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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9D_8/2023  
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Finanzdepartement des Kantons Solothurn, Rathaus, Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2021, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 16. August 2023 (SGSEK.2023.11). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.B.________ geb. C.________ (nachfolgend: die Steuerpflichtige) hat steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/SO. Zur hier interessierenden Steuerperiode 2021 ist sie rechtskräftig veranlagt worden. Am 9. Februar 2023 ersuchte die Steuerpflichtige um Erlass der offenen Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn sowie der direkten Bundessteuer, Steuerperiode 2021, von Fr. 1'335.- bzw. Fr. 107.80. Sie begründete dies damit, dass sie von der Rente der Eidg. Alters- und Hinterlassenenversicherung und den zusätzlich zur AHV ausgerichteten Ergänzungsleistungen lebe. Mit Verfügung vom 27. April 2023 wies das Finanzdepartement des Kantons Solothurn das Erlassgesuch ab. Die Begründung ging dahin, dass die Steuerpflichtige über einen rechnerischen monatlichen Freibetrag von Fr. 475.- verfüge, was ihr die Tilgung der Steuern erlaube.  
 
1.2. Am 22. Mai 2023 ergriff die Steuerpflichtige den Rekurs an das Steuergericht des Kantons Solothurn. Sie machte insbesondere geltend, am 9. Dezember 2022 einen Vortrag zum Thema "Spiritualität im Leben" gehalten zu haben, was ihr einen Aufwand von Fr. 896.20 verursacht habe, ohne dass Erträge angefallen seien. Diese "ausserordentlichen Bemühungen" hätte ihres Erachtens eine Wertschätzung in Form des Steuererlasses verdient. Das Steuergericht kam in seiner Rechnung zu einem massgebenden Einkommen von Fr. 2'675.- und anrechenbaren Ausgaben von Fr. 2'200.-, womit ein rechtserheblicher monatlicher Überschuss von Fr. 475.- bestehe, der zur Tilgung der offenen Steuern zu verwenden sei. Das Erlassgesuch sei unbegründet und abzuweisen. Auf Gesuch hin könne das Steueramt des Kantons Solothurn aber Ratenzahlungen gewähren.  
 
1.3. Mit Eingabe vom 15. September 2023 erhebt die Steuerpflichtige beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie ersucht um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege.  
 
2.  
 
2.1. Streitig ist der Erlass von Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn sowie der direkten Bundessteuer. Da die Steuerpflichtige keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen einen besonders bedeutenden Fall geltend macht (Art. 42 Abs. 2 BGG), entfällt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. m BGG). Zu prüfen bleiben die Voraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG; BGE 147 I 89 E. 1.1; Urteile 9D_1/2023 vom 12. Januar 2023 E. 2; 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.1; 9D_7/2023 vom 6. Juni 2023 E. 2.1).  
 
2.2. Mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1). Anders als im Fall des Bundesgesetzesrechts geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet wird (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 149 I 109 E. 2.1; 149 III 81 E. 1.3). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 III 81 E. 1.3; 148 I 127 E. 4.3). Fehlt es an einer derartigen Begründung, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 148 I 104 E. 1.5; 148 IV 39 E. 2.3.5; 148 IV 205 E. 2.6).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Vorliegend gehen die Erlassgründe aus Art. 167 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) bzw. § 182 ff. des Gesetzes (des Kantons Solothurn) vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/SO; BGS 614.11) hervor. In ständiger Praxis hat das Bundesgericht erwogen, die genannten Normen verliehen keinen Rechtsanspruch auf Erlass der Steuer (zu Art. 167 ff. DBG: Urteile 9C_659/2022 vom 18. Juli 2023 E. 2.1; 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.3.1; 2D_29/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 3.2; zu § 182 ff. StG/SO: Urteile 2D_48/2021 vom 7. Dezember 2021; 2D_50/2020 vom 20. Dezember 2017 E. 3.3; 2D_46/2016 / 2D_47/2016 vom 22. November 2016 E. 2.2). Demgemäss kann eine steuerpflichtige Person allein durch die willkürliche Auslegung und/oder Anwendung dieses eidgenössischen und/oder kantonalen Erlassrechts und insbesondere durch die angeblich willkürliche Verweigerung des Steuererlasses in keinen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG). Entsprechend ist sie nicht legitimiert, um im Erlasspunkt Willkürrügen vorzubringen (Urteil 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.3.1).  
 
2.3.2. Fehlt im Erlassverfahren ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, weshalb eine angebliche materielle Rechtsverweigerung nicht gerügt werden kann, bleibt es einer steuerpflichtigen Person immerhin möglich, mit der Verfassungsbeschwerde diejenigen Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; BGE 149 I 72 E. 3.1; Urteil 6B_562/2021 vom 7. April 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 IV 170; BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.3.2).  
 
2.3.3. Unter diesen formellen Rügen kann etwa vorgebracht werden, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE 114 Ia 307 E. 3c). Zulässig ist auch die Rüge, das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV) sei in verfassungsrechtlich unhaltbarer Weise verweigert worden. Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen und die sich von der Beurteilung in der Sache nicht trennen lassen (BGE 146 IV 76 E. 2; 137 I 128 E. 3.1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 9D_3/2023 vom 7. März 2023 E. 2.3.3).  
 
3.  
 
3.1. Die Steuerpflichtige verweist in ihrer kurzen Eingabe auf den kostspieligen Vortrag, den das Steuergericht nur ungenügend gewürdigt habe. Nach dem Tod ihres Ehegatten im Jahr 2004, mit dem sie 36 Jahre verheiratet gewesen sei, seien alle Konti "geräumt" und die Saldi an die Kinder aus erster Ehe des Verstorbenen verteilt worden. Der verstorbene Ehemann sei selbständig erwerbend gewesen. In der Folge habe sie einige Jahre als Sachbearbeiterin in der kantonalen Verwaltung gearbeitet, wo sie dann in Rente getreten sei. Sie befinde sich "aufgrund besonderer Verhältnisse in einer wirtschaftlichen Notlage".  
 
3.2. Die Steuerpflichtige ersucht auf diese Weise um Neubeurteilung der Angelegenheit, was ihr aber von Gesetzes wegen verwehrt ist, da sie sich auf keinen Rechtsanspruch berufen kann. Soweit sie andeutungsweise eine materielle Rechtsverweigerung geltend macht, ist dies unter den gegebenen Umständen unzulässig. Eine formelle Rechtsverweigerung (vorne E. 2.3.2 und 2.3.3) bringt sie nicht vor, auch nicht zumindest beiläufig. Damit fehlen verwertbare Rügen.  
 
3.3. Mangels hinreichender Begründung ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid des Abteilungspräsidenten im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, ist es der Steuerpflichtigen unbenommen, dem Steueramt des Kantons Solothurn ein Gesuch um Ratenzahlungen zu unterbreiten.  
 
4.  
 
4.1. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen.  
 
4.2. Für diesen Fall ersucht die Steuerpflichtige um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege. Dieses ist mit Blick auf die in der Hauptsache gestellten aussichtslosen Rechtsbegehren abzuweisen. (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 142 III 138 E. 5.1). Auch dies kann einzelrichterlich geschehen (Art. 64 Abs. 3 BGG; Urteil 9D_4/2023 vom 31. Mai 2023 E. 3).  
 
4.3. Dem Kanton Solothurn, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Oktober 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher