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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_235/2018  
 
 
Urteil vom 2. Juli 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Christian Haidlauf, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse Basel-Stadt, 
Wettsteinplatz 1, 4058 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 11. Oktober 2017 (AH.2017.6). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (geb. 1945) schuldete der Ausgleichskasse Basel-Stadt sowie der Familienausgleichskasse Basel-Stadt als ehemaliges Organ der konkursiten B.________ GmbH Schadenersatz in der Höhe von insgesamt Fr. 67'008.85 (Fr. 60'749.10 [Ausgleichskasse] resp. Fr. 6'259.75 [Familienausgleichskasse]) für unbezahlt gebliebene Sozialversicherungsbeiträge der Jahre 2005 und 2006 (Verfügung der Ausgleichskasse vom 10. November 2006). Zwischen 2006 und 2016 tilgte er diese Schuld teilweise. Nachdem A.________ die Ratenzahlungen eingestellt hatte, verfügte die Ausgleichskasse am 4. Juli 2016 die Verrechnung der ausstehenden Schadenersatzforderung in Höhe von Fr. 23'958.85 mit einem Teil seiner AHV-Rente in Höhe von Fr. 500.- pro Monat. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 20. April 2017 fest. 
 
B.   
Die von A.________ gegen den Einspracheentscheid vom 20. April 2017 erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 11. Oktober 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 11. Oktober 2017 aufzuheben, und festzustellen, dass die Verrechnung unrechtmässig sei. Ausserdem beantragt er, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Feststellungsbegehren sind im Verhältnis zu Leistungs- oder Gestaltungsbegehren subsidiär. Sie sind im bundesgerichtlichen Verfahren nur zulässig, sofern an der Feststellung ein schutzwürdiges Interesse besteht und dieses nicht ebenso gut mit einem Leistungsbegehren gewahrt werden kann (BGE 142 V 2 E. 1.1 S. 4; Urteil 8C_237/2017 vom 4. Oktober 2017 E. 1). Vorliegend hat die Ausgleichskasse die Verrechnung ihrer Schadenersatzforderung mit der Rente des Beschwerdeführers verfügt, aber (noch) nicht vollzogen, und es kommt demnach ein Leistungsbegehren (auf Ausrichtung der Rente ohne Verrechnung) nicht in Frage. Der Beschwerdeführer hat zudem ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung der Rechtmässigkeit der Verrechnung, so dass sein Feststellungsbegehren zulässig ist (vgl. auch BGE 136 V 286 Sachverhalt lit. B. S. 287 und E. 4.1 S. 288). 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt. Konkret habe sie ihre Begründungspflicht verletzt, indem sie sich mit seinem Vorbringen nicht befasst habe, wonach eine Verrechnung mangels versicherungsrechtlichen Konnexes zwischen der Schadenersatzforderung und seiner AHV-Rente unzulässig sei.  
Das kantonale Gericht genügt seiner Begründungspflicht, wenn es sich zu den für seinen Entscheid wesentlichen Punkten äussert (vgl. etwa BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237 mit Hinweisen). Gemäss Art. 20 Abs. 2 lit. a AHVG können mit fälligen Leistungen namentlich Forderungen aufgrund dieses Gesetzes verrechnet werden. Ein darüber hinausgehender versicherungsrechtlicher Konnex wird nicht verlangt. Entsprechend ist die Verrechnung von Schadenersatzforderungen der Ausgleichskassen im Sinne von Art. 52 AHVG mit laufenden Renten der ersatzpflichtigen Person nach Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich - soweit durch die Verrechnung das betreibungsrechtliche Existenzminimum der versicherten Person nicht tangiert wird - zulässig (BGE 136 V 286 E. 4.1 S. 288, E. 6.1 S. 291 mit Hinweisen; 107 V 72; MARCO REICHMUTH, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, Rz. 1256; THOMAS NUSSBAUMER, Das Schadenersatzverfahren nach Art. 52 AHVG, in: Aktuelle Fragen aus dem Beitragsrecht der AHV, 1998, S. 122). Die Vorinstanz durfte daher auf weitere Ausführungen verzichten. 
 
2.2. Sodann rügt der Beschwerdeführer, entgegen der Vorinstanz gelte für Schadenersatzforderungen gemäss Art. 52 AHVG eine absolute Vollstreckungsverwirkung von zehn Jahren. Diese sei abgelaufen.  
 
2.2.1. In BGE 131 V 4 erkannte das Bundesgericht, die Schadenersatzforderung nach Art. 52 AHVG unterliege nebst der Festsetzungsverjährung auch der "Vollstreckungsverwirkung". Hierzu äussere sich Art. 52 Abs. 3 AHVG nicht. Sinn und Zweck von Art. 52 AHVG werde eine "Vollstreckungsverwirkungsfrist" von zehn Jahren - analog Art. 137 Abs. 2 OR - am besten gerecht (a.a.O. E. 3.4 S. 7 f. mit ausführlicher Begründung). Ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Änderung dieser Rechtsprechung (vgl. dazu etwa BGE 143 V 269 E. 4 S. 277 mit Hinweis) gegeben sind, kann - insbesondere auch mit Blick auf die bereits in BGE 131 V 4 berücksichtigten Materialien (Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht, vertiefte Stellungnahme des Bundesrates vom 17. August 1994, BBl 1994 V 921 ff., 983 f.) - offen bleiben; ebenso die Frage nach der (absoluten oder relativen) Natur der "Vollstreckungsverwirkung" von Schadenersatzforderungen nach Art. 52 AHVG.  
 
2.2.2. Letztinstanzlich bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass die zehnjährige "Vollstreckungsverwirkungsfrist" im resp. Ende Dezember 2016 endete. Mit ihrer Verfügung vom 4. Juli 2016 (vgl. oben Sachverhalt lit. A) nahm die Ausgleichskasse eine Vollstreckungshandlung vor, womit sie diese Frist gewahrt hat (zur Wahrung einer zehnjährigen Verwirkungsfrist durch jegliche Vorkehren zur Durchsetzung der rechtskräftig festgesetzten Forderung vgl. etwa BGE 127 V 209 E. 2b S. 211 f.; zur - endgültigen - Fristwahrung durch Tätigwerden des Berechtigten vgl. ausserdem ANDRÉ PIERRE HOLZER, Verjährung und Verwirkung der Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, 2005, S. 40). Daran ändert auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts, wonach Verwirkungsfristen nicht unterbrochen werden können, ist doch die von ihm angesprochene  Fristunterbrechung von der hier vorliegenden  Fristwahrung zu unterscheiden.  
 
2.2.3. Bei dieser Rechtslage erübrigen sich Weiterungen zur Frage nach der Anwendbarkeit der Streitwertgrenze gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG sowie (analog) der Sätze 2-5 von Art. 16 Abs. 2 AHVG.  
 
3.   
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos. 
 
4.   
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Juli 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald