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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_401/2018  
 
 
Urteil vom 7. Juni 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti, 
Gerichtsschreiberin Schär. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrfache Drohung, versuchte Nötigung etc.; Anspruch auf einen Dolmetscher; notwendige Verteidigung; Hinweispflicht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 13. Dezember 2017 (SST.2017.27 / BB). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Strafbefehl vom 13. April 2016 sprach die Staatsanwaltschaft Baden X.________ wegen versuchter Nötigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Verleumdung, mehrfacher übler Nachrede, Hausfriedensbruchs, mehrfacher Beschimpfung und mehrfacher Tätlichkeiten schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 70.-- und einer Busse von Fr. 1'000.--. Zudem widerrief die Staatsanwaltschaft die bedingt ausgesprochene Geldstrafe gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden vom 28. Oktober 2014. Stattdessen verwarnte sie X.________ und verlängerte die Probezeit. Auf den Widerruf der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden vom 23. Oktober 2012 bedingt ausgesprochenen Geldstrafe wurde ebenfalls verzichtet. X.________ wurde stattdessen verwarnt. X.________ erhob Einsprache gegen den Strafbefehl. 
 
B.  
Der Präsident des Bezirksgerichts Baden bestätigte am 19. September 2016 die Schuldsprüche gemäss Strafbefehl und bestrafte X.________ mit einer teilbedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu Fr. 70.-- und einer Busse von Fr. 500.--. Den mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden vom 28. Oktober 2014 gewährten bedingten Vollzug einer Geldstrafe widerrief der Präsident des Bezirksgerichts Baden nicht. Stattdessen verwarnte er X.________ und verlängerte die Probezeit. Auf den Widerruf des mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden vom 23. Oktober 2012 gewährten bedingten Vollzugs einer Geldstrafe verzichtet er. 
 
C.  
X.________ erhob beim Obergericht Aargau Berufung. Dieses hob den Schuldspruch wegen Hausfriedensbruchs auf. Die übrigen Schuldsprüche bestätigte es. Das Obergericht bestrafte X.________ mit einer teilbedingten Geldstrafe von 230 Tagessätzen zu Fr. 70.-- und einer Busse von Fr. 500.--. Im Übrigen bestätigte es das bezirksgerichtliche Urteil. 
 
D.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ihm sei für das kantonale Verfahren ein Verteidiger zu bestellen und es sei die Frist zur Einreichung der Berufung zu verlängern. Überdies beantragt X.________, ihm sei für das bundesgerichtliche Verfahren ein amtlicher Verteidiger beizuordnen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer ersucht um Beiordnung eines Rechtsbeistands für das Verfahren vor Bundesgericht. Er habe verschiedene Rechtsanwälte kontaktiert, welche jedoch seine Anfrage allesamt abgelehnt hätten. Dies ändert nichts daran, dass es im bundesgerichtlichen Verfahren an der beschwerdeführenden Person liegt, für eine Vertretung besorgt zu sein (vgl. Urteil 6B_13/2015 vom 11. Februar 2015 E. 3), was dem Beschwerdeführer bereits mit Schreiben des Bundesgerichts vom 18. April 2018 mitgeteilt wurde. Dem Antrag kann folglich nicht stattgegeben werden. Anhaltspunkte für eine Unfähigkeit zur Prozessführung im Sinne von Art. 41 BGG liegen vorliegend nicht vor. 
 
2.  
Das begründete vorinstanzliche Urteil ging dem Beschwerdeführer respektive seiner damaligen Rechtsvertreterin am 6. März 2018 zu. Die 30-tägige Frist zur Einreichung der Beschwerde (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) begann am 7. März 2018 zu laufen und endete, unter Berücksichtigung des Fristenstillstands über Ostern (Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG), am 20. April 2018. Mit Schreiben des Bundesgerichts vom 18. April 2018 wurde der Beschwerdeführer auf die gesetzlichen Anforderungen an die Beschwerdebegründung sowie auf die Möglichkeit der Beschwerdeergänzung hingewiesen. Der Beschwerdeführer wurde dabei auch auf den Fristenlauf hingewiesen. Mit Eingaben vom 15. Mai 2018, 16. Mai 2018 und 18. Mai 2018 reichte der Beschwerdeführer weitere Eingaben ein. Darauf kann jedoch zufolge Verspätung nicht eingetreten werden. 
 
3.  
Was das Gesuch des Beschwerdeführers um Erstreckung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung anbetrifft, so legt er nicht dar, ein entsprechendes Gesuch im Sinne von Art. 92 StPO vor Ablauf der Frist gestellt zu haben. Dass der Beschwerdeführer ein förmliches Fristwiederherstellungsgesuch im Sinne von Art. 94 StPO gestellt hätte, ist ebenfalls weder ersichtlich noch dargetan. Auch dem Fristersterckungsbegehren kann daher nicht Folge geleistet werden. 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Menschenrechte seien von der Polizei und den Anwälten verletzt worden. Zudem rügt er eine Verletzung von Art. 127, Art. 130 lit. b und Art. 158 und StPO. Der Beschwerdeführer argumentiert, ihm sei kein Verteidiger beigeordnet worden, obwohl es sich offensichtlich um einen Fall notwendiger Verteidigung im Sinne von Art. 130 lit. b StPO handle. Da er nicht verteidigt gewesen sei, sei er sich seiner Rechte nicht bewusst gewesen. Darüber hinaus sei kein Dolmetscher beigezogen worden, obwohl er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Aufgrund dessen habe er die Anklage nicht verstanden und sich unwissentlich für schuldig bekannt.  
 
4.2. Die beschuldigte Person, die Privatklägerschaft und die anderen Verfahrensbeteiligten können zur Wahrung ihrer Interessen einen Rechtsbeistand bestellen (Art. 127 Abs. 1 StPO). Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor, muss die beschuldigte Person verteidigt werden (Art. 130 StPO). Gemäss Art. 130 lit. b StPO liegt unter anderem dann ein Fall notwendiger Verteidigung vor, wenn der beschuldigten Person eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, eine freiheitsentziehende Massnahme oder eine Landesverweisung droht. Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor, so achtet die Verfahrensleitung darauf, dass unverzüglich eine Verteidigung bestellt wird (Art. 131 Abs. 1 StPO). Sind die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung bei Einleitung des Vorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung, sicherzustellen (Art. 131 Abs. 2 StPO). Schliesslich sieht Art. 158 Abs. 1 StPO vor, dass die Polizei oder Staatsanwaltschaft die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache darauf hinweisen, dass gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet worden ist und welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden (lit. a), sie die Aussage und die Mitwirkung verweigern kann (lit. b), sie berechtigt ist, eine Verteidigung zu bestellen oder gegebenenfalls eine amtliche Verteidigung zu beantragen (lit. c) und sie eine Übersetzerin oder einen Übersetzer verlangen kann (lit. d).  
 
4.3. Vorab ist anzumerken, dass aus der Beschwerde nicht immer klar hervorgeht, auf welches Gerichtsverfahren sich der Beschwerdeführer bezieht, da er verschiedene Verfahren zu vermischen scheint. Ob die Rügen der Verletzung des Anspruchs auf einen Dolmetscher sowie des Anspruchs auf notwendige Verteidigung rechtzeitig erhoben wurden, ist fraglich. Dies kann letztlich offenbleiben, da die Rügen ohnehin unbegründet sind.  
Wie sich aus den Befragungsprotokollen ergibt, wurde für sämtliche Einvernahmen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des erstinstanzlichen Gerichts ein Dolmetscher beigezogen. Der Anspruch auf einen Dolmetscher ist im vorliegenden Verfahren offensichtlich nicht verletzt. Weiter liegt auch kein Fall von notwendiger Verteidigung im Sinne von Art. 130 lit. b StPO vor. Ebensowenig sind die Hinweispflichten von Art. 158 verletzt. Der Beschwerdeführer wurde bereits bei der polizeilichen Einvernahme vom 13. Oktober 2015 im Sinne von Art. 158 Abs. 1 lit. c StPO darauf hingewiesen, dass er das Anrecht hat, einen Verteidiger zu bestellen. Der Beschwerdeführer nahm dies zur Kenntnis. Am 18. April 2016 zeigte die vom Beschwerdeführer beauftragte Rechtsanwältin A.________ die Vertretung des Beschwerdeführers an. Besagte Rechtsanwältin legte das Mandat zwar nieder, allerdings erst am 7. März 2018 und damit nach Eröffnung des vorinstanzlichen Urteils. Inwiefern der Anspruch auf (wirksame) Verteidigung verletzt sein soll, ist weder ersichtlich noch dargelegt. 
 
4.4. Den Ausführungen des Beschwerdeführers kann weiter entnommen werden, dass sich die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Verteidigung insbesondere auf die früheren Verurteilungen wegen Vergehen gegen das Waffengesetz und grober Verletzung der Verkehrsregeln bezieht. Diesbezüglich wurde vorliegend nicht mehr in der Sache, sondern lediglich über den Widerruf der damals bedingt ausgefällten Strafen entschieden.  
Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und des Bundesstrafgerichts (Art. 80 Abs. 1 BGG). Anfechtungsobjekt bildet das Urteil des Obergerichts Aargau vom 13. Dezember 2017. Soweit sich die Beschwerde gegen die früheren Verurteilungen wegen Vergehen gegen das Waffengesetz und grober Verletzung der Verkehrsregeln bezieht und der Beschwerdeführer rügt, er sei in jenen Verfahren nicht gehörig vertreten gewesen, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer Ausführungen zu einem in England hängigen familienrechtlichen Verfahren macht. Auch darauf kann nicht eingetreten werden. Weiter nimmt der Beschwerdeführer auf einen Zivilprozess in der Schweiz Bezug, wobei es sich um eine familienrechtliche Streitigkeit zwischen ihm und seiner Ehefrau handelte. Auch darauf sowie auf die Ausführungen, wonach sich in jenem Verfahren die Rechtsanwältin seiner Ehefrau in einem Interessenkonflikt befunden habe, kann nicht eingegangen werden. 
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juni 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schär