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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.90/2005 /kil 
 
Urteil vom 24. Februar 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher 
Lukas Bürge, 
 
gegen 
 
Regierungsstatthalteramt Aarberg, Stadtplatz 33, 3270 Aarberg, 
Haftgericht III Bern-Mittelland, Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Haftentlassung gemäss Art. 13c ANAG
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland vom 12. Januar 2005. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
X.________, nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Algerien, stellte am 17. Februar 2004 ein Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat mit Verfügung vom 12. März 2004 darauf nicht ein und ordnete die sofort zu vollziehende Wegweisung an. Es hatte zuvor eine Handknochenanalyse durchführen lassen, welche ergab, dass das von X.________ angegebene Geburtsdatum (... 1989) nicht richtig sein könne; vielmehr sei er zu Beginn des Jahres 2004 wohl 19 Jahre alt gewesen. Seinen Nichteintretensentscheid stützte es entsprechend auf Art. 32 Abs. 2 lit. b AsylG, wonach auf Asylgesuche nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende die Behörden über die Identität täuschen und diese Täuschung aufgrund der Ergebnisse der erkennungsdienstlichen Behandlung oder anderer Beweismittel feststeht. 
 
X.________ reiste in der Folge nicht aus. Im Sommer 2004 wurde er in Untersuchungshaft genommen. Mit Urteil vom 19. November 2004 verurteilte ihn die Gerichtspräsidentin 1 des Gerichtskreises III Aarberg-Büren-Erlach unter anderem wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls zu acht Monaten Gefängnis, abzüglich 149 Tagen Untersuchungshaft, sowie zu einer unbedingten Landesverweisung von fünf Jahren. Mit Verfügung vom 25. November 2004 wurde X.________ auf den 1. Dezember 2004 (Ablauf von 2/3 der Freiheitsstrafe) bedingt aus dem Strafvollzug entlassen; dabei wurde der Vollzug der Landesverweisung nicht bedingt aufgeschoben. Mit Verfügung betreffend Vollstreckung der Landesverweisung vom 30. November 2004 ordnete das Regierungsstatthalteramt Aarberg die Ausschaffung von X.________ per 1. Dezember 2004 sowie zur Sicherstellung von deren Vollzug Ausschaffungshaft an, und am 1. Dezember 2004 ersuchte es um richterliche Haftprüfung. Der Haftrichter 5 des Haftgerichts III Bern-Mittelland (nachfolgend: Haftrichter) bestätigte die Ausschaffungshaft am 2. Dezember 2004 (Ausfertigung des schriftlich begründeten Entscheids vom 9. Dezember 2004). 
Am 4. Januar 2005 wies der Haftrichter ein Haftentlassungsgesuch von X.________ ab (Ausfertigung des schriftlich begründeten Entscheids vom 12. Januar 2005). Auf ein weiteres Haftentlassungsgesuch vom 15. Januar 2005 trat er am 20. Januar 2005 nicht ein. 
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 11. Februar 2005 beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Haftrichterentscheid vom 12. Januar 2005 sei aufzuheben und er sei mit sofortiger Wirkung aus der Ausschaffungshaft zu entlassen. Der Haftrichter und das Regierungsstatthalteramt beantragen Abweisung der Beschwerde; sie haben je ihre Akten eingereicht und auf eine eingehende Vernehmlassung verzichtet. Das zur Stellungnahme eingeladene Bundesamt für Migration hat sich nicht geäussert. Mit Eingabe vom 22. Februar 2005 hält der Beschwerdeführer an den Rechtsbegehren fest, verzichtet aber im Übrigen auf eine weitere Stellungnahme. 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren aus der Schweiz weggewiesen worden; zudem liegt gegen ihn eine unbedingte strafrechtliche Landesverweisung vor. Die gegen ihn angeordnete Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des Vollzugs dieser Entfernungsmassnahmen und damit einem vom Gesetz vorgesehenen Zweck (Art. 13b Abs. 1 ANAG). Die Ausschaffungshaft bzw. die Abweisung eines Haftentlassungsgesuchs gemäss Art. 13c Abs. 4 ANAG rechtfertigt sich jedoch nur, wenn die Haft sämtlichen gesetzlichen Anforderungen (nach wie vor) genügt. 
2.2 Der Beschwerdeführer erfüllt den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG, da im Asylverfahren ein Nichteintretensentscheid gestützt auf Art. 32 Abs. 2 lit. b AsylG ergangen ist. Ferner ist der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG erfüllt: Der Beschwerdeführer weigert sich auch nach für ihn negativem Ausgang des Asylverfahrens, in sein (angebliches) Heimatland Algerien auszureisen, ohne dass die Möglichkeit zur selbständigen legalen Ausreise in eine anderes Land besteht; zudem ist er straffällig geworden, und es steht fest, dass er in Spanien unter verschiedenen Identitäten aufgetreten ist; schliesslich lässt sich angesichts der Differenz von fast fünf Jahren zwischen von ihm angegebenem und durch die Handknochenanalyse ermitteltem Alter die tatsächliche Feststellung des Haftrichters (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG) nicht entkräften, dass der Beschwerdeführer auch heute unzutreffende Angaben über seine Identität macht; ebenso finden sich entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers genügend Anhaltspunkte für die tatsächliche Annahme des Haftrichters, er sei in keiner Weise zur Kooperation bereit (zum Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG s. BGE 130 II 56 E. 3 S. 58 f.; 129 I 139 E. 4.2 S. 146 ff.; 125 II 369 E. 4b/aa S. 375; 122 II 49 E. 2a S. 50 f.; vgl. neuestens, unter Berücksichtigung der Fassung von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG gemäss Gesetzesmodifikation vom 19. Dezember 2003 [AS 2004 1633], BGE 130 II 377 E. 3.3.3 S. 386 f.). Was das in Art. 13b Abs. 3 ANAG festgeschriebene Beschleunigungsgebot betrifft, lässt sich den Behörden aufgrund der Aktenlage nicht vorwerfen, sie hätten nicht zielstrebig genug auf den Vollzug der Landesverweisung (bzw. Wegweisung) hin gearbeitet (Beschleunigungsgebot gemäss Art. 13b Abs. 3 ANAG). 
2.3 Der Beschwerdeführer rügt die Aufrechterhaltung der Ausschaffungshaft denn auch allein unter dem Gesichtspunkt von Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG (in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK) als rechtswidrig. Gemäss Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG wird die Haft beendet, wenn sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist; diesfalls lässt sich die Haft nicht mehr, wie nach Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK erforderlich, mit einem in Gang befindlichen Ausweisungsverfahren rechtfertigen, und sie erweist sich dann als unverhältnismässig. 
 
Richtig ist, dass Algerien es abgelehnt hat, einen Laissez-Passer auszustellen, wobei es dabei wohl bleiben wird, solange keine zuverlässigeren Angaben über die Identität des Beschwerdeführers erhältlich gemacht werden können. Ob ein Laissez-Passer von Marokko (oder allenfalls einem anderen - nordafrikanischen - Land) erhältlich gemacht werden könnte, ist zur Zeit ungewiss. Hierin liegt aber noch keine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit des Ausschaffungsvollzugs. Die Haft erscheint erst dann als unzulässig im Sinne von Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG, wenn triftige Gründe für die Undurchführbarkeit des Vollzugs sprechen bzw. praktisch feststeht, dass er sich kaum innert vernünftiger Frist wird realisieren lassen (vgl. BGE 130 II 56 E. 4.1 S. 59 ff.; 127 II 168 E. 2c S. 172; 125 II 217 E. 2 S. 220 ff.; 122 II 148 E. 3 S. 152 f.). Dies ist in der Regel bloss dann der Fall, wenn die Ausschaffung auch bei gesicherter Identität oder Nationalität des Betroffenen trotz seiner Mitwirkung bei der Papierbeschaffung mit grosser Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen gelten muss (vgl. BGE 130 II 56 E. 4.13 S. 61; BGE 125 II 217 E. 2 S. 220; vom Beschwerdeführer selber erwähntes Urteil 2A.92/2004 vom 18. Februar 2004 E. 2.2.2). Vorliegend steht weder die Identität des Beschwerdeführers noch seine Nationalität mit Sicherheit fest, was insbesondere auf die vom Haftrichter verbindlich festgestellte fehlende Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers zurückzuführen ist. Unter diesen Umständen musste der Haftrichter nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt seines Entscheids, welcher grundsätzlich massgeblich ist (vgl. BGE 125 II E. 3a S. 221), nicht auf die Unmöglichkeit des Ausschaffungsvollzugs schliessen. Schon darum erweist sich die Rüge des Beschwerdeführers als unbegründet. Ergänzend kann auf den unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK zumindest während einer gewissen Haftdauer nicht zum Vornherein unzulässigen Nebeneffekt der Ausschaffungshaft hingewiesen werden, den die Ausreiseaufforderung missachtenden Ausländer zur Mitwirkung zu bewegen (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.2.2 S. 383 ff.). 
2.4 Der angefochtene Entscheid verletzt nach dem Gesagten in keinerlei Hinsicht Bundesrecht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen. 
2.5 Der Beschwerdeführer hat um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, konnte er nicht ernsthaft mit einer Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde rechnen, und diese erweist sich als aussichtslos (Art. 152 OG). Indessen rechtfertigt es sich in Fällen der vorliegenden Art, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 und 153a Abs. 1 OG), sodass das Gesuch, soweit es die Kostenbefreiung betrifft, gegenstandslos wird; soweit damit um um Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts ersucht wird, ist es abzuweisen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird, soweit es nicht gegenstandslos ist, abgewiesen. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsstatthalteramt Aarberg und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 24. Februar 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: