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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_708/2021  
 
 
Urteil vom 10. November 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Blum, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Zürich, 
 
II. Zivilkammer, Hirschengraben 15, 8001 Zürich,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Entschädigung der Kindesvertreterin, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 4. August 2021 (PQ210048-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Im Zuge einer zunächst verdeckt erfolgten Platzierung von drei Geschwistern setzte die KESB Uster mit Entscheid vom 19. März 2020 für das Verfahren betreffend Anpassung des Besuchsrechts sowie Planung der weiteren Platzierung die Beschwerdeführerin als Kindesvertreterin ein und hielt fest, dass der Stundenansatz für die Entschädigung Fr. 220.-- pro Stunde betrage. 
In Bezug auf die Anordnung eines begleiteten Besuchsrechts erhob der Vater beim Bezirksrat Uster Beschwerde, über die am 21. Dezember 2020 entschieden wurde. Am 5. Mai 2021 bzw. 2. Juni 2021 reichte die Beschwerdeführerin dem Bezirksrat für ihre Bemühungen im Beschwerdeverfahren (ausgehend von einem Stundenansatz von Fr. 220.--) eine Abrechnung über total Fr. 4'240.35 ein. 
 
B.  
Mit Beschluss vom 18. Juni 2021 setzte der Bezirksrat die Entschädigung der Beschwerdeführerin (ausgehend von einem Stundenansatz von Fr. 150.--) auf total Fr. 2'901.45 fest. 
Hiergegen erhob diese eine Beschwerde, welche das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 4. August 2021 abwies. 
 
C.  
Gegen dieses Urteil hat die Kindesvertreterin am 6. September 2021 beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Festsetzung der Entschädigung auf Fr. 4'240.35, eventualiter um Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung. 
Das Bundesgericht hat die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Richtet sich eine Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung, steht das für die Hauptsache gegebene Rechtsmittel einzig dann offen, wenn im vorinstanzlichen Verfahren diese ebenfalls noch Anfechtungsgegenstand bildete (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 137 III 47 E. 1.2.2; zuletzt Urteil 4A_164/2022 vom 22. August 2022 E. 1). 
Vorliegend ging es bereits im obergerichtlichen Verfahren ausschliesslich um die Honorarfestsetzung für das bezirksrätliche Verfahren. Das Obergericht bezifferte den Streitwert denn auch mit Fr. 1'338.90 (Differenz zwischen dem bezirksrätlich zugestandenen und dem von der Beschwerdeführerin verlangten Honorar). Mithin ist der für die Beschwerde in Zivilsachen nötige Mindeststreitwert gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht erreicht und es steht nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 BGG). 
Mit dieser kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen, während auf appellatorische Ausführungen nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 264 E. 2.3; 142 III 364 E. 2.4). 
 
2.  
Das Obergericht hat BGE 142 III 153 E. 5.3.4.2 zum Ausgangspunkt genommen, wonach eine Entschädigung gemäss Anwaltstarif bei nichtanwaltlicher Kindesvertretung nicht sachgemäss ist, sondern grundsätzlich die Entschädigungsrichtlinien zum Zug kommen, wie sie bei Beistandschaften gelten, und festgehalten, bei der Beschwerdeführerin handle es sich nicht um eine Anwältin. Für die Festsetzung der Entschädigung komme mithin nicht die kantonale Anwaltsgebührenverordnung zum Zug, umso weniger als diese ausdrücklich nur die von den Justizbehörden festzusetzenden Vergütungen für die Parteivertretung durch Anwälte regle (§ 1 AnwGebV), nicht aber die Entschädigung für nichtanwaltliche Kindesvertretung. Ebenso wenig seien die keine Gesetzeskraft aufweisenden Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung des Kantons Zürich für die Entschädigung von Beiständen im Rechtsmittelverfahren relevant; daran ändere selbst dann nichts, wenn sich eine Kindesschutzbehörde darauf stütze, denn jede Instanz entscheide selbst, welche Grundlagen im eigenen Verfahren anwendbar seien. Vorliegend seien für das bezirksrätliche Verfahren vielmehr die gestützt auf Art. 404 Abs. 3 ZGB und § 21 Abs. 4 EG KESR/ZH erlassenen Ausführungsbestimmungen und damit die Verordnung über Entschädigungen und Spesenersatz bei Beistandschaften (ESBV/ZH) massgeblich. 
Das Obergericht hat weiter erwogen, dass ausgehend von der ESBV/ZH die nach Zeitaufwand bemessene Entschädigung für Beistände praxisgemäss zwischen Fr. 50.-- und Fr. 100.-- betrage, wobei sich der Stundenansatz für die Kindesvertretung nach branchenüblichen Ansätzen zu richten habe (§ 5 Abs. 3 ESBV/ZH). Mit dem vom Bezirksrat veranschlagten Stundenansatz von Fr. 150.-- werde der für eine Kindesvertretung notwendigen Ausbildung, dem geforderten Fachwissen und den notwendigen Fähigkeiten hinreichend Rechnung getragen, wobei es durchaus denkbar sei, dass sich bei besonderer Schwierigkeit und Komplexität eines Falles ein Ansatz bis Fr. 220.-- rechtfertige. Beschwerdeweise seien weder zum üblichen Stundenansatz einer Sozialarbeiterin mit den fachlichen Qualifiaktionen der Beschwerdeführerin noch zu den branchenüblichen Ansätzen irgendwelche Ausführungen gemacht worden. Es lägen demnach keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Stundenansatz von Fr. 150.-- der konkreten Situation nicht angemessen wäre. 
 
3.  
Soweit eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs gerügt wird, ist festzuhalten, dass das Obergericht die Überlegungen genannt hat, von denen es sich hat leiten lassen; somit ist es der Begründungspflicht hinreichend nachgekommen (vgl. dazu BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 143 III 65 E. 5.2). 
 
4.  
Die Beschwerdeausführungen zur Sache sind zum erheblichen Teil rein appellatorisch; darauf ist nicht näher einzugehen, umso weniger als sie ohnehin in vielerlei Hinsicht falsch sind (es handle sich um eine Kürzung des massgeblichen Ansatzes; es komme klarerweise der Anwaltstarif zur Anwendung). 
Die Sichtweise des Bezirksrats, wonach der Ansatz für Hilfspersonen des Anwaltes heranzuziehen und angemessen zu erhöhen sei, hat das Obergericht ausdrücklich verworfen. Die in diesem Kontext stehenden Willkürrügen gehen mithin an der Sache vorbei. Unzutreffend ist sodann die Behauptung, das Obergericht operiere in E. 3.6 selbst wieder mit der Anwaltsgebührenverordnung, was widersprüchlich und damit willkürlich sei; die obergerichtliche Aussage in E. 3.6 ist vielmehr gerade, dass gemäss § 1 AnwGebV ausschliesslich bei anwaltlicher Vertretung nach der betreffenden Verordnung entschädigt werde und diese bei nichtanwaltlicher Kindesvertretung keine Anwendung finden könne. Nicht nachvollziehbar ist ferner, inwiefern die obergerichtliche Aussage, die Zivilprozessordnung unterscheide zwischen berufsmässiger und nicht berufsmässiger Vertretung, gegen das Willkürverbot verstossen soll; offenbar erblickt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Willkürverbotes darin, dass "professionsbezogen" statt "funktionsbezogen" entschädigt worden sei. Indes ist das Willkürverbot nicht bereits dadurch verletzt, dass je nach konkreter Ausbildung und erforderlichen Kenntnissen ein anderer Stundenansatz veranschlagt wird, zumal es sich dabei nicht um unsachgemässe Kriterien handelt. 
Kern der obergerichtlichen Erwägungen ist, dass vorliegend die ESBV/ZH zur Anwendung gelangt. Es wäre aufzuzeigen, inwiefern die Wahl dieser Rechtsgrundlage willkürlich sein könnte, und zweitens, inwiefern diese inhaltlich willkürlich angewandt worden sein soll. Mit der abstrakten Aussage der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe von ihr in Verletzung des Willkür- und Gleichheitsgebotes eine Darlegung des branchenüblichen Stundenansatzes verlangt, wozu sie nicht verpflichtet sein könne, ist ebenso wenig eine Verfassungsverletzung dargetan wie mit der gleichermassen abstrakten Aussage, es obliege dem Obergericht, "auf der Grundlage der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen allgemeine Honoraransätze zur Anwendung zu bringen"; insbesondere wird damit weder ein willkürliches Abstellen auf die ESBV/ZH noch eine verfassungsverletzende inhaltliche Anwendung aufgezeigt. Gleiches gilt für die allgemeinen Hinweise, wonach ihre Tätigkeit viel Erfahrung und Kommunikationsgeschick etc. erfordere, denn das Obergericht hat sich zu den erforderlichen Fähigkeiten geäussert und diese in seine Überlegungen einbezogen; es wäre diesbezüglich konkret aufzuzeigen, inwiefern dies nicht vor dem Willkürverbot standhalten sollte. Abstrakt bleibt auch die Behauptung, das Obergericht habe sich in willkürlicher Weise über die bundesgerichtliche Rechtsprechung hinweggesetzt, wenn es einen Unterschied zwischen Anwälten und Nichtanwälten mache, soweit diese Kinder vertreten würden und deshalb auch die gleichen Fähigkeiten aufweisen müssten; insbesondere wird nicht aufgezeigt, an welcher Stelle das Bundesgericht gegenteilige Vorgaben gemacht haben soll. Soweit die Beschwerdeführerin solches offenbar sinngemäss aus BGE 142 III 153 E. 5.3.4.2 ableiten möchte, indem das Bundesgericht für die nichtanwaltliche Kindesvertretung die Anwendung der Richtlinien für die Entschädigungen von Beiständen als sachgerecht angesehen hat, verkehrt sie die dortigen Ausführungen ins Gegenteil, wenn sie ausgehend von Ziff. 3.8 der Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung des Kantons Zürich einen Stundenansatz von Fr. 220.-- als relevant und ein Abweichen davon als willkürlich ansieht, denn die Aussage in BGE 142 III 153 E. 5.3.4.2 war gerade, dass jedenfalls bei nichtanwaltlicher Kindesvertretung nicht der Anwaltstarif zur Anwendung kommen kann. Nichts anderes hält mit Hinweis auf § 1 AnwGebV das Obergericht fest. Ferner ist das Obergericht der Ansicht, dass die Empfehlungen der KESB-Präsidienvereinigung entsprechend ihrem Namen blosse Empfehlungen und sie für das Rechtsmittelverfahren ohnehin nicht relevant seien. Willkür ist bei diesen Erwägungen in keiner Hinsicht auch nur ansatzweise zu erkennen. 
Keine Willkür ergibt sich schliesslich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe auch schon in früheren Fällen ihr Honorar gekürzt und dabei teilweise auf Pauschalen, also auf andere Bemessungsgrundlagen abgestellt. Im vorliegenden Verfahren wäre wie gesagt darzutun, inwiefern das konkrete Vorgehen - nämlich das Abstellen auf die ESBV/ZH und bei deren Anwendung das Veranschlagen eines Stundenansatzes von grundsätzlich Fr. 150.-- für die nichtanwaltliche Kindesvertretung durch eine Fachperson - nicht vor dem Willkürverbot standhalten soll. 
 
5.  
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind somit der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. November 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli