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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1175/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. Juni 2015  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Moses. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Aschwanden, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, Einziehung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 4. September 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ soll spätestens zwischen dem 29. August und dem 21. Oktober 2011 in A.________ auf einem Feld eine Plantage mit ca. 2'000 Hanfpflanzen betrieben haben (erstes Verfahren). Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte das Hanffeld am 12. August 2011. Die Pflanzen wurden im Herbst desselben Jahres geerntet; seither sind sie gelagert. 
X.________ bewirtschaftete zwischen dem 1. Mai und dem 30. August 2012 erneut ein Hanffeld mit ca. 2'000 Pflanzen (zweites Verfahren). Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte dieses am 28. August 2012. Vor dem 28. September 2012 wurden die Pflanzen vom Feld entwendet. 
 
B.  
 
 Das Obergericht des Kantons Solothurn sprach X.________ am 4. September 2014 zweitinstanzlich vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im ersten Verfahren frei. Es ordnete die Vernichtung der am 12. August 2011 beschlagnahmten Hanfpflanzen an. Im zweiten Verfahren sprach es X.________ der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 70.--. 
Im Kostenpunkt verpflichtete das Obergericht X.________, die Hälfte der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen. Für das Berufungsverfahren legte es ihm zwei Drittel der Gerichtskosten auf. Im selben Verhältnis verpflichtete es ihn, dem Kanton die Entschädigung für den amtlichen Verteidiger zu erstatten und diesem die Differenz zum vollen Honorar nachzuzahlen. X.________ muss zudem die Kosten für die Lagerung der Hanfpflanzen bis zum Zeitpunkt deren Vernichtung tragen. 
 
C.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die beschlagnahmten Hanfpflanzen seien ihm zur Herstellung ätherischen Öls auszuhändigen bzw. unter behördlicher Aufsicht in einen vom Gesetz erlaubten Stoff zu überführen. Die erstinstanzlichen Kosten seien ihm zu einem Viertel, die zweitinstanzlichen zu maximal einem Drittel aufzuerlegen. Die Pflicht, die Entschädigung des amtlichen Verteidigers zu erstatten und diesem die Differenz zum vollen Honorar nachzuzahlen, sei ebenfalls auf ein Drittel herabzusetzen. Die Kosten für die Lagerung der Hanfpflanzen seien vom Kanton Solothurn zu tragen. 
 
D.  
 
 Das Obergericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Vorinstanz erwägt, die am 12. August 2011 beschlagnahmten Hanfpflanzen seien gestützt auf Art. 69 StGB einzuziehen und zu vernichten. Seit der am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Revision von Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG gelte Cannabis mit einem THC-Gehalt von mindestens 1,0% als Betäubungsmittel. Eine rechtmässige Verwendung der beschlagnahmten Pflanzen sei ab diesem Datum nicht mehr möglich. Auch die vom Beschwerdeführer eventualiter beantragte Verölung des Hanfes falle ausser Betracht, zumal das Endprodukt denselben THC-Gehalt wie die beschlagnahmten Pflanzen aufweisen würde. Art. 8 Abs. 4 BetmG sei für ein Strafgericht nicht massgebend, zumal es sich um eine verwaltungsrechtliche Einziehungsbestimmung handle.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer rügt, ätherisches Hanföl sei ein Wasserdampfdestillat und enthalte kein THC. Dieses Öl sei ein vom Gesetz erlaubter Stoff im Sinne von Art. 8 Abs. 4 BetmG, weshalb die Vernichtung des beschlagnahmten Hanfes unzulässig sei.  
 
1.3.  
 
1.3.1. Nach der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung von Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG durfte Hanfkraut zur Betäubungsmittelgewinnung und das Harz seiner Drüsenhaare (Haschisch) nicht angebaut, eingeführt, hergestellt oder in Verkehr gebracht werden. Hanf mit einem THC-Wert von über 0,3% galt nach der Rechtsprechung als zur Gewinnung von Betäubungsmitteln geeignet. Der Umgang damit war aber nur unter der Bedingung strafbar, dass dieses tatsächlich zur Gewinnung von Betäubungsmitteln gedient hat (BGE 130 IV 83 E. 1.1; BGE 137 IV 352 E. 2.4.1; Urteil 6P.250/2006 vom 6. Juli 2007 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
Am 1. Juli 2011 ist die revidierte Fassung von Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG in Kraft getreten. Seither dürfen "Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis" weder angebaut, eingeführt, hergestellt oder in Verkehr gebracht werden. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) führt gemäss Art. 2a BetmG ein Verzeichnis der Betäubungsmittel, der psychotropen Stoffe sowie der Vorläuferstoffe und der Hilfschemikalien, wonach Hanfpflanzen oder Teile davon, welche einen durchschnittlichen Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0% aufweisen und sämtliche Gegenstände und Präparate, welche einen Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0% aufweisen oder aus Hanf mit einem Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0% hergestellt werden, Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes sind (Art. 1 Abs. 2 lit. a i.V.m. Verzeichnis d der Verordnung des EDI vom 30. Mai 2011 über die Verzeichnisse der Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe, Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien [BetmVV-EDI, SR 812.121.11]). 
 
1.3.2. Nach Art. 9 des Bundesgesetzes betreffend Betäubungsmittel vom 2. Oktober 1924 (AS 41 439) war die Ein- und Ausfuhr sowie die Herstellung, der Besitz und das Inverkehrbringen von präpariertem Opium (Rauchopium) und dessen Rückständen (Dross etc.) verboten. Mit der am 1. Juli 1952 in Kraft getretenen Revision des Betäubungsmittelgesetzes ist dieses - nunmehr in Art. 8 verankerte - Verbot auf Haschisch und Diacetylmorphin erweitert worden. Gleichzeitig wurde Art. 8 BetmG um einen neuen Absatz 4 ergänzt, wonach allfällige Vorräte verbotener Betäubungsmittel unter Aufsicht der zuständigen kantonalen Behörde in einen vom Gesetz erlaubten Stoff überzuführen oder in Ermangelung dieser Möglichkeit zu vernichten sind (AS 1952 241; BBl 1951 I 829, 855).  
Der Umgang mit Haschisch und Diacetylmorphin war bis zum 30. Juni 1952 nicht verboten. Art. 8 Abs. 4 BetmG bezweckte, den Umgang mit allfälligen zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Vorräten dieser Stoffe zu regeln, nachdem diese infolge der am 1. Juli 1952 in Kraft getretenen Revision verboten wurden. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 8 Abs. 4 BetmG zeitgleich mit der Erweiterung der Liste verbotener Betäubungsmittel eingeführt wurde. Auch die Botschaft des Bundesrates vom 9. April 1951 verbindet Art. 8 Abs. 4 BetmG mit der Ausdehnung des Verbotes auf Haschisch und Diacetylmorphin (BBl 1951 I 829, 855). 
Art. 8 Abs. 4 BetmG ist nicht nur hinsichtlich des 1952 eingeführten Verbotes von Haschisch und Diacetylmorphin anwendbar, sondern betrifft auch allfällige Vorräte derjenigen Betäubungsmittel, die im Zuge späterer Revisionen verboten wurden. Inwiefern Art. 8 Abs. 4 BetmG die Einziehung und Vernichtung im Strafverfahren beschlagnahmter Betäubungsmittel nicht erlauben sollte, ist nicht erkennbar. Er stellt vielmehr eine eigenständige Einziehungsbestimmung dar, welche als lex specialis Art. 69 StGB vorgeht und kein strafbares Verhalten voraussetzt. Ob diese Bestimmung auch verwaltungsrechtliche Massnahmen erlaubt, kann offenbleiben. 
 
1.3.3. Die Vorinstanz hält fest, dass der Beschwerdeführer sein Hanffeld unter Beilage diverser Unterlagen am 15. Juni 2011 bei der Polizei meldete. Zu diesem Zeitpunkt sei das revidierte Betäubungsmittelgesetz noch nicht in Kraft und der Anbau von Hanfpflanzen nur strafbar gewesen, wenn er zur Gewinnung von Betäubungsmitteln erfolgte. Dies sei dem Beschwerdeführer nie vorgehalten worden (Urteil, S. 12). Die Hanfpflanzen, die einen THC-Gehalt von über 1,0% aufweisen, sind erst ab dem 1. Juni 2011 als Folge der an diesem Tag in Kraft getretenen Änderung von Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG als verbotenes Betäubungsmittel zu qualifizieren. Sie sind nach Art. 8 Abs. 4 BetmG zu vernichten, sofern sie nicht in einen vom Gesetz erlaubten Stoff überführt werden können.  
Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG verbietet "Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis". Als Betäubungsmittel gelten sowohl abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wirkungstypen Morphin, Kokain oder Cannabis, als auch Stoffe und Präparate, die auf deren Grundlage hergestellt werden oder eine ähnliche Wirkung wie diese haben (Art. 2 lit. a BetmG). Auch im Verzeichnis d der BetmVV-EDI sind - nebst den Hanfpflanzen - sämtliche Gegenstände und Präparate aufgelistet, welche einen Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0% aufweisen oder aus Hanf mit einem Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0% hergestellt werden. Daraus folgt, dass sämtliche Erzeugnisse, die auf der Grundlage von Cannabis mit einem THC-Gehalt von über 1,0% erstellt worden sind, unabhängig von ihrem eigenen THC-Gehalt als verbotene Betäubungsmittel zu qualifizieren sind. Dazu gehört auch das ätherische Öl, das der Beschwerdeführer mit den beschlagnahmten Hanfpflanzen - die einen THC-Gehalt von über 1,0% haben - herstellen möchte. Eine Überführung in einen legalen Stoff ist nicht möglich. Die beschlagnahmte Ware ist in Anwendung von Art. 8 Abs. 4 BetmG zu vernichten. Die Rüge ist unbegründet. 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine falsche Kostenverteilung. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens sei das zuerst eingeleitete Strafverfahren, welches in einem Freispruch mündete, weitaus aufwendiger gewesen, als das zweite. Dies zeige schon ein Vergleich des Aktenmaterials der beiden vereinigten Verfahren. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien ihm höchstens im Umfang von einem Viertel aufzuerlegen. Zu den vorinstanzlichen Kosten bringt der Beschwerdeführer vor, diese seien ihm zu zwei Drittel auferlegt worden, zumal sein Antrag, der beschlagnahmte Hanf sei ihm herauszugeben oder in einen vom Gesetz erlaubten Stoff zu überführen, abgewiesen worden sei. Diesbezüglich hätte er obsiegen müssen, weshalb die Kosten auf maximal ein Drittel herabzusetzen seien. Im selben Verhältnis sei die Pflicht zur Rückerstattung des Honorars des amtlichen Verteidigers anzupassen. Die Kosten für die Lagerung des beschlagnahmten Hanfes seien im vollen Umfang vom Kanton Solothurn zu tragen. Die Vorinstanz übersehe, dass er hinsichtlich des Anbaus dieser Pflanzen vollständig freigesprochen worden sei. Auch könne ihm nicht vorgeworfen werden, er habe durch rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten die Einleitung des Verfahrens bewirkt. Den Strafverfolgungsbehörden sei es ohne Weiteres möglich gewesen, das erste Verfahren zu einem früheren Zeitpunkt einzustellen und das beschlagnahmte Gut freizugeben oder der Verölung zuzuführen.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Im erstinstanzlichen Verfahren trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1 StPO). Bei einem Teilfreispruch ist eine quotenmässige Aufteilung vorzunehmen ( GRIESSER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 426). Im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Innerhalb der rechtlichen Grundsätze liegt die Kostenverteilung im sachrichterlichen Ermessen. Da das Sachgericht am besten in der Lage ist, die Angemessenheit zu beurteilen, auferlegt sich das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung. Es schreitet nur ein, wenn das Sachgericht den ihm zustehenden weiten Ermessensspielraum überschritten hat (Urteile 6B_551/2012 vom 21. Januar 2013 E. 3.3; 6B_602/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
2.2.2. Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer in einem der beiden Verfahren, welche vom erstinstanzlichen Gericht vereinigt worden waren, frei und auferlegte dem Beschwerdeführer die Hälfte der Kosten. Die Vorinstanz überschreitet das ihr bei der Kostenverteilung zustehende Ermessen nicht alleine deshalb, weil das zuerst eingeleitete Strafverfahren umfangreicher als das zweite gewesen sein soll.  
Die Vorinstanz ordnete zu Recht die Einziehung und Vernichtung des beschlagnahmten Hanfes an. Die Rügen des Beschwerdeführers zur vorinstanzlichen Kostenverteilung sind daher unbegründet. 
 
3.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Kanton Solothurn hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Juni 2015 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Moses