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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_258/2023  
 
 
Urteil vom 2. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
handelnd durch Burim Imeri, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg, Riburgerstrasse 4, Postfach, 4310 Rheinfelden. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtsverbeiständung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 26. Mai 2023 (SBE.2023.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg führt ein Strafverfahren gegen B.________ und C.________ wegen Tätlichkeiten zum Nachteil ihres Sohnes A.________. 
Mit Entscheid des Bezirksgerichts Laufenburg, Präsidium des Familiengerichts, vom 11. Januar 2023 wurde Rechtsanwalt Burim Imeri auf Antrag der Staatsanwaltschaft für das Strafverfahren gegen die Beschuldigten beauftragt, die Interessen von A.________ zu vertreten. Die Interessenvertretung umfasst gemäss der Verfügung auch die Prozessführungsbefugnis. Mit Schreiben vom 23. Januar 2023 konstituierte sich A.________ als Zivil- und Strafkläger und beantragte die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Einsetzung von Rechtsanwalt Burim Imeri als unentgeltlicher Rechtsbeistand. 
 
B.  
Am 17. März 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft, dass das Gesuch von A.________ hinsichtlich der Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen sowie hinsichtlich der Befreiung von Verfahrenskosten bewilligt werde (Dispositiv-Ziffer 1). Demgegenüber wies sie das Gesuch um Bestellung von Rechtsanwalt Imeri als unentgeltlicher Rechtsbeistand ab (Dispositiv-Ziffer 2). 
Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Dieses trat mit Entscheid vom 26. Mai 2023 nicht auf seine Beschwerde und sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren ein. 
 
C.  
A.________ verlangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht, der Entscheid des Obergerichts sowie Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung der Staatsanwaltschaft seien aufzuheben. Das Gesuch um Bestellung von Rechtsanwalt Burim Imeri als unentgeltlicher Rechtsbeistand sei gutzuheissen. Eventualiter sei das Obergericht bzw. die Staatsanwaltschaft anzuweisen, Rechtsanwalt Burim Imeri im Verfahren vor Vorinstanz bzw. bei der Staatsanwaltschaft als unentgeltlichen Rechtsbeistand einzusetzen, und die Sache zur exakten Bestimmung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen, allenfalls sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht haben auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Entscheid über die Frage, ob dem Privatkläger im Strafverfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu gewähren ist. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 bis 81 BGG grundsätzlich offen. Nicht zulässig ist die Beschwerde allerdings, soweit sie sich direkt gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft richtet; Beschwerdeobjekt vor Bundesgericht ist nach Art. 80 Abs. 1 BGG ausschliesslich der Entscheid der letzten kantonalen Instanz (siehe BGE 146 II 335 E. 1.1.2 mit Hinweisen). Die Ablehnung der Einsetzung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Strafverfahren kann für den Privatkläger im Allgemeinen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zur Folge haben (siehe BGE 142 III 798 E. 2.3.4; 129 I 129 E. 1.1; Urteile 1B_414/2022 vom 14. Februar 2023 E. 1.1; 1B_517/2022 vom 22. November 2022 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Ob dies auch unter den hier gegebenen Umständen zutrifft, erscheint fraglich, kann aber angesichts der nachfolgenden Ausführungen dahingestellt bleiben. 
 
2.  
 
2.1. Beschwerden an das Bundesgericht sind hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann. Dafür muss in der Beschwerdeschrift unter Bezugnahme auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt werden, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 115 E. 2 S. 116, 86 E. 2 S. 89 je mit Hinweisen). Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen, die je für sich den Ausgang des Rechtsstreits bestimmen, so hat die beschwerdeführende Partei darzulegen, dass jede von ihnen Recht verletzt; andernfalls kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 142 III 364 E. 2.4; 139 II 233 E. 3.2; 133 IV 119 E. 6.3; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Vorinstanz begründet das Nichteintreten auf die kantonale Beschwerde mit dem fehlenden rechtlich geschützten Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Als Beistand gemäss Art. 306 Abs. 2 ZGB sei Rechtsanwalt Burim Imeri zum gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers im Strafverfahren gegen die Beschuldigten geworden. Dem Beschwerdeführer stehe damit - unbestrittenermassen - ein rechtskundiger und damit fachlich geeigneter Vertreter zur Seite. Ob die anwaltliche Vertretung als Prozessbeistand im Sinne von Art. 306 Abs. 2 ZGB oder - wie vom Beschwerdeführer angestrebt - als unentgeltlicher Rechtsbeistand gemäss Art. 136 StPO eingesetzt werde, könne für den Beschwerdeführer nicht von Belang sein, soweit - wie vorliegend - eine taugliche Vertretung sichergestellt sei.  
Weiter erwägt die Vorinstanz, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermöge insbesondere auch die Frage der Kostentragung kein Rechtsschutzinteresse zu begründen, zumal die Kosten sowohl des Prozessbeistands im Sinne von Art. 306 Abs. 2 ZGB als auch des unentgeltlichen Rechtsbeistands im Sinne von Art. 136 StPO zumindest einstweilen vom Gemeinwesen getragen und in keinem Fall dem mittellosen Beschwerdeführer auferlegt würden. Die Frage, ob die Kosten letztlich durch die Gemeinde, den Kanton oder die Beschuldigten zu tragen sein würden, tangiere ihn nicht in seinen rechtlich geschützten Interessen und sei entsprechend nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu klären. Daran vermöge auch der Einwand betreffend die durch das Bezirksgericht lediglich begrenzt gewährte Kostengutsprache nichts zu ändern, zumal daraus nicht abgeleitet werden könne, dass die Einsetzung als gesetzlicher Interessenvertreter mit der Vornahme der von der Kostengutsprache gedeckten Aufgaben beendet würde. Vielmehr sei Rechtsanwalt Burim Imeri mit Entscheid vom 11. Januar 2023 eine (nicht weiter begrenzte) Prozessführungsbefugnis eingeräumt worden. Die Kostengutsprache sei zudem einstweilen (und damit nicht abschliessend) erfolgt und er sei darauf hingewiesen worden, dass er eine Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege dem Bezirksgericht mitzuteilen habe.  
"Der Vollständigkeit halber" führt die Vorinstanz an, dass die Beschwerde bei materieller Beurteilung abzuweisen gewesen wäre. Für die Bestellung eines Rechtsbeistandes der Privatklägerschaft werde unter anderem vorausgesetzt, dass diese zur Wahrung der Rechte des Privatklägers vorausgesetzt sei (Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO). Der Beschwerdeführer sei im Strafverfahren bereits gesetzlich durch den Prozessbeistand Rechtsanwalt Burim Imeri und damit durch eine fachlich geeignete Person vertreten. Die Bestellung eines Rechtsbeistands sei damit zur Wahrung der Rechte im Verfahren offensichtlich nicht notwendig, womit die Voraussetzung von Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO nicht erfüllt sei. 
 
2.3. Der Beschwerdeführer wendet sich lediglich gegen die Begründung der Vorinstanz zu seinem Rechtsschutzinteresse im kantonalen Beschwerdeverfahren. Demgegenüber geht er mit keinem Wort auf ihre Eventualbegründung ein, wonach die Beschwerde mangels Notwendigkeit der Rechtsverbeiständung ohnehin hätte abgewiesen werden müssen. Unter diesen Umständen genügt seine Beschwerde den Begründungsanforderungen nicht, zumal nicht erkennbar ist, inwiefern er ein Interesse daran haben könnte, dass auf seine Beschwerde eingetreten, diese aber abgewiesen wird (vgl. Urteile 7B_210/2023 vom 17. August 2023 E. 2.2; 7B_328/2023 vom 2. August 2023 E. 2 mit Hinweis).  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Sie erweist sich als aussichtslos, weshalb dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden kann (Art. 64 Abs. 1 BGG). Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern