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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1B_130/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. September 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rainer Riek, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Furrer, 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, II. Abteilung, An der Aa 4, Postfach 1356, 6301 Zug.  
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Akteneinsicht, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 25. Februar 2014 des Obergerichts des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts der Veruntreuung, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und weiterer Delikte. Sie wirft ihm insbesondere vor, er habe als Buchhalter der B.________ AG Bargeld dieser Gesellschaft im Betrag von mehreren Hunderttausend Franken für eigene Zwecke verwendet. 
 
B.   
Am 12. Juni 2013 ersuchte die B.________ AG, welche sich als Privatklägerin konstituiert hatte, um Akteneinsicht. 
Am 7. Oktober 2013 bewilligte die Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Akten mit Ausnahme des Auszugs aus dem Strafregister von A.________. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zug (I. Beschwerdeabteilung) am 25. Februar 2014 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben, und weiteren Anträgen. 
 
D.   
Das Obergericht beantragt unter Hinweis auf seinen Entscheid die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
Die Staatsanwaltschaft hat Gegenbemerkungen eingereicht mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
Die B.________ AG hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen und die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 7. Oktober 2013 zu bestätigen. 
A.________ hat eine Replik mit weiteren Anträgen eingereicht. 
Die B.________ AG hat dem Bundesgericht in der Folge eine Eingabe an die Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme zugestellt. 
A.________ hat hierzu mit zusätzlichen Anträgen Stellung genommen. 
 
E.   
Mit Verfügung vom 14. Mai 2014 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 109 BGG entscheiden die Abteilungen in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über die Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden (Abs. 2 lit. a). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).  
 
1.2. Die Sache ist spruchreif. Für eine Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens besteht kein Anlass.  
 
1.3. Der angefochtene Entscheid stellt einen Zwischenentscheid dar. Es ist fraglich, ob der Beschwerdeführer hinreichend darlegt, inwiefern ihm dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken können soll (vgl. dazu BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f. mit Hinweisen). Ob auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, kann dahingestellt bleiben, da sie jedenfalls offensichtlich unbegründet ist.  
 
1.4.  
 
1.4.1. Gemäss Art. 101 Abs. 1 StPO können die Parteien spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen; Artikel 108 bleibt vorbehalten.  
Nach Art. 108 Abs. 1 StPO können die Strafbehörden das rechtliche Gehör einschränken, wenn: a. der begründete Verdacht besteht, dass eine Partei ihre Rechte missbraucht; b. dies (...) zur Wahrung (...) privater Geheimhaltungsinteressen erforderlich ist. 
Die Ausnahmen nach Art. 108 Abs. 1 StPO sind zurückhaltend und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit anzuwenden (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1164). 
 
1.4.2. Die Vorinstanz verneint die Voraussetzungen für eine Einschränkung des Akteneinsichtsrechts nach Art. 108 Abs. 1 StPO. Der begründete Verdacht, dass die Beschwerdegegnerin ihre Rechte missbraucht, bestehe nicht. Überwiegende Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers, die der Akteneinsicht entgegenstünden, seien weder dargetan noch ersichtlich.  
Die Erwägungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen deren tatsächlichen Feststellungen richtet, beschränkt er sich auf appellatorische Kritik. Darauf ist nicht einzutreten (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweisen). Letzteres gilt ebenso, soweit sich der Beschwerdeführer auf Tatsachen und Beweismittel beruft, die nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind, da es sich dabei um unzulässige Noven handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 344; Urteil 1C_784/2013 vom 23. Juni 2014 E. 1.4). 
Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgrund eines Vergleichs der Barbezüge des Beschwerdeführers ab Konten der Beschwerdegegnerin einerseits und der Bareinzahlungen zur Begleichung offener Rechnungen der Beschwerdegegnerin anderseits einen Kassenfehlbetrag von 1,2 Millionen Franken festgestellt. Die Polizei reduzierte diesen Betrag gestützt auf eigene Berechnungen auf Fr. 706'000.--. Der Tatverdacht hat sich im Laufe der Strafuntersuchung erhärtet und die Staatsanwaltschaft hat diese inzwischen auf weitere Straftatbestände ausgedehnt. Unter diesen Umständen ist eine missbräuchliche Strafanzeige durch die Beschwerdegegnerin offensichtlich zu verneinen. 
Die Untersuchungsakten enthalten die Buchhaltungen der vom Beschwerdeführer kontrollierten Gesellschaften, seine privaten Bankunterlagen sowie Dokumente über seinen Fahrzeugbestand und die Finanzierung seines Wohneigentums im Kanton Graubünden. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, welcher konkrete Nachteil ihm durch die Offenlegung dieser Unterlagen gegenüber der Beschwerdegegnerin erwachsen soll. Diese steht zu ihm unstreitig in keinem Konkurrenzverhältnis, so dass er mit keinen geschäftlichen Nachteilen rechnen muss. Sensible persönliche Daten wie ärztliche Berichte, Tagebücher oder Ähnliches enthalten die Akten nicht. Die Beschwerdegegnerin hat an der Akteneinsicht demgegenüber ein gewichtiges Interesse. Nur in Kenntnis der Akten kann sie ihre Verfahrensrechte wirksam wahrnehmen, insbesondere gegebenenfalls auf verdächtige Zunahmen des Vermögens des Beschwerdeführers hinweisen und Beweisanträge stellen. In Abwägung der Interessen verletzt es deshalb kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz die Voraussetzungen einer Einschränkung des Akteneinsichtsrechts gemäss Art. 108 Abs. 1 lit. b StPO ebenso wenig als erfüllt angesehen hat, zumal nach dem Gesagten auch diese Bestimmung zurückhaltend anzuwenden ist. 
Auf die Ausführungen der Vorinstanz (insb. E. 4.3 und 5.3 f.) - und die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft - kann, was die Einzelheiten betrifft, vollumfänglich verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
Der Beschwerdegegnerin ist somit Akteneinsicht zu gewähren. Für einen Aufschub besteht kein Grund. 
 
2.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Der Beschwerdeführer beantragt, sein Anwalt sei als amtlicher Verteidiger zu bestätigen und als solcher zu entschädigen. Der Antrag ist sinngemäss als Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung nach Art. 64 BGG entgegenzunehmen (vgl. VIKTOR LIEBER, in: Donatsch und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, N. 6 zu Art. 134 StPO). Dieses ist abzuweisen, da der Beschwerdeführer seine Bedürftigkeit weder behauptet noch belegt. Die Beschwerde war zudem aussichtslos. 
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
Er hat der privaten Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Das Gesuch um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
3.   
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.   
Der Beschwerdeführer hat der privaten Beschwerdegegnerin eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
 
6.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, II. Abteilung, und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. September 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri