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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 55/05 
 
Urteil vom 23. Juni 2005 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Parteien 
B.________, 1965, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt, Hochstrasse 37, 4053 Basel, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel 
 
(Entscheid vom 24. November 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
B.________, geboren 1965, war seit Juni 2001 als Leiter mit Einzelunterschrift einer Zweigstelle der Firma P.________ AG in Basel tätig. Die unter dem Namen "X.________" agierende Zweigstelle vertrieb hauptsächlich illegale Hanfprodukte, weswegen eine Strafuntersuchung durchgeführt und B.________ wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt wurde. Am 2. Oktober 2003 meldete er sich bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab 18. August 2003 an, nachdem am 12. Juni 2003 über die Firma der Konkurs verhängt worden war. Mit Verfügung vom 14. November 2003 verneinte das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kantons Basel-Stadt einen Leistungsanspruch, da es am rechtsgenüglichen Nachweis einer beitragspflichtigen Beschäftigung fehle. Daran hielt das Amt mit Einspracheentscheid vom 27. Februar 2004 fest. 
B. 
Die von B.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt am 24. November 2004 ab. 
C. 
B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, die Kasse sei zu verpflichten, ihm ab 18. August 2003 Arbeitslosentaggelder auszurichten. 
 
Das Amt für Wirtschaft und Arbeit beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Anspruchsvoraussetzung der erfüllten Beitragszeit (Art. 8 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 AVIG [in der ab 1. Juli 2003 gültigen Fassung]) zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass für die Erfüllung der Mindestbeitragszeit innerhalb der Rahmenfrist die Ausübung einer an sich beitragspflichtigen Tätigkeit nicht genügt, sondern eine solche nur Beitragszeiten bildet, wenn und soweit hiefür ein Lohn ausbezahlt wird (BGE 128 V 190 Erw. 3a/aa in fine mit Hinweisen). Fehlen Belege für eine Lohnüberweisung (Post- oder Bankauszüge oder Quittungen für Lohnzahlungen), ist eine tatsächlich erfolgte Lohnentrichtung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erstellt (ARV 2004 S. 115). 
2. 
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt und dafür effektiv einen Lohn bezogen hat. 
2.2 Verwaltung und Vorinstanz vertreten die Auffassung, der Nachweis einer beitragspflichtigen Beschäftigung sei nicht rechtsgenüglich erbracht worden. Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer einen Ermessensmissbrauch sowie eine unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts. Er sei als damaliger Leiter der Zweigniederlassung berechtigt, rechtsgültig Auskunft über das Geschäft zu geben. Da er vom ersten Tag an Schulden und Aufwand aus der Tageskasse bezahlt habe, sei es ihm nicht möglich gewesen, ein Geschäftskonto zu errichten. Das Strafgericht Basel-Stadt habe ihm eine vorbildliche Geschäftsführung attestiert und er sei auch ausgehend vom deklarierten Umsatz strafrechtlich wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden. Er habe ausser dem Lohn von der Firma P.________ AG keine Einkünfte gehabt. Dass er gleichwohl seinen Verpflichtungen (Wohnungsmiete, Alimente) nachgekommen sei, beweise die Richtigkeit seiner Sachdarstellung. 
3. 
Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht uneingeschränkt; er findet sein Korrelat in den Mitwirkungspflichten der Parteien (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen; vgl. BGE 130 I 183 Erw. 3.2). 
 
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen). 
4. 
4.1 
4.1.1 Allein gestützt auf die vom Beschwerdeführer ausgefüllte Arbeitgeberbescheinigung vom 16. Oktober 2003 und die von ihm selbst unterzeichneten Lohnquittungen für die Monate Juni 2002 bis Mai 2003 lässt sich mit Blick auf die Rechtsprechung (ARV 2004 S. 115, 2002 S. 116) nach den zutreffenden Erwägungen des kantonalen Gerichtes nicht darauf schliessen, dass die vereinbarten Lohnsummen tatsächlich ausbezahlt wurden. Dies gilt umso mehr, als bei der Würdigung dieser Beweismittel der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass der Beschwerdeführer für die Gesellschaft die Funktion eines Geschäftsführers mit Einzelzeichnungsberechtigung und damit eine beherrschende Stellung innehatte, weshalb seine Bestätigungen auf den Lohnabrechnungen und die Angaben in der Arbeitgeberbescheinigung mit besonderer Vorsicht zu würdigen sind (vgl. Urteil L. vom 20. September 2004, C 34/04). Nichts abgeleitet werden kann sodann aus der am 25. November 2002 erfolgten Einzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (BGE 113 V 352). Auch die sich bei den Akten befindlichen Buchhaltungsunterlagen der Firma "X.________" vermögen - worauf bereits das kantonale Gericht zutreffend hingewiesen hatte - die behaupteten Lohnzahlungen nicht zu belegen. 
4.1.2 Nach Darstellung des Beschwerdeführers verfügte die Firma "X.________" über kein Post- oder Bankkonto, weshalb keine (als Beweismittel besonders geeigneten) Kontoauszüge zur Verfügung stehen. Wie das kantonale Gericht zutreffend erwägt, sind Bestätigungen über den Lohnfluss, welche Personen mit arbeitgeberähnlicher Stellung selbst unterzeichnet haben, als Beweismittel ebenso wenig geeignet, wie darauf basierende weitere Unterlagen (beispielsweise Steuererklärungen oder die Buchhaltung; Urteil L. vom 20. September 2004, C 34/04, Erw. 4.2; Erw. 4.1.1 hievor). Indessen kann aus dem in ARV 2004 S. 115 publizierten Urteil nicht abgeleitet werden, dass der Beweis erfolgter Lohnzahlungen ausschliesslich durch Kontoauszüge zu erbringen ist, worauf im Übrigen auch die Vorinstanz zutreffend hinweist. Nach der Rechtsprechung sind beispielsweise Aktenstücke, welche den Abfluss von Lohnbeträgen aus der Kasse dokumentieren, grundsätzlich als Beweismittel geeignet. Ebenso können Zeugenaussagen ehemaliger Mitarbeiter allenfalls Rückschlüsse über Art und Höhe der betriebsüblichen Lohnauszahlung und damit auf die in der fraglichen Zeit effektiv ausbezahlten Löhne ermöglichen (vgl. das bereits zitierte Urteil L. vom 20. September 2004, C 34/04, Erw. 4.3). Solche Abklärungen wurden bisher nicht getätigt. Die Sache ist daher an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie weitere Abklärungen vornimmt, indem sie allfällige weitere Geschäftsakten sowie die Konkursakten beizieht oder eine Befragung der ehemaligen Mitarbeiter F.________ und S.________ durchführt. 
4.2 Sollte der Beschwerdeführer die Mitwirkung verweigern oder sollten sich aus den Konkursakten und den Zeugenaussagen keine klaren Rückschlüsse auf die in der fraglichen Zeit effektiv ausbezahlten Löhne ergeben, liegt Beweislosigkeit vor und ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung entfällt (Erw. 1.2 hievor). 
 
Gelangt die Verwaltung nach Durchführung der ergänzenden Beweisabnahmen zur Auffassung, das Erfordernis der ausreichenden Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung sei erfüllt, wird sie gegebenenfalls vor der Ausrichtung von Arbeitslosenversicherungsleistungen noch die weiteren gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen haben. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 24. November 2004 und der Einspracheentscheid des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Basel-Stadt vom 27. Februar 2004 aufgehoben und die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Anspruchsberechtigung neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 23. Juni 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
i.V.