Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_476/2018  
 
 
Urteil vom 31. Oktober 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Daniel Riner, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland, Bahnhofstrasse 32, 4133 Pratteln, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 4. Juni 2018 (715 18 33 / 143). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1979 geborene A.________ war seit 18. Oktober 2016 als Berufsbeiständin vollzeitlich bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) U.________ angestellt gewesen. Mit Vereinbarung vom 6. bzw. 10. April 2017 lösten die Parteien das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Freistellung auf Ende Mai 2017 auf. Am 2. Mai 2017 meldete sich A.________ zum Leistungsbezug ab 1. Juni 2017 bei der Arbeitslosenversicherung an. Mit Verfügung vom 2. August 2017 stellte die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland die Versicherte für die Dauer von 31 Tagen wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit in der Anspruchsberechtigung ein. Sie führte zur Begründung an, die KESB habe erst durch die öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt von der Insolvenz der Versicherten erfahren. Ihre Funktion als Berufsbeiständin beinhalte auch die Betreuung von Personen mit finanziellen Problemen, weshalb sie durch das Verschweigen ihrer eigenen finanziellen Situation das Vertrauensverhältnis erschüttert und ihre Eignung als Berufsbeiständin in Zweifel gezogen habe. Daran hielt die Arbeitslosenkasse mit Einspracheentscheid vom 15. Dezember 2017 fest. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 4. Juni 2018 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei von einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung abzusehen; eventualiter sei sie höchstens für fünf Tage in der Anspruchsberechtigung einzustellen. 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das SECO hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung kann es von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es die von der Verwaltung verfügte Einstellung in der Anspruchsberechtigung bestätigte.  
 
2.2. Ein Selbstverschulden im Sinne der Arbeitslosenversicherung liegt vor, wenn und soweit der Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht objektiven Faktoren zuzuschreiben ist, sondern in einem nach den persönlichen Umständen und Verhältnissen vermeidbaren Verhalten der versicherten Person liegt, für das die Arbeitslosenversicherung die Haftung nicht übernimmt (ARV 1998 Nr. 9 S. 41, C 334/95 E. 2b; 1982 Nr. 4 S. 37, C 50/81 E. 1a; Urteil 8C_12/2010 vom 4. Mai 2010 E. 2.2 mit Hinweis; THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 2514 Rz. 835 ff.; GERHARD GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. I [Art. 1-58], 1988, N. 8 zu Art. 30 AVIG). Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung setzt keine Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund gemäss Art. 337 bzw. Art. 346 Abs. 2 OR voraus. Es genügt, dass das allgemeine Verhalten der versicherten Person Anlass zur Kündigung gegeben hat; Beanstandungen in beruflicher Hinsicht müssen nicht vorgelegen haben (BGE 112 V 242 E. 1 S. 245 mit Hinweisen; ARV 2016 S. 58, 8C_751/2015 E.5).  
 
2.3. Eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung kann jedoch nur verfügt werden, wenn das dem Versicherten zur Last gelegte Verhalten in beweismässiger Hinsicht klar feststeht (BGE 112 V 242 E. 1 S. 245; ARV 2012 S. 294, 8C_872/2011; SVR 2006 ALV Nr. 15 S. 51, C 223/05 E. 1; je mit Hinweisen; NUSSBAUMER, a.a.O. N. 837 S. 2515). Das vorwerfbare Verhalten muss zudem nach Art. 20 lit. b des Übereinkommens Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 21. Juni 1988 vorsätzlich erfolgt sein, wobei Eventualvorsatz genügt (BGE 124 V 234 E. 3a und b S. 236; ARV 2012 S. 294, 8C_872/2011 E. 4.1 mit Hinweisen). Eventualvorsatz liegt vor, wenn die versicherte Person vorhersehen kann oder damit rechnen muss, dass ihr Verhalten zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber führt, und sie dies in Kauf nimmt (NUSSBAUMER, a.a.O. N. 837 S. 2515 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, der Privatkonkurs sei keine verwerfliche oder moralisch unvertretbare Tatsache, die per se zu einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung führen müsse. Der aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht massgebliche Vorwurf gegenüber der Beschwerdeführerin bestehe vielmehr darin, dass sie es in Missachtung ihrer arbeitsrechtlichen Offenbarungspflicht unterlassen habe, die KESB darüber zu informieren. An eine Berufsbeiständin bestünden gesteigerte Anforderungen an ihre persönliche Eignung, weshalb als Beistand ausser Betracht falle, wer beispielsweise wegen eines Vermögensdelikts verurteilt worden sei oder seine Finanzen nicht in Ordnung halte. Die Vermögensverwaltung bei einer schutzbedürftigen Person einem Beistand anzuvertrauen, der über kein einwandfreies Betreibungsregister verfüge, sei unverantwortbar (mit Verweis auf: RUTH E. REUSSER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, N. 22 zu Art. 400 ZGB).  
Ob im konkreten Einzelfall trotz des Privatkonkurses von einer Nichteignungserklärung hätte abgesehen werden können, sei im Ermessen der KESB gelegen. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin gemäss Schreiben vom 28. Februar 2017 im Nachgang zu ihrer verschwiegenen Insolvenz zu einem Gespräch gebeten worden sei, um Näheres über die Umstände, die zu dieser Privatinsolvenz führten, zu erfahren. Sie habe sich dazu aber mit dem Hinweis, dies sei ihre private Angelegenheit, nicht äussern wollen. Sie habe ihrer Arbeitgeberin weder einen Betreibungsregisterauszug zukommen lassen noch Auskunft über die Höhe der Schulden geben wollen. Es sei ihr demnach vorzuwerfen, dass sie für ein klärendes Gespräch mit der KESB nicht Hand geboten habe. Damit habe sie jegliche Kooperation verweigert und am Ende eine ausnahmsweise Weiterbeschäftigung vereitelt, die massgeblich davon abhängig gewesen sei, ob und wie sie sich gegenüber ihrer Arbeitgeberin erkläre. Dass die Anhörung ohne Vorankündigung erfolgte, ändere nichts daran, da sie jederzeit damit habe rechnen müssen, dass die Arbeitgeberin von ihrer Insolvenz erfahre und sie damit, auch kurzfristig, konfrontiere. 
 
3.2. Hinsichtlich der Bemessung des Verschuldens sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin in einem Dilemma befunden habe. Denn bei einer Mitteilung des Konkurses habe sie mit einer Entlassung rechnen müssen und bei einer Verheimlichung der misslichen finanziellen Lage habe das schlussendlich Eingetretene geschehen können. Erschwerend sei aber ihr unkooperatives Verhalten während der Anhörung zu werten, womit sie jede Chance auf eine Weiterbeschäftigung vertan habe. Damit sei die Einstellungsdauer an der untersten Grenze des schweren Verschuldens sachgerecht.  
 
4.  
 
4.1. Bei vorvertraglichen Verhandlungen und während eines Arbeitsverhältnisses bestehen Offenbarungs- und Auskunftspflichten. Wie die Vorinstanz bereits festhielt, betrifft die Informationspflicht Umstände, die das Arbeitsverhältnis unmittelbar betreffen. Dazu gehören gemäss Lehre persönliche Eigenschaften, die die Eignung zur Ausfüllung der betreffenden Stelle ernsthaft in Frage stellen (ULLIN STREIFF/ADRIAN VON KAENEL/ROGER RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. 2012, N. 11 zu Art. 328b OR). Die Tätigkeit einer Berufsbeiständin beinhaltet die Verwaltung und die mündelsichere Anlage des Vermögens der verbeiständeten Person. Dass die persönliche und fachliche Eignung hierzu (Art. 400 Abs. 1 Satz 1 ZGB) in der Regel fehlt, wenn die Beiständin ihre eigenen Finanzen nicht in Ordnung hält und über kein einwandfreies Betreibungsregister verfügt, was jedoch unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips im Einzelfall zu entscheiden ist, ist unbestritten.  
 
4.2. Die nach einlässlicher Würdigung der Sachlage getroffene Feststellung des kantonalen Gerichts, der Versicherten werde zum einen die Verletzung der Offenbarungspflicht vor Konkurseröffnung vorgeworfen und zum andern insbesondere die Tatsache, dass sie sich weigerte, anlässlich des nach Bekanntwerden des Konkurses einberaumten Gesprächs Auskunft über ihre Insolvenz zu geben sowie Einsicht in das Betreibungsregister zu gewähren, ist weder offensichtlich unrichtig noch ist sie angesichts der gesetzlichen Regelung in Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV als bundesrechtswidrig zu qualifizieren. Die Vorinstanz durfte willkürfrei annehmen, dass die KESB nicht bereits durch den Umstand des Privatkonkurses den unwiderruflichen Entschluss zu kündigen fasste. Die Beschwerdeführerin selbst führte mehrfach aus, sie habe noch auf eine Einzelfalllösung gehofft. Im Schreiben der KESB zur Gewährung des rechtlichen Gehörs vom 28. Februar 2017 begründete diese einen Verstoss gegen Treu und Glauben und eine tiefgreifende Erschütterung des Vertrauensverhältnisses denn auch mit der unterlassenen Information zur finanziellen Situation. Wenn das kantonale Gericht zum Schluss gelangte, die Versicherte habe eine ausserordentliche Weiterbeschäftigung spätestens mit ihrer Weigerungshaltung im Rahmen des Gesprächs mit der Personaldelegation vereitelt, lässt sich dies nicht beanstanden. Mit Blick auf das vorwerfbare Verhalten und die Erfüllung des Tatbestands der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit ist ferner nicht entscheidend, ob das Verhalten anlässlich der Anhörung mit fehlender Kooperation oder die zuvor unterlassene Informationspflicht über ihre finanzielle Lage mit entsprechendem Vertrauensverlust seitens der Arbeitgeberin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte.  
 
4.3. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zutreffend die Arbeitslosigkeit der Beschwerdeführerin nicht objektiven Faktoren zugeschrieben, sondern auf ein fehlerhaftes, vermeidbares Verhalten der Versicherten geschlossen, das geeignet war, zur Kündigung der Anstellung durch die Arbeitgeberin zu führen. Ihre Beweiswürdigung hält unter dem Blickwinkel der eingeschränkten Kognition stand (E. 1 hiervor). Die Bejahung des Einstellungstatbestands der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit ist daher rechtens.  
 
4.4. Hinsichtlich der Dauer der verfügten Einstellung in der Anspruchsberechtigung wendet die Beschwerdeführerin ein, die Einstellung für 31 Tage sei unangemessen und unverhältnismässig. Eine unrichtige Ermessensausübung stellt keinen Rechtsfehler dar, solange nicht Ermessensmissbrauch vorliegt. Die Festlegung der Einstellungsdauer ist eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also eine Über- oder Unterschreitung bzw. ein Missbrauch des Ermessens vorliegt (ARV 2014 S. 145 E. 6, 8C_42/2014).  
Eine unverhältnismässige Handhabung des Ermessens im Sinne eines Ermessensmissbrauchs ist hier nicht auszumachen, indem Verwaltung und Vorinstanz in Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse die Einstelldauer mit 31 Tagen im untersten Bereich des schweren Verschuldens festlegten. Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
5.   
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 31. Oktober 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla