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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.102/2002 /bie 
 
Urteil vom 26. September 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Ersatzrichter Zünd, 
Gerichtsschreiber Schaub. 
 
X.________ GmbH, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hannes Baumann, Haselstrasse 1, 5400 Baden, 
 
gegen 
 
Direktion des Gesundheitswesens des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich. 
 
Lebensmittelpolizeiliche Massnahmen, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 
20. Dezember 2001. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Kantonale Heilmittelkontrolle Zürich liess am 11. Dezember 2000 dem Kantonalen Labor Zürich einen anlässlich der Inspektion einer Arztpraxis beschlagnahmten Prospekt der X.________ GmbH betreffend das Produkt vitaKost zukommen mit dem Hinweis, dass mit dem Verkauf dieser Lebensmittel aus den Händen eines Arztes der Anschein der Arzneimitteleigenschaft erweckt werde. Am 21. Dezember 2000 übermittelte sodann die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich denselben Prospekt der X.________ GmbH dem Kantonalen Labor zur Prüfung. Gemäss dem erwähnten Prospekt sind die Produkte vitaKost-Einstieg und vitaKost-Spezial Teil des vitaKost-Programmes, das dazu dienen soll, die zu hohe Fettaufnahme beim Essen auf ein vernünftiges Mass zu senken und damit das wünschenswerte Körpergewicht zu erreichen bzw. zu erhalten, wobei u.a. mit vitaKost-Einstieg und vitaKost-Spezial vorübergehend mehrere Hauptmahlzeiten ersetzt werden können. 
 
Am 16. Januar 2001 traf das Kantonale Labor die folgende Verfügung: 
"I. Die Prospekte entsprechend Protokoll-Nr. 10689-9 dürfen ab sofort nicht mehr abgegeben werden. Sie sind sachgerecht zu entsorgen. 
II. Sämtliche Abnehmer des Prospektes Prot.-Nr. 10689-9 sind über das Abgabeverbot schriftlich zu informieren. Dem Kantonalen Labor ist eine Kopie dieses Schreibens sowie eine Liste der Abnehmer zuzustellen. 
III. Jegliche Hinweise zur Verwendung der im Prospekt Prot.-Nr. 10689-90 beworbenen Produkte zum Zwecke der Gewichtsreduktion sind zu unterlassen. 
 
IV. Der Vertrieb der Produkte der X.________ über die Ärzteschaft ist ab sofort einzustellen. 
 
V. Gestützt auf Art. 45 des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 1992 werden die Kosten von Fr. 250.-- gemäss der untenstehenden Zusammenstellung dem Wareninhaber auferlegt. 
 
(...)" 
Eine Einsprache gegen diese Verfügung wies das Kantonale Labor am 7. Februar 2001 ab. Gleich entschied die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich am 7. September 2001. 
B. 
Die X.________ GmbH führte am 11. Oktober 2001 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses hiess die Beschwerde am 20. Dezember 2001 teilweise gut, hob die Ziffern I - III der Verfügung des Kantonalen Labors auf und wies die Beschwerde im Übrigen (bezüglich des Vertriebs der Produkte über die Ärzteschaft) ab. 
Das Verwaltungsgericht erwog, dass der Vertrieb des Produktes über die Ärzteschaft den täuschenden Eindruck erwecke, es handle sich um ein Produkt mit dem Stellenwert eines Heilmittels. Deshalb sei diese Vertriebsart zu verbieten. Hingegen sei der Prospekt als solcher nicht zu beanstanden, da dieser die Produkte nicht als Schlankheitsmittel erscheinen lasse. 
C. 
Mit Eingabe vom 25. Februar 2002 führte die X.________ GmbH Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Begehren, den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts dahin abzuändern, dass auch die Ziffern IV. und V. der Verfügung des Kantonalen Labors aufgehoben werden. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, den Erwägungen des Verwaltungsgerichts sei zu entnehmen, dass der "ausschliessliche" Vertrieb über die Ärzteschaft einen täuschenden Eindruck im Sinne von Art. 18 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG; SR 817.0) erwecke. Das Dispositiv gehe aber darüber hinaus und verbiete jeglichen Vertrieb über die Ärzteschaft. Zutreffend sei überdies lediglich, dass das Programm hauptsächlich, aber nicht ausschliesslich, über die Ärzte vertrieben werde, daneben nämlich auch über Ernährungsberaterinnen. Wenn ein Arzt ein zugelassenes Lebensmittel gestützt auf eine zulässige Werbung verkaufe, so sei dies nicht polizeiwidrig, also könne auch der Beschwerdeführerin der Vertrieb über die Ärzte nicht verboten werden. 
 
Die Gesundheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragen, ohne sich ausführlich zu äussern, die Abweisung der Beschwerde. Denselben Antrag stellt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung vom 5. Juli 2002. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegen die auf der eidgenössischen Lebensmittelgesetzgebung beruhende Verfügung des Kantonalen Labors Zürich steht letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 98a OG, vgl. BGE 127 II 91 E. 1, mit Hinweisen). Es gilt dabei die Beschwerdefrist von 30 Tagen nach Art. 106 OG und nicht jene von 10 Tagen gemäss Art. 55 Abs. 2 LMG (vgl. BGE 127 II 91 E. 1). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Eingabe der nach Art. 103 lit. a OG legitimierten Beschwerdeführerin ist einzutreten. 
1.2 Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - und die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat allerdings - wie im vorliegenden Fall - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt gebunden, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 OG). Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Bundesrecht von Amtes wegen an, d.h. es ist nicht an die Begründung der Parteien gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG in fine): Es kann die Beschwerde auch aus andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 128 II 145 E. 1.2.2; 127 II 264 E. 1b S. 268, mit Hinweisen). Hingegen darf das Bundesgericht weder zugunsten noch zuungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen (Art. 114 Abs. 1 OG; BGE 124 II 103 E. 2b; 124 II 409 E. 3b). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 18 LMG müssen die angepriesene Beschaffenheit sowie alle andern Angaben über das Lebensmittel den Tatsachen entsprechen (Abs. 1). Anpreisung, Aufmachung und Verpackung der Lebensmittel dürfen den Konsumenten nicht täuschen (Abs. 2). Täuschend sind namentlich Angaben und Aufmachungen, die geeignet sind, beim Konsumenten falsche Vorstellungen über Herstellung, Zusammensetzung, Beschaffenheit, Produktionsart, Haltbarkeit, Herkunft, besondere Wirkungen und Wert des Lebensmittels zu wecken (Abs. 3). Diese Vorschriften werden durch Art. 19 der Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995 (LMV; SR 817.02) konkretisiert. Nach Art. 19 Abs. 1 LMV müssen für Lebensmittel verwendete Bezeichnungen, Angaben, Abbildungen, Packungen und Packungsaufschriften sowie Arten der Aufmachung den Tatsachen entsprechen und dürfen nicht zur Täuschung über Natur, Herkunft, Herstellung, Zusammensetzung, Produktionsart, Inhalt, Haltbarkeit usw. der betreffenden Lebensmittel Anlass geben. Insbesondere sind verboten Hinweise irgendwelcher Art, die einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit oder als Schlankheitsmittel zuschreiben oder den Eindruck entstehen lassen, dass solche Eigenschaften vorhanden sind (lit. c); verboten sind ferner Angaben, welche darauf schliessen lassen, dass ein Lebensmittel einen Wert hat, welcher über seiner tatsächlichen Beschaffenheit liegt (lit. e). Diese Verbote gelten auch für die Werbung (Art. 19 Abs. 2 LMV). 
2.2 Das Verwaltungsgericht ist zur Auffassung gelangt, die vitaKost-Produkte könnten, so wie sie angepriesen werden, nicht als Schlankheitsmittel bezeichnet werden, weil aus dem Prospekt hinreichend klar hervorgehe, dass die Gewichtsreduktion durch Umstellung der Ernährungsgewohnheiten erreicht werde, nicht durch die Einnahme der von der Beschwerdeführerin vertriebenen Produkte. Deshalb erachtete das Verwaltungsgericht ein Verbot des Prospektes nicht schon darum als zulässig, weil eine verbotene Anpreisung als Schlankheitsmittel vorliege. Hingegen erachtete das Verwaltungsgericht den Vertrieb über die Ärzteschaft für unzulässig, weil dadurch der täuschende Eindruck entstehe, es handle sich um besonders hochwertige Produkte mit Heilmitteleigenschaft, wiewohl den vitaKost-Produkten lediglich die Funktion einer fettarmen, eiweissreichen Ergänzungsnahrung zukomme. Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass es in gewisser Weise widersprüchlich erscheint, den Vertrieb über die Ärzteschaft zu verbieten, wenn die Bewerbung der Produkte zu keinerlei Beanstandung Anlass geben würde. Indessen hat das Verwaltungsgericht übersehen, dass die Produkte im Prospekt als Mahlzeitenersatz im Rahmen eines ärztlich begleiteten Ernährungsprogramms angepriesen werden. Als Mahlzeitenersatz können sie jedoch nicht qualifiziert werden, hat das Verwaltungsgericht doch in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass es sich um eine fettarme, eiweissreiche Ergänzungsnahrung im Sinne von Art. 165 Abs. 2 lit. p und Art. 184 Abs. 2 lit. c LMV handelt und gerade nicht um ein zur Gewichtskontrolle bestimmtes Lebensmittel, welches, nach Vorschrift zubereitet, eine Mahlzeit ersetzen können müsste (Art. 181 Abs. 1 LMV). Ergänzungsnahrung als Mahlzeitenersatz und damit als zur Gewichtskontrolle bestimmtes Lebensmittel anzupreisen, ist täuschend und damit unzulässig. Die täuschende Wirkung erhöht sich noch dadurch, dass der Vertrieb über die Ärzteschaft erfolgt und die Beschwerdeführerin sich so die hohe Glaubwürdigkeit dieses Berufsstandes in Gesundheitsfragen zunutze macht. Wenn aber schon der verwendete Prospekt für das ärztlich begleitete Ernährungsprogramm, welches auf den Produkten der Beschwerdeführerin beruht, als täuschend zu qualifizieren ist, so muss dies erst recht für den Vertrieb über die Ärzteschaft gelten. Zwar kann das Bundesgericht nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen, weshalb es auf den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts nicht zurückkommen kann, soweit dieses die ursprüngliche Verfügung des kantonalen Labors aufgehoben hat, mit welcher die Prospekte insgesamt aus dem Verkehr gezogen worden wären. Eine Zulassung des Vertriebs der Produkte über die Ärzteschaft kommt aber umso weniger in Betracht. 
2.3 Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen zielen damit weitgehend ins Leere. Es kommt nicht darauf an, ob der Vertrieb ausschliesslich über die Ärzte erfolgt oder nicht, ebenso ist das vollständige Verbot des Vertriebs über die Ärzteschaft nicht unverhältnismässig. Schliesslich liegt auch nicht Unverhältnismässigkeit der Massnahme deshalb vor, weil ähnliche Produkte in anderen Kantonen angeblich nicht beanstandet würden (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 6. Februar 1996 in SMI 1996 III S. 506, E. 3c und 4a S. 507 f.). 
3. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. 
 
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kantonalen Labor Zürich, der Direktion des Gesundheitswesens und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 26. September 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: