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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_879/2022  
 
 
Urteil vom 1. November 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Kocher. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Recht, 
Bändliweg 21, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Zürich, Steuerperiode 2019, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 12. September 2022 (SB.2022.00066). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (nachfolgend: der Steuerpflichtige) hat steuerrechtlichen Wohnsitz in Zürich. In Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich, Steuerperiode 2019, hatte er Einsprache gegen die Veranlagungsverfügung erhoben. Mit Einspracheentscheid vom 25. März 2022 wies das Steueramt des Kantons Zürich (KStA/ZH; nachfolgend: die Veranlagungsbehörde) diese ab. Der Versand des Einspracheentscheids erfolgte mit eingeschriebener Briefpost. Gemäss elektronischer Sendungsverfolgung "Track & Trace" der Post CH AG wurde die Sendung dem Steuerpflichtigen am 28. März 2022 zur Abholung gemeldet, dies mit einer Frist bis zum Montag, 4. April 2022. Am Tag des Fristablaufs erteilte der Steuerpflichtige der Post CH AG einen Rückbehaltungsauftrag bis zum 25. April 2022.  
 
1.2. In der Folge nahm der Steuerpflichtige den Einspracheentscheid vom 25. März 2022 erst am 11. April 2022 entgegen, worauf er mit Postaufgabe vom 11. Mai 2022 Rekurs beim Steuerrekursgericht des Kantons Zürich erhob. Das Steuerrekursgericht trat mit Verfügung vom 1. Juli 2022 auf die Eingabe nicht ein. Die Begründung ging dahin, dass die gesetzliche Rechtsmittelfrist am 4. Mai 2022 verstrichen sei. Mit dem Versand vom 11. Mai 2022 habe die Frist nicht gewahrt werden können.  
 
1.3. Dagegen wandte der Steuerpflichtige sich mit Rechtsschrift vom 12. August 2022 an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil SB.2022.00066 vom 12. September 2022 ab. Ebenfalls zur Abweisung führte das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege (Prozessführung und anwaltliche Verbeiständung), dies zufolge offenkundiger Aussichtslosigkeit. In der Sache selbst bezog das Verwaltungsgericht sich namentlich auf das Urteil 2C_543/2021 vom 27. Juli 2021 E. 2.3.4. Darin hatte das Bundesgericht erkannt, der Umstand, dass nicht abgeholte Einschreibebriefe von Verwaltungs- und Gerichtsbehörden einen Fristenlauf bewirken könnten, dürfe als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Der Steuerpflichtige habe darüber hinaus, so das Verwaltungsgericht, mit der Zustellung des Einspracheentscheids rechnen müssen, nachdem er selbst das Einspracheverfahren angestrengt habe. Eine gesetzliche Beschwerdefrist lasse sich nicht durch eine Vereinbarung zwischen der steuerpflichtigen Person und der Post CH AG verlängern.  
 
2.  
Mit Eingabe vom 26. Oktober 2022 gelangt der Steuerpflichtige an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei das Steuerrekursgericht anzuweisen, auf die Sache einzutreten. Der angefochtene Entscheid gehe "an der Sache vorbei". Thema sei nicht, ob er den Einschreibebrief rechtzeitig abgeholt, sondern vielmehr, ob er die "angeblich verstrichene Frist " und ebenso die "von mir interpretierte Frist" eingehalten habe. Weiter seien "alle Behörden und Amtsstellen" anzuweisen, "in den Rechtsmittel-Ausführungen klar und deutlich Fristen und Wahrheiten zu nennen". 
Darüber hinaus ersucht der Steuerpflichtige um die Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
3.  
 
3.1. Rechtsschriften an das Bundesgericht haben einen Antrag, eine Begründung und die Beweismittel zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Die Begründung hat sich auf den Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens zu beziehen, der durch die Anträge umschrieben wird (BGE 144 II 359 E. 4.3). Der Streitgegenstand kann vor Bundesgericht, verglichen mit dem vorinstanzlichen Verfahren, zwar eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, dass und inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
3.2. Das Bundesgericht wendet das Bundesgesetzesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft es mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 148 II 73 E. 8.3.1; 148 V 21 E. 2; 148 V 209 E. 2.2; 147 II 300 E. 1). Bei aller Rechtsanwendung von Amtes wegen werden aber, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Rügen geprüft, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der Hand (auch dazu BGE 148 V 209 E. 2.2). Das Bundesgericht ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufgeworfen werden (BGE 143 I 1 E. 1.4; 140 III 86 E. 2; 140 III 115 E. 2).  
 
4.  
 
4.1. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist die Rekursfrist am 4. Mai 2022 ungenutzt verstrichen. Der Steuerpflichtige hat demnach zwar innerhalb einer Frist von 30 Tagen reagiert, allerdings gemessen ab der Abholung der Sendung am 11. April 2022. Diese tatsächlichen Feststellungen hat der Steuerpflichtige im bundesgerichtlichen Verfahren nicht bestritten, jedenfalls nicht in den gebührenden Formen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 148 I 160 E. 3; 148 III 215 E. 3.1.4). Sie sind daher für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 148 I 160 E. 3; 148 III 215 E. 3.1.4; 148 V 209 E. 2.2).  
 
4.2. Versendet eine Verwaltungsbehörde oder eine Gerichtsbehörde ihr Schriftstück durch eingeschriebene Briefpost bzw. als Gerichtsurkunde und wird die Postsendung nicht entgegengenommen oder abgeholt, so gilt die Zustellung am siebenten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt (Zustellfiktion; fiction de la notification de la citation; BGE 145 IV 252 E. 1.3.1; 143 III 15 E. 4.1; 141 II 429 E. 3).  
Wenn der Post CH AG für eine gewisse Dauer ein Zurückbehalteauftrag oder ein Nachsendeauftrag erteilt wird, vermag dies die Wirkungen der Zustellfiktion nicht zu beeinträchtigen. Der Ablauf der Frist von sieben Tagen seit Eingang der Sendung bei der Poststelle am Wohnort oder Domizil des Empfängers gilt unverändert als Zustellung. Ein derartiger Auftrag an die Post CH AG kann mithin den ordentlichen Fristenlauf weder hemmen noch verlängern (BGE 141 II 429 E. 3.1; Urteile 2C_814/2022 vom 19. Oktober 2022 E. 3.2; 2C_543/2021 vom 27. Juli 2021 E. 2.2.1; 2C_103/2021 vom 9. Februar 2021 E. 3.2.1; insbesondere zum vergleichbaren Art. 44 Abs. 2 BGG: Jean-Maurice Frésard, in: Florence Aubry Girardin et al. [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 13 und 22 f. zu Art. 44 BGG). Dementsprechend hält die Post CH AG in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen "Postdienstleistungen" (sowohl in jenen für Privatkunden als auch für Geschäftskunden; Fassung jeweils vom Januar 2022) ausdrücklich fest, dass die rechtlichen Wirkungen einer Zustellung sich "unabhängig vom postalischen Angebot nach den gesetzlichen Vorschriften" beurteilten (jeweilige Ziff. 2.5.7 lit. b der AGB; Urteil 2C_258/2020 vom 14. April 2020 E. 3.1). 
Dies alles gilt jedenfalls, sofern die rechtsunterworfene Person überhaupt mit der Zustellung hat rechnen müssen (BGE 142 III 599 E. 2.5; 130 III 396 E. 1.2.3). Dabei besteht eine "Aufmerksamkeitsdauer" von bis zu einem Jahr während des hängigen Rechtsmittelverfahrens und zur Mitwirkungspflicht im Fall einer bevorstehenden längeren Ortsabwesenheit (zu beidem: Urteil 2C_543/2021 vom 27. Juli 2021 E. 2.2.2). 
 
4.3. Der Steuerpflichtige würdigt diese ständige bundesgerichtliche Rechtsprechung in seiner kurzen Eingabe so gut wie gar nicht, zumal er glaubt, dass die "von mir interpretierte Frist" gewahrt sei. Auf ein rein subjektives Empfinden, das in der Praxis und Doktrin keinerlei Grundlage findet, kann es indes nicht ankommen. Ebenso wenig gewinnt er sodann mit seinem Antrag, "alle Behörden und Amtsstellen" seien anzuweisen, "in den Rechtsmittel-Ausführungen klar und deutlich Fristen und Wahrheiten zu nennen". Ein derartiger generell-abstrakter Antrag liegt von vornherein ausserhalb des individuell-konkreten Streitgegenstandes.  
 
4.4. Mangels hinreichender Begründung im bundesgerichtlichen Verfahren ist auf die Eingabe nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin zu geschehen hat (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
4.5.  
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Für diesen Fall stellt der Steuerpflichtige im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren ein Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Blick auf die in der Hauptsache gestellten aussichtslosen Rechtsbegehren ist das Gesuch abzuweisen (Art. 29 Abs. 3 BV bzw. Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 142 III 138 E. 5.1). Dem Kanton Zürich ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. November 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher