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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 584/05 
 
Urteil vom 5. Dezember 2005 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Schön und Frésard; Gerichtsschreiber Flückiger 
 
Parteien 
R.________, 1947, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Erich Leuzinger, Hauptstrasse 47, 8750 Glarus, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Glarus, Zwinglistrasse 6, 8750 Glarus, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, Glarus 
 
(Entscheid vom 28. Juni 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1947 geborene R.________ meldete sich am 29. April 1997 erstmals - insbesondere unter Hinweis auf Kopfschmerzen und Rückenbeschwerden (Versteifung der Wirbelsäule) - bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Glarus holte unter anderem ein Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle am Spital X.________ (MEDAS) vom 6. Mai 1998 ein. Anschliessend verneinte sie mit Verfügung vom 1. September 1998 einen Rentenanspruch, was das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 23. Mai 2000 bestätigte. 
 
Am 8. April 2004 beantragte die Versicherte erneut IV-Leistungen. Sie gab an, insbesondere unter zervikalen Kopfschmerzen, Ohnmachtsanfällen, Knochen-, Gleichgewichts- und Kraftproblemen sowie Schwindel zu leiden. Die Beschwerden hätten sich seit etwa zwei Jahren verschlimmert. Die IV-Stelle holte Auskünfte der Arbeitgeberinnen Firma Y.________ AG vom 19. April 2004 und Firma Z.________ AG vom 13. September 2004, einen Bericht des Dr. med. G.________, prakt. Arzt, vom 4. Mai 2004 sowie eine Stellungnahme des IV-internen regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) vom 12. November 2004 ein. Daraufhin lehnte sie es mit Verfügung vom 17. November 2004 wiederum ab, eine Rente auszurichten, was mit Einspracheentscheid vom 28. Dezember 2004 bestätigt wurde. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus ab (Entscheid vom 28. Juni 2005). Im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens hatte die Versicherte Berichte des Dr. med. N.________, Italien, vom 12. Mai 2003 (über die Folgen eines Verkehrsunfalls vom 14. Januar 2003) sowie des Spitals Q.________, Radiologie, vom 19. Mai 2005 auflegen lassen. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________ die Zusprechung der "gesetzlichen Rentenleistungen nach IVG", eventuell die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz oder die Beschwerdegegnerin beantragen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG), die Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG; BGE 130 V 348 f. Erw. 3.4 mit Hinweisen), die Aufgabe des Arztes oder der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (vgl. auch BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) sowie den Beweiswert und die Würdigung medizinischer Berichte und Gutachten (vgl. auch BGE 125 V 352 Erw. 3) zutreffend dargelegt. Richtig ist auch, dass eine neue Anmeldung nach vorgängiger rechtskräftiger Ablehnung eines Leistungsgesuchs wegen zu geringen Invaliditätsgrades nur geprüft wird, wenn eine zwischenzeitliche anspruchserhebliche Änderung des Invaliditätsgrades glaubhaft gemacht wird (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV), wobei mutatis mutandis dieselben Gesichtspunkte massgebend sind wie bei der Revision einer laufenden Rente (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Zu präzisieren ist, dass gemäss neuer Rechtsprechung der Zeitraum seit der letzten rechtskräftigen Ablehnung eines Gesuchs, auf welches eingetreten wurde, die massgebende Vergleichsbasis darstellt (BGE 130 V 71). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist der Rentenanspruch. Dieser hängt davon ab, ob sich der Invaliditätsgrad während des Zeitraums zwischen dem Erlass der Verfügung vom 1. September 1998 und dem Einspracheentscheid vom 28. Dezember 2004 in einer anspruchserheblichen Weise verändert hat. 
3. 
Bei der seinerzeitigen Anspruchsbeurteilung gingen Verwaltung und kantonales Gericht in medizinischer Hinsicht von einer 70%igen Arbeitsfähigkeit in einer wechselbelastenden, rückenadaptierten, körperlich weniger anspruchsvollen Tätigkeit aus, welche kein regelmässiges Arbeiten über Kopf erfordert. Diese Zumutbarkeitsbeurteilung stützte sich auf das Gutachten der MEDAS vom 6. Mai 1998, welches als Hauptdiagnosen ein chronisches zervikozephales Syndrom links, ein diffuses chronisches panvertebrales Schmerzsyndrom der linken Körperhälfte, eine chronische Periarthropathia humeroscapularis calcarea des supraspinatus sowie eine psychische Überlagerung von körperlichen Beschwerden bei Störung der Persönlichkeitsentwicklung nennt. Dr. med. G.________, der die Patientin schon damals behandelte, hatte in einem Bericht vom 18. Juni 1997 eine zervikale Migräne, eine chronische Depression, eine Periarthropathia humero-scapularis links sowie ein zerviko-vertebrales Syndrom diagnostiziert und die Arbeitsfähigkeit seit 24. Februar 1997 auf 50 % beziffert. 
 
Im Rahmen des Einkommensvergleichs setzte die IV-Stelle das Valideneinkommen auf Fr. 34'591.- fest (1995 erzielter Lohn als Spulerin in der Spinnerei L.________ AG von Fr. 33'740.-, angepasst an die Lohnentwicklung bis 1998), während das Invalideneinkommen mit Fr. 23'628.- beziffert wurde, entsprechend dem Einkommen in einer zu 70 % ausgeübten Tätigkeit aus den Bereichen Verpackungsarbeiten, Elektronikmontage, Hilfsarbeiten oder leichte Reinigungsarbeiten. Das kantonale Gericht zog in seinem die Verfügung vom 1. September 1998 bestätigenden Entscheid vom 23. Mai 2000 auch eine Bemessung des Invalideneinkommens auf der Grundlage von Tabellenlöhnen (Werte der schweizerischen Lohnstrukturerhebung 1994, Wert für einfache Hilfsarbeiten in der Region Glarus, Tabelle A 5.2.1) in Betracht, was - ebenfalls bei einem Pensum von 70 % und unter Berücksichtigung eines prozentualen Abzugs (vgl. BGE 126 V 75) von 25 % - einen Betrag von Fr. 21'400.- und einen Invaliditätsgrad von 38 % ergab. Es fügte bei, somit führe auch eine "vorsichtigere" Berechnung im Einkommensvergleich nicht zu einem rentenbegründenden Invaliditätsgrad. 
4. 
4.1 In der Neuanmeldung vom 8. April 2004 nannte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die im Gutachten der MEDAS vom 6. Mai 1998 erwähnten Symptome, erklärte jedoch, diese bestünden seit ca. zwei Jahren in der jetzigen, verschlimmerten Art. Der daraufhin eingeholte Bericht des Dr. med. G.________ vom 4. Mai 2004 nennt als Diagnosen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ein chronisches zervikozephales Vertebral-Syndrom, eine psychische Überlagerung der Beschwerden sowie eine chronische Periathropathia humeroscapularis. Weiter wird ausgeführt, die Patientin klage nach wie vor über ihre chronischen rezidivierenden Beschwerden im Hals-, Nacken- und Wirbelsäulenbereich. Nach einem am 14. Januar 2003 in Italien erlittenen Autounfall habe sie eine stärkere Zunahme der Rückenbeschwerden sowie Schulterschmerzen angegeben. Einige Monate später habe sie der bisherigen Arbeit wieder nachgehen können. Morgens träten Schwindelanfälle auf, welche eine Aufnahme der Arbeit erst am Nachmittag zuliessen. Eine spezialärztliche Untersuchung in Bezug auf die Nackenbeschwerden erscheine im Moment nicht als angebracht, da der Befund praktisch unverändert sei im Vergleich zum Zustand vor drei bis vier Jahren. Die bisherige Tätigkeit als Reinigungsangestellte sei zu maximal vier Stunden pro Tag, immer nachmittags, weiterhin zumutbar (Arbeitsunfähigkeit 50 %). Des Weiteren wird bezüglich der Arbeitsfähigkeit auf die Begutachtung durch die MEDAS vom 6. Mai 1998 verwiesen. Der RAD gelangte gestützt auf diesen Bericht sowie die Auskünfte der Arbeitgeberin Firma Y.________ AG vom 19. April 2004, wo die Versicherte seit September 2001 während durchschnittlich rund drei Stunden pro Woche arbeitete, zum Ergebnis, es sei von einem unveränderten Gesundheitszustand und einer unveränderten Restarbeitsfähigkeit auszugehen. Die Vorinstanz ist dieser Beurteilung gefolgt. 
4.2 Dr. med. G.________ erklärte ausdrücklich, der Befund sei im Vergleich zu demjenigen vor drei oder vier Jahren praktisch unverändert. Der Unfall vom 14. Januar 2003 hat nach seiner Aussage nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung geführt. Er schildert weitgehend dieselben Symptome wie in seinem früheren Bericht und gibt auch denselben Grad der Arbeitsfähigkeit an, wobei er diesbezüglich ausserdem auf das MEDAS-Gutachten vom 6. Mai 1998 verweist. Die Angaben der Beschwerdeführerin, ihr Gesundheitszustand habe sich rund zwei Jahre vor der Neuanmeldung verschlechtert, werden somit durch Dr. med. G.________ nicht gestützt. Auf Grund dieser Stellungnahme ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass das Zumutbarkeitsprofil während des relevanten Zeitraums im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Der Bericht der Abteilung Radiologie am Spital Q.________ vom 19. Mai 2005 ist ebenfalls nicht geeignet, eine Veränderung des Gesundheitszustandes, welche bis zum Einspracheentscheid vom 28. Dezember 2004 anspruchswirksam geworden wäre, als überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn Verwaltung und Vorinstanz eine erhebliche Veränderung des Gesundheitszustandes und der daraus abzuleitenden Zumutbarkeitsbeurteilung verneinten. 
 
5. 
Nach dem Gesagten ist das Zumutbarkeitsprofil während des in Frage stehenden Zeitraums vom 1. September 1998 bis 28. Dezember 2004 im Wesentlichen konstant geblieben. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das Verhältnis zwischen den beiden Vergleichseinkommen trotzdem in anspruchserheblichem Umfang verändert hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich das Valideneinkommen, welches ursprünglich auf der Basis des 1995, vor Eintritt des Gesundheitsschadens, erzielten Verdienstes aus der Tätigkeit als Spulerin bestimmt wurde, und das Invalideneinkommen, dem das kantonale Gericht in seinem Entscheid vom 23. Mai 2000 den Wert der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 1994 für in der Region Glarus ausgeübte einfache Hilfsarbeiten zu Grunde legte, in einer vergleichbaren Weise entwickelt haben. Eine erhebliche Veränderung des Invaliditätsgrades ist daher zu verneinen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, der Ausgleichskasse Textil, Zürich, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 5. Dezember 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: