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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
I 1081/06 
 
Urteil vom 23. Oktober 2007 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler, 
Gerichtsschreiber Arnold. 
 
Parteien 
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
U.________, 1965, Beschwerdegegner, 
vertreten durch lic. iur. H.________. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz 
vom 19. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1965 geborene, seit 1990 als Bauspengler/Dachdecker selbstständig erwerbstätige U.________ meldete sich am 25. Januar 2002 unter Hinweis auf Gelenk- und Rückenbeschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Schwyz klärte die medizinischen und beruflich-erwerblichen Verhältnisse ab und verneinte einen Leistungsanspruch (Verfügung vom 25. April 2002). Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab (Entscheid vom 27. September 2002). In Gutheissung der dagegen eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde hob das Eidgenössische Versicherungsgericht den kantonalen Gerichtsentscheid und die Verwaltungsverfügung auf und stellte fest, dass U.________ Anspruch auf Umschulungsmassnahmen habe (Urteil vom 5. März 2003, Dispositiv-Ziffer 1). 
Mit Verfügung vom 24. März 2004 übernahm die Invalidenversicherung die berufsbegleitende, dreijährige Umschulung zum Betriebstechniker TS ab 29. März 2004. Auf Gesuch des Versicherten hin kam die Verwaltung auf die Verfügung vom 24. März 2004 zurück und übernahm stattdessen neu die ebenfalls berufsbegleitende, zweijährige Umschulung zum SIU-Unternehmer mit Diplom für Unternehmungsführung (Verfügung vom 16. September 2004). Für die Zeit vom 5. März 2003 bis 4. März 2005 verfügte die IV-Stelle Warte- und Eingliederungstaggelder von je Fr. 70.- (Verfügungen vom 1. April 2004, 21. September 2004 und 4. Januar 2005); für die Zeit vom 5. März bis 31. Dezember 2005 von je Fr. 70.80 (Verfügungen vom 4. Januar und 5. Juli 2005) und vom 1. Januar bis 4. Mai 2006 von je Fr. 93.80 (Verfügung vom 18. Januar 2006). Auf Einsprachen (vom 3. Mai/1. Juni 2004 und 20. Juli 2005) hin wurde ein (Wartezeit-)Taggeldanspruch bereits ab 26. Mai 2002 bejaht (Einspracheentscheid vom 29. Mai 2006). 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz hiess die gegen den Einspracheentscheid eingereichte Beschwerde gut, soweit es auf diese eintrat, und wies die Verwaltung an, nach ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Taggeldanspruch ab 26. Mai 2002 neu zu verfügen (Entscheid vom 19. Oktober 2006). 
C. 
Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechts-begehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz beantragt die Abweisung der Beschwerde. U.________ lässt sich in gleicher Weise vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellung-nahme. 
D. 
Am 15. Februar 2007 (Datum Posteingang) reichte die IV-Stelle eine ergänzende Stellungnahme ein. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das letztinstanzliche Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft gewesen von 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006] in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
1.3 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung im Bereich der Invalidenversicherung ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (aArt. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung (aArt. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81). Auch besteht (entgegen aArt. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum Ganzen: BGE 132 V 393). 
2. 
2.1 Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist können - ausser im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels - keine neuen Akten mehr eingebracht werden. Vorbehalten ist der Fall, dass solche Aktenstücke neue erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG darstellen und als solche eine Revision des Gerichtsurteils rechtfertigen könnten (BGE 127 V 353). 
2.2 Ohne dass vorgängig ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet worden wäre, reichte die Beschwerdeführerin am 15. Februar 2007 eine ergänzende Stellungnahme ein. Diese Eingabe ist revisionsrechtlich unerheblich. Es handelt sich weder um neue Tatsachen noch um entscheidende Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG und der hiezu ergangenen Rechtsprechung (vgl. etwa BGE 127 V 353 E. 5b S. 358, 110 V 138 E. 2 S. 141, 291 E. 2a S. 293). Die nachträglich eingereichte Eingabe hat daher unbeachtet zu bleiben. 
3. 
Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, wie die für den Zeitraum vom 26. Mai 2002 (vgl. Art. 18 Abs. 2 IVV, wonach der Anspruch auf Wartezeittaggelder spätestens vier Monate nach der Anmeldung beginnt) bis 4. Mai 2006 zugesprochenen Taggelder zu bemessen sind. 
3.1 Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf die für die Taggeldbemessung in der Zeit vom 26. Mai 2002 bis 31. Dezember 2003 einschlägig gewesenen Bestimmungen und Grundsätze (insbesondere Art. 24 Abs. 1 und 2 IVG und Art. 21 Abs. 2 IVV, je in der bis 31. Dezember 2003 in Kraft gestandenen Fassung; Urteil I 365/00 vom 28. November 2001, E. 2-4, publ. in AHI 2002 S. 183) einlässlich und zutreffend erwogen, dass altrechtlich, d.h. vor Inkrafttreten der 4. IV-Revision am 1. Januar 2004, als Bemessungsgrundlage der Taggelder das Erwerbseinkommen heranzuziehen war, welches der Versicherte als Selbstständigerwerbender im letzten ganzen Kalenderjahr vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung erzielt hatte. Fehlte es an einer entsprechenden Steuermeldung, hatte die Verwaltung (und auf Beschwerde hin das Gericht) das effektiv erzielte Einkommen zu schätzen. An der Massgeblichkeit dieser Grundsätze hat sich - auch insofern kann auf die in allen Teilen zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden - mit Inkrafttreten der 4. IV-Revision nichts geändert: Gemäss Art. 23 Abs. 1 Satz 1 IVG (in Kraft seit 1. Januar 2004, AS 2003 3837 3853, BBl 2001 3205) beträgt die Grundentschädigung 80 Prozent des Erwerbseinkommens, das durch die zuletzt ohne gesundheitliche Einschränkung ausgeübte Tätigkeit erzielt wurde. In der Botschaft (BBl 2001 3205 3284) wird betont, dass sich damit an der Bemessungsgrundlage gegenüber dem bisherigen Recht nichts ändere. Grundlage für die Bemessung des Taggeldes für Selbstständigerwerbende bildet laut Art. 21quater Abs. 1 IVV (in Kraft seit 1. Januar 2004, AS 2003 3859) das auf den Tag umgerechnete, zuletzt ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erzielte Erwerbseinkommen, von dem Beiträge nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) erhoben werden (vgl. auch Ziff. 3039 des Kreisschreibens über die Taggelder der Invalidenversicherung, gültig ab 1. Januar 2004, wonach die Bemessungsregeln gemäss Urteil I 365/00 vom 28. November 2001, E. 2-4, publ. in AHI 2002 S. 183, nach wie vor massgebend seien). 
3.2 Nach Lage der Akten stimmen alle Verfahrensbeteiligten zu Recht darin überein, dass der Gesundheitsschaden im April 2001 eingetreten ist. Weiter ist davon auszugehen, dass keine Steuermeldung über das im Jahre 2000 effektiv erzielte Einkommen vorliegt. Mit der Vorinstanz ist demnach das im Jahre 2000 (als letztem ganzen Kalenderjahr vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung) effektiv erzielte Einkommen zu schätzen. Invalidenversicherungsrechtlich nicht massgebend sind demgegenüber - entgegen der offenbaren Rechtsauffassung der IV-Stelle - die in den Jahren 1997 und 1998 erzielten (und besteuerten) Einkünfte, welche ihrerseits Grundlage für die Beitragszahlungspflicht im Jahre 2000 bildeten. 
Für die Schätzung des im Jahre 2000 effektiv erzielten Einkommens bildet die von der Vorinstanz herangezogene, in den Akten liegende Erfolgsrechnung für das Jahre 2000 (per 31. Dezember 2000) eine grundsätzlich taugliche Ausgangslage. Mit Blick auf Art. 9 Abs. 2 AHVG ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass der buchhalterisch ausgewiesene Gewinn von Fr. 65'659.78 um die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO und UVG) erweitert wurde (lit. d). Zu berücksichtigen haben wird die IV-Stelle bei der definitiven Einkommensfestsetzung auch den Zins des im Betrieb eingesetzten Kapitals (lit. f), soweit dieses nicht im Zusammenhang mit dem einkommensmässig nicht angerechneten Wertschriftenhandel steht. In diesem Punkt ist der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid zu ergänzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, der Ausgleichskasse Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt. 
Luzern, 23. Oktober 2007 
 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: