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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
I 129/06 
 
Urteil vom 8. Mai 2006 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Borella und Kernen; Gerichtsschreiber Grunder 
 
Parteien 
C.________, 1948, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, Bellerivematte 5, 6006 Luzern, 
 
gegen 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Hirschengraben 19, 6003 Luzern, Beschwerdegegner 
 
(Verfügung vom 19. Januar 2006) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Einspracheentscheid vom 20. September 2005 verneinte die IV-Stelle Luzern in Bestätigung der Verfügung vom 20. Januar 2003 einen Anspruch auf Invalidenrente der 1948 geborenen C.________, weil sich aufgrund der Abklärungen ein unter 40 % liegender Invaliditätsgrad ergab. 
B. 
C.________ liess dagegen Beschwerde führen und beantragen, "das Beweisverfahren sei fortzusetzen; es sei insbesondere eine neutrale Begutachtung durchzuführen; die IV sei weiter zu verpflichten, (ihr) auch die benötigten Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen". Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern ab (Entscheid vom 19. Januar 2006). 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt C.________ das folgende Rechtsbegehren stellen: "1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben. 2. Es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 3. Der unterzeichnete Anwalt sei als UR-Anwalt von Frau C.________ zu ernennen. 4. Die Kosten dieses Verfahrens (amtliche Kosten und Anwaltskosten) seien dem Staat Luzern aufzuerlegen bzw. von der Bundeskasse zu tragen." 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er kann daher selbstständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht angefochten werden (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und 128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115). 
1.2 Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
2.1 Das kantonale Gericht hat die Rechtsprechung zur streitigen Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung, wie sie Art. 61 lit. f ATSG zu Grunde liegt, zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2.2 Gemäss Art. 61 lit. c ATSG stellt das (kantonale) Versicherungsgericht unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei. Die um unentgeltliche Rechtspflege ersuchende Person hat ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzustellen und soweit möglich zu belegen. Dabei dürfen umso höhere Anforderungen an eine umfassende und klare Darlegung der finanziellen Situation durch den Gesuchsteller selbst verlangt werden, je komplexer die ökonomischen Verhältnisse sind. Kommt dieser seinen Obliegenheiten nicht nach, ist das Gesuch abzuweisen (BGE 125 IV 165 Erw. 4a, 120 Ia 182 Erw. 3a in fine; Alfred Bühler, Die Prozessarmut, in: Gerichtskosten, Parteikosten, Prozesskaution, unentgeltliche Prozessführung, Bern 2001, S. 188 ff.). 
3. 
3.1 Die Vorinstanz ermittelte ein monatliches Einkommen von Fr. 6'546.20. Dieses setzt sich einerseits aus den der Beschwerdeführerin ausgerichteten Krankentaggeldleistungen von Fr. 1'054.- sowie den Erwerbseinkünften des Ehemannes von Fr. 4'592.90 (einschliesslich 13. Monatsgehalt pro rata temporis) zusammen, andererseits aus einem Anteil an die Lebenshaltungskosten des erwachsenen, im Haushalt der Eltern wohnenden Sohnes von Fr. 900.-. Ausgabenseitig errechnete sie einen Betrag von Fr. 5'411.65 (Grundbetrag für Ehepaare zuzüglich einen prozessualen Zuschlag von 20 %, Wohnungs- und Garagenmietzins, Krankenkassenprämien, weitere Versicherungsprämien, Autokosten, Auslagen für auswärtige Verpflegung, Abonnement für den öffentlichen Verkehr, Steuerrückstellungen, Schuldamortisation eines Kredits bei der Credit Suisse, ungedeckte Arztkosten). Da die Vergleichsrechnung einen Einnahmenüberschuss von Fr. 1'134.55 ergab, verneinte das kantonale Gericht die Bedürftigkeit. 
3.2 Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die Vorinstanz habe rechtswidrig eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situation des Ehepaares vorgenommen. Sie hätte nur die finanziellen Verhältnisse der Gesuchstellerin als Einzelperson berücksichtigen dürfen. Nach der Rechtsprechung ist der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege subsidiär zur familienrechtlichen Unterhaltspflicht der Ehegatten (Art. 159 Abs. 3 und Art. 163 Abs. 1 ZGB; BGE 119 Ia 12 Erw. 3a, 108 Ia 10 Erw. 3, 103 Ia 101, 85 I 4 f. Erw. 3; Bühler, a.a.O. S. 144 f.). Daher ist der prozessuale Zwangsbedarf eines Gesuchstellers, der mit seinem Ehepartner in einer Haushaltgemeinschaft lebt, anhand einer Gesamtrechnung zu ermitteln (Bühler, a.a.O.). Das vorinstanzliche Vorgehen ist somit nicht zu beanstanden. 
3.3 Weiter wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz vor, den Untersuchungsgrundsatz verletzt zu haben. Ihrer Auffassung nach hätte sie zu ihren finanziellen Verhältnissen persönlich befragt werden müssen, "wie es gerade in diesem Verfahren zwingend vorgeschrieben" sei. Ihr Sohn sei arbeitslos und verfüge über kein Einkommen. Die vorinstanzlichen Annahmen seien willkürlich. 
3.3.1 Das kantonale Gericht forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. November 2005 auf, das Formular "Unentgeltliche Rechtspflege" ausgefüllt zusammen mit den Urkunden, welche die Angaben zu den finanziellen Verhältnissen belegten, zurückzusenden, und drohte an, bei unterlassener oder ungenügender Mitwirkung innert Frist werde aufgrund der vorhandenen Akten entschieden. Nach erstreckter Frist reichte der Rechtsvertreter das Formular mit unvollständigen Unterlagen ein. Die Vorinstanz gab der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. Januar 2006, unter erneutem Hinweis auf die Säumnisfolgen bei mangelhafter Mitwirkung und Ansetzung einer Nachfrist, nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme, wobei sie die einzelnen Positionen, zu welchen Auskünfte zu geben und Belege einzureichen waren, im einzelnen aufzählte. 
3.3.2 Obwohl die Vorinstanz explizit unter anderem Angaben und Belege zum Einkommen des Sohnes verlangt hatte, erteilte die Beschwerdeführerin weder diesbezügliche Auskünfte, noch reichte sie Unterlagen ein. Sie verletzte somit die ihr obliegende Mitwirkungspflicht, weshalb die Vorinstanz die Sache ohne weiteres aufgrund der Akten beurteilen durfte. Dem Formular "Unentgeltliche Rechtspflege" ist zu entnehmen, dass der Sohn als "Barman" berufstätig ist. Das kantonale Gericht ermittelte den mutmasslich erzielten Verdienst gestützt auf den ab 1. Januar 2006 geltenden Minimallohn ungelernter Mitarbeiter gemäss Art. 10 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages für das Gastgewerbe (Fr. 3'182.-) und legte den zumutbaren Beitrag an die Lebenshaltungskosten ermessensweise auf Fr. 900.- fest. Dieser Betrag ist nicht zu beanstanden. 
3.3.3 Des weiteren ist nicht einzusehen, inwiefern eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin, welche im Übrigen im vorinstanzlichen Verfahren keinen entsprechenden Antrag gestellt hatte, in Anbetracht der gegebenen Umstände etwas zur Sache hätte beitragen können. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin erhielt mehrmals Gelegenheit, die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen schriftlich einzureichen. Sodann geht aus der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht hervor, welche einzelnen Positionen und Beträge der vorinstanzlichen Notbedarfsrechnung in Frage gestellt werden. Die pauschal gehaltene Rüge, das kantonale Gericht habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, ist daher nicht stichhaltig. Das Vorbringen, eine persönliche Anhörung sei im kantonalen Verfahren im Rahmen der Beurteilung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege "zwingend" vorgeschrieben, entbehrt jeglicher Grundlage (vgl. Art. 61 ATSG und Art. 29 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BV). 
4. 
Gemäss Praxis (SVR 1994 IV Nr. 29 S. 76 Erw. 4) werden in Verfahren, welche die Frage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im kantonalen Prozess zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben. 
 
Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten Rechtsbegehren enthalten sinngemäss ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren, welches mangels Bedürftigkeit abzuweisen ist (Art. 135 in Verbindung mit Art. 152 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der IV-Stelle Luzern, der Ausgleichskasse Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 8. Mai 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Die Präsidentin der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: