihre Rechte als "Beschuldigte" im Strafverfahren nicht gewahrt habe. Sie anerkennen wohl, dass im Verfahren über die Festsetzung der Leistungspflicht die im Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung gelangenden strafprozessualen Garantien nicht zu beachten sind. Sie machen aber geltend, dass die Zollbehörden vorliegend die Untersuchung von Anfang als Strafverfahren eingeleitet und durchgeführt hätten, weshalb die Behörden verpflichtet gewesen wären, ihnen die Rechte von Beschuldigten im Strafverfahren einzuräumen.  
 
3.2. Art. 62 und 63 VStrR unterscheiden klar zwischen dem Verfahren zur Festsetzung der Leistungs- oder Rückleistungspflicht einerseits und dem Strafverfahren andererseits: Während für die Strafverfolgung das VStrR massgebend ist (Art. 87 aZG bzw. 128 ZG) finden auf das Verfahren für die Festsetzung der nachzuentrichtenden oder zurückzuzahlenden Abgaben die Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften des betreffenden Verwaltungsgesetzes Anwendung (Art. 63 Abs. 1 VStrR; BGE 115 Ib 216 E. 3a; 114 Ib 94 E. 5b).  
 
Das hindert freilich die Verwaltungsbehörde nicht, sowohl über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht wie auch über die Strafe im gleichen Verfahren und in einem einzigen Entscheid zu befinden, sofern sie in beiden Verfahren erstinstanzlich zuständig ist (Art. 63 Abs. 2 VStrR). Das Verwaltungsstrafrecht hat - anders als im Recht der direkten Steuern (vgl. etwa Art. 153 Abs. 1 und 183 Abs. 1 und 1bis DBG, SR 642.11; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 32-41 zu Vorb. Art. 174-195 DBG) - die Trennung zwischen dem Leistungs- bzw. Rückleistungsverfahren und dem Strafverfahren noch nicht vollzogen. Das setzt allerdings voraus, dass die Zollverwaltung, wenn sie die beiden Verfahren verbindet, im Hinblick auf den Strafentscheid die strafprozessualen Garantien zu Gunsten des Beschuldigten beachtet. Im Strafverfahren gelten namentlich die Unschuldsvermutung und die daraus abgeleiteten strafprozessualen Garantien (vgl. Art. 32 BV, Art. 6 Abs. 3 EMRK; Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 980 f.; Hans Vest, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 1 ff. zu Art. 32 BV; je mit Hinweisen). Eine Verletzung dieser Garantien hat aber auf die Gültigkeit der Leistungsentscheide keinen Einfluss. Für das Verwaltungsverfahren gelten die strafprozessualen Garantien nicht. Es dient hier lediglich der Festsetzung der Höhe der Leistungs- oder Rückleistungspflicht (BGE 115 Ib 216 E. 3b). 
 
3.3. Vorliegend führte die Zollkreisdirektion das Verfahren von Anfang an als Strafuntersuchung. Sie vernahm die verdächtigen Personen als "Beschuldigte" ein und bediente sich strafprozessualer Zwangsmassnahmen wie Beschlagnahme und Durchsuchung (Art. 46, 48 VStrR). Sie erliess in der Folge jedoch anscheinend noch keine Strafbescheide (Art. 64 VStrR), sondern verfügte lediglich über die Leistungspflicht. Für die Leistungsentscheide waren die strafprozessualen Garantien nicht zu beachten. Ob die Rechte der Beschuldigten verletzt worden sind und welche Folgen sich daraus ergeben, wäre zu prüfen, wenn ein Strafbescheid ergeht. Dort ist auch die Unschuldsvermutung und namentlich das Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung zu beachten, wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat (Urteil des EGMR  J.B. gegen Schweiz vom 3. Mai 2001, Recueil CourEDH 2002-III S. 455 §§ 63-71; s. jetzt auch Art. 183 Abs. 1bis DBG für die direkte Bundessteuer oder Art. 104 Abs. 2 und 3 MWSTG [SR 641.20] für die Mehrwertsteuer).  
 
4.  
 
4.1. Für die Zuteilung der Zollkontingente und die Einfuhr von Schnittblumen in den Jahren 1995 bis 1997 waren folgende Erlasse massgebend: das Landwirtschaftsgesetz vom 3. Oktober 1951, Fassung vom 16. Dezember 1994 (aLwG; AS 1953 1073, 1995 1837), die Allgemeine Landwirtschafts-Verordnung vom 21. Dezember 1953, Fassung vom 17. Mai 1995 (ALV; AS 1953 1129, 1995 1843), sowie die Verordnung über die Einfuhr von Gemüse, frischem Obst und Schnittblumen vom 17. Mai 1995 (VEGOS; AS 1995 2017).  
 
Gemäss Art. 23b Abs. 5 aLwG kann die Zuteilung der Zollkontingente von einer in einem zumutbaren Verhältnis zur Einfuhr stehenden Inlandleistung abhängig gemacht werden, das heisst, dass der Importeur gleichartige Inlandware übernimmt. Als Zollkontingent gilt nach Art. 28 Abs. 1 ALV diejenige Menge des landwirtschaftlichen Erzeugnisses, die gemäss der Agrarzollverordnung vom 17. Mai 1995 (AgZV) zum Kontingentszollansatz (KZA) eingeführt werden kann. Es handelt sich um einen gegenüber dem Ausserkontingentszollansatz (AKZA) vergünstigten Ansatz. 
 
Die Einfuhr von Schnittblumen ist in Art. 13 VEGOS geregelt: Frische Schnittblumen können zwischen dem 1. Mai und 25. Oktober im Rahmen von Zollkontingentsanteilen zum Zollkontingentsansatz (ZKA) eingeführt werden (Absatz 1). Die Zuteilung der Zollkontingente erfolgt gemäss den Kriterien zu 70 Prozent nach Massgabe der Gesamteinfuhr im vorangegangenen Jahr und zu 30 Prozent nach der erbrachten Inlandleistung (Abs. 3). Je nach Marktbedarf und Inlandangebot können über das Zollkontingent hinaus zeitlich befristete Zusatzkontingente zur Einfuhr zum KZA zugelassen werden (Absatz 6). Soweit Inlandware verfügbar ist, werden Anteile an Zusatzkontingenten nach Absatz 6 aufgrund eines Übernahmeschlüssels verteilt (Absatz 7). 
 
Das damalige Bundesamt für Aussenwirtschaft BAWI (heute das Bundesamt für Landwirtschaft, BLW) erteilte die Einfuhrbewilligungen, sprach die Zollkontingentsanteile zu, gab die Teilmenge der Zollkontingente und der Zusatzkontingente frei und kontrollierte insbesondere auch die Inlandleistungen und die Einhaltung der Einfuhrbedingungen (Art. 15 VEGOS). Zusatzkontingente wurden nur gewährt für nachgewiesene Inlandzukäufe. Der Nachweis erfolgte durch Einsendung der Einkaufsrechnungen an das BLW (vgl. Entscheid der Oberzolldirektion vom 29. Juli 2007, S. 2 oben). Einfuhren ausserhalb des Zollkontingents und eines allfälligen Zusatzkontingents unterlagen gemäss Art. 28 Absätze 1-3 ALV dem (höheren) Ausserkontingentszollansatz (AKZA) gemäss Agrarzollverordnung. 
 
4.2. Die Y.________ S.A. erwirkte Zusatzkontingente aufgrund fiktiver Rechnungen schweizerischer Floristen über Inlandkäufe. Die Vorinstanz liess offen, ob ein reines Tauschgeschäft zwischen Importeur und dem inländischen Abnehmer (Floristen) als "Inlandleistung" resp. "Übernahme von Inlandware" im Sinne von Art. 23b Abs. 5 LwG und Art. 13 VEGOS betrachtet werden kann. Die Frage muss auch hier nicht entschieden werden, da der Beschwerde bereits aus anderen Gründen kein Erfolg beschieden ist.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführer rügen zunächst Mängel der Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz. Sie machen geltend, die Behörde trage die Beweislast für Tatsachen, welche die Abgabe begründen. Es gehe nicht an, die gesamten Vorwürfe einzig auf die Aussagen des Floristen A.________ zu stützen. Für eine Quantifizierung seien die Rechnungen zudem nicht tauglich, da nicht bekannt sei, welche Menge Blumen die Beschwerdeführerin angeblich nicht übernommen haben soll. Tatsache sei, dass der Florist A.________ eingeräumt habe, dass es tatsächlich vereinzelt Tauschgeschäfte gegeben habe. Der Schluss, alle anderen Floristen hätten ausschliesslich fiktive Rechnungen ausgestellt, sei unzulässig.  
 
5.2. Die Vorinstanz erachtete es als erstellt, dass die Y.________ S.A. als Importeurin aufgrund falscher Rechnungen über den Bezug von Inlandware (Schnittblumen) bei inländischen Floristen für die Jahre 1996 und 1997 Zusatzkontingente für den Import erwirkte. Es handelte sich um insgesamt 24 Rechnungen, ausgestellt von vier inländischen Floristen, die zugleich Abnehmer der von der Y.________ S.A. importierten Schnittblumen waren. Diese Rechnungen erwiesen sich insofern als falsch (fiktiv), als die darin erwähnten Blumenlieferungen nie stattgefunden haben. Bei den vier Floristen handelte es sich um die B.________ AG, in N.________, die Firma C.________ AG, in O.________, die Gärtnerei A.________, in P.________, sowie die D.________, in Q.________.  
 
Der Vorinstanz standen zahlreiche Beweise und Berichte zur Verfügung, die dies bestätigen, wie namentlich die Protokolle der Einvernahme des Chauffeurs E.________ und des Mitfahrers G.________, die beim Grenzübertritt am 22./23. Juli 1997 in Basel angehalten und einvernommen wurden; der Bericht über die bei der Importeurin, Y.________ S.A., sowie deren Treuhänderin, F.________ S.A., in R.________, am 23. Juli 1997 durchgeführten Untersuchungen; die Einvernahmeprotokolle der Floristen A.________ und D.________ vom 23. Juli 1997 sowie von B.________, Verantwortlicher für die finanziellen Belange der B.________ AG, vom 15. Februar 2000 und von C.________, zuständig für die Blumenabteilung der Firma C.________ AG, vom 16. Februar 2000; ferner die Berichte über die Durchsuchung der Buchhaltungen bei den betroffenen Floristen A.________ (Bericht Zolluntersuchungsdienst Zürich vom 25. Juni 1998), D.________ (Bericht vom 23. Juli 1997 und Schreiben vom 24. Juli 1997 der Direktion IV. Zollkreis) und der B.________ AG (Bericht vom 24. Juli 1997) sowie das Schreiben des Beschwerdeführers an die Zollkreisdirektion Basel vom 30. Juli 1997 und das Protokoll von dessen Einvernahme vom 6. August 1997. 
 
Die Vorinstanz (Urteil E. 6.2 und 6.3) konnte keine Widersprüche oder gegenteilige Indizien entdecken. Soweit die Beschwerdeführer in allgemeiner Weise und ohne Spezifizierung die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz kritisieren, genügt ihre Eingabe den Anforderungen an die Begründung von Sachverhaltsrügen nicht (oben E. 1.2). Dass der Beschwerdeführer sich im Schreiben an die Zollkreisdirektion Basel vom 17. April 1998 von seinem Schreiben an die Oberzolldirektion vom 30. Juli 1997 sowie von seinen Aussagen anlässlich der Einvernahme vom 6. August 1997 distanzierte, lässt das Beweisergebnis nicht in einem anderen Licht erscheinen. Von einer Umkehrung der Beweislast kann ebensowenig die Rede sein: Angesichts der erdrückenden Last objektiver Beweise muss der Nachweis als geleistet betrachtet werden, dass die Lieferungen in den Rechnungsstellungen nur vorgetäuscht, fiktiv, waren und stellt sich die Frage der Beweislast nicht. Diese ist erst relevant, wenn eine beweiserhebliche Tatsache nicht nachgewiesen ist. 
 
5.3. Inwiefern Verfahrensvorschriften bei der Sachverhaltsermittlung verletzt worden sein könnten, ist nicht ersichtlich. Die untersuchenden Behörden bedienten sich der im Verwaltungsstrafrecht vorgesehenen Beweise und Untersuchungsmittel einschliesslich Durchsuchung und Beschlagnahme (Art. 37 ff. VStrR). Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass angesichts der Verwendung falscher Rechnungen zur unrechtmässigen Erwirkung von Zollkontingenten die Einleitung einer Strafuntersuchung nach Verwaltungsstrafrecht angemessen war. Die dabei sichergestellten Beweise konnten von der Behörde auch im Verwaltungsverfahren verwendet werden. Zwar stehen den Behörden im Verwaltungsverfahren nicht die gleichen Untersuchungsmittel offen wie im Verwaltungsstrafverfahren. Wenn jedoch in einem nach strafprozessualen Grundsätzen geführten Verfahren die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt, können sie diese auch im Verwaltungsverfahren verwenden (BGE 124 II 58 E. 3a, b S. 65 f. mit Hinweisen).  
 
5.4. Anhand der eingereichten 24 fiktiven Rechnungen lässt sich ohne Weiteres bestimmen, welche Zusatzkontingente zu Unrecht gewährt wurden. Die fiktiven Rechnungen sind daher - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführenden - für die Quantifizierung durchaus tauglich. Dabei ist auch unerheblich, dass der Florist A.________ ab und zu dem Chauffeur "etwas Blumen" übergeben hat. Angesichts des Umstands, dass die Rechnungsstellungen durch den Floristen A.________ und die übrigen Floristen fiktiv einzig zum Zweck erfolgten, die Behörden zu täuschen, muss den Fakturen die Eignung zum Beweis über Bestand und Umfang von Inlandbezügen von vornherein abgesprochen werden.  
 
 
6.   
In rechtlicher Hinsicht machen die Beschwerdeführer geltend, den gesetzlichen Bestimmung über Inlandkäufe (Art. 23b Abs. 5 aLwG) sei durchaus nachgelebt worden. Für den Bestand des Kaufgeschäfts nach Art. 184 ff. OR sei nicht erforderlich, dass die gekauften Blumen auch tatsächlich abgenommen würden. Für die "Übernahme" (gemeint wohl die "Inlandleistung" resp. Übernahme von "Inlandware" im zollrechtlichen Sinn) genüge es, wenn die Schnittblumen nach privatrechtlichen Grundsätzen gekauft und bezahlt würden. Die angeblich fiktiven Rechnungen seien denn auch tatsächlich bezahlt worden. 
 
Diese Vorbringen beruhen auf einer Verkennung der rechtlichen Zusammenhänge. Massgebend ist zollrechtlich die "Inlandleistung" resp. Übernahme von "Inlandware" im Sinne von Art. 23b Abs. 5 LwG und Art. 13 VEGOS (oben E. 4). Dieser Nachweis lässt sich am ehesten anhand der Fakturen erbringen, welche die Lieferungen und den zu zahlenden Preis bestätigen. Solche Fakturen hat denn auch die Y.________ S.A. eingereicht, um die Zusatzkontingente geltend zu machen. Nachdem diese Fakturen nicht auf realen Abnahmen beruhen, sondern fiktiv sind, kann damit die Berechtigung von Zusatzkontingenten aufgrund der Abnahme gleichartiger Waren im Inland nicht erbracht werden. 
Ob daneben tatsächlich ein Kaufvertrag im Sinne von Art. 184 ff. OR mit den betroffenen Floristen geschlossen wurde, ist zollrechtlich nicht von Belang. Abgesehen davon wären auch solche Kaufverträge als fiktiv einzustufen, nachdem eine Lieferung nie beabsichtigt war. Dass die Y.________ S.A. der D.________, in Q.________ am 19. August 1997 für die fraglichen Fakturen den Betrag von Fr. 32'386.-- überweisen liess (Belastungsanzeige der Credit Suisse vom 20. August 1997), vermag daran ebenfalls nichts zu ändern, zumal diese Zahlung einige Tage nach der Einvernahme des Beschwerdeführers durch die Zollkreisdirektion Basel vom 6. August 1997 erfolgte und D.________ bei der Einvernahme vom 23. Juli 1997 klar ausgesagt hatte, dass er der Y.________ S.A. Ware im Betrag von Fr. 40'847.-- in Rechnung gestellt habe, die nie geliefert wurde. Die Vorinstanz hat diese Rechnung und eine weitere Zahlung zu Recht als beweisuntauglich erklärt. 
 
7.  
 
7.1. Wurden die Zusatzkontingente somit zu Unrecht erteilt, ist auf der gestützt hierauf eingeführten Ware der ordentliche Zollansatz nachzuzahlen. Leistungspflichtig ist nach Art. 12 Abs. 2 VStrR, "wer in den Genuss des unrechtmässigen Vorteils gelangt ist, insbesondere der zur Zahlung der Abgabe Verpflichtete". Das Bundesgericht hat entschieden, dass der nach Art. 13 aZG Zollzahlungspflichtige nach Art. 12 Abs. 2 VStrR ohne weiteres leistungs- bzw. rückleistungspflichtig sei, ohne dass es auf ein subjektives Verschulden ankäme (BGE 129 II 160 E. 3.2; Urteil 2A.457/2000 vom 7. Februar 2001 E. 2a in: ASA 70 S. 330; je mit Hinweisen).  
 
Zu den Zollzahlungspflichtigen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 aZG gehören der Zollmeldepflichtige, das heisst derjenige, der die Ware über die Grenze bringt, die in Art. 9 aZG genannten Personen (Auftraggeber, Familienhaupt, Dienstherr) sowie derjenige, für dessen Rechnung die Waren eingeführt worden sind. Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt als "Auftraggeber" nicht nur derjenige, der im zivilrechtlichen Sinne mit dem Transporteur einen Frachtvertrag abschliesst, sondern jede Person, welche die Wareneinfuhr tatsächlich veranlasst (BGE 107 Ib 198 E. 6b S. 200; 89 I 542 E. 4 S. 544). 
 
7.2. Dass die Beschwerdeführer nach diesen Vorschriften für die Einfuhrabgaben haften, wird zu Recht nicht bestritten. Nach den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid übernahm die Beschwerdeführerin den Transport und die administrative Abwicklung und betätigte sich damit als Warenführerin. Der Beschwerdeführer ist Gründer und Mehrheitsaktionär der Beschwerdeführerin und führte die zollrelevanten Geschäfte durch. Er veranlasste auch die inländischen Floristen, fiktive Rechnungen auszustellen. Die beiden Beschwerdeführenden sind dem Kreis der Zollzahlungspflichtigen zuzurechnen und somit leistungspflichtig. Die Abgabeberechnung selbst ist im Übrigen nicht bestritten.  
 
8.   
Das führt zur Abweisung der Beschwerde. Als unterliegende Parteien haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen; sie haften hierfür solidarisch (Art. 65 und 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung für den vollen Betrag auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Oberzolldirektion und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. September 2010 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Wyssmann