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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_905/2017  
 
 
Urteil vom 3. Mai 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Flurin Turnes, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
2. Eidgenössische Spielbankenkommission, Eigerplatz 1, 3003 Bern, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Übertretung des Spielbankengesetzes; Verjährung; Willkür etc., 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 12. Juni 2017 (SU160025-O/U/hb). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Im Rahmen einer koordinierten Aktion der Stadtpolizei Zürich wurde am 22. Dezember 2008 in der Gastwirtschaft A.________ in Zürich ein Glücksspielautomat "Super Competition" sichergestellt, worauf gegen X.________ als Patentinhaber der Gastwirtschaft wegen Verdachts auf Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken (SBG; SR 935.52) eine Strafuntersuchung angehoben wurde. 
Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) qualifizierte den Spielautomaten "Super Competition" mit Feststellungsentscheid vom 26. August 2010 als Glücksspielautomaten. Infolge von Beschwerden sistierte der Untersuchungsbeamte der ESBK am 2. Februar 2011 das Verwaltungsstrafverfahren. Er hob die Sistierung mit Schlussprotokoll vom 8. Februar 2013 wieder auf, nachdem die Beschwerden von Bundesverwaltungsgericht und Bundesgericht abgewiesen worden waren (Urteil 2C_744/2011 vom 10. April 2012). 
 
B.  
Die ESBK erliess einen Strafbescheid vom 28. März 2013, gegen welchen X.________ Einsprache erhob. 
Die ESBK büsste ihn mit Strafverfügung vom 24. Juni 2015 wegen Widerhandlung gegen Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG, begangen durch Anbieten eines Glücksspielautomaten des Typs "Super Competition" im Restaurant A.________ in der Zeit von September 2008 bis 22. Dezember 2008, mit Fr. 2'000.--. 
X.________ stellte ein Begehren um gerichtliche Beurteilung. 
Das Bezirksgericht Zürich bestätigte am 9. März 2016 die Strafverfügung vom 24. Juni 2015. 
X.________ erhob Berufung. 
Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X.________ am 12. Juni 2017 wegen Übertretung von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG mit einer Busse von Fr. 1'000.--. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und ihm die unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) zu gewähren. 
Das Bundesgericht wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung mit Verfügung vom 10. Oktober 2017 ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Belastung mit Kosten und Weiterem könnte zu einer unzulässigen Belastung führen (Beschwerde S. 6). Er belegt nicht, dass Vollzugsmassnahmen angeordnet wurden oder unmittelbar bevorstünden, und begründet keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 103 BGG (Urteile 6B_719/2016 vom 13. Oktober 2016 E. 2 und 6B_1157/2016 vom 28. März 2017 E. 1). Auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung ist nicht einzutreten. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verjährungsfrist für Übertretungen müsse zwingend kürzer sein als jene für Vergehen. In diesem Sinne bedürfe BGE 134 IV 328 E. 2.1 S. 330 ff. und die weiteren von der Vorinstanz zitierten Entscheide der Präzisierung. Es bedürfe einer richtigen Interpretation von Art. 333 Abs. 1 und 6 StGB, was zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils führen müsse. 
Die Vorinstanz führt aus, gemäss Art. 2 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) würden die allgemeinen Bestimmungen des StGB gelten, soweit das VStrR oder das einzelne Verwaltungsgesetz nichts anderes bestimmten. Gemäss Art. 57 Abs. 2 SBG verjährten Übertretungen nach fünf Jahren. Die Verjährungsfrist von Art. 11 Abs. 1 VStrR komme nicht zur Anwendung. Würde für Übertretungen eine längere Verjährungsfrist als für Vergehen desselben Gesetzes gelten, sei die Frist auf das für Vergehen geltende Mass zu reduzieren (mit Hinweis auf [aktuell] ULRICH WEDER, in: Donatsch et al., StGB/JStGB, 20. Aufl. 2018, N. 26 zu Art. 333 Abs. 6 StGB). Art. 57 Abs. 2 SBG sei seit Oktober 2002 nicht geändert worden. Damit wäre die ursprüngliche relative Frist auf 10 Jahre zu verlängern. Diese sei auf das für Vergehen geltende Mass zu reduzieren (mit Hinweis auf BGE 134 IV 328 E. 2.1 S. 332). Wie im vorinstanzlich ebenfalls zitierten Urteil 6B_395/2013 vom 13. Juni 2013 E. 2.2 ausgeführt wurde, beträgt die Verjährungsfrist für Übertretungen im Sinne des Spielbankengesetzes gleich wie die Verjährungsfrist für die Vergehen im Sinne dieses Gesetzes sieben Jahre. Es kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Untersuchung habe zu Beginn auf der Basis von Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG operiert. Er habe sich nicht bewusst sein müssen, um was es gehe. Art. 56 Abs. 1 lit. a und lit. c SBG hätten völlig unterschiedliche Ziele. Wenn von lit. a auf lit. c "geschwenkt" wurde, liege eine Klageänderung und ein Verfahrenshindernis im Sinne von Art. 329 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 325 lit. g StPO vor. Die Vorinstanz verneine dies (Beschwerde S. 4). 
Die Vorinstanz hält fest, dass die Überweisung als Anklage gilt. Diese habe den Sachverhalt und die anwendbaren Strafbestimmungen zu enthalten  oder auf die Strafverfügung zu verweisen (Art. 73 Abs. 2 VStrR). In der Überweisung der ESBK werde auf die Strafverfügung verwiesen, in welcher er in Anwendung von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG gebüsst worden sei. Weiter werde in der Überweisung festgehalten, dass er in der Strafverfügung der Widerhandlung gegen das SBG durch Aufstellen von Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung zum Zwecke des Betriebs, begangen durch Anbieten eines Glücksspielautomaten des Typs "Super Competition" im Restaurant A.________ für schuldig befunden worden sei. Die Vorinstanz verneint eine Anklageänderung. Er habe genau gewusst, gegen welchen Vorwurf er sich wehren musste. Bereits im Schlussprotokoll vom 8. Februar 2013 sei ihm der "Tatvorwurf" von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG zur Last gelegt worden (Urteil S. 16). Die vorinstanzliche Beurteilung ist offenkundig nicht zu beanstanden. Es kann auf das vorinstanzliche Urteil verweisen werden.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, ihr Urteil erweise sich in der rechtlichen Würdigung ebenfalls als rechtsfehlerhaft. Die ESBK habe nämlich bis vor Bundesgericht (Urteil 6B_709/2011 vom 5. Juli 2012 E. 2.4.1) die Meinung vertreten, Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG sei in einem Fall wie dem vorliegenden nicht anwendbar. Der Standpunkt der ESBK habe einiges für sich (Beschwerde S. 4 f.). Im Übrigen sei es mehr als eigenartig, dass ein Rechtsgenosse, welcher sich so verhalte, wie es die auf das SBG spezialisierte Bundesbehörde für richtig halte, schuldhaft handeln solle. Mit solcher Argumentation werde der Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen. Sollte eine andere Meinung vertreten werden, sei offensichtlich, dass bei ihm ein Rechtsirrtum vorliegen müsse (Beschwerde S. 5).  
Gemäss Art. 61 der Verordnung über Glücksspiele und Spielbanken vom 24. September 2004 (VSBG; SR 935.521) besteht eine Vorführpflicht für Geschicklichkeits- und Glücksspielautomaten. Diese Pflicht besteht uneingeschränkt (vgl. die Hinweise im mit heutigem Datum ergangenen Urteil 6B_899/2017 E. 2.3). Art. 61 VSBG wurde seit seinem Inkrafttreten am 1. November 2004 nicht geändert. Glücksspiele dürfen nur in konzessionierten Spielbanken angeboten werden (Art. 4 SBG). Gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG wird bestraft, wer Glücksspiele ausserhalb konzessionierter Spielbanken organisiert oder gewerbsmässig betreibt. Gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG wird bestraft, wer Spielsysteme oder Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung zum Zweck des Betriebs aufstellt. Als Patentinhaber einer Gastwirtschaft hatte sich der Beschwerdeführer über die Aufstellung von Geldspielautomaten zu informieren. 
Der Verbotsirrtum (Art. 21 StGB) ist schon ausgeschlossen, wenn der Täter aufgrund seiner laienhaften Einschätzung weiss, dass sein Verhalten der Rechtsordnung widerspricht, wenn er also in diesem Sinne das unbestimmte Empfinden hat, etwas Unrechtes zu tun (Urteil 6B_368/2017 vom 10. August 2017 E. 4.2). Vom Täter wird eine gewissenhafte Überlegung oder ein Erkundigen bei Behörden oder vertrauenswürdigen Personen verlangt (ANDREAS DONATSCH, StGB/JStGB, 20. Aufl. 2018, N. 6 zu Art. 21 StGB). Der Beschwerdeführer hätte mit Leichtigkeit mit einem Blick in das SBG erkennen können, dass Glücksspielautomaten in Gastwirtschaften verboten sind. Die Rechtsfrage, wie die erwähnten Litterae a und c von Art. 56 Abs. 1 SBG auszulegen sind, beschlägt in der vorliegenden Konstellation den Rechtsirrtum nicht (im Übrigen kann auf das mit heutigem Datum ergangene Urteil 6B_899/2017 verwiesen werden). Beide Arten von Zuwiderhandlungen sind strafbar. 
 
4.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, wenn die Behörde nichts unternehme, sondern sich darauf kapriziere, auf Basis einer nichtexistenten Rechtsgrundlage Razzien durchzuführen, dann liege nicht mehr rechtstaatlich vertretbares Handeln vor. Am 19. Mai 2008 sei ein Beamter des Kommissariats Gewerbedelikte erschienen und habe eine Dokumentation des "Super Competiton" übergeben. Die Sache sei nachweislich an die ESBK weitergeleitet worden (Beschwerde S. 5).  
Die zuständige ESBK ist denn auch tätig geworden. Es gibt keinen Anspruch des Täters, unverzüglich an weiteren Straftaten gehindert zu werden. Die Wahl der sachlich gebotenen Untersuchungsführung liegt im pflichtgemässen Ermessen der Strafverfolgungsbehörde. Gesetzmässige Untersuchungsmassnahmen dürfen grundsätzlich so lange dauern, wie es für die sorgfältige Sachverhaltsabklärung sachlich notwendig erscheint. Bei anhaltender Delinquenz haben die Behörden allerdings auch dem Rechtsgüterschutz und dem Grundsatz der gleichmässigen Durchsetzung des Strafrechts Rechnung zu tragen (BGE 140 IV 40 E. 4.4.2 S. 45 f.). 
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Beschwerdeführer sind die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Mai 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw