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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_155/2024  
 
 
Urteil vom 5. März 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan A. Buchli, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Schwere Gewaltkriminalität, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich. 
 
Gegenstand 
Haftentlassungsgesuch, qualifizierte Wiederholungsgefahr, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 8. Januar 2024 (UB230204-O/U/AEP>HEI). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft | des Kantons Zürich führte gegen A.________, geboren 1994, eine Strafuntersuchung wegen vorsätzlicher Tötung und weiterer Delikte. Der Beschuldigte wurde am 30. November 2022 vom Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich (ZMG) in Untersuchungshaft versetzt. Am 21. November 2023 stellte der Beschuldigte bei der Staatsanwaltschaft ein Haftentlassungsgesuch. Auf deren Antrag hin wies das ZMG mit Verfügung vom 30. November 2023 das Haftentlassungsgesuch nach persönlicher Anhörung des Beschuldigten ab. Es verlängerte die Untersuchungshaft wegen qualifizierter Wiederholungsgefahr bis (längstens) zur Anklageerhebung. Die vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 8. Januar 2024 ab. 
 
B.  
Am 4. Januar 2024 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten Anklage beim erstinstanzlichen Strafgericht wegen vorsätzlicher Tötung und weiteren Delikten. Es wird ihm im Wesentlichen vorgeworfen, er habe am 27. November 2022 (um ca. 02.55 Uhr morgens) in Uster eine Person im Verlauf einer kurzen Diskussion mit mehreren Messerstichen in den Oberkörper sowie am Hals niedergestochen, woraufhin das Opfer diesen Stichverletzungen noch vor Ort erlegen sei. Mit Verfügung vom 26. Januar 2024 verfügte das Bezirksgericht Uster, Zwangsmassnahmengericht, die Fortdauer der Haft in Form von Sicherheitshaft. 
 
C.  
Gegen den Haftprüfungsentscheid des Obergerichtes vom 8. Januar 2024 gelangt der Beschuldigte mit Beschwerde vom 6. Februar 2024 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und seine sofortige Haftentlassung, eventualiter gegen Ersatzmassnahmen für Haft. 
Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz haben je ausdrücklich auf Vernehmlassungen verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über ein Haftentlassungsgesuch (Art. 80 BGG i.V.m. Art. 222 und Art. 228 StPO). Dass die Staatsanwaltschaft am 4. Januar 2024 gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen vorsätzlicher Tötung erhoben und das Bezirksgericht Uster, Zwangsmassnahmengericht, unterdessen (nämlich am 26. Januar 2024) die Fortdauer der Haft in Form von Sicherheitshaft verfügt hat (Art. 229 Abs. 1 StPO), lässt das aktuelle Rechtsschutzinteresse an der Prüfung des angefochtenen Haftentscheides (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) nicht dahinfallen (BGE 149 I 16 E. 1.2; 139 I 206 E. 1.2; 135 I 79 E. 1.1; je mit Hinweisen). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG grundsätzlich erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO. Diese Bestimmung ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft (AS 2023 468; BBl 2022 1560, 7; BBl 2019 6697). Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines neurechtlichen Haftgrundes bejaht. Zu prüfen ist, ob hier intertemporalrechtlich das neue oder das bisherige Recht zur Anwendung gelangt.  
Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten der StPO gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden beurteilt (Art. 453 Abs. 1 StPO). Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt werden, gilt neues Recht (Art. 454 Abs. 1 StPO). Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide höherer Gerichtsinstanzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht gefällt werden, gilt das bisherige Recht (Art. 454 Abs. 2 StPO). 
Die hier streitige erstinstanzliche Verfügung datiert vom 30. November 2023, weshalb die dagegen erhobenen Rechtsmittel grundsätzlich altrechtlich zu beurteilen wären (vgl. BGE 137 IV 145 E. 1.1, 219 E. 1.1, 352 E. 1.2; je mit Hinweisen; Urteil 7B_49/2024 vom 2. Februar 2024 E. 1). Die Frage des Intertemporalrechtes braucht jedoch im vorliegenden Fall nicht abschliessend vertieft zu werden. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, prüft das Bundesgericht hier das Vorliegen eines gesetzlichen Haftgrundes sowohl nach dem alten Recht (Bundesgerichtspraxis zu aArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO) als auch nach neuem Recht (Art. 221 Abs. 1bis StPO). 
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den besonderen Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr in bundesrechtswidriger Weise als erfüllt erachtet. Insbesondere habe sie zu Unrecht eine ausreichend hohe Rückfallsgefahr für schwere Verbrechen und eine unmittelbare Gefährdung durch drohende Verbrechen bejaht. Da diesbezüglich das Haftrecht am 1. Januar 2024 geändert habe, könne an der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten werden. Ausserdem sei die Weiterdauer insofern unverhältnismässig, als selbst eine qualifizierte Wiederholungsgefahr mit Ersatzmassnahmen für Haft ausreichend gebannt werden könnte. 
 
3.  
 
3.1. Nach der bisherigen Rechtsprechung zu aArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO sind drei Elemente für das Vorliegen von Wiederholungsgefahr konstitutiv: Erstens muss grundsätzlich das Vortatenerfordernis erfüllt sein und es müssen schwere Vergehen oder Verbrechen drohen. Zweitens muss hierdurch die Sicherheit anderer erheblich gefährdet sein. Drittens muss die Tatwiederholung ernsthaft zu befürchten sein, was anhand einer Rückfallprognose zu beurteilen ist (BGE 146 IV 136 E. 2.2; 143 IV 9 E. 2.5; je mit Hinweisen).  
 
3.1.1. Bei der Beurteilung der Schwere der drohenden Delikte sind neben der abstrakten Strafdrohung gemäss Gesetz insbesondere auch das betroffene Rechtsgut und der Kontext, namentlich die konkret vom Beschuldigten ausgehende Gefährlichkeit bzw. das bei ihm vorhandene Gewaltpotenzial, einzubeziehen. Die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende Verbrechen oder schwere Vergehen kann sich grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen. Im Vordergrund stehen Delikte gegen die körperliche und sexuelle Integrität. (BGE 146 IV 136 E. 2.2-2.5; 143 IV 9 E. 2.6-2.7; je mit Hinweisen).  
 
3.1.2. Massgebende Kriterien bei der Beurteilung der Rückfallprognose sind nach der Praxis des Bundesgerichtes insbesondere die Häufigkeit und Intensität der fraglichen Delikte. Bei dieser Bewertung sind allfällige Aggravationstendenzen, wie eine zunehmende Eskalation respektive Gewaltintensität oder eine raschere Kadenz der Taten, zu berücksichtigen. Zu würdigen sind des Weiteren die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person. Liegt bereits ein psychiatrisches Gutachten vor, ist dieses ebenfalls in die Beurteilung miteinzubeziehen. In der Regel erscheint die Gefährdung der Sicherheit anderer umso höher, je schwerer die drohende Tat wiegt. Betreffend die Anforderungen an die Rückfallgefahr gilt hingegen eine umgekehrte Proportionalität. Dies bedeutet: Je schwerer die drohenden Taten sind und je höher die Gefährdung der Sicherheit anderer ist, desto geringere Anforderungen sind an die Rückfallgefahr zu stellen. Liegen die Tatschwere und die Sicherheitsrelevanz am oberen Ende der Skala, so ist die Messlatte zur Annahme einer rechtserheblichen Rückfallgefahr tiefer anzusetzen. Zugleich ist daran festzuhalten, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv zu handhaben ist. Eine negative, d.h. eine ungünstige Rückfallprognose ist zur Annahme von Wiederholungsgefahr notwendig, grundsätzlich aber auch ausreichend (BGE 146 IV 136 E. 2.2; 143 IV 9 E. 2.8-2.10 mit Hinweisen).  
 
3.1.3. Was das Vortatenerfordernis betrifft, können die bereits begangenen Straftaten sich zunächst aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch auch Gegenstand eines noch hängigen Strafverfahrens bilden, sofern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person solche Straftaten begangen hat. Der haftrechtliche Nachweis, dass die beschuldigte Person eine Straftat verübt hat, gilt bei einem glaubhaften Geständnis oder einer erdrückenden Beweislage als erbracht (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1; 137 IV 84 E. 3.2 mit Hinweisen). Die Gefährlichkeit der beschuldigten Person lässt sich in diesem Sinne sowohl aufgrund von bereits abgeurteilten Vortaten beurteilen, als auch im Gesamtkontext der ihr neu vorgeworfenen Delikte, sofern mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit erstellt ist, dass sie diese begangen hat (BGE 143 IV 9 E. 2.6).  
 
3.1.4. Erweisen sich die Risiken als untragbar hoch (sogenannte "qualifizierte Wiederholungsgefahr"), kann vom Vortatenerfordernis (im Sinne einer rechtskräftigen Verurteilung oder einer erdrückenden Beweislage für das untersuchte Delikt) sogar vollständig abgesehen werden. Aufgrund einer systematisch-teleologischen Auslegung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist das Bundesgericht zum Schluss gekommen, es habe nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, mögliche Opfer von schweren Gewaltdelikten einem derart hohen Rückfallrisiko auszusetzen (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1; 137 IV 13 E. 3 f.).  
 
3.2. An den Erfordernissen drohender Verbrechen oder schwerer Vergehen und einer erheblichen unmittelbaren Sicherheitsgefährdung sowie am Vortatenerfordernis wurde bezüglich der einfachen Wiederholungsgefahr auch in der erfolgten Revision (nArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO) grundsätzlich festgehalten. Der Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr (ohne Vortatenerfordernis, vgl. E. 3.1.4 hiervor) wurde im neuen, per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzten Art. 221 Abs. 1bis StPO ausdrücklich geregelt (AS 2023 468; BBl 2022 1560, 6 f.).  
Gemäss Art. 221 Abs. 1bis StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft ausnahmsweise zulässig, wenn die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben (lit. a), und die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben (lit. b). 
Bereits in seiner altrechtlichen Praxis ab 2011 ist das Bundesgericht zum Schluss gekommen, dass es qualifizierte Haftfälle gibt, bei denen vom gesetzlichen Vortatenerfordernis der einfachen Wiederholungsgefahr (aArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO) abzusehen ist. Schon im März 2011 hat es in BGE 137 IV 13 auf eine gravierende Gesetzeslücke hingewiesen, nämlich auf das Fehlen eines Haftgrundes der "qualifizierten" Wiederholungsgefahr bei akut drohenden Schwerverbrechen ohne einschlägige Vorstrafen. Das Bundesgericht hat damals ausdrücklich erwogen, dass es vernünftigerweise nicht in der Absicht der Legislative gelegen haben könne, bei mutmasslich bereits verübten und erneut akut drohenden schweren Gewalt- oder Sexualverbrechen auf die Möglichkeit einer strafprozessualen Inhaftierung zu verzichten, nur weil der Beschuldigte nicht bereits früher wegen Schwerstverbrechen verurteilt wurde (Praxis bestätigt in BGE 143 IV 9 E. 2.3.1). 
In der Fachliteratur ist seit 2012 darauf hingewiesen worden, dass eine solche Abweichung vom Gesetzeswortlaut vor dem Hintergrund des Legalitätsprinzips (Art. 36 Abs. 1 BV) allerdings rechtsstaatlich problematisch war (vgl. Bommer/Kaufmann, Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2011, ZBJV 2015, S. 873 ff., 909 f.; Marc Forster, Das Haftrecht der neuen StPO auf dem Prüfstand der Praxis, ZStrR 2012 S. 334 ff., 341 f.; Gfeller/Bigler/Bonin, Untersuchungshaft, Ein Leitfaden für die Praxis, Zürich 2017, Rz. 453-457). Ebenso wurde in der Doktrin bereits früh erwähnt, dass diverse kantonale Strafprozessgesetze den Haftgrund der "qualifizierten" Wiederholungsgefahr noch ausdrücklich geregelt hatten, dieser dann aber beim Erlass der Eidgenössischen StPO "vergessen" gegangen war (vgl. Forster, ZStrR 2012, S. 341 f.). Im Dezember 2012 reichten daraufhin Isabelle Moret (Motion 12.4077) und Daniel Jositsch (Initiative 12.495) entsprechende parlamentarische Vorstösse ein. 
 
Im Parlament ist dem neu legiferierten Haftgrund von Art. 221 Abs. 1bis StPO kein Widerstand erwachsen (vgl. zur Entstehungsgeschichte der Norm: Marc Forster, Basler Kommentar StPO [BSK], 3. Aufl. 2023, Art. 221 N. 15b; Frei/Zuberbühler Elsässer, Zürcher Kommentar StPO, 3. Aufl. 2020, Art. 221 N. 46a; Jositsch/Röthlisberger, Reform von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO, Jusletter 5. Juni 2023, Rz. 11-34; Micheroli/Tag, Anmerkungen zu aktuellen Entwicklungen im Haftrecht, Jusletter 16. Mai 2022, Rz. 57-63, 87-91). 
 
3.3.  
 
3.3.1. Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch weniger einschneidende Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen und an ihrer Stelle eine solche Ersatzmassnahme verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2).  
 
3.3.2. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 143 IV 316 E. 3.3, 330 E. 2.1; je mit Hinweisen). Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 316 E. 3.3, 330 E. 2.1; je mit Hinweis).  
 
3.4. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen des Haftgrundes der qualifizierten Wiederholungsgefahr. Er macht geltend, das neue Recht (Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO) verlange auch bei untersuchten und drohenden neuen Tötungsdelikten eine "sehr ungünstige" Rückfallprognose. Der blosse Umstand, dass die psychiatrische Gutachterin beim Beschuldigten eine mittelgradige Rückfallgefahr für neue schwere Gewaltverbrechen festgestellt habe, genüge nach neuem Recht nicht mehr. Insofern könne an der bisherigen einschlägigen Bundesgerichtspraxis nicht festgehalten werden. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz in diesem Zusammenhang überdies willkürliche Tatsachenfeststellungen vor.  
 
 
3.5. Die Vorinstanz kommt in ihren Erwägungen (zusammengefasst) zum Schluss, dass insgesamt zahlreiche als ernsthaft einzustufende Risikofaktoren vorlägen, welche die von der forensisch-psychiatrischen Gutachterin festgestellte Rückfallgefahr hinsichtlich erneuter, auch schwerer Gewalttaten "als mittelgradig bis erhöht" erscheinen liessen.  
"Akut" erscheine die Gefahr von zukünftigen, potentiell auch schweren Gewaltdelikten insofern, als beim Beschwerdeführer die begründete Vermutung einer Suchtmittelproblematik bestehe. Das psychiatrische Gutachten lasse beim Beschwerdeführer zudem auf eine "schwer einschätzbare, intransparente Person" schliessen, was mit einer gewissen Unberechenbarkeit und damit auch prognostischen Unsicherheit einhergehe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der mutmasslichen Tat offenbar wegen einer völlig harmlosen Auseinandersetzung gänzlich unerwartet mit einem Messer gegen das Opfer vorgegangen sei, lasse befürchten, dass er in einer zukünftigen vergleichbaren Situation mit Konfliktpotential, wie sich dies im Alltag jederzeit rein zufällig ergeben könne, erneut ein schweres Gewaltdelikt verüben könnte, insbesondere unter dem Einfluss von Suchtmitteln und/oder unter Mitführung von Waffen. Angesichts seiner auffälligen Affinität für Waffen und der sichergestellten Gewaltdarstellungen und Chatnachrichten, die eine äusserst problematische, gewaltbefürwortende Haltung des Beschwerdeführers nahelegen würden, akzentuiere sich die bereits dargelegte, zeitlich und situativ als "unmittelbar" zu erachtende Rückfallgefahr für schwere Gewalttaten zusätzlich. Dass die Gutachterin nicht von einer psychischen Erkrankung im medizinischen Sinne ausgehe, sondern "bloss" von einer "narzisstischen und dissozialen Persönlichkeitsakzentuierung", ändere an der Risikoeinschätzung nichts. Die festgestellten auffälligen Persönlichkeitsmerkmale, darunter ein erhöhtes Geltungsbedürfnis, eine instabile Selbstbewertung bzw. Selbstüberschätzung, Neigung zur Unwahrheit, fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, manipulative Tendenzen, eine defizitäre Normorientierung sowie seine Gewaltbereitschaft, trügen klar zur deutlich ungünstigen Rückfallprognose bei. 
Unter Berücksichtigung sämtlicher persönlichen und tatbezogenen Faktoren, wie sie sich derzeit aus den Akten ergäben, erscheine es im Hinblick auf die Sicherheit anderer derzeit "nicht vertretbar, den Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen". 
 
3.6.  
 
3.6.1. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO verlange eine "sehr ungünstige" Rückfallprognose. Der Umstand, dass das psychiatrische Gutachten bei ihm eine bloss mittelgradige Rückfallgefahr für neue schwere Gewaltverbrechen festgestellt habe, genüge nach neuem Recht nicht mehr. Dies ergebe sich aus dem gesetzlichen Erfordernis einer "ernsthaften und unmittelbaren Gefahr" neuer Schwerverbrechen. Diesbezüglich könne an der bisherigen einschlägigen Bundesgerichtspraxis nicht mehr festgehalten werden. Er vertritt die Ansicht, dass in seinem Fall Gewaltverbrechen innert "einigen Monaten nach der Haftentlassung praktisch ausgeschlossen" seien; auch schwere Körperverletzungen müssten prognostisch als "extrem selten" eingestuft werden. Diesbezüglich verweist er unter anderem auf seine Interpretation des psychiatrischen Gutachtens und seine Vorstrafenlosigkeit betreffend Gewaltdelikte. Die gegenteilige Ansicht der Vorinstanz sei willkürlich und bundesrechtswidrig bzw. verletze Beweislastregeln.  
Dem Standpunkt des Beschwerdeführers ist aus folgenden Gründen nicht zu folgen: 
 
3.6.2. Art. 221 Abs. 1bis lit. a StPO setzt zunächst eine untersuchte qualifizierte Anlasstat voraus, nämlich den dringenden Verdacht, dass die beschuldigte Person durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt hat. Diese gesetzliche Voraussetzung ist im vorliegenden Fall unbestritten. Eine einschlägige Vortat ist im Falle der qualifizierten Wiederholungsgefahr nicht erforderlich (vgl. Forster, BSK, Art. 221 N. 15c; Daniel Jositsch, Praxiskommentar StPO, 4. Aufl. Zürich 2023, Art. 221 N. 13a; Jositsch/Röthlisberger, a.a.O., Rz. 23-26).  
Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO verlangt sodann als Prognoseelement die ernsthafte und unmittelbare Gefahr, dass die beschuldigte Person ein gleichartiges "schweres Verbrechen" verüben werde. Zwar wurde in der bisherigen Bundesgerichtspraxis nicht wörtlich vom Erfordernis einer "ernsthaften und unmittelbaren" Gefahr (von neuen Schwerverbrechen) gesprochen. Es bestand aber in diesem Sinne schon altrechtlich eine restriktive Haftpraxis, indem das Bundesgericht ausdrücklich betonte, qualifizierte Wiederholungsgefahr komme nur in Frage, wenn das Risiko von neuen Schwerverbrechen als "untragbar hoch" erschiene (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1; 137 IV 13 E. 3 f.). Bei der konkreten Prognosestellung wird im Übrigen weiterhin dem Umstand Rechnung zu tragen sein, dass bei qualifizierter Wiederholungsgefahr Schwerverbrechen drohen. Bei einfacher und qualifizierter Wiederholungsgefahr geht die Bundesgerichtspraxis von einer sogenannten "umgekehrten Proportionalität" aus zwischen Deliktsschwere und Eintretenswahrscheinlichkeit (BGE 146 IV 136 E. 2.2; 143 IV 9 E. 2.8-2.10; vgl. François Chaix, Code de procédure pénale suisse, Commentaire Romand, 2. Aufl. Basel 2019, Art. 221 N. 24; Forster, BSK, Art. 221 N. 15d; Frei/Zuberbühler Elsässer, a.a.O, Art. 221 N. 38). Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass bei ernsthaft drohenden schweren Gewaltverbrechen auch nach neuem Recht keine sehr hohe Eintretenswahrscheinlichkeit verlangt werden kann. Die richterliche Prognosebeurteilung stützt sich dabei auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (BGE 146 IV 136 E. 2.2-2.5; 143 IV 9 E. 2.6-2.7; vgl. Forster, BSK, Art. 221 N. 10b, 14b, 15d; Frei/Zuberbühler Elsässer, a.a.O., Art. 221 N. 39-39a; Jositsch, a.a.O., Art. 221 N. 13a).  
 
3.6.3. Dass die Vorinstanz im vorliegenden Fall eine ausreichend erhebliche (ernsthafte und unmittelbare) Wahrscheinlichkeit für neue schwere Gewaltverbrechen bejaht, hält vor dem Bundesrecht stand. Dabei durfte das Obergericht namentlich der im psychiatrischen Gutachten festgestellten "mittelgradigen" Rückfallgefahr Rechnung tragen, der gutachterlich diagnostizierten psychischen Auffälligkeit und Unberechenbarkeit des Beschwerdeführers, der besonderen (gewaltexzessiven) Brutalität des von ihm unbestrittenermassen verübten Tötungsdeliktes, seiner auffälligen Vorliebe für Waffen, insbesondere Messer, Schlagstöcke und Elektroschockgeräte, der von ihm in Internet-Chats geäusserten weiteren Gewaltbereitschaft, seiner Affinität für sadistische Darstellungen von brutaler Gewalt oder auch den vom Obergericht dargelegten Anzeichen für eine massive Suchtmittelproblematik des Beschwerdeführers.  
 
3.6.4. In diesem Zusammenhang sind auch keine keine willkürlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz dargetan:  
Zwar interpretiert der Beschwerdeführer das psychiatrische Gutachten in der Weise, dass die Expertin keine ungünstige Prognose für "die nahe Zukunft" gestellt habe. Zur Begründung verweist er darauf, dass das Gutachten (im Rahmen des psychiatrischen Risikoeinschätzungsinstruments VRAG) unter anderem "Rückfallraten innerhalb von 7 und 10 Jahren" bzw. 3- bis 9-jährige "Beobachtungszeiträume" erwähne. Dieser Interpretation ist jedoch nicht zu folgen. Aus dem Gutachten ergibt sich vielmehr deutlich, dass eine aktuelle Rückfallgefahr geprüft und bejaht wurde. Dass die Risikoeinschätzung darüber hinaus auch noch die statistischen Wahrscheinlichkeiten langfristiger Rezidive erörtert, ändert daran nichts. Selbst wenn die Expertin geprüft hätte, wie der Beschwerdeführer meint, ob sich das festgestellte Rückfallrisiko noch "innerhalb der nächsten ca. 10 Jahre realisieren könnte", wäre nicht einzusehen, weshalb ein allfälliges sogar langfristig bestehendes Risiko ausgerechnet im aktuellen Zeitpunkt bereits zu verneinen wäre. Willkürliche Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Es verletzt auch kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz von einer "mittelgradigen bis erhöhten Rückfallgefahr" für schwere Gewaltverbrechen ausgeht, zumal sie willkürfrei weitere Prognoseelemente erwähnt, die von der medizinischen Gutachterin noch nicht berücksichtigt worden waren. 
Soweit der Beschwerdeführer weitschweifig ausführt, inwiefern die Vorinstanz die haftrelevanten Beweisergebnisse in seinem Sinne "zu würdigen" gehabt habe, aber nicht substanziiert, inwiefern die Tatsachenfeststellungen des Obergerichtes offensichtlich unrichtig wären oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhten, begründet er keine gesetzeskonformen Willkürrügen (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.6.5. Ebenso wenig hat das Obergericht als Haftprüfungsinstanz in diesem Zusammenhang "Beweislastregeln" (oder den Grundsatz in dubio pro reo) verletzt. Insbesondere hat die Vorinstanz ausreichend konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen einer massiven Suchtproblematik willkürfrei dargelegt. Dass der Beschwerdeführer diesbezüglich weder bereit war, der psychiatrischen Gutachterin oder den Justizbehörden sachdienliche Fragen zu beantworten, noch seinen privaten Arzt vom Berufsgeheimnis zu entbinden, ist nicht den kantonalen Haftprüfungsinstanzen anzulasten. Auch seine weitere appellatorische Kritik an den von der Vorinstanz genannten Prognoseelementen (Gewaltfaszination, Waffenaffinität usw.) begründet keinen Vorwurf der Bundesrechtswidrigkeit oder gar der Willkür.  
 
3.7. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, es fehle im vorliegenden Fall an einer unmittelbaren Sicherheitsgefährdung durch die drohenden neuen Delikte. Bei der "Unmittelbarkeit" handle es sich um ein "neues gesetzliches Kriterium".  
Auch dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Die in Art. 221 Abs. 1bis lit. a StPO genannten Verbrechen und schweren Vergehen, mit denen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt wird, werden vom Gesetzgeber bereits de lege als unmittelbar sicherheitsgefährdend eingestuft. Im Gegensatz zur einfachen Wiederholungsgefahr (nArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO) verlangt der Wortlaut von Art. 221 Abs. 1bis lit. a StPO denn auch keine zusätzliche "unmittelbare Sicherheitsgefährdung". Zum Bestehen einer "ernsthaften und unmittelbaren Gefahr" von neuen Schwerverbrechen im Rahmen der richterlichen Prognosestellung (Art. 221 Abs. 1bis lit. b StPO) ist auf die obigen Erwägungen (E. 3.6) zu verweisen.  
Die im vorliegenden Fall zu befürchtenden schweren Gewaltverbrechen sind unmittelbar sicherheitsgefährdend, sowohl im Sinne der altrechtlichen Praxis (zu aArt. 221 Abs. 1 lit. c StPO) als auch im Lichte des neuen Rechts (Art. 221 Abs. 1bis lit. a-b StPO). Wie die Vorinstanz nachvollziehbar darlegt, ist die Sicherheitsgefährdung angesichts der diversen ungünstigen Prognoseelemente durchaus als aktuell, ernsthaft und "unmittelbar" einzustufen (vgl. oben, E. 3.6.3). Dass die Vorinstanz eine relevante Sicherheitsgefährdung durch drohende Schwerstverbrechen bejaht hat, verletzt das Bundesrecht nicht, auch nicht bei einer Auslegung im Lichte der am 1. Januar 2024 in Kraft gesetzten Revision. 
 
3.8. Nachdem der Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr sowohl nach bisherigem als auch nach neuem Recht zu bejahen ist, erübrigt sich im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht die Prüfung von weiteren selbstständigen Haftgründen (Art. 221 Abs. 1 lit. a-b und Abs. 2 StPO).  
 
3.9. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer noch beiläufig eine Verletzung von Art. 237 StPO bzw. des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes, da selbst bei Vorliegen einer qualifizierten Wiederholungsgefahr einer solchen mit Ersatzmassnahmen für Haft ("regelmässige Alkohol- und THC-Tests und/oder" Weisung, "einer geregelten Arbeit nachzugehen") ausreichend begegnet werden könne. Die Rückfallgefahr sei seiner Ansicht nach "marginal".  
Die Rüge ist abzuweisen, soweit sie ausreichend substanziiert erscheint und sich die Beschwerdeschrift mit den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz überhaupt nachvollziehbar auseinandersetzt (vgl. angefochtener Entscheid, E. 4.2 S. 23 f.). Wie bereits ausführlich erörtert, ist hier von einer ausgeprägten (qualifizierten) Wiederholungsgefahr für schwere Gewaltverbrechen auszugehen. Die Ansicht des Obergerichtes, diese lasse sich derzeit mit blossen Ersatzmassnahmen für Haft noch nicht ausreichend bannen, hält vor dem Bundesrecht stand. 
 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. März 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster