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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 242/04 
 
Urteil vom 8. September 2005 
I. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ursprung, Frésard und Seiler; Gerichtsschreiber Flückiger 
 
Parteien 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. N.________, 1944, 
2. E.________, 1947, 
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Fürsprecher 
Andreas Hubacher, Bundesgasse 16, 3000 Bern, 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 11. November 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1944 geborene, beim Eidgenössischen Departement Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) tätig gewesene N.________ wurde auf den 1. Januar 2004 vorzeitig pensioniert. Er bezieht seither eine Altersrente der Pensionskasse des Bundes Publica und eine Überbrückungsrente derselben Institution. Ausserdem richtet ihm das Eidgenössische Personalamt für die Zeit bis zur Erreichung des regulären AHV-Alters im Jahr 2009 eine Arbeitgeberzusatzleistung in Höhe von Fr. 2262.70 pro Monat aus. 
 
Mit Verfügungen vom 12. März 2004 setzte die Eidgenössische Ausgleichskasse die von N.________ und seiner Ehefrau E.________ als Nichterwerbstätige zu entrichtenden persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge für das Jahr 2004 auf der Grundlage eines Renteneinkommens von je Fr. 64'098.- (einschliesslich der Arbeitgeberzusatzleistung) und eines Vermögens von je Fr. 25'778.- fest. Daran wurde auf Einsprache hin mit Entscheid vom 12. Juli 2004 festgehalten. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern gut, sowie darauf einzutreten war, und hob den Einspracheentscheid auf. Die Akten wurden "zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen" an die Ausgleichskasse zurückgewiesen (Entscheid vom 11. November 2004). In seinen Erwägungen hielt das Gericht fest, die Arbeitgeberzusatzleistung sei zu Unrecht als Renteneinkommen erfasst worden. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids und die Wiederherstellung des Einspracheentscheids. 
 
N.________ und E.________ lassen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen, während die Eidgenössische Ausgleichskasse auf deren Gutheissung schliesst. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Nichterwerbstätige bezahlen je nach ihren sozialen Verhältnissen einen Beitrag von [heute: Fr. 353.-] bis Fr. 8400.- pro Jahr (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 AHVG). Die Beiträge der Nichterwerbstätigen, für die nicht der jährliche Mindestbeitrag von Fr. 353.- vorgesehen ist, bemessen sich auf Grund ihres Vermögens und Renteneinkommens (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 AHVV, erlassen gestützt auf Art. 10 Abs. 3 AHVG). Verfügt ein Nichterwerbstätiger gleichzeitig über Vermögen und Renteneinkommen, so wird der mit 20 multiplizierte Rentenbetrag zum Vermögen hinzugerechnet (Art. 28 Abs. 2 AHVV). Ist eine verheiratete Person als Nichterwerbstätige beitragspflichtig, so bemessen sich ihre Beiträge auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens (Art. 28 Abs. 4 Satz 1 AHVV). 
1.2 Bei unselbstständig erwerbstätigen Versicherten werden die Beiträge in Prozenten des Einkommens festgesetzt (Art. 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 AHVG). Als massgebender Lohn gilt jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 AHVG). Dazu gehören auch Leistungen des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, soweit sie nicht im Sinne von Art. 8ter AHVV [Sozialleistungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses] vom massgebenden Lohn ausgenommen sind. Renten werden in Kapital umgerechnet. Das Bundesamt stellt dafür verbindliche Tabellen auf (Art. 7 lit. q AHVV in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung). 
2. 
Streitig und zu prüfen sind die AHV/IV/EO-Beiträge, welche die Beschwerdegegner als Nichterwerbstätige für das Jahr 2004 zu entrichten haben, und in diesem Rahmen die Frage, ob die Arbeitgeberzusatzleistung als Renteneinkommen im Sinne von Art. 28 Abs. 1 AHVV der Beitragspflicht unterliegt. 
2.1 Leistungen des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche - wie vorliegend - nicht unter Art. 8ter AHVV fallen, stellen gemäss der Spezialbestimmung von Art. 7 lit. q AHVV massgebenden Lohn und damit Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit dar. Werden sie in Rentenform ausgerichtet, sieht dieselbe Norm die Umrechnung in einen Kapitalbetrag vor (zur Gesetzmässigkeit dieser Regelung vgl. ZAK 1982 S. 312 Erw. 3b), welcher in die Berechnung des massgebenden Lohns einbezogen wird. Die Erhebung der Beiträge erfolgt damit ausnahmsweise bereits zu einem Zeitpunkt vor der Realisierung des relevanten Einkommens. Damit ist die Leistung des Arbeitgebers in ihrer Eigenschaft als Einkommen beitragsmässig abschliessend erfasst, und die einzelnen Rentenbetreffnisse unterliegen nicht mehr der Beitragspflicht. Sie verlieren jedoch ihren durch Art. 7 lit. q AHVV festgelegten Charakter als massgebender Lohn nicht und stellen deshalb insbesondere kein Renteneinkommen im Sinne von Art. 28 AHVV dar. Zu einem späteren Zeitpunkt kommt eine Erfassung dieser Einkünfte nur noch insoweit in Betracht, als dadurch Vermögen gebildet wird. 
2.2 Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwände gegen diese Betrachtungsweise überzeugen nicht: Es trifft zwar zu, dass laut Randziffer 2090 der Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) periodische Leistungen von Arbeitgebenden an ehemalige Arbeitnehmende und deren Hinterlassene immer massgebendes Renteneinkommen darstellen. Diese Aussage bedarf jedoch auf Grund der durch Gesetz und Verordnung geschaffenen Regelung insofern einer Einschränkung, als sie nicht gelten kann für Leistungen, auf deren kapitalisiertem Wert bereits gestützt auf Art. 7 lit. q AHVV Beiträge erhoben wurden. Die in der Wegleitung zitierten Entscheide des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVGE 1951 S. 126 und 1952 S. 183) vermögen die Gegenmeinung nicht zu stützen, ergingen sie doch zu einem Zeitpunkt, als noch keine dem heutigen Art. 7 lit. q AHVV entsprechende Regelung existierte. Eine solche wurde erst durch die Novelle vom 27. Mai 1981 (AS 1981 S. 538 ff.) geschaffen. Sodann lassen sich die durch das BSV angeführten Beispiele für andere Tatbestände, in welchen dasselbe Substrat zweimal für die Beitragsberechnung berücksichtigt werde, nicht mit der vorliegenden Konstellation vergleichen. Denn die beitragsrechtliche Belastung des Erwerbseinkommens einerseits und - zu einem späteren Zeitpunkt - eines allenfalls dadurch gebildeten Vermögens oder einer durch darauf entrichtete Beiträge begründeten Rente der zweiten Säule andererseits knüpft an zwei von einander unterscheidbare sachverhaltsmässige Vorgänge an. Demgegenüber steht hier zur Diskussion, ob ein und dieselben Einkünfte (in Rentenform ausgerichtete Leistung des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) zweimal, nämlich zunächst gestützt auf Art. 7 lit. q AHVV als massgebender Lohn und später nochmals gestützt auf Art. 28 AHVV als Renteneinkommen einer nichterwerbstätigen Person, beitragspflichtig sind. Eine stossende Ungleichbehandlung der Empfänger von Leistungen des Arbeitgebers in Kapitalform einerseits und in Rentenform andererseits ist nicht ersichtlich: In beiden Fällen liegt massgebender Lohn vor; es ergibt sich einzig daraus ein tatsächlicher Unterschied, dass die Kapitalzahlung sofort und die Rente - gegebenenfalls - erst allmählich zur Bildung von Vermögen führt. Der Entscheid ZAK 1988 S. 169 schliesslich betrifft keine Leistung des Arbeitgebers, sondern eine solche einer Vorsorgeeinrichtung. Zudem bezieht er sich nicht auf Einkünfte, welche bereits beitragsrechtlich belastet wurden. 
2.3 Die Arbeitgeberzusatzleistung stellt unbestrittenermassen eine Leistung des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 lit. q AHVV und damit massgebenden Lohn dar. Folglich bleibt für eine Qualifikation als Renteneinkommen nach Art. 28 Abs. 1 AHVV kein Raum. Diese Feststellung führt zur Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
3. 
Dem unterliegenden Bundesamt sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Die Beschwerdegegner haben jedoch Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung hat den Beschwerdegegnern für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und der Eidgenössischen Ausgleichskasse zugestellt. 
Luzern, 8. September 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber: