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[AZA 7] 
C 50/02 Gb 
 
II. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; 
Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Urteil vom 20. Juni 2002 
 
in Sachen 
L.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jean-Pierre Menge, Quaderstrasse 5, 7000 Chur, 
 
gegen 
Arbeitsamt Graubünden, Grabenstrasse 8, 7001 Chur, Beschwerdegegner, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur 
 
A.- Mit Verfügung vom 18. Juni 2001 sowie mit zwei weiteren Verfügungen vom 3. August 2001 stellte das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Graubünden (KIGA) die 1963 geborene, als Servicefachangestellte tätige L.________ je wegen Ablehnung zumutbarer Arbeit ab 3. Mai 2001 sowie ab 8. und 23. Juni 2001 für die Dauer von zweimal 20 Tagen (Verfügung vom 18. Juni 2001 sowie erste Verfügung vom 3. August 2001) und einmal für 40 Tage (zweite Verfügung vom 3. August 2001), insgesamt somit für 80 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. 
 
 
B.- Gegen alle drei Verfügungen erhob L.________ Beschwerde; am 12. Juli 2001 gegen die Verfügung vom 18. Juni 2001 und am 14. September 2001 gegen die Verfügungen vom 3. August 2001. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden vereinigte die drei Verfahren und hiess mit Entscheid vom 8. Januar 2002 die Beschwerde vom 12. Juli 2001 sowie die zweite Beschwerde vom 14. September 2001 (gegen die Einstellungverfügung über 40 Tage) teilweise gut und verkürzte die Einstellungsdauer auf 7 bzw. 20 Tage. Die erste Beschwerde vom 14. September 2001 gegen die Einstellungverfügung über 20 Tage wies es ab. Zudem sprach es L.________ eine Parteientschädigung von Fr. 500.- zu. 
 
 
C.- L.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen, indem sie ihre vorinstanzlich gestellten Begehren um Aufhebung sämtlicher Einstellungen in der Anspruchsberechtigung erneuert und eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren von Fr. 2'500.- beantragt. 
Das KIGA und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Vorschriften zur Pflicht des Versicherten, Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu verkürzen (Art. 17 Abs. 1 AVIG) und eine zumutbare Arbeit anzunehmen (Art. 17 Abs. 3 AVIG) richtig wiedergegeben. Ebenso zutreffend sind die Ausführungen zur Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei Nichtbefolgen von Kontrollvorschriften oder Weisungen des Arbeitsamtes (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG). Darauf wird verwiesen. 
2.- a) Mit Verfügung vom 18. Juni 2001 wurde die Versicherte für 20 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt, da sie die Weisung des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) vom 2. Mai 2001, sich beim Restaurant X.________ um eine offene Stelle zu bewerben, nicht befolgt habe. Die Vorinstanz hat diese Sanktion im Grundsatz bestätigt, die Einstellungsdauer indessen auf sieben Tage reduziert. 
 
b) Die Versicherte macht geltend, sie habe sich ausreichend um die ihr zugewiesene Stelle beworben und habe es nicht zu verantworten, dass kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. 
 
c) Es ist unbestritten, dass sich die Versicherte bereits vor der Zuweisung vom 2. Mai 2001, nämlich am 26. April 2001, zusammen mit ihrem Ehemann schriftlich beworben hat. Nachdem ihr dieselbe Stelle nur sechs Tage später zugewiesen worden war, begnügte sich ihr Ehemann am 5. Mai 2001 mit einer telefonischen Nachfrage, wobei unklar ist, ob sich dieses Gespräch lediglich auf die ihm selbst angebotene Stelle oder auch auf die Bewerbung seiner Ehefrau bezog. 
 
 
Gemäss Art. 26 AVIV ist die Bewerbung in der Regel ordentlich, d.h. umfassend und dokumentiert, vorzunehmen. 
Der Formulierung "in der Regel" liegt aber auch nahe, dass in Ausnahmefällen eine weniger umfassende, beispielsweise eine telefonische Kurzbewerbung genügt. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Versicherte hat sich in casu rund eine Woche zuvor schriftlich beworben. Es wäre nicht sinnvoll gewesen, diese Bewerbung nach nur wenigen Tagen in gleicher Weise zu wiederholen. Vielmehr war es unter den gegebenen Umständen angemessen, sich nach dem Stand der Bewerbung beim Arbeitgeber telefonisch zu erkundigen. Angesichts der Tatsache, dass die Versicherte und ihr Ehemann sich in getrennten Schreiben, jedoch gleichzeitig, um zwei Stellen in demselben Restaurant beworben haben, kann angenommen werden, dass sich die Anfrage des Ehemanns auf beide Bewerbungen bezogen hat, zumal diese seitens der möglichen Arbeitgeberin bis zu jenem Zeitpunkt unbeantwortet geblieben waren. 
Dass die telefonische Kontaktaufnahme nicht durch die Versicherte persönlich, sondern durch ihren Ehemann erfolgt ist, kann ihr daher nicht zum Nachteil gereichen. Wesentlich ist, dass die Versicherte ihren Willen, sich um die offene Stelle zu bewerben, nochmals kundgetan hat. 
 
d) Es kann auch nicht gesagt werden, die Versicherte habe das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses durch überhöhte Lohnforderungen vereitelt. Dass sie im Rahmen ihrer Bewerbung ihre Lohnvorstellungen bekannt gegeben hat, kann ihr nicht angelastet werden, zumal diese dem bisherigen Gehalt an ihrer früheren Stelle entsprachen. Derartige Lohnvorstellungen sind Teil einer Bewerbung, ermöglichen sie doch dem potenziellen Arbeitgeber einen Vorentscheid darüber, ob eine Bewerberin für die offene Stelle in Frage kommt. Solange derartige Lohnvorstellungen real sind, sind sie nicht geeignet, das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zu vereiteln. Die Verfügung des KIGA vom 18. Juni 2001 ist demzufolge aufzuheben. 
 
3.- a) Mit Verfügung vom 3. August 2001 ist die Versicherte für 40 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden, weil sie die Weisung vom 7. Juni 2001, sich beim Restaurant Y.________ zu bewerben, nicht befolgt habe. Die Vorinstanz hat diese Verfügung im Grundsatz bestätigt, die Einstellungsdauer indessen auf 20 Tage gekürzt. 
 
b) Die Versicherte hat sich bei der zugewiesenen Stelle nur telefonisch beworben. In ihrer Rückmeldung vom 18. Juni 2001 teilte die mögliche Arbeitgeberin dem RAV mit, die Versicherte habe ausgeführt, sie sei gewohnt, à la carte zu servieren und eigne sich nicht für eine "Dorfbeiz". 
Sie wolle diese Stelle nicht annehmen. Es steht fest, dass die Arbeitgeberin eine Mitarbeiterin gesucht hat, blieb die fragliche Stelle doch weiterhin offen. Die Versicherte wäre verpflichtet gewesen, ihre Dienste unter allen Umständen anzubieten, zumal es sich um eine zumutbare Stelle handelte. Dies hat sie nicht getan, andernfalls wäre sie sicherlich zu einem Vorstellungsgespräch im Restaurant Y.________ eingeladen worden. Die Vorinstanz hat daher zu Recht angenommen, die Versicherte habe eine Anstellung vereitelt. 
 
Eine Befragung des Ehemannes der Versicherten über den Inhalt des Telefongespräches konnte unterbleiben, da auf ein beantragtes Beweismittel verzichtet werden kann, wenn die Verwaltung oder der Richter bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, der Sachverhalt, den eine Partei beweisen will, sei nicht rechtserheblich oder der angebotene Beweis vermöge keine Abklärungen herbeizuführen (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d mit Hinweisen). 
 
4.- a) Mit weiterer Verfügung vom 3. August 2001 ist die Versicherte für 20 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt worden, da sie die Weisung, sich am 22. Juni 2001 beim Textilworkshop Z.________ zu melden, nicht befolgt habe. 
 
b) Die Versicherte wurde mit eingeschriebenem Brief vom 12. Juni 2001 aufgefordert, sich beim Textilworkshop zu melden. Sie ist dieser Verpflichtung mit Brief vom 15. Juni 2001 nachgekommen. Danach hatte sie jederzeit mit einem Aufgebot zu einem Vorstellungsgespräch zu rechnen. Ein solches ist ihr mit eingeschriebenem Brief vom 19. Juni 2001 denn auch zugestellt worden. Diesem Aufgebot kam der Charakter einer Weisung zu. Die Versicherte hätte dieses Schreiben unmittelbar entgegennehmen oder - soweit sie bei der Zustellung nicht zugegen war - die Abholungseinladung unmittelbar nach der Zustellung einlösen müssen, zumal sie sicherzustellen hatte, dass die zuständige Amtsstelle sie in der Regel innert Tagesfrist erreichen konnte (Art. 21 AVIV). Da sie dies nicht getan und sich nicht innert nützlicher Frist um die Einlösung der Abholungseinladung gekümmert hat, missachtete sie die Weisung durch eigenes Verschulden und wurde zu Recht in der Anspruchsberechtigung eingestellt. 
 
c) Die von der Verwaltung verfügte und vom kantonalen Gericht bestätigte, im unteren Bereich des mittleren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. b AVIV) auf 20 Tage festgesetzte Einstellungsdauer in der Anspruchsberechtigung trägt den gesamten objektiven und subjektiven Umständen Rechnung und ist im Rahmen der Ermessensprüfung (Art. 132 OG; vgl. BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen) nicht zu beanstanden. 
 
 
5.- Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend, steht der Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 OG). 
Die Versicherte verlangt eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- für das kantonale Verfahren. Angesichts des Ausganges des vorinstanzlichen Verfahrens hat die kantonale Instanz eine aussergerichtliche Parteientschädigung von Fr. 500.- zugesprochen. Weil auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung kein bundesrechtlicher Anspruch auf Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren besteht (vgl. Art. 103 AVIG), ist davon abzusehen, die Akten zum allfälligen Entscheid über eine Parteientschädigung der Vorinstanz zuzustellen. Hingegen ist es der letztinstanzlich teilweise obsiegenden Beschwerdeführerin unbenommen, mit Blick auf den Ausgang des Prozesses vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht bei der Vorinstanz einen entsprechenden Antrag zu stellen. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
werden Ziffer 1a des Entscheides des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Graubünden vom 8. Januar 
2002 und die Verfügung des Amts für Industrie, Gewerbe 
und Arbeit Graubünden (KIGA) vom 18. Juni 2001 aufgehoben. 
Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Das Arbeitsamt Graubünden hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- 
 
 
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, der Arbeitslosenkasse Graubünden und dem Staatssekretariat für Wirtschaft 
 
 
zugestellt. 
Luzern, 20. Juni 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: