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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 9/05 
 
Urteil vom 16. Juni 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Parteien 
Helsana Versicherungen AG, Birmensdorferstrasse 94, 8003 Zürich, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
betreffend B.________, 1994, vertreten durch seine Eltern 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 29. Oktober 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 17. September 2003 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich ein Gesuch von B.________ (geb. 26. April 1994) um medizinische Massnahmen zur Behandlung eines angeborenen Psychoorganischen Syndroms (POS) ab. Auf Einsprachen von B.________ und seiner Krankenkasse, der Helsana Versicherungen AG, bestätigte die IV-Stelle ihre Verfügung mit Entscheid vom 17. Dezember 2003. 
B. 
Die von der Helsana hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. Oktober 2004 ab. 
C. 
Die Helsana Versicherungen AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die IV-Stelle sei zur Übernahme medizinischer Massnahmen zu verpflichten. 
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während B.________, vertreten durch seine Eltern, um deren Gutheissung ersucht. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat die gesetzlichen Vorschriften zum Anspruch von Personen vor dem vollendeten 20. Altersjahr auf medizinische Eingliederungsmassnahmen (Art. 3 Abs. 2 ATSG, Art. 13 Abs. 1 IVG), zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 2 Abs. 3 GgV), namentlich bei angeborenem POS (Ziff. 404 GgV Anhang), sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 122 V 113) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Invalidenversicherung die medizinischen Massnahmen zur Behandlung des POS zu übernehmen hat. Dies kann nach Ziff. 404 GgV Anhang nur dann der Fall sein, wenn die Diagnosestellung und der Behandlungsbeginn vor dem vollendeten 9. Altersjahr, d.h. vor dem 26. April 2003, erfolgt sind. 
2.1 Die Vorinstanz hat die ärztlichen Akten beweismässig zutreffend gewürdigt, als sie zum Schluss kam, dass die Diagnose eines POS vor dem kritischen Zeitpunkt gestellt worden sei. In der Tat gab Dr. med. S.________, Kinderarzt FMH, in einem Bericht von Anfang September 2001 an, der Versicherte erfülle mittlerweile die Kriterien eines POS im Sinne der Invalidenversicherung. Ausserdem führte er das Geburtsgebrechen gemäss Ziff. 404 GgV Anhang ausdrücklich an. Dass er zugleich um Zustellung des POS-Fragebogens ersuchte, kann nur dahin verstanden werden, dass der Arzt sich seiner Diagnose eines POS sicher war. 
2.2 Das kantonale Gericht verneint die Leistungspflicht der Invalidenversicherung denn auch nicht wegen einer fehlenden oder verspäteten Diagnosestellung, sondern weil die POS-spezifische Behandlung nicht rechtzeitig begonnen habe. Es erwog, der Versicherte habe mit Verfügung vom 4. April 2001 für die Zeitspanne von Mai 2001 bis April 2003 eine Psychomotorik-Therapie zugesprochen erhalten. Diese Massnahme habe sich jedoch nicht spezifisch auf die Behandlung des erst später diagnostizierten POS, sondern eines Sprachgebrechens gerichtet. In einem Bericht vom 30. April 2003 habe Dr. S.________ sodann das Geburtsgebrechen gemäss Ziff. 390 GgV Anhang (angeborene cerebrale Lähmungen) als erfüllt betrachtet und eine Weiterführung der Psychomotorik-Therapie empfohlen. Auch wenn sich eine solche durchaus zur Behandlung eines POS eigne, sei sie vorliegend ebenso wie die Sprachtherapie nicht eigens zur Behandlung des POS, sondern anderer Gebrechen zugesprochen worden. Somit sei die Voraussetzung einer rechtzeitigen, POS-spezifischen Behandlung nicht erfüllt, weshalb die Invalidenversicherung nicht leistungspflichtig werde. 
2.3 Hiegegen macht die Beschwerde führende Krankenkasse geltend, die Psychomotorik sei unbestrittenermassen zur Behandlung des POS geeignet. Es sei überspitzter Formalismus, eine laufende derartige Therapie nur deshalb nicht anzuerkennen, weil sie sich vor der POS-Diagnose auf die Behandlung anderer Leiden gerichtet habe. Es mache keinen Sinn, eine Behandlung zu unterbrechen, um sie hernach als Massnahme gegen eine neue Krankheit wieder aufzunehmen. Vorliegend stehe fest, dass die streitige Therapie zwar nicht ausschliesslich, aber doch eindeutig auch der Behandlung des rechtzeitig diagnostizierten POS gedient habe. 
2.4 Im Bericht vom September 2001 schreibt Dr. S.________, dass der Versicherte die Kriterien des POS mittlerweile erfülle. Sonderschulische Massnahmen seien auf jeden Fall erforderlich. Die bestehende logopädische Therapie müsse weitergeführt werden, die Psychomotorik-Therapie sei indiziert. Im POS-Fragebogen vom 1. November 2001 nennt er Psychomotorik und Logopädie als bisherige Therapien und führt aus, dass die Psychotherapie von der Invalidenversicherung übernommen werden sollte. Im Bericht vom 23. September 2003 gibt er an, als medizinische Massnahme, welche einerseits zur Behandlung der Bewegungsstörung, anderseits zur Behandlung des POS eingeleitet worden sei, habe der Versicherte eine Psychomotorik-Therapie erhalten. 
2.5 Auf Grund dieser Akten steht fest, dass die Psychomotorik-Therapie auch wegen des POS durchgeführt wird. Im Fragebogen zum POS gibt Dr. S.________ an, dass die genannte Vorkehr von der Invalidenversicherung übernommen werden sollte. Er bringt damit die streitige Therapie mit dem erwähnten Leiden in Zusammenhang. Angesichts der Tatsache, dass sich der entsprechende Fragebogen ausschliesslich auf das Geburtsgebrechen nach Ziff. 404 GgV Anhang bezog, erscheint es in der Tat überspitzt formalistisch, die Psychomotorik-Therapie als nicht POS-spezifische Behandlung anzusehen. Selbst wenn sie auch gegen andere Leiden des Versicherten gerichtet war, ist spätestens seit dem 1. November 2001 und somit vor dem kritischen Zeitpunkt des vollendeten 9. Altersjahres klar, dass sie auch zur Behandlung des POS diente. Die medizinische Aktenlage lässt keine andere Schlussfolgerung zu. Daher hat die Invalidenversicherung die streitigen Massnahmen zu übernehmen. 
3. 
Der Streit zwischen zwei Versicherern über Leistungen an einen gemeinsamen Versicherten ist kostenpflichtig (BGE 120 V 494 Erw. 3, 119 V 222 Erw. 4b), weshalb die unterliegende Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, da beide Versicherer als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisationen gehandelt haben (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 126 V 150 Erw. 4a). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Oktober 2004 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 17. Dezember 2003 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung des Geburtsgebrechens nach Ziff. 404 GgV Anhang hat. 
2. 
Die Gerichtskosten von total Fr. 3000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 3000.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherung und B.________ zugestellt. 
Luzern, 16. Juni 2005 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: