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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.57/2005 /bnm 
 
Urteil vom 27. Juni 2005 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Parteien 
1. X.________ Ltd., 
2. Y.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Advokat Dr. Marco Balmelli, 
 
gegen 
 
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft, Gerichtsgebäude, Bahnhofplatz 16, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Nachlassstundung; Veräusserung von Beteiligungen, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft vom 22. Februar 2005 (200 05 47). 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft (Dreierkammer der Abteilung Zivil- und Strafrecht) als Nachlassgericht bewilligte der Z.________ AG mit Sitz in B.________ am 11. Juni 2004 die provisorische und am 10. August 2004 die definitive Nachlassstundung. Als Sachwalter wurde W.________ eingesetzt. Mit Beschluss vom 2. November 2004 ermächtigte das Nachlassgericht die Z.________ AG in Anwendung von Art. 298 Abs. 2 SchKG unter anderem, ihre Beteiligungsrechte von 50% an der V.________ AG (Inhaberin der Markenrechte für Amerika, Australien, Neuseeland etc.), vorbehältlich des Vorkaufsrechts der Mitaktionäre für einen Betrag von 2 Mio. Franken zu verkaufen. Dem Sachwalter wurde zudem für das entsprechende Veräusserungsgeschäft die Berechtigung zur Geschäftsführung erteilt, und er wurde ermächtigt, dieses Rechtsgeschäft mit Einzelunterschrift rechtsgültig für die Z.________ AG zu unterzeichnen. 
B. 
Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 teilte der Sachwalter der X.________ Ltd. sowie Y.________ (Mitaktionäre der Z.________ AG) unter Hinweis auf sein Schreiben vom 21. Dezember 2004 mit, dass der Z.________ AG seit dem 24. September 2004 das Angebot einer türkischen Gesellschaft zum Kauf der 50%-Beteiligung an der V.________ AG für 2 Mio. Franken vorliege. Gleichzeitig bot er den Adressaten die Gelegenheit, von ihrem im "Pool-Agreement" vom 4. November 2002 vereinbarten Vorkaufsrecht innert Frist Gebrauch zu machen, andernfalls werde er die Beteiligung gestützt auf die Ermächtigung des Nachlassgerichts an die türkische Gesellschaft verkaufen. Gegen dieses Schreiben des Sachwalters erhoben die X.________ Ltd. und Y.________ betreibungsrechtliche Beschwerde und beantragten, es sei dem Sachwalter zu verbieten, die von der Z.________ AG gehaltenen Aktien der V.________ AG an die türkische Interessentin oder jede andere Person zu veräussern. Zur Begründung brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, das Vorkaufsrecht sei nicht zu dem vom Dritten angebotenen Preis, sondern zu dem (ebenfalls) im "Pool-Agreement" vorgesehenen, besonders zu berechnenden (Vorzugs-) Preis zu gewähren. Die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft wies die Beschwerde mit Entscheid vom 22. Februar 2005 ab. 
C. 
Die X.________ Ltd. sowie Y.________ haben den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 29. März 2005 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei dem Sachwalter zu verbieten, die von der Z.________ AG gehaltenen Aktien der V.________ AG an die türkische Interessentin oder jede andere Person ausser den Beschwerdeführern zu veräussern. 
 
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung keine Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) angebracht. Der Sachwalter beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen erwogen, dass kein Vorkaufsfall gemäss Ziff. 6.1 Abs. 3 des "Pool-Argreements" eingetreten sei, weil weder die Konkurseröffnung noch die Feststellung der Überschuldung bzw. die Insolvenz der Z.________ AG als Vertragspartnerin erfolgt sei, und gefolgert, die Kaufsofferte der Beschwerdeführer vom 30. Juli 2004 könne keine Wirkung entfalten. Weiter hat die Aufsichtsbehörde verneint, dass die Abmachung im "Pool-Agreement" (Ziff. 6.1 am Ende), wonach eine Veräusserung von mehr als 49% des Aktienkapitals der schriftlichen Zustimmung aller Vertragspartner bedinge, Anwendung finde, wenn der Aktienverkauf im Zwangsvollstreckungs- oder Nachlassverfahren stattfinde. Der Sachwalter sei mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 2. November 2004 ermächtigt worden, die Beteiligungsrechte im Umfang von 50% zu verkaufen, sodass nicht ersichtlich sei, dass er seine Befugnisse überschritten habe. Die Verfügung des Sachwalters sei folglich nicht zu beanstanden. 
1.2 Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen geltend, der Sachwalter halte sich nicht an die Vorgabe des Beschlusses vom 2. November 2004 des Nachlassgerichts, wonach das Vorkaufsrecht der Mitaktionäre vorbehalten sei. Der Sachwalter gewähre ihnen als Mitaktionären das Vorkaufsrecht zu Unrecht nicht nach den im "Pool-Agreement" vereinbarten Regeln, welche zu einem Kaufpreis von ca. Fr. 900'000.-- führten. Die Aufsichtsbehörde habe die massgebenden Bestimmungen im "Pool-Agreement" falsch ausgelegt, wenn sie den Eintritt des Vorkaufsfalles verneint und die Ausübung ihres Vorkaufsrechts als unwirksam betrachte. Sodann übergehe der Sachwalter mit dem Verkauf von 50% der Aktien der V.________ AG das Zustimmungserfordernis der Mitaktionäre; die betreffende Klausel im "Pool-Agreement" sei entgegen der Auffassung im angefochtenen Entscheid nicht unwirksam. 
2. 
2.1 Der Sachwalter nimmt als Vollstreckungsorgan eine öffentlichrechtliche Stellung ein (BGE 94 III 55 E. 2 S. 58). Deshalb sind seine Verfügungen mit Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG anfechtbar (Art. 295 Abs. 3 SchKG; Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl. 2003, § 54 Rz 21). 
2.2 Die Aufsichtsbehörde hat zu Recht angenommen, dass der Sachwalter mit dem Schreiben vom 11. Januar 2005 eine Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG getroffen habe. In der Tat liegt in der Erklärung des Sachwalters der Z.________ AG, das Angebot eines Dritten zum Kauf der Aktien der V.________ AG unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmen, keine blosse Absichtsäusserung, sondern der Sachwalter hat damit kraft seines Amtes Stellung bezogen (vgl. BGE 82 III 131 E. 1 S. 134). Der Brief an die Mitaktionäre sprach aus, was für die Schuldnerin verbindlich sein solle. Diese Anordnung über den Verkauf der Aktien der V.________ AG unterlag folglich der Anfechtung durch Beschwerde. 
2.3 Nach den die Legitimation zur Beschwerde nach Art. 17 ff. SchKG beherrschenden Grundsätzen ist anerkannt, dass Verfügungen des Sachwalters, welche in die Rechte Anderer eingreifen, von diesen Personen auch angefochten werden können (BGE 82 III 131 E. 1 S. 135; Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 50 zu Art. 295 SchKG). Die Beschwerdeführer sind durch das Schreiben des Sachwalters vom 11. Januar 2005 bzw. den Verkauf der Aktien und das innert Frist auszuübende Vorkaufsrecht ohne weiteres zumindest in ihren tatsächlichen Interessen betroffen (vgl. BGE 129 III 595 E. 3 S. 597). Die Beschwerdeführer sind folglich - wie die Aufsichtsbehörde zu Recht angenommen hat - zur Beschwerde legitimiert. 
3. 
3.1 Gemäss Art. 298 SchKG bewirkt die Nachlassstundung, dass der Schuldner seine Geschäftstätigkeit unter Aufsicht des Sachwalters fortsetzen kann. Der Nachlassrichter kann jedoch anordnen, dass gewisse Handlungen rechtsgültig nur unter Mitwirkung des Sachwalters vorgenommen werden können, oder den Sachwalter ermächtigen, die Geschäftsführung anstelle des Schuldners zu übernehmen (Abs. 1). Ohne Ermächtigung des Nachlassrichters können während der Stundung nicht mehr in rechtsgültiger Weise Teile des Anlagevermögens veräussert oder belastet, Pfänder bestellt, Bürgschaften eingegangen oder unentgeltliche Verfügungen getroffen werden (Abs. 2). 
3.2 Das Nachlassgericht hat die Z.________ AG mit Beschluss vom 2. November 2004 in Anwendung von Art. 298 Abs. 2 SchKG ermächtigt, ihre Beteiligungsrechte von 50% an der V.________ AG, (Inhaberin der Markenrechte für Amerika, Australien, Neuseeland etc.), vorbehältlich des Vorkaufsrechts der Mitaktionäre für einen Betrag von 2 Mio. Franken zu verkaufen. Im gleichen Beschluss hat das Nachlassgericht den Sachwalter zudem für das entsprechende Veräusserungsgeschäft die Berechtigung zur Geschäftsführung erteilt, und ihn ermächtigt, dieses Rechtsgeschäft mit Einzelunterschrift rechtsgültig für die Z.________ AG zu unterzeichnen. Die hier angefochtene Massnahme des Sachwalters hat sich in diesem Rahmen gehalten. Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 teilte der Sachwalter unter Hinweis auf das Schreiben vom 21. Dezember 2004 den Beschwerdeführern als Mitaktionären mit, dass er die 50%-Beteiligung der V._________ AG für 2 Mio. Franken an die türkische Anbieterin verkaufen werde, wenn die Beschwerdeführer nicht innert Frist von ihrem Vorkaufsrecht zum Preis gemäss Drittangebot Gebrauch machen würden. Von einer Überschreitung der Befugnisse des Sachwalters, wie sie ihm vom Nachlassrichter übertragen worden sind, kann insoweit nicht die Rede sein. 
3.3 Der Einwand der Beschwerdeführer, die Aufsichtsbehörde habe die Bestimmungen des "Pool-Agreements" unrichtig ausgelegt und ihr Vorkaufsrecht bzw. dessen Modalitäten sowie ihr Zustimmungsrecht zum Verkauf nicht gewahrt, ist unbehelflich. Wie es jedermann erlaubt ist, Ansprüche Anderer, die er für unbegründet hält zu bestreiten, so handelt auch ein Sachwalter rechtmässig, wenn er dem Schuldner aufgibt, sich Ansprüchen zu widersetzen, die nach seiner Ansicht mit den Wirkungen der Nachlassstundung nicht vereinbar sind (BGE 82 III 131 E. 2 S. 136; 129 III 94 E. 3.2.2 S. 99). Das Gleiche gilt im Rahmen von Geschäften, zu deren Vornahme der Sachwalter - wie hier - vom Nachlassrichter ermächtigt worden ist. Vorliegend war der Sachwalter, der die Interessen der Schuldnerin und der Gläubiger unparteiisch zu wahren hat (BGE 94 III 55 E. 2 S. 58; Gilliéron, a.a.O., N. 45 zu Art. 295 SchKG), gestützt auf das "Pool-Agreement" der Ansicht, es sei mit den Wirkungen der Nachlassstundung nur vereinbar, den Beschwerdeführern ein Vorkausrecht im Rahmen der Drittofferte (nicht der Vorzugskonditionen) zu gewähren, und es sei keine Zustimmung der Beschwerdeführer zur Veräusserung notwendig. Da diese Art der Stellungnahme weder als böswillig oder leichtfertig, d.h. jedes ernsten Grundes entbehrend, erscheint, muss es dabei sein Bewenden haben. Eine Prüfung der zivilrechtlichen Rechtslage steht - was auch die Vorinstanz verkannt hat - den Aufsichtsbehörden nicht zu (BGE 82 III 131 E. 2 S. 136); vielmehr wird über die Frage, ob bzw. nach welchen Modalitäten der umstrittene Aktionärsbindungsvertrag den Beschwerdeführern ein Vorkaufsrecht für die Zeit nach der Nachlassstundung gewähre und ob er eine Zustimmung der Beschwerdeführer zum Verkauf der Aktien erfordere, nur der Richter entscheiden können. Die Behauptung der Beschwerdeführer, sie hätten Anspruch auf Herausgabe der Aktien entsprechend dem "Pool-Agreement" und dieser Anspruch stelle keine Umgehung der Rechte anderer Gläubiger dar, geht daher ins Leere. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn die Aufsichtsbehörde im Ergebnis die Verfügung des Sachwalters geschützt und die Beschwerde abgewiesen hat. 
4. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Beschwerdegegner und der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 27. Juni 2005 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: