Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
[AZA 1/2] 
4C.80/2000/sch 
 
I. ZIVILABTEILUNG 
******************************* 
 
4. April 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, 
Präsident, Klett, Rottenberg Liatowitsch und Gerichtsschreiber 
Lanz. 
 
--------- 
 
In Sachen 
Saprochi SA, Rue Charles-Humbert 9, 1211 Genève 6, Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. 
Hans-Peter Schaad, Hottingerstrasse 21, Postfach 526, 8024 Zürich, 
 
gegen 
Wilux Print AG, Rosswiesstrasse 25, 8608 Bubikon, Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Kurt C. Schweizer und Andreas C. Brunner, Löwen- strasse 61, Postfach, 8023 Zürich, 
 
betreffend 
Werkvertrag; Mängel, hat sich ergeben: 
 
A.- a) Am 13. September 1995 betraute die Saprochi SA (Klägerin) die Wilux Print AG (Beklagte) mündlich mit der Konstruktion und Installation einer Etikettiermaschine zum Preis von Fr. 63'410.-- und eines Variopack-Kartonierautomaten zum Preis von Fr. 151'440.--. Die Beklagte bestätigte die Bestellung schriftlich am 15. September 1995. Die Zahlung des Gesamtpreises von Fr. 214'850.-- sollte dabei zu je einem Drittel bei Auftragserteilung sowie bei Meldung der Versandbereitschaft bzw. sofort nach der Abnahme erfolgen; die letzte Rate wurde 30 Tage nach Lieferung fällig. Gemäss dem Schreiben der Beklagten sollten zudem ihre allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen Vertragsbestandteil bilden. 
Diese sahen u.a. vor, dass die Bestellerin auch bei Beanstandungen die Zahlung des Werklohnes nicht zurückhalten durfte. 
 
Am 21. Februar 1996 wurden die beiden Maschinen geliefert. Während die Etikettiermaschine einwandfrei funktionierte und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet, traten bei der Kartoniermaschine immer wieder Probleme auf. 
 
b) Nach der Ablieferung rügte die Klägerin verschiedentlich Mängel der Kartoniermaschine, worauf die Beklagte unter mehreren Malen Nachbesserungsarbeiten ausführte. 
Mit Schreiben vom 23. September 1996 verlangte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung des noch ausstehenden Werklohnes von Fr. 75'084.-- bis am 25. September 1996. Die Klägerin kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Sie rügte mit Schreiben vom 4. Oktober 1996 sowie vom 7. Oktober 1996 verschiedene Mängel und ersuchte um Nachbesserung. Die Beklagte ihrerseits verlangte mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 wiederum die Bezahlung des restlichen Werklohnes. Mit Schreiben vom 15. November 1996 listete die Klägerin sämtliche Mängel der Kartoniermaschine auf und bat um Nachbesserung. 
Mit Telefax vom 22. November 1996 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 11. Oktober 1996 darauf hin, dass keine Zahlung eingegangen sei; es sei ihr daher nicht möglich, Massnahmen in die Wege zu leiten. 
Sie versicherte jedoch der Klägerin, dass sie ihr jede Unterstützung bieten werde, sobald sie den ihr zustehenden Betrag erhalten habe. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 erklärte die Klägerin, dass sie den Vertrag mit der Beklagten aufhebe, da die Kartoniermaschine schwerwiegende, nicht behebbare Mängel aufweise. 
 
B.- Mit Klage vom 5. Februar 1998 und später abgeändertem Rechtsbegehren verlangte die Klägerin von der Beklagten im Wesentlichen die Zahlung von Fr. 172'352. 30 nebst Zins sowie die Entfernung des Variopack-Kartonierautomaten aus ihren Geschäftsräumlichkeiten. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage mit Urteil vom 7. Februar 2000 im Umfang von Fr. 3'678.-- nebst Zins gut, wies sie im Übrigen aber ab. Eine dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 16. Dezember 2000 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. 
 
C.-Die Klägerin führt gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Februar 2000 eidgenössische Berufung mit dem Antrag, die Ziffern 1 bis 4 des Dispositivs des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und es sei die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens über die Frage, ob das streitige Werk an Mängeln leide, deren Behebung objektiv unmöglich ist, sowie zur Neubeurteilung aufgrund des Beweisergebnisses an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.-Die Klägerin bringt in einem Eventualstandpunkt vor, die Vorinstanz habe die Begründungspflicht und damit Art. 51 Abs. 1 lit. c OG verletzt. Ihrem Einwand liegt die Annahme zugrunde, die Vorinstanz habe die objektive Unmöglichkeit der Nachbesserung des strittigen Werkes in antizipierter Beweiswürdigung als unbewiesen erachtet, ohne dies rechtsgenügend zu begründen. Damit aber geht die Rüge der Klägerin gerade davon aus, dass im angefochtenen Entscheid das Ergebnis der Beweisführung festgestellt ist, wie dies in Art. 51 Abs. 1 lit. c OG gefordert wird. Im Übrigen vermag - wie sich nachfolgend ergeben wird - der behauptete Mangel den Sachentscheid nicht zu beeinflussen. Aus diesen Gründen ist auf die Rüge der Klägerin nicht weiter einzugehen (vgl. BGE 119 II 478 E. 1c S. 480; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 154 mit Fn. 25). 
 
2.-Die Beklagte macht in der Berufungsantwort geltend, die Klägerin habe die Mängelrüge zu spät erhoben. Es lässt sich indessen weder dem angefochtenen Urteil noch der Berufungsschrift entnehmen, dass die Beklagte im kantonalen Verfahren die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge bestritten hätte. Ihr diesbezügliches Vorbringen im Berufungsverfah- ren erweist sich deshalb als neu und ist damit unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 107 II 50 E. 2a S. 54). 
 
3.- Die Vorinstanz erwog, die Klägerin habe mit Schreiben vom 15. November 1996 Nachbesserung verlangt. 
Die Beklagte habe darauf aufgrund des Ausbleibens des von der Klägerin zu bezahlenden restlichen Werklohnes am 22. November 1996 die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben. Aus diesem Grund sei die Beklagte mit der Nachbesserungsschuld nicht in Verzug geraten, weshalb diesbezüg- lich die Voraussetzungen für ein Vorgehen der Klägerin nach Art. 107 ff. OR nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin sei deshalb weiterhin an die von ihr getroffene Wahl der Nachbesserung gebunden gewesen, da sie mit dem Begehren um Nachbesserung ein Gestaltungsrecht ausgeübt habe. Ein Wandelungsrecht der Klägerin sei nicht gegeben, weshalb die Rücktrittserklärung vom 18. Dezember 1996 unbeachtlich sei. 
 
 
Die Klägerin bestreitet in der Berufung nicht, dass sie trotz der gerügten Mängel zur Zahlung des Werklohnes verpflichtet war und dass sie Nachbesserung verlangt hat. 
Sie bringt aber vor, sie habe bereits im kantonalen Verfahren behauptet, eine Nachbesserung des bestehenden Werkes sei objektiv unmöglich. Aus diesem Grund sei ihr Nachbesserungsbegehren als nichtig gemäss Art. 20 OR zu qualifizieren, womit die Wahlrechte von Art. 368 OR wieder auflebten und sie die Wandelung gültig erklärt habe. Die Vorinstanz habe Bundesrecht dadurch verletzt, dass sie über die streitentscheidende Frage der objektiven Unmöglichkeit der Nachbesserung in Verletzung von Art. 8 ZGB nicht Beweis abgenommen habe. 
 
a) Das Nachbesserungsrecht ist ein Gestaltungsrecht, durch dessen Ausübung eine Verpflichtung der Unternehmerin entsteht, den vertragsgemässen Zustand des Werkes herzustellen (Gauch, Der Werkvertrag, 4. Aufl. S. 459 Rz. 
1702 mit Hinweisen). Wie sie diese Schuld erfüllt, steht ihr grundsätzlich frei (Bühler, Zürcher Kommentar, N. 116 und 125 zu Art. 368 OR; Gauch, a.a.O., S. 462 Rz. 1715; Alfred Koller, Das Nachbesserungsrecht im Werkvertrag, 
2. Aufl. , S. 39 Rz. 116). In der Lehre wird daraus der Schluss gezogen, dass die Unternehmerin - jedenfalls wenn nicht schutzwürdige Interessen der Bestellerin entgegenstehen - berechtigt sein müsse, anstelle einer Nachbesse- rung des bestehenden Werkes eine Neuherstellung vorzunehmen (Bühler, Zürcher Kommentar, N. 125 zu Art. 368 OR; Gauch, a.a.O., S. 462 Rz. 1715 und S. 478 Rz. 1778; Zindel/Pulver, Basler Kommentar, N. 57 zu Art. 368 OR; Merz, ZBJV 110/ 1974 S. 64; im Ergebnis wohl auch Koller, a.a.O., S. 40/1 Rz. 119). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, weshalb der Bestellerin das Recht eingeräumt werden sollte, sich einer Neuherstellung des Werkes zu widersetzen, wenn ihr dadurch gegenüber der Nachbesserung des bestehenden Werkes keine Nachteile erwachsen (vgl. auch das Urteil des BGH vom 10. Oktober 1985, NJW 1986 S. 711 ff., E. III/2/a). Ob die Bestellerin eine Neuherstellung nicht nur dulden muss, sondern ihr unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Recht auf Neuherstellung zusteht, wie dies in der Lehre vertreten wird, kann hier offen bleiben (ablehnend BGE 98 II 118 E. 2 S. 120). 
 
b) Im vorliegenden Fall übte die Klägerin das Nachbesserungsrecht aus, womit die Nachbesserungsschuld der Beklagten entstand. Diese stellte die Nachbesserung nach Erhalt des restlichen Werklohnes in Aussicht und machte namentlich nicht geltend, es entstünden ihr dadurch übermässige Kosten (vgl. Art. 368 Abs. 2 OR). Nach dem Gesagten stand ihr frei, die Nachbesserungsschuld durch vollständige oder teilweise Neuherstellung des Werkes zu erfüllen. Dass eine solche Neuherstellung objektiv unmöglich war, macht die Klägerin nicht geltend. Es ist somit davon auszugehen, dass die Nachbesserungsforderung selbst bei unterstellter Unmöglichkeit der Mängelbehebung am bestehenden Werk durch Herstellung eines neuen erfüllt werden konnte. Daraus wiederum ergibt sich, dass es vorliegend nicht darauf ankommen kann, ob und inwiefern eine Mängelbehebung am bestehenden Werk objektiv möglich ist. Über diese Frage war daher nicht Beweis abzunehmen, zumal ein Beweisführungsanspruch nur für rechtserhebliche Tatsachen besteht (BGE 126 III 315 E. 4 a S. 317 mit Hinweisen). Die Rüge der Verletzung von Art. 8 ZGB erweist sich damit als unbegründet. 
Im Ergebnis ist die Klägerin damit einstweilen an ihre Wahlerklärung vom 15. November 1996 gebunden, welche sie in Kenntnis sämtlicher Mängel abgegeben hat. Die Beklagte ihrerseits hat für den Erfolg der Nachbesserung einzustehen. 
Sollte sich nach Wegfall der Voraussetzungen der beklagtischen Einrede gemäss Art. 82 OR erweisen, dass die Beklagte zur Nachbesserung innert angemessener Frist nicht imstande ist, stehen der Klägerin von Bundesrechts wegen namentlich die allgemeinen Verzugsrechte (Art. 102 ff. OR) offen. 
 
4.- Damit erweisen sich die von der Klägerin vorgebrachten Rügen als unbegründet, weshalb die Berufung abzuweisen ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Klägerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Februar 2000 bestätigt. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird der Klägerin auferlegt. 
 
3.- Die Klägerin hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
________________ 
Lausanne, 4. April 2001 
 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Der Gerichtsschreiber: