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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5F_27/2022  
 
 
Urteil vom 19. Oktober 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiberin Conrad. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
B.________, 
Gesuchsgegnerin, 
 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Hirschengraben 13/15, 8001 Zürich. 
 
Gegenstand 
Revision gegen das Urteil 5A_434/2022 des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Juni 2022, 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Juni 2022 (5A_434/2022 [Urteil RZ210004-O/U]). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Unterhaltsvertrag vom 30. Juli 2011 verpflichtete sich A.________, monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 1'000.-- für seinen ausserehelich geborenen Sohn zu bezahlen. Gestützt auf eine Klagebewilligung vom 23. Dezember 2019 reichte A.________ am 4. Mai 2020 beim Bezirksgericht Bülach eine Teilklage ein, mit welcher er in Abänderung des Unterhaltsvertrags ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung für die daran anschliessenden sechs Monate die Aufhebung bzw. eine Reduktion der Unterhaltsbeiträge verlangte. Mit Urteil vom 12. Oktober 2020 wies das Bezirksgericht die Klage ab. A.________ gelangte an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses änderte das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass auf die Klage nicht einzutreten sei. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde vom 7. Juni 2022 mit Urteil 5A_434/2022 vom 15. Juni 2022 ab, soweit es darauf eintrat; es wies auch dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und auferlegte ihm die Verfahrenskosten von Fr. 2'000.--. 
 
B.  
Mit Revisionsgesuch vom 16. August 2022 verlangt A.________, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und seine Unterhaltsbeitragsverpflichtung von monatlich Fr. 1'000.-- sei "mit Wirkung ab Klageeinreichung hinsichtlich der Unterhaltsbeiträge für die daran anschliessenden sechs Monate bis und mit Oktober 2020 teilklagebezogen aufzuheben; eventuell sei die Verpflichtung für diesen Zeitabschnitt auf den Betrag von Fr. 270.-- anzupassen". In prozessualer Hinsicht stellt er den Antrag, der Spruchkörper des angefochtenen Urteils sei vollständig durch einen anderen bundesgerichtlichen Spruchkörper zu ersetzen. Ferner ersucht er für das Revisionsverfahren sowie für alle vorangegangenen Verfahren vor Bundesgericht, Obergericht und Bezirksgericht um unentgeltliche Rechtspflege und um Beiordnung seines Rechtsvertreters als unentgeltlichen Rechtsbeistand. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Ein bundesgerichtliches Urteil erwächst mit seiner Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG) und kann nur aus einem der in Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgezählten Revisionsgründen aufgehoben werden. Der Gesuchsteller macht die Revisionsgründe nach Art. 121 lit. a BGG, Art. 121 lit. d BGG und Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG rechtzeitig (Art. 124 Abs. 1 lit. a, b und d BGG) geltend. Er ist dazu legitimiert (BGE 138 V 161 E. 2.5.2). Das Revisionsgesuch ist zulässig.  
 
1.2. Für das Revisionsgesuch gelten die formellen Anforderungen an Rechtsschriften (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; Urteile 5F_24/2018 vom 1. Juli 2019 E. 1; 4F_11/2018 vom 21. März 2018 E. 1). Das Bundesgericht befasst sich nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (Art. 42 Abs. 2 BGG). Der Gesuchsteller begründet den angerufenen Revisionsgrund nach Art. 121 lit. a BGG (Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand) nicht ansatzweise, weshalb insoweit auf sein Revisionsgesuch nicht einzutreten ist.  
 
2.  
Umständehalber setzt sich der Spruchkörper aus dem präsidierenden Mitglied der Abteilung und zwei Richtern sowie einer Gerichtsschreiberin zusammen, die im Urteil, das der Gesuchsteller zu revidieren anbegehrt, nicht mitgewirkt haben. Insofern ist das diesbezügliche Ausstandsbegehren des Gesuchstellers gegenstandslos. 
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Ein Versehen im Sinn von Art. 121 lit. d BGG liegt vor, wenn das Gericht eine Tatsache oder ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder mit einem falschen Wortlaut wahrgenommen hat, nicht wenn die Tatsache oder das Aktenstück in der äusseren Erscheinung richtig wahrgenommen wurde, aber allenfalls eine unzutreffende rechtliche Würdigung vorgenommen worden ist. Ein Versehen liegt auch nicht vor, wenn die materiellrechtliche Beurteilung aus prozessrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist (BGE 115 II 399 E. 2a; Urteile 5F_24/2018 vom 1. Juli 2019 E. 1; 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 2.1, 5F_7/2012 vom 7. September 2012 E. 1).  
 
3.2. Im Urteil 5A_434/2022 vom 15. Juni 2022 stellte das Bundesgericht fest, das Streitwerterfordernis gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG sei nicht erreicht. Es erwog sodann, der Gesuchsteller habe zwar eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG behauptet, im formellen Teil seiner Beschwerde habe er aber hierzu keine Ausführungen gemacht. Damit sei er seiner Begründungspflicht nach Art. 42 Abs. 2 BGG nicht nachgekommen. Folglich trat es auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht ein, nahm die Eingabe allerdings als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen.  
 
3.3. Der Gesuchsteller bringt dagegen vor, das Bundesgericht habe ihn zu Unrecht in den formellen Teil der Beschwerde verwiesen und seine ausführlichen sowie erschöpfenden Ausführungen in Rn. 29 bis 33 seiner Beschwerdeschrift zur Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung übersehen. Zudem rügt der Gesuchsteller, das Bundesgericht habe sich nicht mit seinen Ausführungen in Rn. 6 bis 9 zur subsidiären Verfassungsbeschwerde befasst.  
 
3.4. Der Gesuchsteller nennt damit keine entscheiderheblichen Tatsachen oder Aktenstücke, die das Bundesgericht übersehen haben soll, sondern verweist lediglich auf Passagen seiner Beschwerdeschrift, die das Bundesgericht seiner Auffassung nach nicht gewürdigt habe. Das Revisionsverfahren dient nicht dazu, die Beschwerdeschrift einer erneuten Würdigung zu unterziehen und angebliche Rechtsfehler des Bundesgerichts zu korrigieren (BGE 122 II 17 E. 3; Urteile 4F_20/2013 vom 11. Februar 2014 E. 3.1; 2F_20/2012 vom 25. September 2012; 5F_7/2012 vom 7. September 2012 E. 2.3). Soweit der Gesuchsteller glaubt, das Bundesgericht habe die erwähnten Passagen übersehen, so irrt er. Dieses hat die im materiellen Teil der Beschwerde enthaltenen Ausführungen sehr wohl zur Kenntnis genommen, dem Beschwerdeführer aber vorgehalten, sich nicht im formellen Teil seiner Beschwerde, d.h. im Rahmen der Eintretensvoraussetzungen zur Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geäussert zu haben, wozu er im Rahmen der gesetzlichen Begründungsanforderungen verpflichtet gewesen wäre. Ausserdem liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht schon dann vor, wenn behauptet wird, das Bundesgericht habe sich mit der im konkreten Fall stellenden Rechtsfrage noch nie auseinandergesetzt. Auf diese Begründung hat sich der Gesuchsteller in seiner Beschwerde vom 7. Juni 2022 beschränkt. Er hätte jedoch u.a. auch darlegen müssen, inwiefern ein allgemeines und dringendes Interesse an der Klärung der Rechtsfrage besteht. Dies hat er nicht getan. Von einer ausführlichen und erschöpfenden Begründung kann somit nicht die Rede sein. Indem schliesslich das Bundesgericht auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten ist und diese auch materiell beurteilt hat (vgl. Urteil 5A_434/2022 vom 15. Juni 2022 E. 1 und 3), ist der Einwand des Gesuchstellers, seine theoretischen Ausführungen zur subsidiären Verfassungsbeschwerde in Rn. 6 bis 9 seien unberücksichtigt geblieben, offensichtlich unzutreffend.  
 
3.5. Demnach hat das Bundesgericht weder Tatsachen noch Aktenstücke versehentlich übersehen. Der angerufene Revisionsgrund von Art. 121 lit. d BGG liegt nicht vor.  
 
4.  
 
4.1. Der Gesuchsteller ruft weiter den Revisionsgrund nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG an, indem er vorbringt, ihm sei im Mai 2022 gekündigt worden und er verfüge seither über kein Einkommen. Es handle sich hierbei um ein Novum im Sinn von Art. 99 BGG, da durch den Entscheid der Vorinstanz veranlasst.  
 
4.2. Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte (sog. unechte Noven), unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind.  
Nachdem der Gesuchsteller in seiner Klage die Aufhebung seiner Unterhaltspflicht ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung, d.h. ab 4. Mai 2020 für die Dauer von sechs Monaten beantragt hat, ist von vornherein nicht einsichtig, inwiefern sich die Kündigung vom Mai 2022 auf das Ergebnis des Hauptverfahrens auswirken könnte. Die behauptete Tatsache ist nicht erheblich, weshalb ein Revisionsgrund nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG nicht vorliegt. Ausserdem legt der Beschwerdeführer als Beleg für die Kündigung lediglich ein von ihm selbst verfasstes, an seinen Anwalt gerichtetes E-Mail vom 23. Mai 2022 bei, womit das Beweismittel untauglich und der Revisionsgrund auch aus diesem Grund nicht gegeben wäre. 
 
5.  
Nach dem Gesagten ist das Revisionsgesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Gesuchsteller kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig, da keine Vernehmlassungen eingeholt wurden und der Gesuchsgegnerin keine zu entschädigenden Kosten entstanden sind (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ist ebenfalls abzuweisen, da dem Revisionsgesuch nach dem Ausgeführten von Anfang an kein Erfolg bescheiden war (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Die Gerichtsschreiberin: Conrad