Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
«AZA» 
U 99/99 Hm 
 
 
III. Kammer 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Keel 
 
 
Urteil vom 3. Mai 2000 
 
in Sachen 
R.________, 1963, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D.________, 
 
gegen 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin, 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
 
 
A.- Der 1963 geborene R.________ war ab 1. September 1995 bei der Firma X.________ als Bauarbeiter tätig und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 20. September 1995 stürzte er aus einer Höhe von ca. 4m von einem Baugerüst und zog sich dabei Calcaneusfrakturen beidseits und eine Malleolarfraktur Typ C rechts zu, was eine Versorgung mit einer Osteosynthese in der Orthopädischen Klinik Y.________ zur Folge hatte (Operationsbericht des Oberarztes Dr. med. O.________, Orthopädische Chirurgie FMH, vom 5. Oktober 1995). Am 2. Februar 1996 wurde das Osteosynthesematerial entfernt. Seit dem Unfall ist R.________, abgesehen von einem gescheiterten Arbeitsversuch auf dem Bau, nicht mehr erwerbstätig. 
Nach Durchführung der kreisärztlichen Abschlussuntersuchung vom 28. Juli 1997 stellte die SUVA die Heilkosten- und Taggeldleistungen per 31. Oktober 1997 ein, da von der Fortsetzung der medizinischen Behandlung keine wesentliche Besserung der Unfallfolgen mehr erwartet werden konnte. Mit Verfügung vom 21. November 1997 sprach die Anstalt R.________ mit Wirkung ab 1. November 1997 eine Invalidenrente auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von 25 % sowie eine Entschädigung für eine Integritätseinbusse von 25 % zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. April 1998 fest. 
 
B.- Hiegegen liess R.________ Beschwerde erheben mit dem Antrag, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und die Sache zu weiteren Abklärungen an die SUVA zurückzuweisen; eventualiter sei ihm eine Invalidenrente für eine Erwerbsunfähigkeit von mindestens 43 % zuzusprechen. Mit Entscheid vom 23. Dezember 1998 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die Beschwerde ab. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________ das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. 
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist, wie bereits im kantonalen Verfahren, einzig die Höhe der Invalidenrente des Beschwerdeführers. 
 
2.- Wird der Versicherte infolge eines Unfalles invalid, so hat er Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG). Als invalid gilt, wer voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist (Art. 18 Abs. 2 Satz 1 UVG). Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG). 
Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der Person noch zugemutet werden können (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1). 
 
3.- SUVA und Vorinstanz gingen im Wesentlichen gestützt auf das Ergebnis der Abschlussuntersuchung durch Kreisarzt Dr. med. C.________ vom 28. Juli 1997 (Bericht vom 29. Juli 1997) davon aus, dass der Beschwerdeführer für leichte, körperliche Arbeit, welche schwergewichtig im Sitzen erfolgt, bei voller Präsenz einsetzbar ist, wobei kurzfristiges Aufstehen und Umhergehen ebenfalls zumutbar sei. Diese Beurteilung steht, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, nicht im Widerspruch zum kreisärztlichen Bericht vom 4. Juni 1996, in welchem empfohlen wird, bei Scheitern des Arbeitsversuches auf dem Bau eine weniger fussstrapazierende Tätigkeit zu suchen, wobei leichtere, körperliche Arbeit ohne riskante Positionen auf Dächern und Gerüsten mit Wechselbelastung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen günstig wäre. Allein der vom Beschwerdeführer angeführte Umstand, dass der Kreisarzt im Abschlussbericht vom 29. Juli 1997 eine schwergewichtig im Sitzen zu verrichtende Tätigkeit für zumutbar hält, während er im früheren Bericht eine Arbeit mit Wechselbelastung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen als ideal bezeichnete, vermag keine Zweifel an der Schlüssigkeit der Zumutbarkeitsbeurteilung zu begründen. Unbehelflich ist sodann der Hinweis auf die vom Kreisarzt angeführte Vermittlungsfähigkeit (von mindestens 50 %), da diese für die Invaliditätsbemessung nicht massgebend ist (vgl. Erw. 2 hievor). Weitere medizinische Abklärungen erübrigen sich, da hievon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (BGE 122 II 469 Erw. 4a, 122 III 223 Erw. 3c). 
 
4.- a) Das hypothetische Einkommen ohne Invalidität wurde von der SUVA gestützt auf die Angaben des Arbeitgebers vom 24. März 1997 auf Fr. 3963.50 (x 13) festgesetzt, was auf Grund der Akten nicht zu beanstanden und im vorliegenden Verfahren auch nicht in Frage gestellt wird. 
 
b) Nimmt ein Versicherter nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihm an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit auf, können für die Bestimmung des hypothetischen Invalideneinkommens entweder sog. Tabellenlöhne (dazu BGE 124 V 321) oder aber die Löhne von noch in Frage kommenden Tätigkeiten in verschiedenen Betrieben der Region des Versicherten, welche in den sog. DAP-Zahlen (Dokumentation über die Arbeitsplätze) der SUVA festgehalten sind (dazu RKUV 1999 Nr. U 343 S. 412), herangezogen werden (vgl. auch Omlin, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1995, S. 215). 
Vorinstanz und SUVA gingen vorliegend für das hypothetische Einkommen, welches der Beschwerdeführer trotz des Gesundheitsschadens durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage noch erzielen könnte, auf Grund der von der SUVA erhobenen DAP-Zahlen von einem durchschnittlichen Einkommen von monatlich Fr. 3000.- (x 13) aus. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellen die durch die SUVA vorgenommenen Arbeitsplatzerhebungen eine geeignete und hinreichende Grundlage für den Einkommensvergleich dar. Daran vermag nichts zu ändern, dass sich den DAP-Erfassungsblättern, wie der Beschwerdeführer beanstandet, nicht entnehmen lässt, ob der Chef, der Personalverantwortliche oder der gewöhnlich am entsprechenden Arbeitsplatz Tätige die Angaben gemacht hat. Seinem Einwand, es fehlten Angaben, ob er bei den vorwiegend sitzend auszuführenden Tätigkeiten zwischendurch ab und zu aufstehen und eventuell sogar etwas umhergehen könne, ist entgegenzuhalten, dass in den DAP-Erfassungsblättern bei sämtlichen Arbeitsplätzen vermerkt ist, dass die Möglichkeit besteht, Pausen einzuschalten. Ob der von der SUVA ermittelte Invalidenlohn, wie vom Beschwerdeführer beantragt, um 25 % zu reduzieren ist, weil er auf Grund seiner Behinderungen zwischendurch aufstehen und/oder etwas herumgehen müsse, was sich auf seine Leistungsfähigkeit negativ niederschlage, bleibt nachfolgend zu prüfen. 
 
aa) Rechtsprechungsgemäss ist bei der Ermittlung des Invalideneinkommens gegebenenfalls der Umstand zu berücksichtigen, dass gesundheitlich beeinträchtigte Personen, welche nicht mehr voll leistungsfähig sind, das durchschnittliche Lohnniveau im fraglichen Wirtschaftszweig häufig nicht erreichen (RKUV 1998 Nr. U 320 S. 601 Erw. 2a; in BGE 114 V 310 nicht publizierte Erw. 4b). Namentlich bei Versicherten, welche körperliche Schwerarbeit verrichtet haben und nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine physisch anstrengende Tätigkeit mehr auszuüben vermögen, kann sich eine solche Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit als Erwerbseinbusse niederschlagen, wenn für den Versicherten keine anderen entsprechenden Erwerbsgelegenheiten in Frage kommen, wie sie der allgemeine ausgeglichene Arbeitsmarkt enthält (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104; ZAK 1991 S. 321 Erw. 3b). Ob ein "leidensbedingter Abzug" gerechtfertigt ist und allenfalls in welchem Umfang, ist im Einzelfall zu prüfen (AHI 1998 S. 177 Erw. 3a), wobei ein Abzug vor allem da in Frage kommt, wo das Invalideneinkommen auf der Grundlage der so genannten Tabellenlöhne, welche für gesunde Hilfsarbeiter ermittelt werden, festgesetzt wird (RKUV 1998 Nr. U 304 S. 373; vgl. auch RKUV 1999 Nr. U 343 S. 414). Vorliegend besteht für einen leidensbedingten Abzug von dem auf Grund der DAP-Zahlen ermittelten Invalideneinkommen (Fr. 3000.- bei 13 Auszahlungen, Fr. 3250.- bei 12 Auszahlungen) schon deshalb kein Anlass, weil damit der Tabellenlohn im privaten Sektor Produktion (Schweizerische Lohnstrukturerhebung [LSE] 1996, Tabelle TA1, Anforderungsniveau 4: Fr. 4503.-, auf 41,9 Stunden umgerechnet: Fr. 4717.-, per 1997 um 0,5 % aufgewertet: Fr. 4740.-) um weit mehr als 25 % unterschritten wird und das von der SUVA angenommene Invalideneinkommen angesichts ganztägiger Einsatzfähigkeit als sehr wohlwollend bezeichnet werden muss. 
 
bb) Da dem Beschwerdeführer die von der SUVA als Verweisungstätigkeiten ermittelten leichten und wechselbelastenden Beschäftigungen ganztags zumutbar sind, ohne dass ein potenzieller Arbeitgeber weitere gesundheitsbedingte Einschränkungen des Leistungsvermögens zu gewärtigen hätte, rechtfertigt sich eine weitere Herabsetzung der von der Anstalt erhobenen Löhne nicht. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungs- 
gericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für 
Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 3. Mai 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
 
 
 
 
Die Gerichtsschreiberin: