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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_852/2018  
 
 
Urteil vom 18. Oktober 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (Beschleunigungsgebot), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 31. Juli 2018 (VWBES.2018.229). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. X.________ (Jahrgang 1989) wurde am 7. Dezember 2012 vom Richteramt Solothurn-Lebern wegen vorsätzlicher Tötung und zahlreicher weiterer Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren und 3 Monaten verurteilt und verwahrt. Auf seine Berufung hin hob das Obergericht des Kantons Solothurn die Verwahrung am 8. Mai 2014 auf und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme in einer geschlossenen Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB an (ausführlich Urteil 6B_976/2018 heutigen Datums).  
 
1.2. X.________ befindet sich seit dem 9. Januar 2018 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Solothurn (vgl. Urteile 6B_656/2018 vom 28. Juni 2018, 6B_614/2018 und 6B_615/2018 vom 4. Juli 2018 sowie Urteile 6B_800/2018 und 6B_976/2018 heutigen Datums).  
 
1.3. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies am 31. Juli 2018 eine Beschwerde von X.________ betreffend "Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung" ab.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen vom 3. September 2018, es seien Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung im Verfahren des Departements des Innern des Kantons Solothurn mit Verletzungen von Art. 29 Abs. 1, 31 Abs. 3 und 4 BV sowie von Art. 6 und 5 Ziff. 4 EMRK festzustellen, es sei ihm für das vorinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten, eventualiter sei ihm für das vorinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren; es sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. 
 
1.4. Die Vorinstanz teilte dem Bundesgericht mit der Akteneinreichung mit, der entsprechende (sachliche) Departementsentscheid vom 14. August 2018, welcher nach der Beschwerde rechtsverzögernd ergangen sein solle, sei bei ihr inhaltlich angefochten.  
 
2.  
Zur Beschwerdelegitimation ist auf das den Beschwerdeführer betreffende Urteil 6B_656/2018 vom 28. Juni 2018 E. 1.3 und 1.4 zu verweisen. In casu ergibt sich Beschwerdeberechtigung aus Art. 78 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG. 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hält im Urteil vom 31. Juli 2018 fest, da sich der Beschwerdeführer nicht plausibel von fremdgefährdendem Verhalten distanziert habe und sich wiederholt unangemessen verhalten habe, sei sein Vollzug ab ca. Mitte Februar 2018 im Setting der Interventionssstufe weitergeführt worden. Auf Gesuch um Erlass einer anfechtbaren Verfügung habe das Amt für Justizvollzug (AJUV) am 15.März 2018 den Verbleib in der Interventionsstufe verfügt. Dies bedeute, dass der Beschwerdeführer nur noch begleitet durch zwei Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit seine Zelle für jeweils eine Stunde pro Tag verlassen könne. Er habe gegen diese Verfügung Beschwerde erhoben. Das Departement habe mit verfahrensleitender Verfügung vom 16. April 2018 das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen abgewiesen, das AJUV zur Stellungnahme aufgefordert, verfügt, dass für das Verfahren keine Kosten erhoben würden, und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen.  
Der Beschwerdeführer habe am 6. Juni 2018 Rechtsverzögerungs- und Rechtsverweigerungsbeschwerde gegen das Departement erhoben. Das Verwaltungsgericht habe am 8. Juni 2018 das Departement um Vernehmlassung und Einreichung der Akten aufgefordert. Am 22. Juni 2018 habe er Rechtsverzögerungs- und Rechtsverweigerungsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben, worauf dieses nicht eingetreten sei (Urteil 6B_656/2018 vom 28. Juni 2018; oben Sachverhalt 1.2). In der Vernehmlassung vom 28. Juni 2018 habe das Departement darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer seit seinem Eintritt in die JVA am 9. Januar 2018 bereits sieben Beschwerden an das Departement erhoben habe; er scheine systematisch nahezu alle Verfügungen des AJUV anzufechten. Der Beschwerdeführer habe sich am 13. Juli 2018 erneut vernehmen lassen. 
Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer bringe im Wesentlichen vor, er warte nun schon seit knapp vier Monaten auf eine Beurteilung seines Haftsettings (Interventionssstufe sowie Zwischenstufe), ohne dass das Verfahren überhaupt vor einem Gericht hätte eingeleitet werden können. Es liege eine Rechtsverzögerung vor, Art. 5 EMRK sei verletzt. Die Interventionsstufe sei gar nicht zulässig. 
Die Vorinstanz nimmt an, eine Rechtsverweigerung sei nicht ersichtlich (auch mit Hinweis auf Urteil 6B_656/2018 vom 28. Juni 2018 E. 1.6 und 1.7). Das Departement habe umgehend reagiert und auch darüber informiert, dass es nicht entscheiden werde, solange beim Verwaltungsgericht ein Beschwerdeverfahren gegen die verfahrensleitende Verfügung hängig sei. Im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung sei das Verfahren vor dem Departement gerade einmal 2 1/2 Monate hängig gewesen, heute (im vorinstanzlichen Urteilszeitpunkt) seien es etwas mehr als 4 Monate (Urteil S. 6). Indem der Beschwerdeführer beinahe sämtliche Verfügungen und Änderungen des Vollzugssettings über mehrere Instanzen anfechte und damit die Ressourcen der Behörden binde, habe er sich eine Verlängerung der Verfahrensdauer auch selber zuzuschreiben. Auch unter Berücksichtigung der Gesundheit des Beschwerdeführers liege keine Rechtsverzögerung vor. Die Vorinstanz weist die Beschwerde und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt u.a. zahlreiche Verletzungen von Art. 29 und 31 BV, Art. 3, 5 und 6 EMRK sowie von Art. 14 des UNO-Paktes II und macht zahlreiche Vorwürfe in der Sache geltend. Verfahrensgegenstand war indessen nicht das Vollzugsregime, sondern eine Rechtsverzögerungs- und Rechtsverweigerung, und zwar konkret eine Verletzung des Beschleunigungsgebots. Die kantonalen Behörden haben in diesem Verfahren keine Entscheidung verweigert.  
 
3.3. Verfahrensgegenstand ist einzig die Frage einer Verletzung des Beschleunigungsgebots. Wie die Vorinstanz referiert, machte der Beschwerdeführer geltend, "er warte nun schon seit knapp vier Monaten auf eine Beurteilung" (Urteil S. 3). Neben zahlreichen weiteren Beschwerdeverfahren hatte der Beschwerdeführer in dieser Zeit beim AJUV eine anfechtbare Verfügung beantragt, diese beim Departement angefochten, dieses hatte eine verfahrensleitende Verfügung erlassen, die er bei der Vorinstanz angefochten hatte, weiter hatte er eine Rechtsverzögerungsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben, und schliesslich hat die Vorinstanz innert dieser vier Monate über die bei ihr eingereichte Beschwerde mit dem hier angefochtenen Urteil entschieden. Von einer Verletzung des Beschleunigungsgebots (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; BGE 143 IV 373 E. 1.3.1 S. 377) kann nicht die Rede sein (vgl. Urteil 6B_656/2018 vom 28. Juni 2018).  
 
4.  
Hinsichtlich der im kantonalen Verfahren beantragten unentgeltlichen Rechtspflege genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen nicht (dazu Urteil 6B_616/2018 vom 12. Juli 2018 E. 4 sowie Urteil 2C_441/2018 vom 17. September 2018 E. 6). Darauf ist nicht einzutreten. Auf die nicht weiter begründete (Art. 42 Abs. 2 BGG) Entschädigung ist ausgangsgemäss ebenfalls nicht einzutreten. 
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 64 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 142 III 138 E. 5.1 S. 139 f.; 140 V 521 E. 9.1 S. 537; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.). Eine Mittellosigkeit lässt sich annehmen, auch wenn der Beschwerdeführer sie entgegen der konstanten Rechtsprechung (BGE 125 IV 161 E. 4 S. 164 f.) erneut nicht belegt, sondern lediglich behauptet, sie sei gerichtsnotorisch. Die aufzuerlegenden Gerichtskosten sind auf Fr. 1'200.-- herabzusetzen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 1'200 auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Oktober 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw