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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_828/2022  
 
 
Urteil vom 29. Juni 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Bovey, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch das Amt für Jugend und Berufsberatung, 
Geschäftsstelle der Bezirke Hinwil, Meilen, 
Pfäffikon und Uster, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 22. September 2022 (RT220092-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 4. Mai 2022 erteilte das Bezirksgericht Meilen B.________ die definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 137'653.24 (entsprechend USD 152'592.--) nebst Zins zu 5 % seit 30. April 2021, für die Betreibungskosten und für Kosten und Entschädigung gemäss Ziffer 3 bis 5 des Entscheides. B.________ stützte ihr Rechtsöffnungsbegehren auf die "Uniform Support Order" des Bezirksgerichts Laconia (USA) vom 11. März 2018. Darin wurde A.________ verpflichtet, B.________ ab dem 5. Februar 2018 monatliche Kinderunterhaltsbeiträge von USD 1'664.-- und monatliche Ehegattenunterhaltsbeiträge von USD 1'600.-- sowie bis dahin aufgelaufene Unterhaltsbeiträge von USD 13'312.-- und USD 12'800.-- zu bezahlen. 
 
B.  
Gegen das Urteil vom 4. Mai 2022 erhob A.________ am 16. Mai 2022 beim Obergericht des Kantons Zürich Beschwerde. Er beantragte insbesondere die Aufhebung des bezirksgerichtlichen Urteils und die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde erteilte das Obergericht mit Urteil vom 22. September 2022 in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Küsnacht-Zollikon-Zumikon definitive Rechtsöffnung für Fr. 137'653.25. Das Gesuch von B.________ um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung für Zinsen von 5 % auf Fr. 137'653.25 seit 30. April 2021 schrieb es als gegenstandslos geworden ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. Oktober 2022 (Postaufgabe) ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs von B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegnerin). Zudem stellt er mit Eingabe vom 11. November 2022 sinngemäss ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer kantonalen Rechtsmittelinstanz, die über ein Rechtsöffnungsbegehren mit einem Streitwert über Fr. 30'000.-- befunden hat. Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Er ist als Betreibungsschuldner vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Er ist daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundes- sowie Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4). Das Bundesgericht legt seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Das Rechtsöffnungsgericht hat in Anwendung des IPRG die "Uniform Support Order" des Bezirksgerichts Laconia (USA) vom 11. März 2018 bezüglich der vorfrageweisen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung beurteilt. Es hat erkannt, dass die Zuständigkeit des amerikanischen Gerichts begründet war, ein endgültiger Entscheid vorliegt und einer Anerkennung des amerikanischen Urteils in der Schweiz keine Verweigerungsgründe entgegenstehen.  
 
2.2. In der gegen die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, die eingereichte Vollstreckbarkeitsbescheinigung sei weder unterschrieben noch mit einem Dienstsiegel der ausstellenden Behörde versehen worden. Das Obergericht hat die Frage, ob die im Recht liegende Vollstreckbarkeitsbescheinigung den Anforderungen genügt, offengelassen, da aus anderen aktenkundigen Dokumenten unzweifelhaft hervorgehe, dass die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen und vollstreckbar sei. Im Ergebnis hat es die Auffassung des Bezirksgerichts bestätigt, dass mit der "Uniform Support Order" vom 11. März 2018 ein anerkenn- und vollstreckbarer Entscheid vorliegt und der Beschwerdegegnerin die definitive Rechtsöffnung gestützt hierauf zu erteilen ist.  
 
3.  
Anlass zur Beschwerde gibt die vorfrageweise Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer amerikanischen Entscheidung im Rahmen der definitiven Rechtsöffnung (Art. 81 Abs. 3 SchKG). 
 
3.1. Die Schweiz hat mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Abkommen zur Durchsetzung von Unterhaltsverpflichtungen abgeschlossen (Abkommen vom 31. August 2004 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Durchsetzung von Unterhaltsverpflichtungen [SR 0.211.213.133.6; im Folgenden: Bilaterales Abkommen mit den USA]). Dieses Abkommen stellt kein eigentliches Vollstreckungsabkommen dar, sondern eine Art Rechtshilfeabkommen, welches die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im jeweils anderen Vertragsstaat erleichtern soll (ARNET, Die Vollstreckbarerklärung schweizerischer Kindesunterhaltsverträge auf staatsvertraglicher Basis, 2013, Rz. 394; WEBER, in: FamKomm Scheidung, Bd. II: Anhänge, 4. Aufl. 2022, N. 142 zu Anhang IPR). Des Weiteren richten sich die Anerkennungsvoraussetzungen nach dem Recht des Vollstreckungsstaates (vgl. Art. 7 Abs. 1 des bilateralen Abkommens mit den USA), was bedeutet, dass für die Frage der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer amerikanischen Unterhaltsentscheidung in Ermangelung eines (bilateralen oder multilateralen) Staatsvertrags die autonomen IPRG-Regelungen zur Anwendung kommen (MANI, Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen, 2016, Rz. 64). Nach Art. 25 lit. a-c IPRG wird eine ausländische Entscheidung in der Schweiz anerkannt, wenn die Zuständigkeit der Entscheidbehörde im Urteilsstaat begründet war, dort gegen die Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann oder sie endgültig ist, und kein Verweigerungsgrund im Sinne von Art. 27 IPRG vorliegt.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe mit seiner Beurteilung, wonach unzweifelhaft sei, dass die Entscheidung des Bezirksgerichts Laconia (USA) in Rechtskraft erwachsen und vollstreckbar sei, gegen Bundes- und Völkerrecht verstossen. Er besteht auf einem aus der Sachlogik geborenen Standard, wonach die einzureichende Rechtskraftsbestätigung einen Stempel und eine Unterschrift enthalten müsse. Die Nichtbeachtung dieser Förmlichkeit müsse zur Abweisung des Gesuchs um definitive Rechtsöffnung führen.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Gemäss Art. 4 Ziff. 5 lit. b des bilateralen Abkommens mit den USA ist der Entscheidung unter anderem eine Rechtskraftsbestätigung oder, wenn es sich nicht um einen Endentscheid handelt, eine Vollstreckbarkeitsbestätigung sowie ein Nachweis beizufügen, dass der Gesuchsgegner an der Verhandlung erschienen ist oder dass er dazu vorgeladen wurde und die Gelegenheit hatte, daran teilzunehmen. Dass die Rechtskrafts- bzw. Vollstreckbarkeitsbestätigung zu unterzeichnen oder mit einem Dienstsiegel zu versehen ist, ist im Abkommen nicht bestimmt. Weiter hat das Obergericht im angefochtenen Entscheid zutreffend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach das Fehlen einer Bescheinigung nicht zur Verweigerung des Exequaturs führt, wenn die Rechtskraft der Entscheidung nicht bestritten wird oder aus den übrigen Akten hervorgeht, dass die Entscheidung rechtskräftig und vollstreckbar ist (vgl. Urteile 5A_17/2022 vom 4. August 2022 E. 5.3.1; 5A_712/2018 vom 20. November 2018 E. 2.3.2; 5A_840/2009 vom 30. April 2010 E. 2.3; BGE 102 Ia 76 E. 2e; 53 I 219; 39 I 624 E. 1; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 100b zu Art. 80 SchKG; ABBET, in: La mainlevée de l'opposition, 2. Aufl. 2022, N. 92 zu Art. 81 SchKG).  
 
3.3.2. Vorliegend wurde für die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit der Entscheidung des Bezirksgerichts Laconia (USA) vom 11. März 2018 ein von der Haager Konferenz für internationales Privatrecht empfohlenes Formular (in zweisprachiger Ausführung) zum Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen (Haager Unterhaltsübereinkommen 2007) verwendet. Eine Rubrik für das Dienstsiegel der die Bestätigung ausstellenden Behörde und/oder die Unterschrift des betreffenden Beamten der zuständigen Behörde ist auf diesem Formular nicht enthalten. Ungeachtet des Umstands, dass die Schweiz diesem modernen Übereinkommen noch nicht beigetreten ist, erhellt daraus, dass es eine "universelle" Formvorschrift, wonach Rechtskrafts- bzw. Vollstreckbarkeitsbescheinigungen in jedem Fall einen Gerichtsstempel und/oder eine Unterschrift enthalten müssten, nicht gibt. Davon ist zu Recht auch das Bezirksgericht ausgegangen. Im Übrigen sind die Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit auf die alternative Begründung des Obergerichts überhaupt eingegangen wird, weitgehend appellatorischer Natur. Der Beschwerdeführer hat nach den unbestritten gebliebenen vorinstanzlichen Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) insbesondere nicht bestritten, dass den von ihm gegen die Entscheidung vom 11. März 2018 erhobenen Rechtsbehelfen vom 7. April und 22. Mai 2018 kein Erfolg beschieden war. Dass die genannten Rechtsbehelfe des Beschwerdeführers vorbehaltslos zurückgewiesen worden sind, ist überdies aktenkundig und die Einlegung weiterer Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Bereits deshalb gelingt es dem Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen nicht, die Schlussfolgerung des Obergerichts umzustossen, dass die "Uniform Support Order" zweifelsfrei in Rechtskraft erwachsen und vollstreckbar ist.  
 
3.4. Soweit der Beschwerdeführer weiter behauptet, dass aus der eingereichten Ausfertigung der Entscheidung vom 11. März 2018 nicht eindeutig hervorgehe, ob diese vom zuständigen Gericht erstellt worden sei, ist darauf nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer hat im vorinstanzlichen Verfahren gegen die eingereichte Ausfertigung der Entscheidung vom 11. März 2018 keine formellen Einwände erhoben, womit in diesem Punkt der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft ist (vgl. zum Erfordernis der materiellen Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs: BGE 146 III 203 E. 3.3.4 mit Hinweisen).  
 
4.  
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde ist dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege keine Folge zu geben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, zumal der Beschwerdegegnerin keine Kosten entstanden sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Juni 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss