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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_776/2011 
 
Urteil vom 4. Oktober 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Seiler, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Bereich Recht, Spiegelgasse 6, 
4001 Basel 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, als Verwaltungsgericht, vom 11. August 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 X.________ (geb. 1972) stammt aus Nigeria. Er heiratete nach einem erfolglos verlaufenen Asylverfahren am 9. August 1996 eine Schweizer Bürgerin, worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei dieser erteilt wurde. Am 3. August 2001 erhielt er die Niederlassungsbewilligung. Der Ehe entstammen zwei Kinder, welche im Dezember 1998 bzw. im April 2000 geboren wurden. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X.________ am 22. Mai 2008 unter anderem wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens, Betrugs, Nötigung, Drohung gegen Beamte und wegen mehrfachen qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Auf den 10. Juni 2008 wurde X.________ vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen. 
 
1.2 Das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt widerrief am 1. Oktober 2009 die Niederlassungsbewilligung von X.________. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 11. August 2011: X.________ sei in der Schweiz über längere Zeit schwer straffällig geworden; zudem hätten er und seine Familie von 2002 bis 2009 Fr. 366'807.85 Unterstützungsgelder bezogen; eine Besserung der Situation sei entgegen den wiederholten, aber unbelegten Behauptungen von X.________ nicht absehbar. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder sei der Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung verhältnismässig. 
 
1.3 X.________ beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung und die damit verbundene Wegweisung zu verzichten. 
 
2. 
Die Eingabe erweist sich, soweit darauf einzutreten ist, als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden: 
2.1 
2.1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Betroffene muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt klar und eindeutig mangelhaft erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S.104 f.). Der Beschwerdeführer hat - in Auseinandersetzung mit der Begründung im angefochtenen Entscheid - im Einzelnen darzutun, inwiefern die Sachverhaltsfeststellung oder die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. 
2.1.2 Der Beschwerdeführer behauptet zwar, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt, er führt indessen nicht aus, inwiefern dies offensichtlich der Fall sein soll. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, seine Sicht der Dinge, wie er sie bereits der Vorinstanz dargelegt hat, zu wiederholen. Mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid zu seinen Einwänden setzt er sich nicht auseinander. Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Beweiswürdigung denkbar wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Wertung beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (vgl. BGE 135 II 356 E. 4.2.1 S. 362; Urteil 2C_231/2011 vom 21. Juli 2011 E. 4.3). Dass und inwiefern dies hier der Fall wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar. 
2.2 
Aufgrund des für das Bundesgericht damit verbindlich festgestellten Sachverhalts ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden: 
2.2.1 Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn der Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381), verurteilt worden ist und sich der Widerruf als verhältnismässig erweist (vgl. dazu BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5; Art. 63 Abs. 1 lit. a und b i.V.m. Abs. 2 sowie Art. 62 lit. b AuG [SR 142.20]). Der Beschwerdeführer wurde in der Schweiz wiederholt und immer schwerer straffällig: Am 17. August 2001 ist er wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von elf Monaten Gefängnis verurteilt und gestützt hierauf am 6. September 2001 ausländerrechtlich verwarnt worden. Weder die bedingte Strafe noch die Verwarnung bzw. eine weitere Untersuchungshaft von drei Monaten vermochten ihn davon abzuhalten, den Betäubungsmittelhandel wieder aufzunehmen, was schliesslich am 22. Mai 2008 dazu führte, dass er zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt wurde. Das Verschulden des Beschwerdeführers wog dabei schwer: Während eines Handgemenges hatte er die geladene Waffe eines Polizisten behändigt, den Finger an deren Abzug gelegt und - so das Strafurteil - die anwesenden Personen in "skrupelloser Weise" in unmittelbare Lebensgefahr gebracht; dass der schliesslich ausgelöste Schuss bloss zu einer Körperverletzung geführt habe, sei blossem Zufall zu verdanken. Hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte sei er ohne eigene Abhängigkeit ausschliesslich als "Moneydealer" tätig gewesen. Die Straftaten zeigten, dass der Beschwerdeführer nicht bereit sei, "sich an irgendwelche Regeln zu halten", und im Sinne einer Prognose nicht davon ausgegangen werden könne, er werde "sich in Zukunft wohl verhalten". Es besteht keinerlei Anlass, ausländerrechtlich von dieser Einschätzung abzuweichen, zumal begründete - vom Beschwerdeführer in seiner Eingabe nicht bestrittene - Hinweise darauf bestehen, dass er sich seit seiner Haftentlassung wiederum nicht tadellos verhalten haben könnte (Auffinden von 38,4 Gramm Kokain bei einer Hausdurchsuchung am 26. Januar 2010; Strafuntersuchung wegen einfacher Körperverletzung begangen am 9. August 2010). 
2.2.2 Die Nichtverlängerung seiner Bewilligung erweist sich unter diesen Umständen auch als verhältnismässig (vgl. dazu BGE 135 II 377 E. 4.3 u. 4.5): Der Beschwerdeführer ist zwar seit rund 16 Jahren in der Schweiz, hiervon hat er allerdings gut dreieinhalb Jahre in Unfreiheit verbracht; im Übrigen ist er erst mit 23 Jahren in die Schweiz eingereist, womit er die prägenden Jugendjahre in seiner Heimat durchlief, mit deren Sitten und Gebräuchen er nach wie vor vertraut ist. Wie seine Straffälligkeit belegt, vermochte er sich in der Schweiz weder beruflich noch sozial einzugliedern. Zwar will der Beschwerdeführer aus den Verurteilungen seine Lehren gezogen haben; dies erscheint jedoch mehr als zweifelhaft; auf jeden Fall genügt mit Blick auf sein bisheriges Verhalten diese Erklärung nicht, um die Gefahr eines weiteren Rückfalls auszuschliessen und sein privates Interesse dem öffentlichen Interesse am Schutz der Bevölkerung vor potenziell rückfallgefährdeten ausländischen Straftätern aus Drittstaaten vorgehen zu lassen. Das Bundesgericht verfolgt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel - in Übereinstimmung mit der in Europa vorherrschenden Rechtsauffassung (vgl. BGE 129 II 215 E. 6 u. 7 S. 220 ff.) - ausländerrechtlich eine strenge Praxis (BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 527). Zwar liegen die letzten Straftaten, für die der Beschwerdeführer verurteilt wurde, rund 5 Jahre zurück, doch sind bereits wieder neue Strafuntersuchungen gegen ihn hängig. Der Einwand, die Migrationsbehörden hätten mit der Wegweisung zu lange zugewartet, trifft nicht zu; dem Beschwerdeführer wurde am 13. Juni 2008 und damit unmittelbar nach der vorzeitigen Entlassung aus dem Strafvollzug das rechtliche Gehör zur hier umstrittenen Massnahme gewährt; die anschliessenden Verzögerungen sind darauf zurückzuführen, dass ihm wiederholt Gelegenheit gegeben wurde, weitere Unterlagen zu seiner Berufstätigkeit einzureichen. 
2.2.3 Richtig ist, dass seiner Schweizer Gattin und den beiden Kindern eine Übersiedlung nach Nigeria schwerfallen dürfte. Ein allfälliger mit der Nichtverlängerung der Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung des Beschwerdeführers verbundener Eingriff in das Familienleben erscheint indessen aufgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Fernhaltung des immer wieder straffällig werdenden Beschwerdeführers als gerechtfertigt: Nach der verbindlichen Sachverhaltsfeststellung hat er eine Freundin und sind die ehelichen Beziehungen zu seiner Gattin zumindest gelockert. Diese lebt mit den gemeinsamen Kindern im Kanton Zug, obwohl keine nachvollziehbaren Gründe geltend gemacht werden, warum sie, nachdem die dortigen Behörden den Aufenthalt des Beschwerdeführers abgelehnt hatten, nicht wieder zu ihrem Mann nach Basel zog. 
2.2.4 Der angefochtene Entscheid gibt die bundesgerichtliche Praxis zutreffend wieder und das Appellationsgericht hat die auf dem Spiele stehenden Interessen im Rahmen von Art. 62 lit. b AuG bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK unter hinreichender Berücksichtigung der Interessen der Kinder (vgl. hierzu BGE 135 I 153 E. 2.2.2) sorgfältig und nachvollziehbar gegeneinander abgewogen (vgl. das EGMR-Urteil vom 2. August 2001 i.S. Boultif gegen die Schweiz, publ. in: VPB 2001 Nr. 138 S. 1392). Es kann für alles Weitere auf seine zutreffenden Überlegungen verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache selber wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
3. 
Die vorliegende Eingabe hatte gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung und die Begründung im angefochtenen Entscheid als zum Vornherein aussichtslos zu gelten, weshalb das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen ist (Art. 64 BGG). Dieser hat demnach die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
2.2 Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, als Verwaltungsgericht, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 4. Oktober 2011 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar