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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_99/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 27. April 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Stadtrichteramt Zürich, Postfach, 8022 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichteintreten auf eine Berufung infolge Nichteinreichen einer Berufungserklärung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 2. Dezember 2016. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Urteil vom 2. Dezember 2016 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf eine Berufung gestützt auf Art. 403 Abs. 1 und Abs. 3 StPO nicht ein. Der Beschwerdeführer habe zwar rechtzeitig Berufung angemeldet, innert der Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO aber keine Berufungserklärung eingereicht. 
Der als Rechtsanwalt tätige Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils vom 2. Dezember 2016. Die Vorgehensweise des Gerichtes, Entscheidungen erst zuzustellen, nachdem die Berufungs- bzw. Berufungsbegründungsfrist abgelaufen sei, und anschliessend Rechtsmittel mit der Argumentation abzuweisen, innerhalb der gesetzten Frist seien keine Berufungserklärungen bzw. Berufungsbegründungen eingegangen, sei in hohem Masse rechtswidrig. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer ersucht um die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Die Sache ist indessen auch ohne Anhörung spruchreif. Für eine mündliche Verhandlung, die gemäss Art. 57 BGG nur ausnahmsweise angeordnet wird, besteht kein Anlass. 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.  
 
 
3.2. Die StPO sieht für die Einlegung der Berufung ein zweistufiges Verfahren vor. Nach Art. 399 Abs. 1 StPO ist die Berufung dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Nach Ausfertigung des begründeten Urteils übermittelt das erstinstanzliche Gericht die Anmeldung zusammen mit den Akten dem Berufungsgericht (Art. 399 Abs. 2 StPO). Die Partei, die Berufung angemeldet hat, reicht dem Berufungsgericht innert 20 Tagen seit der Zustellung des begründeten Urteils eine schriftliche Berufungserklärung ein (Art. 399 Abs. 3 StPO). Wird das Urteil weder mündlich noch schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern direkt in begründeter Form zugestellt, ist eine Anmeldung der Berufung nicht nötig. Es genügt die Einreichung einer Berufungserklärung innert 20 Tagen seit Urteilszustellung (BGE 138 IV 157 E. 2.1 und 2.2.).  
 
3.3. Dem rechtskundigen Beschwerdeführer wurde das begründete Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 23. September 2016 gemäss Rückschein am 25. Oktober 2016 zugestellt. Die Frist zu dessen Anfechtung begann folglich mit dem auf die Urteilszustellung folgenden Tag, also am 26. Oktober 2016, zu laufen. Das ergibt sich ohne Weiteres aus der dem Urteil angefügten ausführlichen Rechtsmittelbelehrung, welche sich auf die einschlägigen Bestimmungen der StPO stützt. Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die Zustellung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welcher die Berufungsfrist bereits abgelaufen sei, zielt damit ins Leere.  
 
3.4. Der Beschwerdeführer führt aus, er habe am 27. Oktober 2016 Berufung beim Bezirksgericht Zürich angemeldet und gleichentags - mit separater Eingabe - Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich erklärt. Zur Untermauerung seiner Angaben reicht er Kopien der fraglichen Schriftstücke, d.h. der Berufungsanmeldung an das Bezirksgericht sowie der begründeten Berufungserklärung an das Obergericht, als Beschwerdebeilagen zu den Akten (vgl. act. 3, Anlagen 1 und 2). Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer jedenfalls verstanden hat, was er innert Frist hätte machen müssen. Seine Kritik, "derartige Fristen" würden eine Verteidigung durch Rechtsmittel angesichts der Postlaufzeit zwischen Deutschland und der Schweiz unmöglich machen, geht an der Sache vorbei.  
 
3.5. Fristen gelten als eingehalten, wenn Eingaben am letzten Tag der Frist (bis spätestens 24.00 Uhr) bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 91 Abs. 2 StPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt bei Eingaben, die der Schriftform bedürfen (Rechtsschriften), die Einreichung per Fax zur Fristwahrung nicht (BGE 142 IV 299 E. 1.1 mit zahlreichen Hinweisen). Auf seine in der Beschwerde diesbezüglich zum Ausdruck gebrachte Missbilligung ist mangels Entscheidrelevanz nicht einzugehen.  
 
3.6. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit einer Parteihandlung im Verfahren trägt grundsätzlich jene Partei, welche diese Handlung vorzunehmen hat. Wo für die Ausübung eines Rechts eine Verwirkungsfrist läuft, trägt demgemäss die das Recht ausübende Partei die Beweislast für die Einhaltung der Frist. Wird für die Übermittlung einer schriftlichen Eingabe die Post benützt, umfasst die Beweislast für die fristgerechte Rechtsausübung nicht nur das Beweisrisiko für die rechtzeitige Postaufgabe (vgl. dazu BGE 109 Ia 85), sondern auch dasjenige für den zur Fristwahrung erforderlichen Inhalt der Postsendung. Eine Umkehr der Beweislast greift lediglich Platz, wenn die Partei den Beweis der Rechtzeitigkeit aus Gründen nicht erbringen kann, die von der Behörde zu verantworten sind (BGE 92 I 257 E. 3). Im Falle der Beweislosigkeit fällt der Entscheid zu Ungunsten jener Partei aus, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (BGE 117 V 261 E. 3b). Der Rechtssuchende trägt damit die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Erhebung eines Rechtsmittels (BGE 142 V 389 E. 2.2).  
 
3.7. Es steht nachweislich fest, dass die mit gewöhnlicher Post versandte Berufungsanmeldung beim Bezirksgericht am 31. Oktober 2016 einging und dem Obergericht am 17. November 2016 mit den Akten überwiesen wurde. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich. Der Beschwerdeführer hat gemäss seinen Angaben auch die an das Obergericht adressierte Berufungserklärung mit gewöhnlicher Post verschickt. Damit gibt es aber keinen sicheren Beweis (z.B. aufgrund einer Bestätigung durch die Post), dass das Obergericht die Postsendung auch tatsächlich erhalten hat. Aus dem Umstand, dass dem Bezirksgericht die Berufungsanmeldung innert Frist zugegangen ist, lässt sich nicht ableiten, auch das Obergericht habe die mit gewöhnlicher Post verschickte Sendung empfangen. Auch sonst ergeben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte, welche die vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht behauptete Postaufgabe zu belegen vermöchte. Falls die Beweislosigkeit auf einem Fehler der Post beruht, was ungewiss ist, hätte dafür ebenfalls der beweisbelastete Beschwerdeführer einzustehen. Nur er hatte es in der Hand, das Beweisrisiko zu vermeiden, sei es durch Aufgabe einer eingeschriebenen Postsendung, sei es mittels rechtzeitiger Nachfrage beim Obergericht. Er hat beides nicht getan. Aus dem Umstand, dass er sich am 12. Dezember 2016 und damit erst lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist an das Bezirksgericht wandte und unter Hinweis auf seine an es gerichtete Eingabe vom 27. Oktober 2016 beanstandete, weder ein Gerichtsaktenzeichen noch eine Stellungnahme erhalten zu haben, kann er nichts für sich ableiten. Aus den Akten und dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass die angeblich mit gewöhnlicher Post versandte Berufungsbegründung innert der Frist von Art. 399 Abs. 3 StPO nicht einging. Diesen Umstand muss sich der Beschwerdeführer entgegenhalten lassen. Der Nichteintretensentscheid des Obergerichts verletzt kein Bundesrecht.  
 
4.   
Mit der materiellen Seite der Angelegenheit hat sich das Obergericht im angefochtenen Entscheid im Übrigen nicht befasst. Folglich kann dies auch das Bundesgericht nicht tun (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist mit seinen diesbezüglichen Ausführungen nicht zu hören. 
 
5.   
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. April 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin : Arquint Hill