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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_361/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 22. Oktober 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Staatssekretariat für Migration, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Weber, 
Beschwerdegegner, 
 
Migrationsamt des Kantons Solothurn. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. März 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (Kroate, 1990) reiste am 1. Juni 1994 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt zunächst eine Aufenthalts-, ab November 2001 eine Niederlassungsbewilligung. 
Am 22. März 2012 wurde A.________ wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger schwerer Körperverletzung, fahrlässiger einfacher Körperverletzung, mehrfacher grober Verletzung von Verkehrsregeln und mehrfacher einfacher Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, unbedingt für 12 Monate, bei einer Probezeit von zwei Jahren für den bedingten Teil von 24 Monaten und zu einer Busse von Fr. 200.-- verurteilt. Das Bundesgericht wies am 6. Mai 2013 (Urteil 6B_461/2012) die Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 22. März 2012 ab. Die Freiheitsstrafe verbüsste A.________ in Form von Electronic Monitoring; sie endete am 17. September 2014. 
 
B.   
Am 28. Oktober 2013 widerrief das Migrationsamt des Kantons Solothurn (nachfolgend: Migrationsamt) die Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn an, die Schweiz am Tag der Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen. A.________ erhob dagegen Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Dieses hiess die Beschwerde gut, hob die Verfügung auf und wies die Angelegenheit an das Migrationsamt zur Verwarnung von A.________ zurück. Ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung sei - auch wenn die Tat schwer wiege - angesichts einer einmaligen Verurteilung, seiner langer Aufenthaltsdauer und seines Freundeskreises in der Schweiz sowie seiner nur rudimentären Beziehung zu seinem Heimatland unverhältnismässig. 
 
C.   
Das Bundesamt für Migration (ab 1.1.2015: SEM) erhob am 11. April 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. März 2014 aufzuheben. 
 
D.   
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und der Beschwerdegegner beantragen Abweisung der Beschwerde. Dieser beantragt zudem unentgeltliche Rechtspflege. Das Migrationsamt verweist auf seine Verfügung vom 28. Oktober 2013, stellt aber keinen Antrag. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Gegen den Widerruf einer ausländerrechtlichen Bewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zulässig, ungeachtet davon, ob sie auf einem Rechtsanspruch beruht (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteile 2C_207/2014 vom 6. März 2014 E. 2.1; 2C_235/2012 vom 13. März 2013 E. 1.1).  
 
1.2. Beschwerden sind primär zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), sei es insgesamt, sei es unter bestimmten Voraussetzungen hinsichtlich eines Teils (Art. 91 BGG). Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Rückweisungsentscheid, denn der angefochtene Entscheid weist die Sache an das Migrationsamt zur Verwarnung des Beschwerdegegners zurück. Solche Rückweisungsentscheide gelten grundsätzlich als Zwischenentscheide, weil sie das Verfahren nicht abschliessen (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127; 133 V 477 E. 4 S. 480-482). Anders verhält es sich bloss, wenn der unteren Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr bleibt und die Rückweisung bloss der einfachen (rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient, das Resultat insofern definitiv feststeht; diesfalls liegt ein Endentscheid vor (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127). Ausgehend vom Zweck von Art. 93 BGG stellt ein Rückweisungsentscheid allein dann keinen Zwischenentscheid dar, wenn ausgeschlossen werden kann, dass das Bundesgericht sich ein zweites Mal mit der Streitsache befassen muss (Urteil 2C_394/2015 vom 4. Juni 2015 E. 2.1). Ein solcher Fall liegt hier vor, kann doch das Migrationsamt nur noch die Verwarnung aussprechen.  
 
1.3. Gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 14 Abs. 2 OV-EJPD (SR 172.213.1) ist das BFM zur Beschwerdeerhebung berechtigt (vgl. Urteil 2C_861/2013 vom 11. November 2013 E. 1, nicht publ. in: BGE 140 II 74; siehe auch 2C_969/2013 & 2C_985/2013 vom 19. Juli 2014 E. 5.1.1); die Beschwerde ist auch rechtsgültig unterzeichnet.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdegegner ist Kroate. Kroatien ist seit dem 1. Juli 2013 Mitglied der Europäischen Union. Aufgrund von Art. 121a Abs. 4 BV wurde das FZA bisher noch nicht auf Kroatien ausgedehnt. Insofern richtet sich der Aufenthalt nach dem AuG (SR 142.20).  
 
2.2. Nach Art. 63 Abs. 2 AuG kann die Niederlassungsbewilligung von Ausländerinnen und Ausländern, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, nur widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet (Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG) oder zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Artikel 64 oder Artikel 61 des Strafgesetzbuches angeordnet wurde. Nicht strittig ist hier, dass der Beschwerdegegner mit einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe i.S. von Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 lit. b AuG verurteilt wurde. Insofern liegt ein Widerrufsgrund vor.  
 
2.3. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss in jedem Fall verhältnismässig sein (vgl. dazu BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381). Dabei sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381; vgl. auch das Urteil des EGMR i.S.  Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06], Ziff. 53 ff. bezüglich der Ausweisung eines in Deutschland geborenen, wiederholt straffällig gewordenen Tunesiers). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit ist dies jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn er hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und das bereits zitierte EGMR-Urteil  Trabelsi ). Bei schweren Straftaten und bei Rückfall bzw. wiederholter Delinquenz besteht grundsätzlich ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die Anwesenheit eines Ausländers zu beenden, der die Sicherheit und Ordnung derart beeinträchtigt (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.4 und 2.5 S. 149 ff.; das Urteil 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 137 II 233 ff.; BGE 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190 f.). Bei schweren Straftaten muss zum Schutz der Öffentlichkeit ausländerrechtlich selbst ein geringes Restrisiko weiterer Beeinträchtigungen wesentlicher Rechtsgüter nicht in Kauf genommen werden (BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 20).  
 
3.   
 
3.1. Aus dem vorinstanzlich festgestellten, für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhalt ergibt sich Folgendes (siehe auch Urteil 6B_461/2012 vom 6. Mai 2013 E. 5.2 ff.) : Der Beschwerdegegner ist am 8. November 2008 in einem Pulk von drei Autos von Aarau nach Schönenwerd mit massiv übersetzter Geschwindigkeit, mit riskanten Überholmanövern "gerast", wobei der führende Autolenker einen tödlichen Unfall verursachte; erst kurz vor der Kollision (ca. 130 Meter) haben sich der Beschwerdegegner und ein weiterer Beteiligter aus dem Pulk durch Abbremsen zurückgezogen. Trotzdem sind das zuvor praktizierte nahe Auffahren und Mitrasen für den Unfallverursacher motivierend gewesen und stellen insofern eine Mitursache für den Eintritt des tödlichen Unfalls dar; durch das Verhalten aller drei Fahrer ist es letztendlich dem Zufall überlassen gewesen, welcher der drei an welchem Ort einen Unfall verursachen würde.  
 
3.2. Das Bundesgericht hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem ausländerrechtlichen Widerruf von Niederlassungsbewilligungen bei "Rasern" oder Personen, die in Autorennen verwickelt waren, auseinandergesetzt:  
 
3.2.1. Dem Urteil 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 lag grundsätzlich der gleiche Sachverhalt wie der vorliegende zugrunde, allerdings war der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Unfallverursachers, auf den zudem das FZA anwendbar war, zu beurteilen. Dieser wurde zu sechs Jahren Freiheitsstrafe wegen (eventual) vorsätzlicher Tötung, (eventual) vorsätzlicher schwerer und einfacher Körperverletzung sowie mehrfacher grober Verletzung der Verkehrsregeln verurteilt. Angesichts der Tatsache, dass aufgrund von zwei verkehrspsychologischen Gutachten die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Delinquenz (Rückfallgefahr) als gering befunden wurde und der Unfallverursacher zudem in der Schweiz geboren, aufgewachsen, familiär, sozial und beruflich mit Lehrabschluss integriert ist und zu seinem Heimatland keinen Bezug mehr hat, überwogen die privaten die öffentlichen Interessen.  
 
3.2.2. Dem Urteil 2C_889/2012 vom 14. März 2013 lagen mehrere über drei Jahre verteilte strafrechtlich relevante Handlungen zugrunde: Mit Strafverfügung vom 4. Oktober 2007 wurde der Ausländer wegen Überschreitens der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit ausserorts und auf Autostrassen um 47 km/h mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 80.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren und mit einer Busse von Fr. 800.-- und am 7. Juli 2009 wegen Missachtens des Vortritts gegenüber Fussgängern auf dem Fussgängerstreifen, mehrfachen Fahrens eines Personenwagens in angetrunkenen Zustand, mehrfacher Überschreitung der allgemeinen und signalisierten Höchstgeschwindigkeit innerorts und ausserorts (mehrmals 200 km/h), Nichtbeherrschen des Fahrzeugs, Nichttragen der Sicherheitsgurten, Lenkens eines Personenwagens unter Drogeneinfluss, mehrfachen Führens eines Personenwagens trotz entzogenem Führerausweis, Entwendens eines Personenwagens zum Gebrauch sowie wegen mehrfachen Kaufs, Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln zu einer teilbedingten Gefängnisstrafe von 2 Jahren, wovon 18 Monate bei einer Probezeit von 3 Jahren aufgeschoben wurden, sowie einer Busse von Fr. 1'500.-- verurteilt. In der Interessenabwägung überwogen die öffentlichen Interessen (er war arbeitslos, keine Ausbildung, insofern nicht beruflich integriert). Der Antrag auf Verwarnung wurde abgewiesen, da er sich durch frühere Verurteilungen und Anhaltungen (Verwarnung) nicht beeindrucken liess und erneut delinquierte.  
 
3.2.3. Dem Urteil 2C_965/2011 vom 26. Juni 2012 lagen unzählige strafrechtlich relevante, während mehreren Jahren verübte Verfehlungen zugrunde: Neben Geschwindigkeitsüberschreitungen auch Verurteilungen wegen Raubes, Drohung, versuchter Nötigung, Vergehen gegen das Waffengesetz. Letztlich waren die Geschwindigkeitsüberschreitungen von untergeordneter Bedeutung.  
 
3.2.4. Dem Urteil 2C_679/2011 vom 21. Februar 2012 lagen wiederum mehrere während rund 11 Jahren begangene Delinquenzen, neben der Beteiligung an Raserrennen (18 Monate Freiheitsentzug) u.a. Hausfriedensbruch, Diebstahl, Sachbeschädigungen, Übertretungen gegen das BetmG sowie falscher Anschuldigungen, Anstiftung zur Irreführung der Rechtspflege, mehrfacher und grober Verletzung der Verkehrsregeln (Rasen innerorts 2007 und 2008) und mehrfachen Fahrens trotz Führerausweisentzugs (14 Monate Freiheitsstrafe) zugrunde. Insgesamt überwogen die öffentlichen Interessen.  
 
3.2.5. Schliesslich lagen dem Urteil 2C_218/2010 vom 27. Juli 2010 neben einem Autorennen mit massiver übersetzter Geschwindigkeit mit dem Tod des Beifahrers des Ausländers (5 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe) u.a. Diebstahl, Veruntreuung, Übertretungen des BetmG zugrunde. Dabei delinquierte dieser über einen Zeitraum von rund fünf Jahren. Insgesamt überwogen auch hier die öffentlichen Interessen; gewichtig war auch, dass der Ausländer einen Teil seiner Jugend in seinem Heimatland verbracht hatte.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz ist gestützt auf das obergerichtliche Strafurteil vom 22. März 2012 insgesamt von einem erheblichen Verschulden ausgegangen, weshalb der Beschwerdeführer ja auch der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen schweren und einfachen Körperverletzung, der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln sowie der mehrfachen einfachen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig gesprochen worden und zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist (vgl. Urteil 6B_461/2012 vom 6. Mai 2013 Lit. B.b.). Die Straftaten sind gravierend: In Bezug auf die fahrlässige Tötung und die fahrlässige Körperverletzung stellte das obergerichtliche Strafurteil eine mittelschwere Straftat fest; etwas strafmildernd wurde das Abbremsen bei der Dorfeinfahrt beurteilt. In Bezug auf die groben Verkehrsregelverletzungen erachtete das Strafurteil eine sehr hohe Tatschwere. Straferschwerend war zudem das Verhalten des Beschwerdegegners unmittelbar nach der Tat, wonach er zuerst sein Auto nach Hause gefahren und sich danach am Unfallort unter die Zuschauer gemischt hat.  
 
4.2. Die Vorinstanz ist zum Schluss gekommen, dass es sich insgesamt  nicht um eine besonders schwere Straftat handle. Der Beschwerdeführer vertritt dagegen die gegenteilige Auffassung und schliesst daraus, dass damit die öffentlichen Interessen in jedem Fall überwiegen.  
Das Bundesgericht hat sich bisher noch nicht explizit zum Begriff der schweren Straftat geäussert, hat aber einige Anhaltspunkte geliefert: So gelten als schwere Straftaten in der Regel "Drogendelikte aus rein finanziellen Motiven" (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 20 m.w.H., ständige Rechtsprechung), Sexualdelikte an Kindern und Jugendliche (vgl. Urteile 2C_516/2014 vom 24. März 2015 E. 4.1; 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 137 II 233), Gewaltdelikte (Urteil 2C_898/2014 vom 6. März 2015 E. 3.2), Raub (Urteil 2C_734/2014 vom 2. Februar 2015 E. 3.2). Ferner bietet Art. 121 Abs. 3 BV weitere Hinweise für schwere Straftaten (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.5 S. 151; 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34; Urteile 2C_516/2014 vom 24. März 2015 E. 4.1; 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 137 II 233; Urteile 2C_898/2014 vom 6. März 2015 E. 3.2; 2C_734/2014 vom 2. Februar 2015 E. 3.2), sollen doch Ausländer, welche wegen einer der enumerierten strafbaren Handlungen verurteilt worden sind, grundsätzlich (dazu BGE 139 I 16 E. 4 und 5 S. 23 ff.) ohne weiteres aus der Schweiz ausgewiesen werden. 
 
4.3. In Bezug auf die fahrlässige Tötung, die fahrlässige schwere und einfache Körperverletzung ist die Vorinstanz mit dem obergerichtlichen Strafurteil von einer mittelschweren Straftat ausgegangen. Diese Einschätzung aus ausländerrechtlicher Sicht deckt sich mit Art. 121 Abs. 3 BV, der die Körperverletzung nicht aufführt. Auch in Bezug auf die mehrfach groben und mehrfach einfachen Verletzungen der Verkehrsregeln deckt sich die vorinstanzliche Wertung mit den Wertungen von Art. 121 Abs. 3 BV; SVG-Delikte sind nicht aufgeführt. Auch wenn das Verschulden schwer ist, folgt daraus - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht, dass die konkrete Straftat schwer ist. Die vom Beschwerdeführer aufgeführten, ab 1. Januar 2013 geltenden Strafbestimmungen des Art. 90 SVG sind entsprechend des intertemporalen Grundsatzes, wonach nach den neuen Bestimmungen nur beurteilt wird, wer nach dessen Inkrafttreten eine entsprechende Handlung begeht (Art. 333 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 StGB), unbeachtlich. Abgesehen davon hat der Verfassungsgeber die SVG-Wertung nicht in Art. 121 Abs. 3 BV transferiert. Hinzuweisen ist diesbezüglich auch, dass der Beschwerdegegner seine Strafe in Form von Electronic Monitoring (d.h. ein Vollzug ausserhalb der Vollzugseinrichtung, vgl. dazu https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/sicherheit/smv/e-monitoring.html ) verbüsst; auch die Strafbehörden gehen somit davon aus, dass keine weiteren Beeinträchtigungen wesentlicher Rechtsgüter zu erwarten sind. Insofern sind die Ausführungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden.  
 
4.4. Auch wenn es sich nicht um eine schwere Straftat i.S. der ausländerrechtlichen Rechtsprechung handelt, hat das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltsrechts des Beschwerdegegners doch ein mittleres Gewicht. Diesem sind die privaten Interessen gegenüber zu stellen.  
Vorab ist zu beachten, dass sich der Beschwerdegegner bis zu seiner Tat vom 8. November 2008 deliktsfrei und ausländerrechtlich untadelig verhalten hat. Mit der Verurteilung vom 22. März 2012 handelt es sich um die einzige. Insofern musste gegenüber dem Beschwerdegegner auch keine Verwarnung ausgesprochen werden. Dass er sich nach der Verurteilung korrekt verhalten hat, fällt kaum ins Gewicht, da das strafrechtliche Verfahren mit dem Entscheid des Bundesgerichts erst am 6. Mai 2013 abgeschlossen wurde. In diesem Zusammenhang ist allerdings der zweiten verkehrspsychologische Abklärung vom 30. Juli 2012 Rechnung zu tragen, wonach beim Beschwerdegegner "weder auf der Ebene der Persönlichkeitsmerkmale noch der Einstellungsmuster Risikofaktoren für riskantes Verhalten im Verkehr vorliegen" würden und sich seine Einschätzung zu seinem Verhalten geändert hat. 
Der Beschwerdegegner lebt seit rund 20 Jahren in der Schweiz; er ist mit vier Jahren in die Schweiz gekommen, absolvierte seine gesamte Schulzeit in der Schweiz, spricht dementsprechend die Landessprache, hat somit seine prägenden Jahre in der Schweiz verbracht und ist hier sozialisiert worden. In der Schweiz hat er auch seine Familie und seine Freunde. Zudem hat er seine Lehre als Reifenpraktiker abgeschlossen und arbeitet als Mitarbeiter Kleinmengenlogistik der Migros AG im Verteilzentrum in Suhr. Angesichts der langen Anwesenheitsdauer ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass er sich mit der Schweiz stark verbunden fühlt und hier sein gesamtes soziales Umfeld hat. Er lebt im Haushalt seiner Eltern, damit er die aus dem Prozess resultierenden Kosten abzahlen kann. Zu seinem Heimatland hat er keine Beziehung, hat dort kein Beziehungsnetz und kennt dieses lediglich von Ferienaufenthalten; seine Bindung zu seinem Heimatland ist dementsprechend schwach; die kroatische Sprache beherrscht er nur mündlich. Die privaten Interessen sind nicht ungewichtig, sie sind aber auch nicht in besonderen Massen gewichtig. 
 
4.5. Insgesamt vermag das öffentliche Interesse, die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdegegners zu widerrufen, die verschiedenen privaten Interessen nicht zu überwiegen: das öffentliche Interesse besteht in einer einzigen Verurteilung, welche auf eine einzige, zwar trotz allem gravierende Tat zurückzuführen ist; weitere strafrechtliche Verstösse liegen nicht vor. Auf der privaten Seite sind demgegenüber die lange Anwesenheitsdauer seit seiner ersten Kindheit (20 Jahre), seine Sozialisierung, sein gesamtes soziales Netz, seine prägenden Jahre, die gesamte schulische und berufliche Ausbildung und eine Anstellung in der Schweiz sowie nur eine schwache Bindung an seinen Heimatstaat und die ungenügende Beherrschung der kroatischen Sprache zu nennen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass er angesichts seines ausländerrechtlichen Verhaltens bis zum 8. November 2008 nicht verwarnt worden war, aufgrund der zweiten verkehrspsychologische Abklärung vom 30. Juli 2012 weder auf der Ebene der Persönlichkeitsmerkmale noch der Einstellungsmuster Risikofaktoren für riskantes Verhalten im Verkehr vorliegen würden und er die Tat noch gerade auf der Schwelle vom Jugendlichen zum Erwachsenen begangen hat.  
 
4.6. Dieser vorinstanzliche Entscheid steht zudem nicht in Widerspruch zur bisherigen bundesgerichtlichen Praxis:  
 
4.6.1. In den dargestellten Fällen - mit Ausnahme des Urteils 2C_406/ 2014 vom 2. Juli 2015 - lagen erstens immer mehrere verschiedene strafbare Handlungen zugrunde, bei denen es sich zweitens auch um schwere Straftaten i.S. der ausländerrechtlichen Rechtsprechung handelte, die drittens über mehrere Jahre verübt wurden; insofern war das öffentliche Interesse, die Niederlassungsbewilligung zu widerrufen, um einiges gewichtiger als im vorliegenden Fall. Viertens waren die persönlichen Interessen weniger gewichtig (kürzere Anwesenheitsdauer, Schulden, nicht tadelloses Verhalten) als im vorliegenden Fall. Fünftens waren die Ausländer vielfach verwarnt.  
 
4.6.2. Im parallelen Urteilsfall 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 ist der Ausländer zu sechs Jahren Freiheitsstrafe u.a. wegen (eventual) vorsätzlicher Tötung verurteilt worden, der Beschwerdegegner "nur" zu drei Jahren wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die privaten Interessen sind grundsätzlich identisch. Auch wenn aufgrund des im parallelen Fall anwendbaren FZA der fehlenden Rückfallgefahr mehr Gewicht beizumessen war, ist zu berücksichtigen, dass hier die Freiheitsstrafe lediglich drei Jahre betrug, während im erwähnten Fall diese doppelt so hoch ist. Durch das Abbremsen bei der Dorfeinfahrt hat der Beschwerdegegner auch weniger kriminelle Energie bewiesen als sein Mitraser, der den Unfall verursacht hat.  
 
4.7. Insgesamt hat die Vorinstanz deshalb zu Recht den Widerruf der Niederlassungsbewilligung als unverhältnismässig erachtet. Die damals vom Beschwerdegegner beantragte Verwarnung ist - wie bereits die Vorinstanz ausgeführt hat - zweifellos angebracht und insofern verhältnismässig.  
 
5.   
Demgemäss ist die Beschwerde abzuweisen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG); demgemäss wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner mit Fr. 2'000.-- für das Verfahren vor dem Bundesgericht zu entschädigen. 
 
4.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdegegners wird gegenstandslos. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Oktober 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass