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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_212/2011 
 
Urteil vom 1. Juni 2011 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiber C. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Advokat Niggi Dressler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz (AuG), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 23. Dezember 2010. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X.________, Staatsangehöriger von Serbien-Montenegro, mit Urteil vom 23. Dezember 2010 im Berufungsverfahren der rechtswidrigen Einreise gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) sowie der Täuschung der Behörden (durch falsche Angaben) gemäss Art. 118 Abs. 1 AuG schuldig und verurteilte ihn zu 50 Tagessätzen Geldstrafe zu je Fr. 110.-- sowie zu einer Busse von Fr. 900.--. Ihm wird vorgeworfen, er sei im Jahre 2009 mit einem gefälschten niederländischen Pass in die Schweiz eingereist. Durch den Einsatz dieses Passes habe er mit Wissen und Willen die schweizerischen Behörden über seine Nationalität getäuscht, um als Angehöriger eines EU-Landes vereinfacht in den Genuss einer Aufenthaltsbewilligung zu kommen. 
 
X.________ wendet sich mit Beschwerde ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil vom 23. Dezember 2010 sei aufzuheben. Er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. 
 
2. 
Der Sachverhalt des angefochtenen Entscheids kann vor Bundesgericht mit Erfolg nur angefochten werden, wenn er offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt wurde. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid im bemängelten Punkt offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4). Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Kritik, wie sie vor einer Instanz mit voller Kognition vorgebracht werden könnte, ist vor Bundesgericht unzulässig. 
 
Der Beschwerdeführer macht wie vor Vorinstanz geltend, von der angeblichen Fälschung der Ausweispapiere nichts gewusst zu haben (vgl. Beschwerde S. 3-7 Ziff. III). In Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG kann auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 6/7 E. 3.2.2 und 3.2.3). Seiner zur Hauptsache appellatorischen und damit unzulässigen Kritik ist nicht zu entnehmen, dass die Vorinstanz in Willkür verfallen wäre. 
 
So macht der Beschwerdeführer zum Beispiel geltend, es sei nicht bewiesen, dass der nicht mehr vorhandene Pass gefälscht gewesen sei. Nach den Ausführungen der Vorinstanz konnte die Botschaft der Niederlande indessen feststellen, dass der vom Beschwerdeführer vorgelegte Pass fünf Fälschungsmerkmale aufwies (vgl. angefochtenen Entscheid S. 6 E. 3.1.3). Inwieweit die Botschaft in einen Irrtum verfallen sein könnte, vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen. 
 
Abwegig ist deshalb von vornherein seine Behauptung, er habe den Pass selber auf der Amtsstelle in den Niederlanden abgeholt und deshalb angenommen, er sei echt. Selbstverständlich stellt auch in den Niederlanden keine Behörde einen gefälschten Pass aus. Folglich kann er den gefälschten Pass dort auch nicht selber abgeholt haben. Bezeichnenderweise hat er dies im kantonalen Berufungsverfahren denn auch nicht behauptet (vgl. Berufung S. 2-4). 
 
Zur Hauptsache macht der Beschwerdeführer geltend, es sei sein Arbeitgeber in den Niederlanden gewesen, der ihm den Pass besorgt habe. Dazu stellt die Vorinstanz indessen zu Recht fest, es müsse auch dem Beschwerdeführer klar gewesen sein, dass sein Arbeitgeber ihm als Staatsangehörigen von Serbien-Montenegro durch blosse Vorsprache bei einer offiziellen Behörde keinen echten niederländischen Pass beschaffen konnte (vgl. angefochtenen Entscheid S. 7 oben mit weiteren Hinweisen). Gesamthaft gesehen ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer um die Fälschung seines Passes wissen musste. 
 
3. 
In Bezug auf den Schuldspruch wegen rechtswidriger Einreise macht der Beschwerdeführer ebenfalls geltend, er habe von der angeblichen Fälschung seiner niederländischen Papiere nichts gewusst (Beschwerde S. 7-9 Ziff. IV/1 und 2). Nach dem Gesagten ist er damit nicht zu hören. 
 
Die Vorinstanz geht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass bestraft werde, wer die Einreisevorschriften gemäss Art. 5 AuG verletze, und deshalb sei strafbar, wer die schweizerische Grenze mit gefälschten Papieren übertrete (angefochtener Entscheid S. 8 E. 4.1). Dagegen macht der Beschwerdeführer geltend, mit der Einführung des Schengener Abkommens sei eine illegale Einreise nur noch bei Schengen-Aussengrenzen (Flughäfen) möglich. Eine an sich visumspflichtige Person, die nicht über einen Flughafen einreise, könne deshalb nicht wegen illegaler Einreise bestraft werden (Beschwerde S. 8). Der Einwand dringt nicht durch. Zwar dürfen die Binnengrenzen des Schengenraums an jeder Stelle grundsätzlich ohne Personenkontrollen überschritten werden, indessen wird die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, in ihren Rechtsvorschriften die Verpflichtung zum Besitz oder Mitführen von Urkunden und Bescheinigungen vorzusehen, von der Abschaffung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nicht berührt (Art. 21 lit. c Schengener Grenzkodex). Die Schweiz verlangt von Ausländern, die in die Schweiz einreisen wollen, ein anerkanntes Ausweispapier sowie gegebenenfalls ein Visum (Art. 5 Abs. 1 lit. a AuG). Da der Beschwerdeführer bei seiner Einreise in die Schweiz nicht über ein solches Papier, sondern nur über einen gefälschten niederländischen Reisepass verfügte, hat er sich der rechtswidrigen Einreise in die Schweiz gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 5 AuG schuldig gemacht. 
 
4. 
In Bezug auf den Schuldspruch wegen Täuschung macht der Beschwerdeführer geltend, er habe der zuständigen Behörde unter anderem seine niederländischen Ausweispapiere im Original vorgelegt und angegeben, dass er kosovarischer Abstammung sei. Damit habe er die Behörde vollumfänglich über alle relevanten Tatsachen informiert. Da sie sich zudem auch sehr einfach bei der niederländischen Botschaft über den Fall hätte erkundigen können, liege keine arglistige Täuschung vor (Beschwerde Ziff. 9/10 Ziff. 3). Die Vorbringen sind mutwillig. Der Beschwerdeführer hat die Behörde über die Echtheit des niederländischen Reisepasses getäuscht, und davon, dass die Behörde nach Vorlage des Passes Zweifel hätte haben und die Botschaft anfragen müssen, kann ernsthaft nicht die Rede sein. 
 
5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 1. Juni 2011 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Mathys C. Monn