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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_323/2020  
 
 
Urteil vom 14. Juli 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Ivo Baumann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 6. April 2020 (IV.2019.00222, IV.2019.00230). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1965 geborene A.________ bezog ab 1. Mai 2006 aufgrund von Wirbelsäulenproblemen eine ganze Invalidenrente (Verfügung vom 11. Mai 2006) sowie eine Hilflosenentschädigung wegen leichter Hilflosigkeit (Verfügung vom 12. Juli 2007). Diese Ansprüche wurden mit Mitteilungen vom 2. Juli 2008 und vom 8. Oktober 2012 (Rente) bzw. vom 31. Oktober 2008 (Hilflosenentschädigung) bestätigt. Nach Eingang anonymer Hinweise liess die IV-Stelle des Kantons Zürich (fortan: IV-Stelle) den Versicherten observieren (Observationsberichte vom 2. November 2015 und vom 10. Mai 2016) und polydisziplinär begutachten bei der BEGAZ GmbH Begutachtungszentrum Baselland (fortan: BEGAZ), Binningen (Expertise vom 31. August 2017 in den Disziplinen Allgemeine Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Rheumatologie). Mit Verfügungen vom 5. Januar 2017 sistierte die IV-Stelle ihre Leistungen per Ende September 2016. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. Mai 2018 ab. Die Experten des BEGAZ nahmen am 15. August und 21. Dezember 2018 ergänzend Stellung. Am 20. Februar 2019 hob die Verwaltung die Invalidenrente sowie die Hilflosenentschädigung wiedererwägungsweise rückwirkend per Ende Februar 2013 auf. 
 
B.   
Die hiegegen erhobenen Beschwerden wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach Vereinigung der Verfahren mit Entscheid vom 6. April 2020 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Verwaltung zu verpflichten, ihm weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 380 E. 1 S. 382 mit Hinweis). Es entscheidet kassatorisch oder reformatorisch (Art. 107 Abs. 2 BGG). Ein blosser Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids ist nicht zulässig, ausser wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 135). Dies ist namentlich bei einer ungenügenden Sachverhaltsabklärung durch die Vorinstanz der Fall (vgl. statt vieler Urteil 9C_548/2019 vom 16. Januar 2020 E. 1). 
Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils sowie (weiterhin) die Zusprache einer ganzen Invalidenrente. Auf dieses reformatorische Begehren ist einzutreten. Hinsichtlich der Hilflosenentschädigung verlangt er demgegenüber in seinen formellen Anträgen einzig - kassatorisch - die Aufhebung des kantonalen Rechtsspruchs und eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Aus der Beschwerdebegründung erhellt, dass er die offensichtliche Unrichtigkeit der Verfügung vom 12. Juli 2007 verneint und hinsichtlich der Neubeurteilung seines Anspruchs auf Hilflosenentschädigung dem kantonalen Gericht eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorwirft, da dieses den Verzicht auf eine Abklärung vor Ort geschützt habe. Im Dunkeln bleibt, ob er grundsätzlich - wie noch vor Vorinstanz - die Weiterausrichtung der Hilflosenentschädigung erreichen will oder einzig die Rückweisung zur weiteren Abklärung, zumal sich der Beschwerdebegründung entnehmen lässt, dass er eine revisionsweise Aufhebung nicht ausschliesst. Angesichts des Verfahrensausgangs kann indes offen bleiben, inwieweit auf allenfalls nach Treu und Glauben der Beschwerdebegründung zu entnehmende Begehren hinsichtlich der Hilflosenentschädigung einzutreten ist (vgl. unten E. 3.2). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die massgebenden Rechtsgrundlagen und die Rechtsprechung insbesondere zur Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 2 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat die Rentenzusprache vom 11. Mai 2006 als zweifellos unrichtig (im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG) erachtet. Es hat festgestellt, die ursprüngliche Leistungszusprache sei primär aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers bzw. der ärztlichen Berichte der behandelnden Ärztinnen erfolgt, die sich auf seine Angaben gestützt hätten. Damit habe die IV-Stelle ihre Abklärungspflicht verletzt, zumal spätestens nach Eingang des Berichts über eine vertrauensärztliche Untersuchung vom 15. März 2006 zuhanden der Taggeldversicherung deutliche Hinweise auf Inkonsistenzen bestanden hätten. Ebenfalls ohne Abklärung der massgeblichen Umstände und damit in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes habe sie im Rahmen des Einkommensvergleichs vom Invalideneinkommen den maximalen Tabellenlohnabzug von 25 % gewährt. Demnach liege ein Wiedererwägungsgrund vor. Gemäss beweiswertigem BEGAZ-Gutachten vom 31. August 2017 sei der Versicherte in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 80 % arbeitsfähig. Aufgrund seiner eigenen Angaben, wonach die Beschwerden seit zehn Jahren unverändert seien, sei von dieser Arbeitsfähigkeit auch retrospektiv auszugehen.  
Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt verfängt nicht. Mit der Vorinstanz konnte angesichts des im Verfügungszeitpunkt vorliegenden Gutachtens zuhanden der Taggeldversicherung von einer schlüssigen medizinischen Aktenlage keine Rede sein und lag mithin eine klare Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 ATSG) vor. Dies gilt umso mehr, als es bereits damals Rechtsprechung und Praxis entsprach, dass eine direkte Leistungszusprache einzig gestützt auf die Angaben behandelnder Ärztinnen und Ärzte mit Blick auf ihr auftragsrechtliches Verhältnis zur versicherten Person im Streitfall kaum je in Frage komme, zumal bei Vorliegen divergierender medizinischer Berichte (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 f.; 135 V 465 E. 4.5 S. 470 f.). Dem Versicherten kann auch nicht gefolgt werden, wenn er den damals gewährten Tabellenlohnabzug von 25 % als zulässige Ermessensausübung verstanden haben will. Die Vorinstanz stellte - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG) - fest, es lasse sich nicht nachvollziehen, aufgrund welcher übrigen Umstände (persönlicher oder beruflicher Art) ein Tabellenlohnabzug von 25 % gewährt worden sei. Worauf dieser gegründet haben soll, legt auch der Beschwerdeführer nicht dar. Soweit er geltend macht, das Sozialversicherungsgericht sei in Willkür verfallen und habe seinerseits den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem es für die Neubeurteilung auf die BEGAZ-Begutachtung (samt ergänzender Stellungnahmen) abgestellt habe, dringt er nicht durch. Auf die einlässlichen vorinstanzlichen Erwägungen hiezu kann ohne Weiterungen verwiesen werden, ebenso wie auf deren Festlegung des Invalideneinkommens, die der Beschwerdeführer nicht in einer Art. 42 Abs. 2 BGG genügenden Weise als rechtsfehlerhaft rügt. 
 
3.2. Eine unzureichende Abklärung der medizinischen Diagnosen und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen schliesst - entgegen dem Beschwerdeführer - aus, dass die Abklärungsperson hierüber die notwendigen (BGE 140 V 543 E. 3.2.1 S. 547) Kenntnisse hatte, so dass auch bezüglich der Zusprache der Hilflosenentschädigung mit der Vorinstanz von einer zweifellos unrichtigen Verfügung auszugehen ist. Das kantonale Gericht hat schliesslich kein Bundesrecht verletzt, wenn es im Rahmen der Neubeurteilung das Vorliegen einer Hilflosigkeit gestützt auf das BEGAZ-Gutachten verneinte, angesichts dessen es das Bestehen eines weiter abklärungsbedürftigen regelmässigen und erheblichen Hilfsbedarf in konkreter Beweiswürdigung als unwahrscheinlich erachtete.  
 
3.3. Zur Rückforderung der unrechtmässig bezogenen Leistungen erwog die Vorinstanz, der Versicherte habe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bereits im Rahmen der Erstanmeldung unwahre und unvollständige Angaben gemacht und dadurch die Leistungszusprache unrechtmässig erwirkt. Die geklagten Einschränkungen hätten mittels Observationen widerlegt werden können. Damit setzt sich der Beschwerdeführer in keiner Weise auseinander, sondern beschränkt sich darauf zu beteuern, er habe sich keine Verletzung der Meldepflicht zuschulden kommen lassen. Weiterungen erübrigen sich.  
 
4.   
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
5.   
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. Juli 2020 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald