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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_452/2021  
 
 
Urteil vom 23. November 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dimitri Witzig, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatssekretariat für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung IV, vom 30. Juni 2021 (D-230/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 25. September 2020 ein Asylgesuch in der Schweiz, ohne Identitätsdokumente einzureichen. Auf dem gleichentags erstellten Personalienblatt gab er als Geburtsdatum den 1. Januar 2005 an. Anlässlich seiner Erstbefragung für unbegleitete minderjährige Asylsuchende änderte A.________ sein Geburtsdatum auf den 1. Oktober 2005. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) liess zur abschliessenden Sachverhaltsabklärung am 4. November 2020 ein Altersgutachten durch das Institut für Rechtsmedizin des Kantonsspitals St. Gallen (IRM) erstellen. A.________ wurde anschliessend zum Resultat des Gutachtens und zur beabsichtigten Anpassung des Geburtsdatums im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) auf den 1. Januar 2003 das rechtliche Gehör gewährt. Im Rahmen seiner Stellungnahme gab er an, mit der Anpassung des Alters nicht einverstanden zu sein, beantragte die Anbringung eines Bestreitungsvermerks im ZEMIS und den Erlass einer anfechtbaren Ziffer im Dispositiv des Asylentscheids. Zudem reichte er einen Antrag auf Altersanpassung und eine sozialpädagogische Stellungnahme zu seiner Reaktion auf die Altersanpassung ein. 
 
Mit Verfügung vom 21. Dezember 2020 stellte das SEM fest, A.________ erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung an. Gleichzeitig erachtete es den Vollzug der Wegweisung zurzeit als nicht zumutbar und verfügte die vorläufige Aufnahme in der Schweiz. Zudem hielt das SEM fest, dass das Geburtsdatum im ZEMIS auf den 1. Januar 2003 laute und im ZEMIS ein Bestreitungsvermerk angebracht werde. 
 
B.  
Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Rahmen des Schriftenwechsels reichte das SEM das Altersgutachten des IRM vom 12. Februar 2021 (Nachbegutachtung) und A.________ einen sozialpädagogischen Kurzbericht zu den Akten. Mit Urteil vom 30. Juni 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit sie die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft und die Ablehnung des Asylgesuchs betraf (Dispositiv-Ziffer 1) und soweit die Änderung des Geburtsdatums beantragt wurde, wobei das SEM angewiesen wurde, den Bestreitungsvermerk im ZEMIS zu belassen (Dispositiv-Ziffer 2). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. August 2021 gelangt A.________ an das Bundesgericht und beantragt, die Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2021 sei aufzuheben und das SEM sei anzuweisen, sein Geburtsdatum im ZEMIS auf den 1. Oktober 2005 anzupassen. In prozessualer Hinsicht beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das SEM verweist auf seine Erwägungen in der Verfügung vom 21. Dezember 2020 und auf die Vernehmlassung an das Bundesverwaltungsgericht und teilt mit, daran vollumfänglich festzuhalten. Der Beschwerdeführer hält im Rahmen seiner Stellungnahme an seinen Anträgen in der Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Die Ausnahme gemäss Art. 83 lit. d BGG greift nicht, da der Beschwerdeführer das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, soweit es sich auf das Asyl bezieht, nicht anficht. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Stellungnahme an das Bundesgericht die Einholung eines Berichts des IRM oder eines Experten zu den Unterschieden der Mineralisationsgeschwindigkeit der Weisheitszähne zwischen ethnischen Gruppen verlangen will, erfolgt dies verspätet und ist daher nicht darauf einzugehen. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person vorbringt und begründet (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Anwendung von kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht vorbehältlich Art. 95 lit. c-e BGG im Wesentlichen auf Willkür und bloss insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzis vorgebracht und begründet wird (Art. 95 BGG i.V.m. Art. 9 BV und Art. 106 Abs. 2 BGG). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (vgl. BGE 146 II 111 E. 5.1.1 S. 131 f.; 141 I 49 E. 3.4; 137 I 1 E. 2.4).  
 
2.2. Gemäss Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Sachverhaltsrüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 1 E. 3.5). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 148 I 104 E. 1.5; 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Das SEM führt zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Dieses dient der einheitlichen Bearbeitung der Daten zur Identität von Ausländerinnen und Ausländern einschliesslich Personen aus dem Asylbereich (Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich [BGIAA; SR 142.51]; Art. 1 der Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem [ZEMIS-Verordnung; SR 142.513]). Gesuche um Berichtigung eines Eintrags im ZEMIS sind gestützt auf das Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) zu beurteilen (Art. 19 Abs. 1 ZEMIS-Verordnung i.V.m. Art. 6 Abs. 1 BGIAA; Urteil 1C_788/2021 vom 7. März 2022 E. 3.1).  
 
3.2. Wer Personendaten bearbeitet, hat sich über deren Richtigkeit zu vergewissern und alle angemessenen Massnahmen zu treffen, damit die Daten berichtigt oder vernichtet werden, die im Hinblick auf den Zweck ihrer Beschaffung oder Bearbeitung unrichtig oder unvollständig sind (Art. 5 Abs. 1 DSG). Jede betroffene Person kann verlangen, dass unrichtige Daten berichtigt werden (Art. 5 Abs. 2 DSG). Werden Personendaten von einem Organ des Bundes bearbeitet, konkretisiert Art. 25 DSG die Rechte von betroffenen Personen. Wer ein schutzwürdiges Interesse hat, kann gemäss Art. 25 Abs. 3 lit. a DSG die Berichtigung von unrichtig erfassten Personendaten verlangen.  
 
Grundsätzlich hat die Bundesbehörde, die Personendaten bearbeitet, die Richtigkeit der bearbeiteten Daten zu beweisen, wenn sie von einer betroffenen Person bestritten wird. Der betroffenen Person, die ein Gesuch um Berichtigung von Personendaten stellt, obliegt hingegen der Beweis der Richtigkeit der verlangten Änderung. Kann weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit von Personendaten bewiesen werden, muss das Bundesorgan bei den Daten einen entsprechenden Vermerk anbringen (Art. 25 Abs. 2 DSG). Spricht mehr für die Richtigkeit der von einer betroffenen Person verlangten Änderung, sind die Personendaten zu berichtigen und ebenfalls mit einem derartigen Vermerk zu versehen (zum Ganzen: Urteile 1C_788/2021 vom 7. März 2022 E. 3.3; 1C_11/2013 vom 21. Oktober 2013 E. 4.2; je mit Hinweisen). 
 
3.3. Bei der Beweiswürdigung steht der Vorinstanz ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren Beweiswürdigung beruht, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen, oder wenn sie erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt. Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. oben E. 2.1; Urteile 1C_709/2017 vom 12. Februar 2019 E. 2.5; 1C_11/2013 vom 21. Oktober 2013 E. 5.2; je mit Hinweisen).  
 
4.  
Der Beschwerdeführer bemängelt einerseits die Würdigung des ihn betreffenden Altersgutachtens und andererseits die vorgenommene Gesamtwürdigung der Indizien durch die Vorinstanz. 
 
4.1.  
 
4.1.1. Dem Altersgutachten vom 12. Februar 2021 (Nachbegutachtung) ist betreffend Skelettalter zu entnehmen, der radiologische Befund der Hand des Beschwerdeführers entspreche einem mittleren skelettalen Alter von 17 Jahren und einem Mindestalter von 14.9 Jahren. Betreffend Zahnalter habe nach den Ergebnissen der zahnärztlichen Untersuchung an den Zähnen 1 bis 7 im dritten Quadranten ein vollständiger Abschluss des Wurzelwachstums festgestellt werden können, der auf ein Durchschnittsalter von 16 Jahren schliessen lasse. Die Weisheitszähne befänden sich im Mineralisationsstadium "H", was auf ein Durchschnittsalter von 22 Jahren hindeute. Das Mineralisationsstadium "H" der Weisheitszähne lasse in Abhängigkeit von Geschlecht und Herkunft auf ein Mindestalter von 17.0 bis 17.4 Jahren schliessen. In Bezug auf den Einfluss der ethnischen Zugehörigkeit auf die untersuchten Altersmerkmale ergäben sich auf der Grundlage der aktuellen internationalen Fachliteratur keine Anhaltspunkte für gravierende interethnische Differenzen im zeitlichen Verlauf der Skelettreifung und der sexuellen Reifeentwicklung. Lediglich bei der Geschwindigkeit der Mineralisation der Weisheitszähne würden signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen beobachtet, weshalb Abweichungen durch ethnische Unterschiede aufgrund der angegebenen Herkunft aus Afghanistan gegebenenfalls zu berücksichtigen seien. Zu keinem der untersuchten Merkmale gebe es Vergleichsstudien zu einer männlichen, afghanischen Population.  
 
Zusammenfassend seien beim Beschwerdeführer mit Blick auf alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse aus rechtsmedizinischer Sicht keine Hinweise auf eine relevante Entwicklungsstörung vorhanden. Gestützt auf die erhobenen Befunde ergebe sich bei ihm ein durchschnittliches Lebensalter von 16 bis 22 Jahren. Nach den Ergebnissen der forensischen Altersschätzung habe der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Untersuchung das 17. Lebensjahr sicher vollendet (Mindestalter). Das von ihm angegebene Geburtsdatum (chronologisches Lebensalter von 15 Jahren) könne somit aufgrund der Ergebnisse der forensischen Altersschätzung nicht zutreffen. 
 
4.1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, zwar sei im Altersgutachten vom 12. Februar 2021 (Nachbegutachtung) festgehalten worden, dass bei der Geschwindigkeit der Mineralisation der Weisheitszähne signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen bestünden und dass diese gegebenenfalls zu berücksichtigen seien. Jedoch habe im Gutachten keine solche Berücksichtigung stattgefunden. Er bestreitet nicht, dass es keine Referenzstudien zu einer männlichen, afghanischen Population gibt. Vielmehr bestätigt er dies in seiner Beschwerdeschrift ausdrücklich (Beschwerde, S. 6). Hingegen macht er geltend, es gebe relevante Studien, die darauf hindeuteten, dass aufgrund genetischer Unterschiede zwischen den Angehörigen der Hazara und der deutschen Referenzpopulation massgebliche Unterschiede bei der Mineralisation der Weisheitszähne bestehen könnten. Mangels wissenschaftlicher Quellen zu einer Referenzpopulation in Afghanistan könnten diese Unterschiede bei der Mineralisationsgeschwindigkeit zwar nicht abschliessend beurteilt werden. Jedoch wiesen die Erkenntnisse darauf hin, dass die Altersgutachten betreffend minderjährige Asylsuchende, die den Hazara angehörten, mit Vorbehalt zu betrachten seien bzw. dass diesen Altersgutachten ein geringerer Beweiswert zukommen müsse als in Fällen, in denen eine Studie zum entsprechenden Herkunftsland vorliege.  
 
4.1.3. Was die vom Beschwerdeführer genannten "relevanten Studien" betrifft, gibt er in seiner Beschwerde zwei Links an zu je einem Artikel in einer Tageszeitung und einem Beitrag auf der Plattform einer Online-Nachrichtenorganisation betreffend die vermutete genetische Abstammung der Angehörigen der Hazara. Damit vermag er eine schnellere Mineralisation der Weisheitszähne bei Angehörigen der Hazara nicht (rechtsgenüglich) zu belegen. Zudem hält er selber fest, dass die Unterschiede bei der Mineralisationsgeschwindigkeit mangels Referenzstudien nicht abschliessend beurteilt werden könnten. Das auf den 1. Januar 2003 angepasste Geburtsdatum des Beschwerdeführers stimmt sodann mit dem im Altersgutachten genannten Mindestalter von (damals) 17 Jahren überein. Da das nach überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffende Geburtsdatum und nicht das potenzielle Mindestalter massgebend ist (das Geburtsdatum ist nicht mit dem Mindestalter gleichzusetzen; vgl. Urteil 1C_709/2017 vom 12. Februar 2019 E. 2.2.2 mit Hinweisen sowie E. 2.4 und 4.1), ist fraglich, ob sich die Annahme einer schnelleren Mineralisation der Weisheitszähne bei Angehörigen der Hazara und eines entsprechend tieferen potenziellen Mindestalters überhaupt auf das Ergebnis auswirken würde. Dies gilt umso mehr, als das Altersgutachten nur eines von mehreren Indizien bildet (vgl. nachfolgende E. 4.2), sich die Beurteilung der Gutachter auf mehrere Säulen stützte (körperliche Untersuchung, Röntgenuntersuchung der Hand, Erstellung einer Panoramaröntgenaufnahme der Kiefer) und die gutachterliche Stellungnahme nicht nur das Zahnalter, sondern auch die Geschlechtsreife und die anthropometrischen Masse sowie das Skelettalter zum Gegenstand hat. Gemäss Gutachten ergeben sich gestützt auf die aktuelle internationale Fachliteratur sodann keine Anhaltspunkte für gravierende interethnische Differenzen im zeitlichen Verlauf der Skelettreifung und der sexuellen Reifeentwicklung. Vor diesem Hintergrund erweist sich die vorinstanzliche Würdigung hinsichtlich des Altersgutachtens nicht als offensichtlich unhaltbar.  
 
Daran vermögen auch die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers nichts zu ändern: Aus einer Doktorarbeit zur zahnärztlichen Altersdiagnostik zitiert er insbesondere, dass die Wahl des Weisheitszahns für Untersuchungen am Paradontalspalt angesichts der grossen Variabilität von Wurzelkonfigurationen und seinen unterschiedlichsten anatomischen Lagen im Unterkiefer als fragwürdig bezeichnet werden müsse. Inwiefern dies vorliegend von Bedeutung sein soll, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Schliesslich vermögen auch angebliche grundsätzliche Zweifel daran, ob mittels Erkenntnissen aus den Referenzstudien überhaupt ein Mindestalter wissenschaftlich zuverlässig bestimmt werden könne, sowie die vorgebrachte internationale Kritik an medizinischen Altersgutachten keine willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz im oben genannten Sinn zu belegen, zumal der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine Rechtsverletzung rügt. 
 
4.2.  
 
4.2.1. In Bezug auf die Gesamtwürdigung aller Indizien erwog die Vorinstanz, dass diese durch das SEM korrekt erfolgt sei. Diesem zufolge habe der Beschwerdeführer zum Nachweis des geltend gemachten Alters keine beweiskräftigen Ausweispapiere zu den Akten gereicht. Dem in Kopie eingereichten IOM-Ausweis aus Bosnien sowie dem Foto mit seinem Geburtsdatum gemäss afghanischem Kalender, das von Hand auf ein Stück Papier geschrieben und ihm per Facebook, angeblich von seiner Mutter, zugestellt worden sei, komme kein genügender Beweiswert zu. Die Tazkara seiner Mutter sei nur ein Indiz für deren, jedoch nicht für das Alter des Beschwerdeführers. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass seine Mutter bei der Geburt minderjährig gewesen sei. Anlässlich der Erstbefragung habe sich der Beschwerdeführer nicht widerspruchsfrei zu seinem Geburtsdatum sowie seinem Alter äussern können. Er habe unterschiedliche Angaben gemacht, seit wann er sein Geburtsdatum im afghanischen und im europäischen Kalender kenne sowie zur Registrierung seines Geburtsdatums in Bosnien. Zudem falle auf, dass er alle Jahres- und Datumsangaben jeweils nach der europäischen Zeitrechnung angegeben und ausgesagt habe, er wisse sein Geburtsdatum im afghanischen Kalender nur, weil seine Rechtsvertretung ihn bei der Vorbereitung auf die Befragung darauf hingewiesen habe, dass es wichtig sei, sein Alter auch im afghanischen Kalender zu kennen, und er deshalb zu Hause nachgefragt habe. Seine Angaben betreffend das Schulende und den Zeitpunkt seiner Ausreise seien ausserdem äusserst vage und oberflächlich geblieben. Die Stellungnahmen seiner Rechtsvertretung und seiner Betreuungsperson würden schliesslich nur deren Eindruck zu seinem Verhalten wiedergeben. Aufgrund der Zweifel am geltend gemachten Alter sei ein Altersgutachten erstellt worden, dessen Resultat die Zweifel bestätigt hätten. Ausgehend von einem Mindest- bzw. wahrscheinlichsten Alter von 17 Jahren sei das Geburtsjahr des Beschwerdeführers somit auf das zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung einem Alter von 17 Jahren entsprechende, das heisse auf 2003, angepasst worden. Weder das SEM noch der Beschwerdeführer habe einen sicheren Nachweis des jeweils behaupteten Geburtsdatums erbringen können. Insgesamt erscheine das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Geburtsdatum (1. Oktober 2005) nicht als wahrscheinlicher als das aufgrund des Asylverfahrens im ZEMIS eingetragene Geburtsdatum (1. Januar 2003). Der Eintrag im ZEMIS sei folglich ebenso zu belassen wie der Bestreitungsvermerk.  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer gibt im Rahmen seiner Beschwerde weitgehend seine bereits im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Vorbringen wieder. Dabei setzt er sich namentlich mit den genannten widersprüchlichen Aussagen nicht auseinander. Stattdessen setzt er den Ausführungen der Vorinstanzen bloss seine eigene Darstellung gegenüber, wie er "während der Reise in Europa Schritt für Schritt mehr über sein Geburtsdatum" erfahren habe. Ebenso verhält es sich hinsichtlich der übrigen, von ihm vorgebrachten Anhaltspunkte, die seiner Ansicht nach für das von ihm geltend gemachte Alter sprechen sollen (seine Reaktion auf die Altersanpassung und die daraus resultierende Notwendigkeit einer psychiatrischen Einschätzung, die Tazkara seiner Mutter und die subjektiven Einschätzungen seiner Rechtsvertretung, seiner Bezugs- und Betreuungsperson sowie der zuständigen Lehrperson in der Schule) : Eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen nachvollziehbaren Erwägungen der Vorinstanzen findet in der Beschwerde nicht statt. Zudem gibt der Beschwerdeführer diesbezüglich selber an, es handle sich dabei nur um schwache Indizien. Dass die Vorinstanz Recht, namentlich seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) oder das Willkürverbot (Art. 9 BV), verletzt habe, macht der Beschwerdeführer sodann nicht geltend.  
 
4.3. Insgesamt vermag der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass das von ihm geltend gemachte Geburtsdatum wahrscheinlicher ist als das aufgrund des Asylverfahrens im ZEMIS eingetragene bzw. dass das angefochtene Urteil Bundesrecht widerspricht.  
 
5.  
Nach diesen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Gerichtskosten ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, das sich auf die Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten beschränkt, wird damit gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Staatssekretariat für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung IV, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. November 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck