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[AZA 0] 
5P.59/2000/bnm 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
7. April 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Raselli und 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
--------- 
 
In Sachen 
H.F.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Küng, Bahnhofstrasse 26/Paradeplatz, Postfach 5230, 8022 Zürich, 
 
gegen 
 
1. J.F.________, 
2. A.Z.________, 
3. E.F.________, 
4. F.F.________, 
5. M.K.________, Beschwerdegegner, alle vertreten durch Rechtsanwalt René Flum, Webernstrasse 5, 8610 Uster, Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich, 
 
betreffend 
Art. 9 BV u.a. (Beschwerde gegen den Willensvollstrecker), 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- H.F.________ ist Willensvollstrecker im Nachlass der am 21. Februar 1995 verstorbenen A.F.________. Auf Beschwerde der Erben wurde er gerichtlich angewiesen, über verschiedene Konten Auskunft zu geben, eine detaillierte Honorarabrechnung ab 15. Mai 1997 bis heute inkl. Schlusshonorarabrechnung vorzulegen sowie sämtliche Nachlassakten inkl. Buchhaltungsunterlagen und -belege herauszugeben (Verfügung des Einzelrichters im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Pfäffikon ZH vom 14. September 1999). Den dagegen von H.F.________ erhobenen Rekurs und den Anschlussrekurs eines Teils der Erben, den heutigen Beschwerdegegnern, wies das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich ab (Beschluss vom 3. Januar 2000). 
 
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt H.F.________ dem Bundesgericht, den obergerichtlichen Beschluss unter Gutheissung der vorinstanzlichen Begehren aufzuheben, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Er rügt eine Verletzung der Art. 9 (Behandlung ohne Willkür und nach Treu und Glauben), Art. 29 Abs. 2 (Anspruch auf rechtliches Gehör) und Art. 30 Abs. 1 und 2 BV (Beurteilung durch das verfassungsmässige Gericht am Wohnsitz des Beklagten). Während das Obergericht auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, schliessen die unter den Ziffern 1 bis 5 als Beschwerdegegner genannten Erben auf Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. Vernehmlassungen in der Sache sind nicht eingeholt worden. Der staatsrechtlichen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Verfügung vom 28. Februar 2000). 
 
 
Auf die von H.F.________ gegen den obergerichtlichen Beschluss gleichzeitig erhobene Nichtigkeitsbeschwerde trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich nicht ein (Beschluss vom 13. März 2000). 
 
2.- Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - rein kassatorischer Natur. 
Soweit der Beschwerdeführer mehr oder anderes verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, kann darauf nicht eingetreten werden (BGE 124 I 327 E. 4 S. 332; 125 I 104 E. 1b S. 107). Eine Aufhebung der bezirksgerichtlichen Verfügung fällt ausser Betracht, zumal sämtliche vor Bundesgericht erhobenen Rügen dem Obergericht als Rekursinstanz unterbreitet und von diesem frei überprüft werden konnten (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 
3. A. Zürich 1997, N. 8 zu § 272); die Voraussetzungen für eine Mitanfechtung sind damit nicht erfüllt (zuletzt: 
BGE 125 I 492 E. 1a/aa S. 493). Die weiteren Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, wobei auf die formellen Anforderungen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) bei der Beurteilung der einzelnen Rügen zurückzukommen sein wird (allgemein: BGE 125 I 492 E. 1b S. 495 mit Hinweisen). 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann eingetreten werden. 
 
3.- Der Beschwerdeführer bestreitet seine Passivlegitimation mit der Begründung, im Zeitpunkt der Einreichung der Willensvollstreckerbeschwerde sei die Willensvollstreckung kraft Überführung der Erbengemeinschaft in eine fortgesetzte Erbengemeinschaft beendet gewesen. Die Erben hätten folglich keine Beschwerde gegen ihn angestrengt, sondern einen Abrechnungs- und Verantwortlichkeitsprozess, der in das ordentliche Verfahren vor den Zivilrichter gehöre und nicht im summarischen Verfahren durch den Einzelrichter als Aufsichtsbehörde über den Willensvollstrecker beurteilt werden dürfe. 
a) Nach hier unangefochtener und daher nicht zu prüfender Lehrmeinung dauert die Willensvollstreckung bis zum Vollzug des Erbteilungsvertrages (Karrer, Basler Kommentar, N. 24 zu Art. 517 ZGB mit weiteren Nachweisen). Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat das Obergericht im Sinne von Art. 634 ZGB nebst dem Vollzug eines schriftlichen Teilungsvertrages auch die Realteilung erwähnt (E. 3 S. 6). Eine solche erblickt der Beschwerdeführer in der Überführung der Erbengemeinschaft in eine fortgesetzte Erbengemeinschaft (unter Hinweis auf Schaufelberger, Basler Kommentar, N. 36 ff. 
zu Art. 602 ZGB), die von den Erben stillschweigend vereinbart und in der Klageprovokation vom 16. November 1998 verbrieft worden sei, die aber auch aus dem Verhalten der Erben hervorgehe, hätten diese doch zur Zeit jeden Willen vermissen lassen, die Vermögenswerte der Gesamthandschaft zu versilbern und den Erlös oder die Vermögenswerte zu teilen; die Beschwerdegegner würden seit 1997 mit Informationen zurückhalten, die zur Ausübung der Willensvollstreckung nötig wären, und keine Massnahmen der Willensvollstreckung mehr zulassen. 
 
b) Der Beschwerdeführer erschliesst die stillschweigende Vereinbarung und deren Vollzug aus den Vorakten und weicht damit von den obergerichtlichen Tatsachenfeststellungen ab, ohne eigentliche Sachverhaltsrügen formell korrekt zu begründen und zu belegen (vgl. Galli, Die rechtsgenügende Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde, SJZ 81/1985 S. 121 ff., S. 127 Ziffer 2.2). Als unangefochten hat deshalb zu gelten, dass ein tatsächlich geäusserter Willensentschluss der Erben in der behaupteten Richtung nicht erwiesen ist. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen geht aus dem "Bericht des Willensvollstreckers" hervor, dass die Erben die Willensvollstreckung per Ende 1997 abzuschliessen wünschten und die Erbengemeinschaft - allenfalls auf die Liegenschaften beschränkt - fortführen wollten; hierfür hätten sie sich aber eine schriftliche Einigung vorbehalten. Anhaltspunkte für diesen Vorbehalt hat das Obergericht dem nicht unterzeichneten Entwurf einer "Teilungsvereinbarung", wonach die "Erben vereinbaren, bis auf weiteres die Erbengemeinschaft A.F.________ weiterzuführen" (act. 10/4/36, S. 5 Ziffer 7), sowie dem verwiesenen Schreiben vom 14. April 1998 an den Willensvollstrecker (act. 10/4/28) entnommen, worin die Erben "wunschgemäss" auch zu jenem Entwurf Stellung nahmen, festhielten, "dass eine Entlastung des Willensvollstreckers und weiterer Personen frühestens dann möglich ist, wenn die Teilungsunterlagen bereinigt vorliegen" (S. 2 Ziffer 10), und wörtlich ausführten: "Bitte beachten Sie, dass die Erben F.________ keine fortgesetzte Erbengemeinschaft bilden, sondern dass sie im jetzigen Zeitpunkt keine Teilung vornehmen; die Erbteilung bleibt pendent" (S. 3 Ziffer 11). Mit Blick darauf ist nicht nachvollziehbar, inwiefern das Obergericht die Rechtsfrage willkürlich beantwortet haben könnte, ob aus den geschilderten Umständen eine stillschweigende Vereinbarung der Erben, eine fortgesetzte Erbengemeinschaft zu begründen, abgeleitet werden dürfe: Das Verhalten der Erben nach der angeblich stillschweigend geschlossenen Vereinbarung darf als Indiz dafür gewertet werden, was sie vordem tatsächlich wollten (BGE 107 II 417 E. 6 S. 418; 116 II 695 E. 2b/cc S. 698; 118 II 365 E. 1 S. 366), und spricht offenkundig gegen den Bestand einer Vereinbarung über eine fortgesetzte Erbengemeinschaft und damit einen Abschluss bzw. Vollzug der Erbteilung per Ende 1997. 
 
Liegt nach der nicht zu beanstandenden Ansicht des Obergerichts keine stillschweigend vereinbarte Überführung der Erbengemeinschaft in eine fortgesetzte Erbengemeinschaft vor, sondern haben die Erben bloss einen darauf abzielenden Wunsch geäussert, der sich in einer erst zu unterzeichnenden Vereinbarung niederschlagen sollte, so ist unter dem Blickwinkel der Willkür auch die Annahme nicht zu beanstanden, einem Teilungsvertrag könne wegen dem Erfordernis der Schriftlichkeit (Art. 634 Abs. 2 ZGB) - mithin der Unterzeichnung durch alle Erben (Art. 13 OR; BGE 102 II 197 E. 2a S. 201; 118 II 395 E. 3 S. 397 ff.) - nicht stillschweigend zugestimmt werden (Karrer, N. 61 zu Art. 518 ZGB mit weiteren Nachweisen). Der Beschwerdeführer unterscheidet offenkundig zu wenig danach, ob die Erben eine fortgesetzte Erbengemeinschaft stillschweigend vereinbaren könnten (Schaufelberger, N. 36 zu Art. 602 ZGB) oder ob sie einen Teilungsvertrag des Inhalts abschliessen wollten, eine fortgesetzte Erbengemeinschaft zu begründen, wovon das Obergericht in tatsächlicher Hinsicht ausgegangen ist. Aus seiner "Klageprovokation" vom 16. November 1998, mit der er den Erben Frist zur Einsprache gegen den Abschluss der Willensvollstreckung und gegen das dafür bezogene Honorar angesetzt hatte, kann der Beschwerdeführer deshalb nichts ableiten. Diese Einsprache ist übrigens am 8. Dezember 1998 erfolgt unter Hinweis darauf, dass die Erben erst nach Klärung der einzeln bezeichneten Punkte - dem späteren Beschwerdegegenstand - "Stellung zu den Abschlussunterlagen nehmen ... und die Teilungsunterlagen unterzeichnen" würden (act. 10/12/23, S. 2). 
 
 
Dass die Erben schliesslich seit 1997 Informationen verweigert haben sollen, die für die Willensvollstreckung notwendig gewesen wären, und keine Massnahmen der Willensvollstreckung mehr zugelassen hätten, hat seinen Grund offenbar nicht in einer konkludent vereinbarten Teilung, sondern im aktenkundigen Wunsch, die Willensvollstreckung zu beenden und die Erbteilung nach Klärung der noch strittigen Punkte durch den Willensvollstrecker durchzuführen. Dass ein Parteiverhalten auch anders - allenfalls gar überzeugender - gewürdigt werden kann, als dies der Sachrichter getan hat, macht Beweiswürdigung genauso wenig willkürlich (BGE 116 Ia 85 E. 2b S. 88; 124 IV 86 E. 2a S. 88 mit Hinweisen) wie das soeben gezeigte und hiernach zu zeigende (E. 4) Abstellen auf Lehrmeinungen, die unter Umständen von anderen Autoren nicht geteilt werden (z.B. BGE 122 III 439 E. 3b S. 442/443). 
c) Durfte das Obergericht nach dem Gesagten im Ergebnis willkürfrei annehmen, das Willensvollstreckermandat des Beschwerdeführers sei noch nicht abgeschlossen, so fällt auch dessen Begründung der Verfahrensmängel in sich zusammen. 
Es liegt kein Abrechnungs- oder Verantwortlichkeitsprozess zwischen Willensvollstrecker und Erben vor, sondern eine Beschwerdesache betreffend formelles Vorgehen des Willensvollstreckers, die von den Behörden am letzten Wohnsitz des Erblassers im durch das kantonale Recht bestimmten Verfahren zu beurteilen ist (Karrer, N. 98 und N. 106 f. zu Art. 518 ZGB). 
Örtliche Zuständigkeit und Anwendbarkeit des summarischen Verfahrens als solche sind zu Recht unbestritten geblieben. 
 
4.- Seine Passivlegitimation für den Anspruch der Erben auf Rechenschaftsablegung des Willensvollstreckers (Art. 400 OR) bestreitet der Beschwerdeführer mit einer Substitution des Mandates an einen Büropartner. Es möge zwar so sein, dass der Willensvollstrecker sein Mandat persönlich zu erfüllen habe, doch sei es nach Lehre und Praxis zumindest zulässig, einzelne Geschäfte an Dritte substitutionsweise zu übertragen. 
Vorliegendenfalls sei für die Führung der fraglichen Konten Dr. T.P.________ als Substitut eingesetzt gewesen, weshalb der Anspruch auf Auskunfterteilung an diesen zu richten sei (Art. 399 Abs. 3 OR) und dem Beschwerdeführer die erforderliche Passivlegitimation fehle. 
 
Das Obergericht hat die Erteilung einer Generalvollmacht durch den Beschwerdeführer an den genannten Büropartner als klar unzulässig erachtet, aber - wie der Beschwerdeführer hervorhebt - nicht weiter geprüft, ob eine Substitution wenigstens für die Führung der auskunftspflichtigen Konten zulässig gewesen wäre. Es ist vielmehr davon ausgegangen, der Mandatsinhaber könne der Rechenschaftsablegung nicht dadurch entgehen, dass er die Erben an den Substituten verweise; er selbst habe beim Unterbeauftragten die Auskunft einzuholen und alsdann den Erben persönlich Bericht zu erstatten (unter vergleichsweisem Hinweis auf Fellmann, Berner Kommentar, N. 610, und Weber, Basler Kommentar, N. 6, je zu Art. 398 OR). Soweit diese Auffassung vor dem Willkürverbot standhält, spielt die Zulässigkeit jener angeblich auf die Kontoführung beschränkten Substitution keine Rolle. Der Beschwerdeführer bestreitet seine Pflicht zu derartiger Rechenschaftsablegung mit der Begründung, schon das Obligationenrecht sehe vor, dass der Auftraggeber die Ansprüche, die dem Beauftragten gegen den Dritten zustünden, unmittelbar gegen diesen geltend machen könne und müsse (Art. 399 Abs. 3 OR). 
 
Art. 399 Abs. 3 OR begründet ein Forderungsrecht des Hauptauftraggebers gegenüber dem Substituten und schafft einen neben dem bestehenden Anspruch des Beauftragten gegen den Substituten parallelen Anspruch des Hauptauftraggebers; dieser umfasst unter anderem die Ansprüche auf Erteilung von Weisungen und Rechenschaftsablegung (statt vieler: Fellmann, N. 97 und N. 101 zu Art. 399 OR). Von einer regelrechten Pflicht des Hauptauftraggebers, sich dannzumal ausschliesslich an den Substituten zu halten, ist nirgends die Rede, und es trifft auch nicht zu, dass der Beauftragte durch Substitution von sämtlichen Pflichten aus dem Mandatsverhältnis befreit würde; gerade die Pflicht zur Rechenschaftsablegung einschliesslich der Mitteilung der Substitution und ganz allgemein die Pflicht zur Geltendmachung seiner Ansprüche und jener des Hauptauftraggebers gegen den Substituten bleibt bei ihm erhalten (Oser/Schönenberger, Zürcher Kommentar, N. 7 zu Art. 399 OR; Fellmann, N. 590 f. zu Art. 398 OR, je mit weiterem Nachweis). Soweit diese Regeln auf das Verhältnis zwischen Erben ("Hauptauftraggeber"), Willensvollstrecker ("Beauftragtem") und Drittem ("Substitut") direkt übertragen werden dürfen, ist die obergerichtliche Annahme im Ergebnis gewiss haltbar, der Willensvollstrecker könne sich der - ihm unstreitig obliegenden (Karrer, N. 17 zu Art. 518 ZGB) - Pflicht zur Rechenschaftsablegung nicht durch einen blossen Hinweis auf die erfolgte Substitution und den Direktanspruch des Hauptauftraggebers entschlagen; vielmehr hat er auf Verlangen der Erben über alle von ihm selber oder seinen Hilfspersonen und Substituten vorgenommenen Massnahmen aufzuklären (vgl. Fellmann, N. 8 zu Art. 400 OR). 
 
5.- Der unterliegende Beschwerdeführer wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
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Lausanne, 7. April 2000 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: