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[AZA 7] 
H 62/99 Hm 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Arnold 
 
Urteil vom 3. August 2000 
 
in Sachen 
 
Architekturbüro X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Conrad Frey, Bellerivestrasse 209, Zürich, 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 
Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
A.- Anlässlich einer am 28. August und 22. November 1995 durchgeführten Arbeitgeberkontrolle bei der Firma X.________ AG wurde festgestellt, dass die Gesellschaft u.a. auf in den Jahren 1992 bis 1994 ihrem Alleinaktionär, Verwaltungsrat und Geschäftsführer O.________ ausbezahlten Provisionen (1992 und 1993: je Fr. 450'000. -; 1994: Fr. 500'000. -) keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hatte. Mit Verfügungen vom 28. Dezember 1995 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich die Firma zur Nachzahlung paritätischer Beiträge, von Beiträgen an die Familienausgleichskasse und von Verwaltungskosten in der Höhe von Fr. 54'042. 60 für das Jahr 1992, Fr. 54'990. 45 (für 1993) und Fr. 78'411. 35 (für 1994), wovon Fr. 17'310. 90 Verzugszinsen. Sie ging dabei für die Jahre 1992 und 1993 von geleisteten Entschädigungen von je Fr. 473'933. - aus; der das Jahr 1994 betreffenden Verfügung legte sie Entgelte von insgesamt Fr. 526'592. - zu Grunde. 
 
B.- Die von der X.________ AG hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 13. Januar 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die X.________ AG das Rechtsbegehren stellen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Nachzahlungsverfügungen vom 28. Dezember 1995 seien die massgebenden Lohnsummen um die Provisionszahlungen zu reduzieren und entsprechend neue Verfügungen zu erlassen; eventuell sei das Verfahren zu sistieren, bis die Kasse die Beitragsverfügungen betreffend die Einzelfirma X.________ für die Jahre 1992 bis 1994 rechtskräftig festgesetzt habe, wobei ein allfälliges Beschwerdeverfahren mit dem vorliegenden Prozess zu vereinigen sei; subeventuell sei die Sache hinsichtlich der Jahre 1993 und 1994 an die Verwaltung zurückzuweisen, damit diese nach rechtskräftiger Steuerveranlagung neu verfüge. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis). 
 
2.- a) Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht. 
 
b) Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). Diese für neue Beweismittel massgebende Rechtsprechung gilt umso mehr, wenn vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht nicht einmal solche Beweismittel geltend gemacht, sondern lediglich neue Behauptungen aufgestellt werden, welche die betreffende Partei ohne weiteres schon im vorinstanzlichen Verfahren hätte vorbringen können. Unzulässig und mit der weit gehenden Bindung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 105 Abs. 2 OG unvereinbar ist es ferner, dem Eidgenössischen Versicherungsgericht Beweismittel vorzulegen, die schon durch das kantonale Gericht angefordert waren, die aber nicht fristgerecht unterbreitet wurden (BGE 121 II 100 Erw. 1c, 102 Ib 127; ZAK 1990 S. 396 Erw. 1). 
 
c) Vor- wie letztinstanzlich unbestritten ist die Beitragspflicht, soweit diese nicht die Provisionszahlungen von Fr. 450'000. - (1992 und 1993) und Fr. 500'000. - (1994) zum Gegenstand hat. Obwohl Prozesse um die Nachzahlung paritätischer Beiträge Abgabestreitigkeiten im Sinne von Art. 114 OG darstellen, besteht insoweit vorliegend weder nach der Aktenlage noch den Vorbringen der Parteien (BGE 110 V 53 f.) Anlass zu näherer Prüfung. Zu beurteilen ist demnach, ob die Vorinstanz dadurch Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a OG) hat, dass sie auch die gemäss Stellungnahme des Revisors vom 12. Februar 1996 unter dem Titel Provisionen an O.________ ausgerichteten Entgelte als beitragspflichtiges Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit qualifizierte. Die Beschwerdeführerin hat bereits im kantonalen Verfahren, wenn auch noch nicht so einlässlich wie letztinstanzlich, den Standpunkt eingenommen, O.________ sei als Selbstständigerwerbender, Inhaber einer buchführungspflichtigen Einzelfirma, im Bereich Liegenschaftshandel und -vermittlung für sie tätig gewesen. Demjenigen, der bereits im kantonalen Verfahren einen bestimmten Sachverhalt behauptet, kann, wenn er im letztinstanzlichen Verfahren zu eben diesem Punkt nähere (präzisierende) Ausführungen macht, nicht das Novenverbot gemäss Art. 105 Abs. 2 OG entgegengehalten werden (Erw. 2d des nicht veröffentlichten Urteils R. AG vom 30. Juni 1997, H 259/95). Folglich ist die Übereinstimmung des vorinstanzlichen Entscheides mit dem Bundesrecht unter Berücksichtigung der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Tatsachen zu prüfen. 
 
3.- Die strittigen Nachzahlungsverfügungen wurden einzig der X.________ AG eröffnet, nicht aber dem betroffenen Arbeitnehmer. Die Vorinstanz hat O.________ weder beigeladen noch die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen (BGE 113 V 1). Das ist mit Blick auf die dominierende Stellung des O.________ in der Gesellschaft als deren einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat, Geschäftsführer sowie Alleinaktionär und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er im kantonalen Verfahren namens der Firma die Beschwerde unterzeichnete, nicht zu beanstanden. 
 
4.- Im angefochtenen Entscheid wird die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 AHVG und massgebendem Lohn gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG (BGE 122 V 171 Erw. 3a und c, 119 V 163 Erw. 3b, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 123 V 162 Erw. 1) zutreffend wiedergegeben. Gleiches gilt für die Bestimmung des Art. 7 lit. h AHVV, wonach Tantiemen, feste Entschädigungen und Sitzungsgelder an Mitglieder der Verwaltung juristischer Personen zum massgebenden Lohn gehören. Richtig dargelegt ist auch der Grundsatz, wonach bei Leistungen einer Aktiengesellschaft an ein Verwaltungsratsmitglied vermutet wird, dass sie diesem als Organ der juristischen Person zukommen und daher als massgebender 
Lohn zu betrachten sind (ZAK 1983 S. 23). Das gilt auch für die Regel, wonach bei einer versicherten Person, die gleichzeitig mehrere Tätigkeiten ausübt, jedes Erwerbseinkommen dahingehend zu prüfen ist, ob es aus selbstständiger oder unselbstständiger Erwerbstätigkeit stammt (AHI 1995 S. 13 Erw. 5a a.E.; BGE 119 V 164 f. Erw. 3c). Darauf kann verwiesen werden. 
 
5.- Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat O.________ die den strittigen Provisionen zu Grunde liegenden Liegenschaftstransaktionen (Kauf und Verkauf von Grundstücken) mit dem Ziel getätigt, der im Bereich der Architektur tätigen Beschwerdeführerin Aufträge zu beschaffen. O.________ mag als Partei der fraglichen Grundstückskaufverträge aufgetreten sein und der damit verbundene grosse Investitionsbedarf als Indiz für selbstständige Erwerbstätigkeit gelten (BGE 122 V 172 Erw. 3c). Vorliegend ist indes zu berücksichtigen, dass sowohl auf Seiten Provisionszahler wie -empfänger mit O.________ letztlich die gleiche Person das wirtschaftliche Risiko - und die damit einhergehenden Chancen - trug. Daher kann von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des O.________, in seinem hier zur Beurteilung anstehenden Verhältnis zur X.________ AG, nicht die Rede sein. Die Provisionszahlungen wurden nach Darstellung der Beschwerdeführerin denn auch geleistet, um die grosse Zinslast (Fremdkapitalzinsen) und die Verluste (durch Wertzerfall) abzugelten, die O.________ als Liegenschaftenhändler tragen musste. Die Vermittlungstätigkeit des O.________ für die von ihm kontrollierte Gesellschaft ist damit im Ergebnis als eine besondere Art der Akquisitionstätigkeit für die von ihm beherrschte Beschwerdeführerin zu sehen. Wenn die Vorinstanz die Provisionszahlungen vor dem Hintergrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung von O.________ einerseits und der von ihm als Alleinaktionär vollumfänglich kontrollierten Beschwerdeführerin andererseits beitragsrechtlich als massgeblichen Lohn qualifizierte, so verletzt dies Bundesrecht nicht. Den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in grundsätzlicher Hinsicht entgegenzuhalten, dass die in Art. 23 Abs. 4 AHVV angeordnete Bindungswirkung sich nur auf die Bemessung des massgebenden Einkommens und des im Betrieb investierten Eigenkapitals bezieht. Demgegenüber wird die hier strittige beitragsrechtliche Qualifikation des Einkommens davon nicht erfasst. Hierüber haben Ausgleichskasse und Sozialversicherungsrichter auf Grund des AHV-Rechts selbstständig zu befinden (BGE 121 V 83 Erw. 2c, 114 V 75 Erw. 2, 110 V 86 Erw. 4 und 370 Erw. 2a, 102 V 30 Erw. 3b mit Hinweisen). Deshalb ist die Rüge unbegründet, Beitragsverfügungen seien erst nach rechtskräftiger Bundessteuerveranlagung zulässig. Laut Beschwerdeführerin und nach den Akten ist weiter davon auszugehen, dass die strittigen Provisionen im Jahre 1992 (Fr. 450'000. -) von den Steuerbehörden nicht als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wurden. Nach der Beschwerdeführerin ist dies auch im Rahmen der noch ausstehenden Steuerveranlagungen für die Jahre 1993 und 1994 nicht zu erwarten. Selbst wenn jedoch die Steuerbehörden auf verdeckte Gewinnausschüttungen schliessen würden, bestände unter Berücksichtigung der hier gegebenen spezifischen Umstände (besondere Art der Akquisitionstätigkeit bei enger wirtschaftlicher Verflechtung von Gesellschaft und diese kontrollierendem Einzelfirmist) AHV-rechtlich kein Anlass, von beitragsfreiem Kapitalertrag auszugehen. 
 
6.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 6'000. - werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 3. August 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: