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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
8C_165/2020  
 
 
Urteil vom 4. August 2020  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Grünvogel. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Pierre Derivaz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Dienststelle Wirtschaft und Arbeit (wira), Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern, Bürgenstrasse 12, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Einstellung in der Anspruchsberechtigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 10. Februar 2020 (5V 19 235). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1971 geborene A.________ arbeitete seit dem 1. Februar 2013 bei der B.________ AG. Sie kündigte ihm im August 2018 das Arbeitsverhältnis wegen Umstrukturierungen. Gleichzeitig bot sie ihm eine Weiterbeschäftigung bei veränderten Arbeitsbedingungen und reduziertem Lohn an. Dies lehnte er ab und meldete sich bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern zur Arbeitsvermittlung an. Die Kasse stellte ihn mit Verfügung vom 25. Februar 2019 wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit für die Dauer von 31 Tagen in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentagegelder ein. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 6. Juni 2019 fest. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 10. Februar 2020 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ um Rückweisung der Angelegenheit an das Kantonsgericht, eventualiter um Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheid und des Einspracheentscheids ersuchen. 
 
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (vgl. BGE 132 V 292 E. 3.3 S. 399), sowie eine offensichtlich unrichtige oder auf einer Verletzung von Art. 95 beruhende Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt werden. Eine Angemessenheitskontrolle ist dem Bundesgericht verwehrt; es überprüft zwar frei, ob der angefochtene Akt verhältnismässig ist (BGE 134 V 153 E. 4.2 S. 157), hingegen kann es nicht sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität) - an die Stelle desjenigen der zuständigen Behörden setzen (BGE 124 II 114 E. 1b S. 116 mit Hinweisen). 
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), weil sich das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid nicht mit sämtlichen Vorbringen ausdrücklich auseinandergesetzt habe, welche er als bei der Bemessung der Einstellungsdauer verschuldensmindernd zu berücksichtigen vorgetragen habe. So fänden sich im angefochtenen Entscheid unter anderem keine Ausführungen zum seit 2015 sukzessiv erfolgten Lohnabbau wie auch zum Umstand, dass ihn für drei schulpflichtige Kinder eine Unterhaltspflicht treffe. 
 
2.1. Ein Gericht muss sich in seinem Entscheid nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und diesen in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2 S. 70 f. mit Hinweisen).  
 
2.2. Diesen Anforderungen genügt die Begründung im angefochtenen Entscheid. Die Vorinstanz hat in Erwägung 9.2 ausgeführt, weshalb sie die von der Verwaltung festgelegte Einstelldauer von 31 Tagen bestätigte. Nämlich weil sie einerseits der Verwaltung ein gewisses Ermessen bei der Festlegung der Einstelldauer zugesteht und sich andererseits die verfügte Dauer, wenn auch am untersten Ende, so doch noch im Rahmen des vom Gesetzgeber bei der Aufgabe einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund Vorgesehenen (Art 30 Abs. 4 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 4 lit. a AVIV) bewegt. Umstände, die das Unterschreiten dieser Mindestdauer rechtfertigen könnten, vermochte das kantonale Gericht ausdrücklich nicht zu erkennen.  
 
3.   
Soweit der Beschwerdeführer in materieller Hinsicht die Auffassung vertritt, die eingangs erwähnten Gründe hätten zusammen mit der Erschwerung der Arbeitsbedingungen durch Schicht- und Pikettdienst und dem Abbau des Kündigungsschutzes zwingend zu einer tiefer ausfallenden Einstellung in der Anspruchsberechtigung führen müssen, kann ihm ebenso wenig gefolgt werden: 
 
3.1. Zwar trifft es zu, dass die Rechtsprechung ein Abweichen im Einzelfall von der in Art. 45 Abs. 4 lit. a AVIV vorgegebenen Regel zulässt, wonach die Aufgabe einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund als schweres Verschulden zu qualifizieren und demnach mit einer Einstellungsdauer von 31 bis 60 Tagen zu sanktionieren ist. Liegen besondere Umstände im Einzelfall vor, kann dieser Rahmen unterschritten werden. Vorausgesetzt ist dabei ein entschuldbarer Grund, der das Verschulden nicht als schwer, sondern lediglich als mittelschwer oder leicht erscheinen lässt. Wenn ein solcher Grund vorliegt, ist Art. 45 Abs. 4 AVIV nicht anwendbar und die Einstellungsdauer bemisst sich nach der allgemeinen Regel des Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG (BGE 130 V 125 E. 3.5 S. 131; THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 2524, Rz. 863 f.). Damit wird auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung getragen (vgl. NUSSBAUMER, a.a.O., S. 2525 Rz. 866; Urteile 8C_522/2018 vom 25. Juni 2019 E. 4.4; 8C_302/2019 vom 22. August 2019 E. 3.2).  
 
3.2. Es ist nicht einsichtig, weshalb der geltend gemachte progressive Lohnabbau seit 2015, verbunden mit dem Umstand einer Unterhaltspflicht für drei schulpflichtige Kinder, das Selbstverschulden geringer als von der Vorinstanz bestätigt erscheinen lassen sollte. Vielmehr muss sich der Beschwerdeführer die Frage gefallen lassen, weshalb er sich nicht bereits früher um eine neue, besser bezahlte Arbeitsstelle bemüht hat. Soweit seiner Stellensuche kein Erfolg beschieden war, durfte er nicht davon ausgehen, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch die Weigerung, einen neuen Arbeitsvertrag anzunehmen, zu erhöhen. Fehlte es bisher an Stellenbemühungen, entschuldigt dies ihn ebenso wenig.  
 
3.3. Liess sich der Beschwerdeführer bei der Nichtannahme des offerierten neuen Arbeitsvertrags tatsächlich von der finanziellen Not leiten, mit Eintritt in die Arbeitslosigkeit von der Arbeitslosenkasse mehr ausbezahlt zu bekommen (80 % des versicherten Verdienstes [Art. 22 Abs. 1 AVIG] als beim Verbleib an der bisherigen Arbeitsstelle (rund 71 % des versicherten Verdienstes), mag dies bis zu einem gewissen Grad verständlich sein, ändert aber am Gesagten nichts. Abgesehen davon hätte ihm die Arbeitslosenkasse nach eigenen Angaben nach dem Akzept des neuen Vertrags die Differenz ohnehin in Form von Kompensationszahlungen nach Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG in Verbindung mit Art. 41a Abs. 1 AVIV geleistet.  
 
3.4. Insgesamt bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was die vorinstanzliche Betrachtungsweise als rechtsfehlerhaft erscheinen lässt, was aber für ein Eingreifen des Bundesgerichts in die vom kantonalen Gericht bestätigte Einstellungsdauer erforderlich wäre (vgl. BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72 f.; Urteil 8C_331/2019 vom 18. September 2019 E. 3.2 mit Hinweisen).  
Insbesondere hilft auch der Hinweis auf die in BARBARA KUPFER BUCHER, Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung, 5. Auflage 2019, S. 242 zitierten drei Urteile nicht weiter, worin das Bundesgericht bei Versicherten, die - wie vorliegend - eine Arbeitsvertragsänderung mit Lohnkürzungen nicht akzeptiert hatten, eine Einstelldauer von 12 und 18 Tagen für rechtmässig erachtete. Denn diese Urteile stammen aus den Jahren 1954 bis 1986 und damit allesamt aus der Zeit vor Einführung der aktuell in Art. 45 Abs. 4 lit. a und b AVIV wiedergegebenen, seit 1. Januar 1996 geltenden Regel, wonach ein schweres Verschulden vorliegt, wenn die versicherte Person ohne entschuldbaren Grund eine zumutbare Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen Arbeitsstelle aufgegeben oder eine zumutbare Arbeitsstelle abgelehnt hat (zur aktuellen Verwaltungspraxis siehe sodann AVIG-Praxis ALE des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) Rz. 75 Ziff. 1.I). 
 
4.   
Bei diesem Ausgang des Verfahren sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. August 2020 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünvogel