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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_52/2023  
 
 
Urteil vom 9. März 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, 
Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Bossard, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Brenner, 
Beschwerdegegnerin, 
 
C.________, vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Vincenz-Stauffacher, und verbeiständet durch Chris Nussbaum, 
 
Gegenstand 
Entschädigung der Kindesvertreterin (Eheschutzverfahren), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 8. Dezember 2022 (FS.2017.35-EZE2 / ZV.2017.154-EZE2 / ZV.2021.12-EZE2 / ZV.2021.20-EZE2 / ZV.2021.32-EZE2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien sind die Eltern der 2012 geborenen C.________ und stehen sich seit Mitte 2013 in einem Eheschutzverfahren gegenüber, welches mit sehr viel Aufwand geführt wird und in dessen Rahmen der Ehemann mehrmals bis vor Bundesgericht gelangte. Am 31. Oktober 2017 erging der Eheschutzentscheid des Kreisgerichtes St. Gallen, mit welchem C.________ unter die Obhut der Mutter gestellt wurde. 
 
B.  
Im Berufungsverfahren wurde C.________ eine Kindesvertreterin bestellt. Am 8. Dezember 2022 erging der Berufungsentscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, in dessen Ziff. 7 die Kosten der Kindesvertretung auf Fr. 33'600.-- bestimmt wurden. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 18. Januar 2023 stellt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht das Begehren, Ziff. 7 des kantonsgerichtlichen Entscheides sei aufzuheben und die Entschädigung der Kindesvertreterin durch das Bundesgericht festzulegen, eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Im Streit um Nebenpunkte, namentlich in Bezug auf die Kosten, folgt der Rechtsweg an das Bundesgericht jenem der Hauptsache (BGE 134I 159 E. 1.1; 137 III 380 E. 1.1). Bei dieser handelt es sich um ein Eheschutzverfahren, wofür gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen offen steht (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
Bei Eheschutzsachen handelt es sich um vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5.1; aus jüngerer Zeit Urteile 5A_985/2021 vom 14. Dezember 2021E. 1; 5A_855/2021 vom 27. April 2022 E. 2; 5A_372/2022 vom 24. Mai 2022 E. 1; 5A_524/2022 vom 22. Juli 2022 E. 2), so dass nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte möglich ist und somit das strenge Rügeprinzip im Sinn von Art. 106 Abs. 2 BGG gilt. Ohnehin geht es aber um die Tarifbemessung, welche dem kantonalen Recht vorbehalten ist (Art. 96 ZPO) und deshalb vom Bundesgericht unabhängig von anderweitigen Kognitionsbeschränkungen nur auf Verfassungsverletzungen hin überprüft werden kann, wobei die Rüge im Vordergrund steht, dass die massgeblichen kantonalen Grundlagen willkürlich angewandt worden seien (BGE 138 I 143 E. 2; 142 II 369 E. 2.1). 
Willkür liegt nach konstanter Rechtsprechung vor, wenn ein Entscheid auf einem offensichtlichen Versehen beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht, und im Übrigen darf nicht bloss die Begründung, sondern muss auch das Ergebnis unhaltbar sein (BGE 144 I 113 E. 7.1; 145 II 32 E. 5.1; 146 II 111 E. 5.1.1). 
Im Übrigen hat die Beschwerde ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG), welches bei Anträgen im Zusammenhang mit Geldforderungen zu beziffern ist (BGE 134 III 235 E. 2 S. 237; 143 III 111 E. 1.2 S. 112), jedenfalls soweit sich nicht aus der Begründung ohne weiteres ergibt, auf welchen Betrag der Rechtssuchende eine Geldleistung festgesetzt wissen will (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414); ein Begehren um "Festlegung des Geschuldeten" oder "angemessene Reduktion" bzw. "angemessene Erhöhung" ist unstatthaft (BGE 121 III 390 E. 1 S. 392). Das allgemein gehaltene Hauptbegehren um Festlegung der Entschädigung der Kindesvertreterin durch das Bundesgericht scheint deshalb ungenügend. Ohnehin aber liegen auch keine substanziierten Verfassungsverletzungen vor, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen. 
 
2.  
Das Kantonsgericht hat erwogen, gemäss Art. 22 Abs. 1 GKV/SG sei für die Bemessung der Entschädigung der Kindesvertreterin die Honorarordnung vom 22. April 1994 für Rechtsanwälte (HonO/SG; sGS 963.75) anwendbar. Vorliegend mache die Kindesvertreterin ein Honorar nach Zeitaufwand geltend. Hier sei nur Arbeitsaufwand zu entschädigen, welcher einer Rechtsanwältin entstehe, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse und längeren Praxis ein Mandat von Anfang an zielgerecht führe und auf die notwendigen Massnahmen beschränke. Vorliegend könne nicht verifiziert werden - beide Parteien hatten denn auch die Kostennote beanstandet und moniert, die Leistungen könnten aufgrund der eingereichten Zeiterfassung zu grossen Teilen nicht nachvollzogen bzw. konkreten Tätigkeiten zugeordnet werden -, dass diese Voraussetzungen erfüllt wären; namentlich falle auf, dass die Kindesvertreterin Kleinstaufwände von jeweils fünf Minuten aufgeschrieben habe und sie nicht erkläre, warum nach ihrer abschliessenden Eingabe noch ein notwendiger Aufwand von 850 Minuten angefallen sei. Unter diesen Umständen sei es nicht möglich, die Entschädigung nach Zeitaufwand festzusetzen, was bedeute, dass sie ermessensweise als Pauschale festzusetzen sei. Diese betrage in Eheschutzverfahren bis Fr. 7'500.-- (Art. 20 Abs. 1 lit. c HonO), wobei sie gemäss Art. 20 Abs. 3 HonO in aussergewöhnlich aufwendigen Fällen um bis zu 50 % erhöht werden könne, was sich vorliegend rechtfertige, zumal im Berufungsverfahren ein Gutachten in Auftrag gegeben worden sei. Weil die Kindesvertreterin erst im Berufungsverfahren beauftragt worden sei, werde auf eine Kürzung gemäss Art. 26 Abs. 1 HonO verzichtet. Zu berücksichtigen sei weiter, dass während des Verfahrens 25 prozessleitende Verfahren stattgefunden hätten; ermessensweise werde der durchschnittliche Aufwand auf ungefähr drei Stunden geschätzt, was Zuschläge von 25 x 10 % der Grundpauschale ergebe. Zwar dürften gemäss Art. 18 Abs. 2 HonO die Zuschläge das Grundhonorar grundsätzlich nicht überschreiten, aber angesichts des aussergewöhnlichen Aufwandes sei von dieser Regel abzuweichen. Mithin würden sich eine Pauschale von Fr. 11'250.-- (150 % von Fr. 7'500.--) und Zuschläge von Fr. 18'750.-- (25 x 10 % von Fr. 7'500.--) ergeben; unter Berücksichtigung der Barauslagenpauschale von 4 % (Art. 28bis Abs. 1 HonO) und der MWSt von 7,7 % betrage die Entschädigung somit total Fr. 33'600.--. 
 
3.  
In der zweiten Hälfte der Beschwerde wird der Fokus darauf gelegt, die eingereichte Honorarnote zu kritisieren und der Kindesvertreterin einen unverhältnismässig hohen und nur teilweise zuordnungsfähigen Aufwand vorzuwerfen. Dies geht jedoch an den Erwägungen des Kantonsgerichtes vorbei: Dieses hielt (wie übrigens in der ersten Hälfte der Beschwerde auch vom Beschwerdeführer geltend gemacht wird) fest, dass es aufgrund der von der Kindesvertreterin eingereichten Honorarnote nicht möglich sei, den notwendigen Arbeitsaufwand zu eruieren, weshalb die Entschädigung nach Pauschalen festgesetzt werden müsse. Es ist mithin auf der Grundlage des kantonsgerichtlichen Vorgehens darzutun, inwiefern die Pauschalen einzeln oder in ihrem Zusammenspiel willkürlich sein sollen. 
In diesem Zusammenhang anerkennt der Beschwerdeführer, dass die HonO/SG anwendbar ist, dass in Eheschutzsachen die Pauschale bis zu Fr. 7'500.-- beträgt, dass diese um maximal 50 % erhöht werden kann und dass zum so bestimmten Grundhonorar einzelne Zuschläge von 10 bis 40 % gewährt werden können. 
Der Beschwerdeführer macht einen Verstoss gegen das Willkürverbot und den Anspruch auf rechtliches Gehör dahingehend geltend, dass das Kantonsgericht den hohen Aufwand mehrfach abgegolten habe und dadurch ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Entschädigung und erbrachter Leistung entstanden sei, indem es gleichzeitig das maximale Grundhonorar um 50 % erhöht und zusätzlich Zuschläge für die 25 prozessleitenden Verfahren gewährt und hingegen auf die Kürzung im Rechtsmittelverfahren verzichtet habe. 
Inwiefern in diesem Zusammenhang das rechtliche Gehörs verletzt worden sein soll, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr geht es einzig um die Frage, ob Normen der Honorarordnung willkürlich angewandt worden sind. Hierfür genügt der allgemeine Vorwurf der Mehrfachentschädigung nicht, zumal der Beschwerdeführer selbst festhält, dass nebst dem Hauptverfahren 25 prozessleitende Verfahren stattgefunden haben; er müsste aufzeigen, inwiefern das Hauptverfahren als solches keinen Aufwand verursacht hätte, welcher die um 50 % erhöhte maximale Pauschale von Fr. 7'500.-- gerechtfertigt hätte. Indem er dies nicht tut, bleibt die abstrakte Behauptung, mit einer so hohen Pauschale seien gleichzeitig auch die 25 prozessleitenden Verfahren abgedeckt, unsubstanziiert. Vor diesem Hintergrund müsste im Rahmen substanziierter Willkürrügen spezifisch aufgezeigt werden, welche Normen der HonO und inwiefern diese willkürlich angewandt worden sein sollen, wenn zum einen die 25 Nebenverfahren zusätzlich entschädigt wurden und zum anderen auf eine Kürzung im Rechtsmittelverfahren verzichtet wurde. Diesbezügliche Ausführungen finden sich nur ganz ansatzweise: 
Konkret wird in Bezug auf diese zwei Punkte einzig geltend gemacht (Beschwerde Rz. 9), das Kantonsgericht sei ohne Begründung vom klaren Wortlaut von Art. 18 Abs. 2 und von Art. 26 Abs. 1 lit a HonO abgewichen, was willkürlich (und angeblich gehörsverletzend, dazu jedoch oben) sei, freilich ohne dass nähere Ausführungen folgen würden. Die Behauptungen bleiben damit abstrakt und sind nicht geeignet, Willkür aufzuzeigen: Was Art. 18 Abs. 2 HonO - von dessen Anwendbarkeit der Beschwerdeführer ausgeht und was deshalb nicht weiter zu diskutieren ist - anbelangt, wonach "die Zuschläge insgesamt das Grundhonorar in der Regel nicht überschreiten dürfen", ist direkt im Wortlaut der Norm enthalten, dass es sich um eine Regel handelt und mithin Abweichungen möglich sind. Das Kantonsgericht hat sich auch offenkundig darauf bezogen, wenn es festhält, dass angesichts des aussergewöhnlichen Aufwandes "von dieser Regel abgewichen" werde (angefochtener Entscheid, S. 54). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern das Kantonsgericht durch ein Abweichen von der Regel in Willkür verfallen sein könnte, zumal auch die Behauptung falsch ist, es habe die Abweichung nicht begründet. Gleiches gilt für Art. 26 Abs. 1 HonO, wonach das Pauschalhonorar im Rechtsmittelverfahren im schriftlichen Verfahren 20 bis 50 % (lit. a) und im Verfahren mit mündlicher Verhandlung 40 bis 75 % betrage (lit. b). Zum einen ginge es wenn schon um eine willkürliche Anwendung von lit. b und nicht wie beschwerdeweise geltend gemacht von lit. a. Zum anderen hat das Kantonsgericht auch hier begründet, wieso es von einer Reduktion abgesehen hat, nämlich weil die Rechtsvertreterin erst im oberinstanzlichen Verfahren bestellt worden war. Rechtsmethodologisch hat es somit die Norm teleologisch reduziert, indem Art. 26 Abs. 1 HonO offensichtlich der Gedanke zugrunde liegt, dass die Rechtsvertretung im zweitinstanzlichen Verfahren eingearbeitet ist und vom honorarmässig bereits abgegoltenen Vorwissen aus dem erstinstanzlichen Verfahren profitieren kann, sodann aber auch der weitere Gedanke, dass im Rechtsmittelverfahren (gerade beweismässig) normalerweise nicht mehr der gleiche Aufwand zu betreiben ist, was vorliegend anders war, indem das sich über viele Jahre erstreckende Verfahren wie ein erstinstanzliches geführt wurde. 
Mithin hat das Kantonsgericht auf der Grundlage der anwendbaren Honorarordnung sein konkretes Vorgehen bei der Bemessung der Entschädigung mit nachvollziehbaren und sachlichen Argumenten begründet, ohne dass der Beschwerdeführer aufzeigen würde, inwiefern die einzelnen Begründungselemente oder das Ergebnis unhaltbar und damit willkürlich sein sollen. 
 
4.  
Nach dem Gesagten hat der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Festsetzung der Entschädigung der Kindesvertreterin keine Verfassungsverletzungen dargetan und die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindesvertreterin, dem Beistand und dem Kantonsgericht St. Gallen mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. März 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli