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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_281/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. September 2015  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Maillard, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Integration Handicap, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Neuanmeldung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 4. März 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1958 geborene A.________ meldete sich am 17. Februar 2005 unter Hinweis auf psychische und rheumatologische Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 4. Juli 2005 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung. Nach einer erneuten Anmeldung vom 23. Juni 2009 wies die IV-Stelle Aargau mit Verfügung vom 28. Dezember 2010 einen Rentenanspruch ab. Dies wurde mit Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 19. Januar 2012 bestätigt.  
 
A.b. Am 7. April 2012 meldete sich A.________ von Neuem zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich erteilte am 26. Februar 2013 Kostengutsprache für orthopädische Spezialschuhe und verneinte mit Verfügung vom 5. November 2013 nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren einen Leistungsanspruch.  
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 4. März 2015 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese nach durchgeführten Abklärungen erneut über den Rentenanspruch entscheide. Zudem wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht. Mit einer weiteren Eingabe lässt A.________ zum zwischenzeitlich ergangenen Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen sowie vergleichbaren psychosomatischen Beschwerden Stellung nehmen und einen Bericht der Klinik B.________ vom 11. April 2015 nachreichen. 
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
Erwägungen: 
 
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).  
 
2.   
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des angefochtenen Entscheides liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals rechtserheblich werden. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 8C_273/2015 vom 12. August 2015 E. 1.2 mit Hinweis). In diesem Sinne ist der nachgereichte Bericht der Klinik B.________ vom 11. April 2015 über einen Rehabilitationsaufenthalt vom 23. März bis 11. April 2015 als echtes Novum im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. 
 
3.   
Streitig und im Rahmen der dargelegten Kognition zu prüfen ist, ob sich in diesem Fall einer Neuanmeldung nach vorgängiger Ablehnung eines Rentenanspruchs der Sachverhalt in der Zeit zwischen der (mit Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 19. Januar 2012 bestätigten) Verfügung vom 28. Dezember 2010 und der rentenablehnenden Verfügung vom 5. November 2013 in erheblichem Ausmass verändert hat. 
Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung massgebenden Rechtsgrundlagen, insbesondere die bei der Rentenrevision geltenden Grundsätze, welche bei Neuanmeldungen analog Anwendung finden (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV; BGE 130 V 71 E. 3.2.3 S. 77; vgl. auch BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114; 134 V 131 E. 3. S. 132) zutreffend wiedergegeben. Richtig sind auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der gesamten medizinischen Aktenlage, insbesondere gestützt auf das Gutachten des Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24. Januar 2013 sowie des Berichts der Ärzte des Spitals D.________, vom 27. Februar 2013, mit einlässlicher und nachvollziehbarer Begründung erkannt, dass im Vergleich zur Beurteilung im Jahre 2009 weder neue gesundheitliche Beschwerden noch wesentliche neue funktionelle Einschränkungen bestehen. Die Beschwerdeführerin sei aus invalidenversicherungsrechtlicher Sicht - so die Vorinstanz - weder in somatischer noch in psychischer Hinsicht in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, womit kein invalidisierender Gesundheitsschaden gegeben sei. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei nicht ausgewiesen.  
 
4.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hiervor). Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren im Recht gelegenen ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.  
 
4.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigen keine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf.  
 
4.3.1. Mit dem kantonalen Gericht ist dem Gutachten des Dr. med. C.________ vom 24. Januar 2013 die Erfüllung der rechtsprechungsgemässen Kriterien beweiskräftiger medizinischer Gutachten zuzuerkennen, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird. Der Gutachter legt ausdrücklich dar, dass er gegenüber der letzten Begutachtung 2009 von einem weitgehend ähnlichen Zustandsbild ausgehe, sich der Gesundheitszustand im Längsverlauf also kaum verändert habe. Im Gegensatz zur früheren Begutachtung beurteile er indessen die Auswirkungen des Gesundheitszustandes auf die Arbeitsfähigkeit anders und gehe nur von einer teilweisen Überwindbarkeit aus. Eine lediglich andere Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts ist jedoch - wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat - nicht geeignet, eine revisionsweise Änderung des Leistungsanspruches oder eine Neuanmeldung zu begründen (BGE 112 V 371 E. 2b S. 372; Urteil 8C_972/2009 vom 27. Mai 2010 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 136 V 216, aber in: SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1; Urteil 8C_409/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 3.4.3). Soweit sich die Beschwerdeführerin in somatischer Hinsicht auf Dr. med. E.________, Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation, beruft, lässt sich auch damit keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nachweisen. Während die Ärztin im Bericht vom 4. September 2009 ausgeführt hatte, die Versicherte sei seit 15. November 2008 zu 100 % arbeitsunfähig, eine Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit zu 50 % sei möglich, wobei deren Zeitpunkt offen sei, attestiert sie der Beschwerdeführerin im Bericht vom 22. März 2012 bei nicht wesentlich veränderter Diagnosestellung eine 50%ige Arbeitsfähigkeit für adaptierte Tätigkeiten, was nicht auf eine Verschlechterung hindeutet. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist mithin nicht bundesrechtswidrig. Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse mehr zu erwarten sind, ist davon abzusehen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).  
 
4.3.2. Obwohl das kantonale Gericht eine massgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit der letzten rechtskräftigen Abweisung des Rentengesuchs verneint hatte, prüfte es angesichts der diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in Anwendung der Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 352 anhand der sogenannten "Foerster-Kriterien", ob eine dadurch verursachte vorübergehende Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit ausnahmsweise unüberwindbar sei. Es gelangte zum Schluss, der Versicherten sei es zumutbar, die nötige Willensanstrengung aufzubringen und die ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden zu überwinden. Da die Vorinstanz jedoch bereits das Vorliegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und somit die Voraussetzung für eine Neuanmeldung verneint hat, wäre die Prüfung der ausnahmsweisen Unüberwindbarkeit einer durch eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung verursachten vorübergehenden Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit anhand der "Foerster-Kriterien" nicht erforderlich gewesen. In diesem Sinne hat auch das zur Publikation bestimmte Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015, in welchem das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und vergleichbare psychosomatische Leiden eine rentenbegründende Invalidität zu bewirken vermögen, grundlegend überdacht und teilweise geändert hat, keine Auwirkungen auf den vorliegenden Fall.  
 
4.3.3. Zusammenfassend hat es im Ergebnis beim angefochtenen Entscheid sein Bewenden.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Der unterliegenden Versicherten werden die Gerichtskosten auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten und der unentgeltlichen Verbeiständung, Art. 64 Abs. 1 und Abs. 2 BGG) kann gewährt werden, weil die Bedürftigkeit aktenkundig ist und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten war. Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Susanne von Aesch Kamer, Rechtsdienst Integration Handicap, wird als unentgeltliche Anwältin bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4.   
Rechtsanwältin Susanne von Aesch Kamer, Rechtsdienst Integration Handicap, wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. September 2015 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch