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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
1B_103/2018  
 
 
Urteil vom 20. März 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Richard Kälin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, 
Sicherheitsstützpunkt Biberbrugg, 
Postfach 75, 8836 Bennau, 
vertreten durch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, Postfach 1201, 6431 Schwyz, 
 
Gegenstand 
Haftentlassung (Ersatzmassnahmen), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz, Beschwerdekammer, vom 5. Februar 2018 (BEK 2018 21). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und weiterer Delikte. Am 10. November 2017 ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Schwyz vorläufig bis zum 6. Februar 2018 die Untersuchungshaft gegen ihn an. 
Am 10. Januar 2018 stellte A.________ ein Haftentlassungsgesuch, welches das Zwangsmassnahmengericht mit Verfügung vom 19. Januar 2018 wegen Fluchtgefahr abwies. Dagegen erhob er mit Eingabe vom 24. Januar 2018 Beschwerde beim Kantonsgericht des Kantons Schwyz und stellte sinngemäss den Antrag, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts sei aufzuheben und er sei mit sofortiger Wirkung aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Eventualiter seien Ersatzmassnahmen anzuordnen. Mit Beschluss vom 5. Februar 2018 hiess das Kantonsgericht die Beschwerde gut und ordnete die Entlassung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft an unter Anordnung folgender Ersatzmassnahmen: eine Ausweis- und Schriftensperre, die Auflage, sich wöchentlich auf dem Polizeiposten zu melden sowie die Auflage, einer geregelten Arbeit nachzugehen. 
 
B.   
Mit Eingabe vom 20. Februar 2018 hat A.________ Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der Beschluss des Kantonsgerichts sei hinsichtlich der Anordnung der Ersatzmassnahmen mit sofortiger Wirkungen aufzuheben. Eventualiter seien die Ersatzmassnahmen auf die Ausweis- und Schriftensperre zu beschränken. In formeller Hinsicht stellt er am 1. März 2018 ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Die Oberstaatsanwaltschaft hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Verlängerung von Untersuchungshaft resp. Anordnung von Ersatzmassnahmen. Dagegen ist die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 80 BGG i.V.m. Art. 227 und Art. 237 StPO). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind ebenfalls erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 197 i.V.m. Art. 221 Abs. 1 lit. a und Art. 237 Abs. 1 und 2 StPO. Das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts bestreitet er nicht. Er macht jedoch geltend, es liege keine Fluchtgefahr vor, eventualiter seien die angeordneten Massnahmen nicht verhältnismässig. Er wendet ein, obschon er deutscher Staatsangehöriger sei, habe er kein Interesse, nach Deutschland zu fliehen. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich in der Schweiz und er unterhalte einen vernachlässigbaren Kontakt zu Deutschland. Zudem müsse er im Falle einer Flucht damit rechnen, dass seine Niederlassungsbewilligung C erlösche, was nicht in seinem Interesse sei. Weiter bilde auch seine bereits in der Schweiz erstandene Haft einen Anreiz, in der Schweiz zu bleiben. Mit einer Flucht nach Deutschland riskiere er, dass Deutschland das Verfahren übernehme und ihm wahrscheinlich eine höhere Strafe drohe. Er lebe in geordneten (finanziellen) Verhältnissen, sei ausgenommen von zwei SVG-Delikten, nicht im Strafregister eingetragen und habe keine Schulden. Aus diesen Gründen liege weder eine ernsthafte Fluchtgefahr noch eine - auch nur niederschwellige - Fluchtneigung vor.  
 
2.2. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, es bestehe Fluchtgefahr. Diese sei jedoch gering, weshalb anstelle der Untersuchungshaft die erwähnten Ersatzmassnahmen ausreichend seien.  
 
2.3. Zwangsmassnahmen sind Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen und dazu dienen, Beweise zu sichern, die Anwesenheit von Personen im Verfahren sicherzustellen und die Vollstreckung des Endentscheids zu gewährleisten (Art. 196 StPO). Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt und wenn sie verhältnismässig sind (Art. 197 Abs. 1 StPO sowie Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 36 BV).  
 
2.4. Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Schwere der drohenden Sanktion zwar als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um einen Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse der beschuldigten Person, in Betracht gezogen werden (BGE 143 IV 160 E. 4.3 S. 167; 125 I 60 E. 3a S. 62; 117 Ia 69 E. 4a S. 70, je mit Hinweisen; Urteil 1B_61/2018 vom 27. Februar 2018 E. 3.1). Dazu gehören ihre familiären und sozialen Bindungen, ihre berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches. Selbst bei einer befürchteten Ausreise in ein Land, das die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (BGE 123 I 31 E. 3d S. 36 f.; Urteil 1B_322/2017 vom 24. August 2017 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 143 IV 330).  
Gemäss Art. 237 Abs. 1 bzw. Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO ordnet das zuständige Gericht anstelle der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen. Als mögliche Ersatzmassnahme kommt unter anderem eine Ausweis- und Schriftensperre (Art. 237 Abs. 2 lit. b StPO) in Frage. Zwar sind Ersatzmassnahmen bei ausgeprägter Fluchtgefahr regelmässig nicht ausreichend. Sie können aber geeignet sein, einer gewissen (niederschwelligen) Fluchtneigung ausreichend Rechnung zu tragen (vgl. Urteil 1B_14/2018 vom 31. Januar 2018 E. 3.6 mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist bei blossen Ersatzmassnahmen für Haft grundsätzlich ein weniger strenger Massstab an die erforderliche Intensität des besonderen Haftgrunds der Fluchtgefahr anzulegen als bei strafprozessualem Freiheitsentzug (BGE 133 I 27 E. 3.3 S. 31; Urteil 1B_459/2017 vom 14. November 2017 E. 2.2 mit Hinweisen). 
 
2.5. Im vorliegenden Fall sprechen verschiedene Gesichtspunkte für Fluchtgefahr. So besitzt der Beschwerdeführer die deutsche Staatsbürgerschaft und droht ihm aufgrund der neben weiterer Delikte angeblich begangenen qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr sowie eine obligatorische Landesverweisung. Zudem waren seine Arbeitsverhältnisse in der Schweiz nicht immer stabil, er wechselte mehrfach die Stelle und war im Zeitpunkt der Verhaftung ohne Arbeit. Zwar wurde ihm von einem ehemaligen Arbeitgeber eine (unbefristete) Anstellung in der Schweiz in Aussicht gestellt, im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird jedoch geltend gemacht, dass eine Weiterführung der temporären Anstellung, welche er nach seiner Entlassung angetreten habe, unklar sei.  
Indessen gibt es auch Indizien, die gegen Fluchtgefahr sprechen. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Niederlassungsbewilligung C und lebt mit seiner langjährigen Freundin, ebenfalls eine deutsche Staatsangehörige mit einer Niederlassungsbewilligung C, seit mehr als sieben Jahren in der Schweiz. 
In Würdigung sämtlicher Umstände ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass zwar keine ernsthafte, jedoch immerhin eine niederschwellige Fluchtgefahr weiterhin zu bejahen ist. Diese kann durch Ersatzmassnahmen gebannt werden. 
 
3.   
Eventualiter beantragt der Beschwerdeführer, die Ersatzmassnahmen seien aus Sicht der Verhältnismässigkeit auf die Ausweis- und Schriftensperre zu beschränken. Er legt aber nicht dar, inwiefern die Auflagen, sich wöchentlich und persönlich auf dem Polizeiposten zu melden und einer geregelten Arbeit nachzugehen, ihn unverhältnismässig einschränken würden. Dies ist auch nicht ersichtlich. Die von der Vorinstanz angeordneten Ersatzmassnahmen erscheinen vielmehr geeignet, erforderlich und zumutbar. 
 
4.   
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, das wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt er die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz und dem Kantonsgericht Schwyz, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. März 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier