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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1370/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 11. April 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Verleumdung), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 26. Oktober 2016. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Shil nahm die Untersuchung gegen A.________ u.a. wegen Verleumdung mit Verfügung vom 15. Oktober 2015 nicht an die Hand. Der Beschwerdeführer legte dagegen am 30. Oktober 2015 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich ein. Er beantragte die Aufhebung der Nichtanhandnahmeverfügung. In prozessualer Hinsicht verlangte er, das Beschwerdeverfahren sei zu sistieren. Die Richter und Richterinnen der III. Strafkammer sowie der Gerichtsschreiber B.________ hätten in den Ausstand zu treten. Im Übrigen sei ihm die Gerichtsbesetzung vorab bekannt zu geben, damit er allfällige Bedenken rechtzeitig anmelden könne.  
 
1.2. Die III. Strafkammer übermittelte das Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers an die II. Strafkammer des Obergerichts, welche das Gesuch am 27. April 2016 abwies. Der Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft.  
 
1.3. Im Anschluss daran behandelte die III. Strafkammer die Beschwerde vom 30. Oktober 2015. Sie trat darauf mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 nicht ein. Ebensowenig trat sie auf ein neues Ausstandsgesuch vom 15. August 2016 ein.  
 
1.4. Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, es sei der Beschluss vom 26. Oktober 2016 aufzuheben (Rechtsbegehren 1). Das Obergericht sei zu verpflichten, auf die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme einzutreten (Rechtsbegehren 2). Das Obergericht sei zu verpflichten, auf das Ausstandsgesuch einzutreten (Rechtsbegehren 3). Der aufgehobene Beschluss sei zur Neuentscheidung an eine andere Kammer des Obergerichts zurückzuweisen (Rechtsbegehren 5), unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Kantons Zürich (Rechtsbegehren 4).  
 
1.5. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben am 29. März und 3. April 2017 auf eine Vernehmlassung verzichtet.  
 
2.  
Nach Art. 100 Abs. 1 BGG beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage. Gemäss Art. 48 Abs. 1 BGG müssen Eingaben spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden. Nachdem der Beschwerdeführer den angefochtenen Entscheid am 4. November 2016 erhalten hatte (kantonale Akten, Urkunde 17), lief die Frist am 5. Dezember 2016 ab. Seine Eingabe trägt den Poststempel vom 5. Dezember 2016. Die schweizerische Botschaft in Oslo bestätigte mit Mail vom 22. Dezember 2016, dass der Beschwerdeführer seine Rechtsschrift bereits am Freitagnachmittag, den 2. Dezember 2016, beim Botschafter abgegeben hatte, diese aber erst am darauf folgenden Montag, den 5. Dezember 2016, registriert wurde. Der Beschwerdeführer hat damit die Frist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG in jedem Fall eingehalten. Auf seine Beschwerde ist damit grundsätzlich einzutreten. Seine zusätzliche Eingabe vom 3. April 2017 (Poststempel: 11. April 2017) ist hingegen verspätet. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer stellt ein Ausstandsgesuch gegen die Bundesrichter und die Gerichtsschreiberin, welche am Urteil 6B_312/2015 mitgewirkt haben. Indessen stellt der Umstand, dass er mit dem fraglichen Entscheid nicht einverstanden ist, keinen Nachweis der Befangenheit oder gar strafbarer Handlungen und keinen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 34 BGG dar. Dasselbe gilt für eine Strafanzeige, welche er wegen Amtsmissbrauchs und Begünstigung im Zusammenhang mit den von ihm als unrichtig erachteten Urteil eingereicht haben will. Da er keinen tauglichen Ausstandsgrund anführt, ist kein Verfahren nach Art. 37 BGG durchzuführen. Auf das Ausstandsgesuch ist nicht einzutreten. 
 
4.  
 
4.1. Im vorinstanzlichen Beschluss vom 26. Oktober 2016 wird u.a. ausgeführt, die II. Strafkammer des Obergerichts habe das in der Beschwerdeeingabe vom 30. Oktober 2015 gestellte Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers gegen die Oberrichter und Oberrichterinnen der III. Strafkammer sowie gegen den Gerichtsschreiber B.________ am 27. April 2016 abgewiesen. Sie habe insbesondere eine Befangenheit der Oberrichterinnen C.________ und D.________, des Ersatzoberrichters E.________ und des Gerichtsschreibers B.________ aufgrund ihrer Mitwirkung im Verfahren UH150223 verneint (vgl. kantonale Akten, Urkunde 11, S. 11 E. 3.5). Der Beschluss sei unangefochten geblieben. In seiner Eingabe vom 15. August 2016 stelle der Beschwerdeführer erneut ein Ausstandsbegehren, welches sich insbesondere gegen die Oberrichterinnen C.________ und D.________, den Ersatzoberrichter E.________ und den Gerichtsschreiber B.________ richte. Dieses neue, im Zusammenhang mit der Mitwirkung der betreffenden Gerichtspersonen im Verfahren UH150223 gestellte Ausstandsbegehren sei verspätet und rechtsmissbräuchlich. Der Beschwerdeführer hätte seine Vorbringen bereits im ersten Gesuch vom 30. Oktober 2015 vortragen müssen. Ebenfalls verspätet sei die Rüge betreffend fehlerhafte Gerichtsbesetzung, zumal dem Beschwerdeführer die Zusammensetzung des Spruchkörpers bereits am 11. Januar 2016 bekannt gegeben worden sei.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe mit ihrem Beschluss gegen das Verbot der formellen Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) verstossen und seinen Anspruch auf ein rechtmässiges Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK) verletzt.  
 
4.3. Soweit er sich in der Beschwerde überhaupt mit dem angefochtenen Beschluss befasst (und sich nicht nur in allgemeinen rechtlichen Erörterungen ergeht), zeigt er indessen nicht auf, inwiefern die Beurteilung seines Ausstandsgesuchs als "verspätet und rechtsmissbräuchlich" verfassungs- oder rechtswidrig sein könnte. Insbesondere legt er nicht dar, inwiefern die Feststellung der Vorinstanz, er hätte seine Vorbringen bereits im ersten Ausstandsgesuch vom 30. Oktober 2015 vortragen können, willkürlich oder sonst wie gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte. Der Beschwerdeführer begnügt sich im Wesentlichen vielmehr damit, Ausstandsgründe gegen die Oberrichter der III. Strafkammer wegen strafbarer Handlungen zu behaupten. Er sei "nach reiflicher Überlegung zum Schluss gekommen, dass die bundesgerichtlichen Ausführungen im Entscheid 1B_353/2015 vom 22. April 2016 unhaltbar seien und somit keineswegs die Strafbarkeit der III. Strafkammer ausschliessen" würden. Seine Ausführungen genügen den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 BGG nicht. Der Beschwerdeführer verkennt bei seiner Kritik, dass das bundesgerichtliche Urteil 1B_353/2015 vom 22. April 2016, mit welchem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den kantonalen Entscheid UH150223 beurteilt wurde, nicht Gegenstand der vorliegenden Überprüfung bildet. Er verkennt auch, dass der Beschluss des Obergerichts vom 27. April 2016 unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist. Darauf kann heute nicht mehr zurückgekommen werden. Auf das Rechtsbegehren 3 ist folglich nicht einzutreten. Dasselbe gilt für das Rechtsbegehren 5, mit dem der Beschwerdeführer für den Fall der Gutheissung die Rückweisung der Streitsache an eine andere Kammer des Obergerichts beantragt, was unmittelbar mit der nicht zu behandelnden Frage des Ausstandes der Mitglieder der III. Strafkammer zusammen hängt (siehe auch Urteil 1B_473/2016 vom 13. März 2017 E. 2.2 und 3).  
 
4.4. Unbegründet ist der Einwand, Ausstandsgründe seien von Amtes wegen zu berücksichtigen. Auch wenn eine Person, auf die ein Ausstandsgrund zutrifft, nach Art. 56 StPO von sich aus in den Ausstand zu treten hat, wird die zum Entscheid über ein Ausstandsbegehren zuständige Behörde nur auf Gesuch einer Partei hin tätig (Art. 58 f. StPO; s.a. Urteil 1B_86/2011 vom 14. April 2011 E. 3.6). Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer mit seinen Rügen betreffend Verletzung von Art. 57 Abs. 2 StPO (recte wohl Art. 58 Abs. 2 StPO) durchzudringen. Da auf offensichtlich verspätete und/oder rechtsmissbräuchliche Ausstandsbegehren - wovon die Vorinstanz im vorliegenden Fall ohne Rechtsverletzung ausgehen durfte - nicht einzutreten ist, musste vorliegend kein Ausstandsverfahren durchgeführt werden (vgl. BGE 114 Ia 278 E. 1; Urteil 6B_720/2015 vom 5. April 2016 E. 5.5. mit Hinweisen).  
 
4.5. Unbehelflich ist auch das Vorbringen der fehlerhaften Gerichtsbesetzung der Vorinstanz, soweit die Beschwerde den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG insofern überhaupt zu genügen vermag. Der Beschwerdeführer hätte seine Einwände gegen die Zusammensetzung des Spruchkörpers nach der Mitteilung vom 11. Januar 2016 sofort geltend machen müssen, wenn er der Auffassung war, diese verstosse gegen das geltende Recht. Ausstandsbegehren sind ohne Verzug zu stellen (Art. 58 Abs. 1 StPO; vgl. Urteil 6B_1149/2014 vom 16. Juli 2015 E. 3.2). Das hat er, was die Vorinstanz ohne Willkür feststellen durfte, nicht getan. Im Übrigen ist ein unter Verletzung von Ausstandsvorschriften zustandegekommener Entscheid grundsätzlich nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Selbst eine fehlerhafte Spruchkörperzusammensetzung hätte daher, anders als der Beschwerdeführer meint, keine Nichtigkeit zur Folge.  
 
4.6. Zusammenfassend ist der Vorinstanz keine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG vorzuwerfen, wenn sie die Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend Ausstand und Gerichtsbesetzung als rechtsmissbräuchlich bzw. verspätet einstuft und sie auf das Ausstandsgesuch vom 15. August 2016 nicht eingetreten ist. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer rügt, der obergerichtliche Nichteintretensentscheid vom 26. Oktober 2016 verletze Art. 91 Abs. 2 StPO.  
 
5.2. Nach Art. 91 Abs. 2 StPO müssen Eingaben im Strafverfahren, analog wie beim Bundesgericht gemäss Art. 48 Abs. 1 BGG, am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben oder zu deren Handen der Schweizerischen Post, einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder, im Falle von inhaftierten Personen, der Anstaltsleitung übergeben werden.  
 
5.3. Die Nichtanhandnahmeverfügung vom 15. Oktober 2015 wurde dem Beschwerdeführer am 21. Oktober 2015 zugestellt. Die Frist lief damit, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Fristverlängerung über das Wochenende (vgl. Art. 90 Abs. 2 StPO) am 2. November 2015 ab. Das Obergericht ging davon aus, dass die Eingabe des Beschwerdeführers erst am 11. November 2015 der schweizerischen Post übergeben worden war.  
 
5.4. Indessen bestätigte die schweizerische Botschaft in Oslo, mit Mail vom 10. November 2016, den Eingang der Beschwerdeeingabe vom 30. Oktober 2015 am 2. November 2015. Der Beschwerdeführer musste nicht damit rechnen, dass der rechtzeitige Eingang der Beschwerde für das Obergericht nicht ersichtlich sein könnte, weil er offenbar von der schweizerischen Vertretung nicht für den Adressaten erkennbar vermerkt worden war. Da ihm daher erst der vorinstanzliche Entscheid Anlass gab, die rechtzeitige Übergabe an die schweizerische Vertretung in Oslo zu belegen, erweist sich die Nachreichung des entsprechenden Beweises als zulässig (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz ging demnach, selbst wenn es für sie nicht ersichtlich gewesen sein sollte, zu Unrecht davon aus, dass der Beschwerdeführer die Beschwerde vom 30. Oktober 2015 verspätet eingereicht hatte. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.  
 
6.  
Die Beschwerde ist damit teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Im Übrigen ist sie abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Der Beschwerdeführer wird im Umfang seines Unterliegens kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Praxisgemäss ist dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer, der auch keinen massgeblichen aussergewöhnlichen Aufwand zu belegen vermag, keine Entschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren zuzusprechen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf das gegen Richter und Gerichtsschreiber des Bundesgerichts gerichtete Ausstandsbegehren wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Oktober 2016 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. April 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill