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[AZA 7] 
C 433/99 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Arnold 
 
Urteil vom 18. April 2001 
 
in Sachen 
 
H.________, 1946, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst X.________, 
gegen 
 
Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung Arbeitslosenkasse, Lagerhausweg 10, Bern, Beschwerdegegner, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
A.- Mit Verfügung vom 21. Januar 1997 teilte die Arbeitslosenkasse des Kantons Bern H.________, geb. 1946, mit, er habe ab 18. März 1996 keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, weil er innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit (vom 18. März 1994 bis 17. März 1996) nicht während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe und die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit nicht gegeben seien. 
 
B.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher H.________ beantragen liess, es sei ihm ab 18. März 1996 
Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 20. Oktober 1999). 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt H.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern. 
Die Arbeitslosenkasse verzichtet auf eine Stellungnahme. 
Das Staatssekretariat für Wirtschaft lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Es steht fest und ist zu Recht allseits unbestritten, dass der Beschwerdeführer innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 18. März 1994 bis 17. März 1996 (Art. 9 Abs. 3 AVIG) keine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt und demzufolge die Minimalbeitragszeit von sechs Monaten gemäss Art. 13 Abs. 1 Satz 1 AVIG nicht erfüllt hat. Eine Anrechnung von gleichgestellten Zeiten im Sinne von Art. 13 Abs. 2 AVIG scheidet ebenfalls ohne weiteres aus. Zu prüfen ist einzig, ob sich der Beschwerdeführer mit Erfolg auf den Tatbestand des Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG berufen kann, wonach von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist, wer innerhalb der Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten wegen Krankheit, Unfall oder Mutterschaft nicht in einem Arbeitsverhältnis stand und deshalb die Beitragszeit nicht erfüllen konnte. 
 
b) Gemäss der zu Art. 14 Abs. 1 AVIG ergangenen Rechtsprechung (ARV 1995 Nr. 29 S. 164 ff. mit Hinweisen), gilt 
Folgendes: 
aa) Zwischen der Nichterfüllung der Beitragszeit und Krankheit, Unfall oder Mutterschaft muss ein Kausalzusammenhang vorliegen, wobei nach Art. 11 Abs. 4 Satz 1 AVIV eine Teilzeitbeschäftigung mit Bezug auf die Erfüllung der Beitragszeit gemäss Art. 13 Abs. 1 AVIG einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist. Die für das Fehlen einer beitragspflichtigen Beschäftigung erforderliche Kausalität liegt somit nur vor, wenn es der versicherten Person aus einem der dort genannten Gründe auch nicht möglich und zumutbar war, ein Teilzeitarbeitsverhältnis einzugehen (ARV 1995 Nr. 29 S. 167 f. Erw. 3b/aa mit Hinweisen). 
 
bb) Nach Rz 60 des Kreisschreibens über die Arbeitslosenentschädigung (KS-ALE) in der von 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1997 gültigen Fassung konnte eine versicherte Person, die während der Rahmenfrist für die Beitragszeit während über zwölf Monaten krankheitsbedingt in keinem Arbeitsverhältnis stand, sich auch dann auf den Befreiungsgrund von Art. 14 Abs. 1 AVIG berufen, "wenn die Krankheit nur eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit zur Folge hatte und keine Entschädigungen nach Art. 28 Abs. 4 AVIG entrichtet wurden". Das Eidgenössische Versicherungsgericht erwog, Rz 60 KS-ALE sei in dem Sinne von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden, als gemäss dieser Verwaltungsweisung folgende Vermutungsregel gelten würde: Bezog der Versicherte innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit Leistungen auf Grund von Art. 28 Abs. 4 AVIG, ist bis zum Beweis des Gegenteils zu vermuten, dass die teilweise Arbeitsunfähigkeit und deren Ursachen, wie namentlich Krankheit oder Unfall, tatsächlich kausal dafür waren, dass er keine beitragspflichtige Beschäftigung ausübte (ARV 1995 Nr. 29 
S. 168 f. Erw. 3b/bb und cc). 
 
2.- Der Beschwerdeführer hat vorinstanzlich den Rechtsstandpunkt vertreten, gestützt auf die eben dargelegten Grundsätze (vgl. Erw. 1b/aa und bb hievor) könne sich eine versicherte Person erfolgreich auf Art. 14 Abs. 1 AVIG berufen, wenn die Krankheit nur eine 50 %ige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte und während dieser Zeit keine Entschädigungen nach Art. 28 Abs. 4 AVIG entrichtet wurden. Dem kann - mit der Vorinstanz - nicht beigepflichtet werden. Soweit eine versicherte Person trotz Krankheit, Unfall oder Mutterschaft zumindest eine Teilzeitbeschäftigung hätte ausüben können, ist der Tatbestand von Art. 14 Abs. 1 AVIG nicht erfüllt. Ob Leistungen nach Art. 28 Abs. 4 AVIG ausgerichtet wurden, ist dabei, entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut von Rz 60 KS-ALE (in der von 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1997 gültigen Fassung), unerheblich. Nichts anderes ergibt sich aus ARV 1995 Nr. 29 S. 168 f. Erw. 3b/cc, wonach Rz 60 KS-ALE in der angeführten Fassung im Sinne der in Erw. 1 hievor angeführten Vermutungsregel bundesrechtskonform ist. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Ausrichtung von Taggeldern gemäss Art. 28 Abs. 4 AVIG mindestens eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit voraussetzt, womit - vermutungsweise - eine beitragspflichtige (Teilzeit-)Beschäftigung möglich ist. 
 
3.- Nach den medizinischen Akten ist, wie bereits das kantonale Gericht zutreffend erwog, davon auszugehen, dass im Anschluss an das Geschehnis vom 16. September 1992 - der Beschwerdeführer litt nach Schweissarbeiten an Schwindelanfällen, die in der Folge persistierten - aus somatischer Sicht im Verlaufe des Jahres 1993 oder, gestützt auf den Bericht über die neurootologische Untersuchung vom 19. April 1994, spätestens zu diesem Zeitpunkt praktisch wieder volle Arbeitsfähigkeit bestand. Im Gutachten der Dres. med. B.________ und L.________, Spital Y.________, vom 24. September 1994 wurde eine Somatisierungsstörung mit diffusen, intermittierenden Schwindelattacken diagnostiziert, wobei sich die Ärzte nicht dazu äusserten, ob und inwieweit sich diese hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit auswirke. Laut Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB) vom 28. August 1995, ist im Nachgang zum Vorfall vom 16. September 1992 eine psychische Fehlentwicklung im Sinne einer generalisierten Angststörung mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen eingetreten. Hinsichtlich der angestammten Tätigkeit als Heizungsmonteur sei der Beschwerdeführer zu 30 % arbeitsfähig; eine leidensangepasste, körperlich nicht anstrengende, vorwiegend sitzend ausgeübte Tätigkeit sei ihm zu 50 % zumutbar. Nachdem die Gutachter des Spitals Y.________ und des ZMB im Wesentlichen von einer identischen Diagnose ausgehen, war der Beschwerdeführer nicht während mehr als zwölf Monaten innerhalb der vom 18. März 1994 bis 17. März 1996 dauernden Rahmenfrist für die Beitragszeit wegen Krankheit oder Unfall daran gehindert, eine beitragspflichtige (Teilzeit-) Beschäftigung auszuüben. Es kann dabei offen bleiben, wie es sich hinsichtlich der Zeit vom 18. März bis 30. November 1994 verhält, als die zuständige Unfallversicherung Taggelder auf der Grundlage einer Arbeitsfähigkeit von 100 % geleistet hat. Der Einwand, wonach erst mit dem Gutachten des ZMB vom 28. August 1995 festgestanden sei, dass die Tätigkeit als Heizungsmonteur nicht mehr aufgenommen werden könne und hinsichtlich einer leidensangepassten Tätigkeit eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit bestehe, ist nicht stichhaltig. 
Das Vorliegen des Befreiungstatbestandes Krankheit, Unfall oder Mutterschaft gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG bestimmt sich grundsätzlich nach objektiver Betrachtungsweise, somit ex post. Ob sich eine versicherte Person nach eigener Einschätzung gesundheitsbedingt ausser Stande sieht, eine beitragspflichtige (Teilzeit-)Beschäftigung auszuüben, ist demgegenüber nicht massgebend. Daran ändert nichts, dass im Zuge der Abklärungen hinsichtlich unfall- und/oder invalidenversicherungsrechtlicher Ansprüche, die häufig längere Zeit dauern, kontroverse Stellungnahmen der involvierten Ärzte zur Arbeitsfähigkeit vorliegen. Die Koordination mit anderen Sozialversicherungszweigen wird in Art. 15 Abs. 3 AVIV vorgenommen. Danach ist die Arbeitslosenversicherung vorleistungspflichtig, es sei denn, die Vermittlungsunfähigkeit sei offensichtlich (vgl. Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Rz 228). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung Arbeitsvermittlung, Rechtsdienst, Bern, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
 
Luzern, 18. April 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: