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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_58/2022  
 
 
Urteil vom 23. Mai 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterinnen Heine, Viscione, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 14. Dezember 2021 (O3V 20 19). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1977 geborene A.________ ist seit 1. Juni 2016 als Assistenzärztin bei den Psychiatrischen Diensten B.________ angestellt und dadurch bei der AXA Versicherungen AG (nachfolgend: AXA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am Vormittag des 25. Juni 2017 wurde sie bei einer Hochtour D.________ von einem Blitzschlag getroffen. A.________ konnte unter Mithilfe absteigen und wurde von der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) von der Hütte C.________ nach X.________ geflogen. Die AXA erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Mit Verfügung vom 4. September 2019 hielt die Versicherung fest, dass der medizinische Endzustand erreicht sei und der adäquate Kausalzusammenhang verneint werden müsse. Die Versicherungsleistungen aus der obligatorischen Unfallversicherung würden per 30. September 2019 eingestellt. Daran hielt die AXA mit Einspracheentscheid vom 20. März 2020 fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Obergericht Appenzell Ausserrhoden mit Urteil vom 14. Dezember 2021 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und es seien ihr die gesetzlichen Leistungen gemäss UVG (Taggeldleistungen, Heilbehandlung, Rente, Integritätsentschädigung) auszurichten. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid zurückzuweisen. 
Während die AXA mit Verweis auf das vorinstanzliche Urteil auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. A.________ äussert sich zur Stellungnahme der AXA. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht in Bestätigung des Einspracheentscheids der Beschwerdegegnerin vom 20. März 2020 eine Leistungspflicht für die von der Beschwerdeführerin über den 30. September 2019 hinaus geklagten gesundheitlichen Einschränkungen verneinte.  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 4 ATSG) erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und eingetretenem Schaden im Allgemeinen (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1 f.) sowie betreffend die Adäquanzprüfung nach der sogenannten Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) und bei psychischen Unfallfolgen (BGE 115 V 133) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Voraussetzungen des Fallabschlusses (Art. 19 Abs. 1 UVG). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Nach Darstellung der medizinischen Aktenlage prüfte die Vorinstanz, ob der von der AXA auf den 30. September 2019 vorgenommene Fallabschluss verfrüht erfolgt sei. Dabei erwog sie im Wesentlichen, die Beschwerdeführerin habe anlässlich des Bergunfalls Eintritts- und Austrittsverbrennungsmarken am Kopf und an den beiden kleinen Zehen erlitten, die ohne ärztliche Behandlung abgeheilt seien. Weitere somatische Befunde hätten nicht festgestellt werden können, so dass der somatisch bedingte medizinische Endzustand im Sinne von Art. 19 UVG zügig, ganz sicher aber bei Fallabschluss durch die Beschwerdegegnerin erreicht gewesen sei. Mit Bezug auf die nicht objektivierbaren Beschwerden liess die Vorinstanz die Frage der natürlichen Kausalität offen mit der Begründung, die Adäquanz sei zu verneinen.  
 
3.2. Hinsichtlich der somatischen Beschwerden wird der Fallabschluss von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet. Insbesondere wird in der Beschwerde nicht geltend gemacht, dass die beim Unfall vom 25. Juni 2017 erlittenen somatischen Beschwerden einer weiteren Behandlung bedürften und sich auf die Arbeitsunfähigkeit auswirkten oder einen Anspruch auf einen Integritätsschaden begründeten. Im Übrigen wird zu Recht nicht vorgebracht, es bestünden organisch nachweisbare Beschwerden, bei welchen sich die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität decken würde (BGE 134 V 109 E. 2; 127 V 102 E. 5b/bb). Auf diesbezügliche Weiterungen kann daher mit Verweis auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen verzichtet werden. Die Beschwerdeführerin rügt hingegen, dass die Beschwerdegegnerin auch Leistungen für die nicht objektivierbaren Beschwerden auszurichten habe. Uneinig sind sich die Parteien somit betreffend die Frage, ob der adäquate Kausalzusammenhang zwischen den organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und dem Unfallereignis vom 25. Juni 2017 gegeben sei.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz prüfte die Adäquanz gemäss den Kriterien bei psychischen Fehlentwicklungen nach einem Unfall (BGE 115 V 133) und kam zum Schluss, dass keines der Kriterien erfüllt sei. Dabei ging sie von einem mittelschweren Unfall im engeren Sinne aus.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine fehlerhafte Adäquanzprüfung und beantragt eine Praxisänderung dahin gehend, dass die bisherige Unterscheidung zwischen psychischen Unfallfolgen (vgl. BGE 115 V 133), Schleudertrauma- und äquivalenten Verletzungen (vgl. BGE 134 V 109) sowie Schreckereignissen aufzugeben sei. Es sei stattdessen zuerst rein naturwissenschaftlich zu prüfen, ob eine Unfallfolge vorliege. Falls dies bejaht werde, sei in einem zweiten Schritt wertend danach zu fragen, ob die Übernahme durch die Sozialversicherung gerechtfertigt erscheine. Alternativ werde vorgeschlagen, neu alle psychisch und organisch nicht nachweisbaren Beschwerden nach der sogenannten Schleudertraumapraxis gemäss BGE 134 V 109 zu prüfen.  
Eine fehlerhafte Adäquanzprüfung erblickt die Beschwerdeführerin zunächst darin, dass die Vorinstanz das Unfallereignis vom 25. Juni 2017 als mittelschwer im engeren Sinne betrachtete. Richtigerweise hätte das Ereignis als mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren Unfällen qualifiziert werden müssen. 
 
4.3.  
 
4.3.1. Die Unfallschwere ist praxisgemäss aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen. Irrelevant sind die Unfallfolgen oder Begleitumstände, die nicht direkt dem Unfallgeschehen zugeordnet werden können; solchen Faktoren ist gegebenenfalls bei den Adäquanzkriterien Rechnung zu tragen (BGE 140 V 356 E. 5.1; Urteile 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 5.1.1; 8C_66/2021 vom 6. Juli 2021 E. 7.1).  
 
4.3.2. Zum Unfallhergang hielt die Vorinstanz im Wesentlichen Folgendes fest: Die Beschwerdeführerin habe sich am Vormittag des 25. Juni 2017 auf der Hochtour D.________ befunden. In der Schadenmeldung vom 4. Juli 2017 sei angegeben worden, dass ein Blitz die Beschwerdeführerin getroffen habe. Der Blitzeinschlag sei am Kopf rechts oben hinten und der Blitzaustritt an den kleinen Zehen links und rechts erfolgt. Gegenüber dem Care Manager der AXA habe die Beschwerdeführerin am 15. Dezember 2017 angegeben, der Blitz sei durch ein Lüftungsloch ihres Helms beim Scheitel ein- und bei ihren beiden kleinen Zehen wieder ausgetreten, wo sie leichte Verbrennungen und Hautrötungen erlitten habe. Gemäss dem medizinischen Rapport der Rega sei die Beschwerdeführerin nach dem Ereignis umgefallen und ca. 20 bis 30 Sekunden aphasisch gewesen. Es habe eine Amnesie zum Ereignis bestanden. Laut der Schadenmeldung UVG sei die Beschwerdeführerin nach dem Blitzeinschlag kollabiert und während ca. 10 Sekunden nicht ansprechbar gewesen. Während des Abstiegs sei sie abwesend gewesen und habe nur falsche Antworten gegeben. Im medizinischen Rapport der Rega wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin selbstständig abgestiegen, jedoch psychomotorisch verlangsamt gewesen sei. Bei Ankunft bei der Hütte C.________ habe eine leichte Desorientiertheit bestanden, aufklarend im Verlauf. Von der Hütte C.________ sei die Beschwerdeführerin mit der Rega nach X.________ geflogen worden. In der Schadenmeldung UVG vom 4. Juli 2017 sei in den Zusatzangaben zur Verletzung angegeben worden, dass der "Hauptschaden" wohl am Gehirn erfolgt sei. Dr. med. E.________ habe deutliche Eintritts- und Austrittsverbrennungsmarken parietal rechts sowie an beiden Kleinzehen dokumentiert.  
 
4.3.3. Es ist in sachverhaltlicher Hinsicht somit unbestritten, dass die Beschwerdeführerin von einem Blitz getroffen wurde. In der Folge war sie für kurze Zeit nicht ansprechbar und verwirrt. Zudem waren Stromeintritts- und Austrittsmarken feststellbar.  
 
4.3.4. Im Urteil 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 hatte das Bundesgericht einen Fall zu beurteilen, in welchem der Versicherte beim Anfassen eines Stromkabels des Backofens mit beiden Händen einen Stromschlag erlitt. Dabei wurde er vom Strom nach hinten gestossen und es wurde ihm schwarz vor Augen. Er verlor kurz das Bewusstsein und fiel zu Boden. Weder klebte der Versicherte an der Stromquelle fest, noch bildeten sich Stromein- oder -austrittsmarken. Das Bundesgericht bestätigte seine Rechtsprechung, wonach für sich alleine ein Stromunfall mit Bewusstlosigkeit oder zumindest Benommenheit und mit Muskelkrämpfen als mittelschwerer Unfall im mittleren Bereich zu qualifizieren sei und ordnete das zu prüfende Ereignis dieser Kategorie von Unfällen zu (Urteil 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 E. 3.2 mit Hinweis auf die Urteile 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2.4; RKUV 1993 Nr. U 166 S. 92, U 29/92 E. 2b; Urteil U 137/93 vom 26. Oktober 1994 E. 2b). Im Gegensatz dazu wurde im Urteil 8C_584/2010 vom 11. März 2011 als mittelschwerer Unfall im Grenzbereich zu den schweren ein Stromunfall beurteilt, bei dem die versicherte Person beim Reinigen einer Regenrinne eines Bauernhofs, welche unter Strom stand, wegen der Muskelverkrampfung der rechten Hand die Umklammerung der Regenrinne nicht mehr hatte lösen können. Als der anwesende Hofbesitzer den Strom ausschaltete, stürzte der inzwischen bewusstlos gewordene Versicherte mitsamt der Metallleiter aus rund drei Metern Höhe auf den Betonboden, wo er verletzt liegen blieb. Der beigezogene Elektroinstallateur stellte fest, dass das Regenfallrohr eine Spannung von ca. 230 Volt aufwies. Dieser Unfall wurde als mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren Unfällen qualifiziert, weil zu dem bereits für sich allein als mittelschwer zu qualifizierenden Stromunfall mit Bewusstlosigkeit oder zumindest Benommenheit und Muskelkrämpfen sich aufgrund des Verlusts der Kontrolle über den eigenen Körper beim Leitersturz auf den Betonboden nochmals zusätzliche Kräfte entwickelt hatten (vgl. Urteil 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2.3 und 4.2.4 mit Hinweisen). Im Urteil 8C_729/2016 wurde erneut bestätigt, dass ein Stromunfall mit Bewusstlosigkeit oder zumindest Benommenheit sowie Muskelkrämpfen als mittelschwerer Unfall im engeren Sinn zu qualifizieren ist (Urteil 8C_729/2016 vom 31. März 2017 E. 5.5.1, vgl. auch Urteile 8C_179/2012 vom 8. November 2012 E. 5.2.1; 8C_89/2012 vom 10. Mai 2012 E. 6.1).  
 
4.3.5. Das Bundesgericht hatte sich erst kürzlich im Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 mit der Frage der Unfalladäquanz und der Unfallschwere im Zusammenhang mit einem Blitzunfall zu befassen. Die Vorinstanz hatte diesen als mittelschweren Unfall im engeren Sinne qualifiziert, wobei sie sich an der Rechtsprechung zu den (Stark) Stromunfällen orientierte. Das Bundesgericht erwog, der Beschwerdeführer weise zu Recht darauf hin, dass sich die Unfälle in den von der Vorinstanz zitierten Fällen (Urteile 8C_362/2011 vom 30. Juni 2011 E. 3.2; 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2) mit Spannungen zwischen 230 und 552 Volt ereignet hätten. Demgegenüber seien Blitzunfälle durch eine extrem hohe Stromstärke und eine sehr kurze Expositionsdauer charakterisiert. Das Schädigungsproblem bei Blitzunfällen seien die elektrische Energie, die hohe Temperatur und/oder die explosive Kraft der Druckwelle. Gemäss der vom kantonalen Gericht zitierten Quelle könnten bei einem Blitz Spannungen von mehr als 100 Mio. Volt auftreten. Die Blitzentladung dauere etwa 0,02 Sekunden und gehe mit Stromstärken bis zu einigen 100'000 Ampere einher. Die Luft erhitze sich dabei im Blitzkanal bis auf etwa 25'000 bis 30'000 Grad Celsius. Mit Blick auf diese enorme elektrische Energie und die bei einer Blitzentladung entstehende Druckwelle, die beim Beschwerdeführer unbestritten zu einem Barotrauma geführt habe, lasse sich ein Blitzunfall nicht mit einem (Stark) Stromunfall aus einer künstlichen Stromquelle vergleichen. Dem Beschwerdeführer sei vor diesem Hintergrund dahin gehend zu folgen - so das Bundesgericht -, dass das betreffende Ereignis nicht im mittleren Bereich im engeren Sinn, sondern im Grenzbereich zu den schweren Unfällen anzusiedeln sei (Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 5.1.4 und 5.1.5; vgl. dazu auch FRED ZACK/MARKUS A. ROTHSCHILD/RUDOLF WEGENER, Blitzunfall - Energieübertragungsmechanismen und medizinische Folgen, in: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 104, Heft 51-52, 24. Dezember 2007, A 3545 ff.).  
 
4.4.  
 
4.4.1. Ist gemäss dem zitierten Urteil ein Blitzunfall unter den hier gegebenen Umständen (vgl. E. 4.3.2 f. hiervor) als mittelschwerer Unfall im Grenzbereich zu den schweren Ereignissen zu qualifizieren, genügt für die Bejahung der Adäquanz bereits das Vorliegen eines einzigen Kriteriums, ohne dass dieses in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein müsste (vgl. BGE 115 V 133 E. 6c/bb; SVR 2016 UV Nr. 21 S. 66, 8C_134/2015 E. 5.3.2; Urteile 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 5.2; 8C_308/2014 vom 17. Oktober 2014 E. 4.2 am Ende; 8C_488/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 3; 8C_746/2008 vom 17. August 2009 E. 5.2).  
 
4.4.2. Das kantonale Gericht verneinte sämtliche Kriterien und somit auch jenes der besonders dramatischen Begleitumstände resp. der besonderen Eindrücklichkeit des Blitzschlags. Zur Begründung hielt es fest, der Blitzschlag sei sehr plötzlich aufgetreten und von der Beschwerdeführerin nicht bewusst wahrgenommen worden. Diese habe gegenüber den erstbehandelnden Ärzten und auch gegenüber dem Case Manager keine Angaben zum Unfallhergang beziehungsweise nur vom Hörensagen machen können. Angesichts der Erinnerungslücken der Beschwerdeführerin könne dem Kriterium der Begleitumstände/Eindrücklichkeit nicht die gleiche Bedeutung beigemessen werden, wie wenn eine ungetrübte Erinnerung an den Unfall und die damit verbundenen Begleitumstände gegeben wäre.  
 
4.4.3. Der Berücksichtigung des Kriteriums der besonders dramatischen Begleitumstände oder besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls liegt der Gedanke zugrunde, dass solche Umstände geeignet sind, bei der betroffenen Person während des Unfallgeschehens oder nachher psychische Abläufe in Bewegung zu setzen, die an den nachfolgenden psychischen Fehlentwicklungen mitbeteiligt sein können. Dabei sind objektive Massstäbe anzuwenden. Nicht was im einzelnen Betroffenen beim Unfall psychisch vorgeht - sofern sich dies überhaupt zuverlässig feststellen liesse - soll entscheidend sein, sondern die objektive Eignung solcher Begleitumstände, bei Betroffenen psychische Vorgänge der genannten Art auszulösen. Zu beachten ist zudem, dass jedem mindestens mittelschweren Unfall eine gewisse Eindrücklichkeit eigen ist (in BGE 135 I 169 nicht publ. E. 7.2 des Urteils 8C_807/2008 vom 15. Juni 2009; SVR 2013 UV Nr. 3, 8C_398/2012 E. 6.1; Urteile 8C_473/2019 vom 11. November 2019 E. 5.2; 8C_212/2019 vom 21. August 2019 E. 4.3.3; 8C_179/2012 vom 8. November 2012 E. 5.2.2; 8C_720/2017 vom 12. März 2018 E. 4.4; 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.3.2; je mit Hinweisen).  
 
4.4.4. Eine besondere Eindrücklichkeit wurde bei einem Lastwagenfahrer bejaht, dessen Fahrzeug durch Berührung einer Fahrleitung der SBB unter Strom geriet, der Versicherte jedoch selbst keinen Stromschlag erlitt, da der Lastwagen nach den Regeln der Physik als "Faradayscher Käfig" wirkte, der Lastwagen durch die entstandene Druckwelle erheblich beschädigt wurde und Fensterscheiben des SBB-Gebäudes zerbarsten (Urteil 8C_587/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 9.3.1). Ebenso bejaht wurde das Kriterium beim im oben erwähnten Urteil 8C_584/2010 bewerteten Stromunfall (Urteil 8C_584/2010 vom 11. März 2011 E. 4.3.2) sowie in weiteren Urteilen betreffend Stromunfälle (Urteile 8C_729/2016 vom 31. März 2017 E. 5.5.2.1; 8C_179/2012 vom 8. November 2012 E. 5.2.2).  
 
4.4.5. Entgegen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise kann einem Blitzunfall auch bei objektiver Betrachtungsweise eine besondere Eindrücklichkeit nicht abgesprochen werden. Ein Blitzeinschlag zusammen mit dem entsprechenden Knall erscheint noch eindrücklicher als ein Stromunfall. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann es dabei nicht darauf ankommen, ob die versicherte Person aufgrund des Blitzeinschlags bewusstlos wird oder nicht. Zudem ist davon auszugehen, dass die versicherte Person wahrnimmt, vom Blitz getroffen worden zu sein, bevor sie bewusstlos oder benommen wird. Jedenfalls hatte vorliegend die Beschwerdeführerin den Blitzeinschlag mitbekommen. So konnte sie angeben, dass der Blitzeinschlag am Kopf und der Blitzaustritt an den kleinen Zehen links und rechts erfolgt seien. Gemäss dem medizinischen Rapport der Rega fiel die Beschwerdeführerin nach dem Ereignis um und war ca. 20 bis 30 Sekunden aphasisch und nicht bewusstlos. Laut der Schadenmeldung kollabierte die Beschwerdeführerin nach dem Blitzeinschlag und war ca. 10 Sekunden nicht ansprechbar. Danach war sie verwirrt. Im Übrigen wurde auch im oben erwähnten Urteil betreffend einen Blitzunfall das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände resp. der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls bejaht, obschon jener Versicherte nach dem Ereignis während kurzer Zeit bewusstlos war (Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 5.1.5 und 5.2).  
 
4.5. Die Einstufung des Blitzunfalls als mittelschwerer Unfall im Grenzbereich zu den schweren Ereignissen sowie die Bejahung des Kriteriums der besonders dramatischen Begleitumstände resp. der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls würden grundsätzlich ausreichen, um den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den psychischen Beschwerden und dem Unfall anzuerkennen. Es gilt indessen Folgendes zu beachten:  
 
4.5.1. Die Vorinstanz liess die Frage nach dem natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden offen, weil sie die Adäquanz verneinte, was nach dem Gesagten indessen nicht bestätigt werden kann. Praxisgemäss kann die Frage, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen den medizinisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und dem Unfall besteht, bei Verneinung der adäquaten Kausalität offengelassen werden (BGE 148 V 138 E. 5.1.2; 135 V 465 E. 5.1 mit Hinweisen; Urteile 8C_409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2; 8C_438/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 4.1). Nicht zulässig ist nach der Rechtsprechung hingegen, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen allfälligen psychischen resp. organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und einem Unfallereignis zu bejahen, bevor die sich in tatsächlicher Hinsicht stellenden Fragen bezüglich der Natur der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und des natürlichen Kausalzusammenhangs gutachterlich geklärt sind (BGE 148 V 138 E. 5.1.2; 147 V 207 E. 6.1; Urteil 8C_409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2). Ein solches Vorgehen wäre zunächst widersprüchlich, weil die Leistungspflicht eines Unfallversicherers gemäss Art. 6 Abs. 1 UVG voraussetzt, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Ohne verlässliche medizinische Entscheidungsgrundlagen, welche sich über das Vorliegen psychischer Beschwerden, deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sowie den natürlichen Kausalzusammenhang zum Unfallereignis äussern, kann aus rechtlicher Sicht nicht darauf geschlossen werden, einem Unfallereignis komme für die Entstehung einer psychisch bedingten Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit eine massgebende Bedeutung zu. Zudem wäre die vorhergehende Anerkennung eines adäquaten Kausalzusammenhangs allenfalls geeignet, den psychiatrischen Experten - ob bewusst oder unbewusst - in seiner Einschätzung zu beeinflussen und dadurch das Ergebnis einer im Nachhinein vorgenommenen medizinischen Beurteilung zu verzerren (BGE 148 V 138 E. 5.1.2; 147 V 207 E. 6.1; Urteil 8C_409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2).  
 
4.5.2. Die Sache ist deshalb an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie die betreffenden Fragen gutachterlich abklärt. Danach wird sie über den Anspruch der Beschwerdeführerin betreffend deren organisch nicht hinreichend nachweisbare Beschwerden neu zu befinden haben (BGE 148 V 138 E. 5.4). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung bei psychischen Leiden unabhängig deren diagnostischer Einordnung auf objektivierter Beurteilungsgrundlage zu prüfen ist, ob eine rechtlich relevante Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit nachzuweisen ist (BGE 143 V 409 E. 4.5.2; BGE 141 V 574 E. 5.2, wonach die im Hinblick auf einen IV-Rentenanspruch erfolgte Rechtsprechungsänderung gemäss BGE 141 V 281 sinngemäss auch im Bereich des UVG Anwendung finden soll, sofern zwischen dem Unfall und den Beschwerden ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht; vgl. ferner BGE 148 V 138 E. 5.4 mit Hinweis auf BGE 141 V 574 E. 5.2; Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 6).  
 
4.6. Bei diesem Ergebnis braucht auf die von der Beschwerdeführerin beantragte Praxisänderung nicht weiter eingegangen zu werden. Offenbleiben kann auch, ob mit Blick auf die zitierte medizinische Literatur (vgl. E. 4.3.5 in fine hiervor) bei Blitzunfällen von einem typischen Beschwerdebild mit psychischen und neurologischen Folgen gesprochen werden kann und ob es sich aufgrund der in der Literatur diskutierten Möglichkeit elektrochemischer Veränderungen im Gehirn als Folge des Blitzschlags allenfalls rechtfertigen würde, bei Blitzunfällen die Adäquanz der organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden nach der für ein Schleudertrauma der HWS oder einer äquivalenten Verletzung geltenden Praxis (BGE 134 V 109) zu beurteilen (vgl. auch Urteil 8C_437/2021 vom 25. November 2021 E. 5.3).  
 
5.  
Die Rückweisung der Sache zu erneutem Entscheid gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten sowie der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), die der Beschwerdeführerin überdies eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten hat (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Obergericht des Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen (Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 14. Dezember 2021 und der Einspracheentscheid der AXA vom 20. März 2020 werden aufgehoben. Die Sache wird zu weiterer Abklärung und neuer Verfügung an die AXA zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Obergericht Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Mai 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest