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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_440/2022  
 
 
Urteil vom 14. März 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch B.________ AG, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2022 (AB.2021.00044). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1963 geborene A.________ ist seit 2004 bzw. 2007 als Selbständigerwerbender mit den beiden Firmenbezeichnungen C.________ & Partner und D.________ Beratungen der Ausgleichskasse des Kantons Zürich (nachfolgend: Ausgleichskasse) angeschlossen. Mit letzterer Firmenbezeichnung war er zuvor bereits seit 2004 der Ausgleichskasse Zug angeschlossen gewesen. Gestützt auf die Steuermeldung des Kantons Zürich vom 10. Juni 2019 legte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 17. März 2021 die definitiven Sozialversicherungsbeiträge des A.________ für das Jahr 2017 basierend auf einem beitragspflichtigen Einkommen von Fr. 670'600.- auf Fr. 67'008.50 fest; gleichentags erliess sie eine Verzugszinsverfügung über Fr. 6'419.10. Die beiden gegen diese Verfügungen erhobenen Einsprachen wies die Ausgleichskasse mit Einspracheentscheid vom 7. Mai 2021 ab. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 7. Juli 2022 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt sinngemäss, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es seien die Sozialversicherungsbeiträge 2017 sowie die geschuldeten Verzugszinse auf der Grundlage eines Erwerbseinkommens von Fr. 25'100.- festzulegen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1).  
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die massgeblichen rechtlichen Grundlagen zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 9 AHVG; Art. 17 AHVV) sowie zur Ermittlung und Meldung solcher Einkommen und des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals durch die kantonalen Steuerbehörden an die Ausgleichskassen (Art. 9 Abs. 3 AHVG; Art. 23 Abs. 1 AHVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen bzw. zu wiederholen ist, dass die Angaben der kantonalen Steuerbehörden für die Ausgleichskassen verbindlich sind (Art. 23 Abs. 4 AHVV), was die Bemessung des massgebenden Einkommens und des betrieblichen Eigenkapitals angeht. Hingegen beurteilen die Ausgleichskassen das Beitragsstatut (selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit) grundsätzlich unabhängig von den Feststellungen der Steuerbehörden (BGE 145 V 326 E. 4.2). Allerdings sollen sich die Ausgleichskassen bei der Qualifikation des Erwerbseinkommens in der Regel auf die Steuermeldungen verlassen und eigene nähere Abklärungen nur dann vornehmen, wenn ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung bestehen. Die Begriffe der selbständigen und der unselbständigen Erwerbstätigkeit sind im Steuerrecht und im AHV-Recht grundsätzlich gleich zu verstehen. Im Sinn einer harmonisierenden Rechtsanwendung soll daher nicht ohne Not von der steuerrechtlichen Beurteilung abgewichen werden (BGE 147 V 114 E. 3.4.2; Urteil 9C_278/2021 vom 8. September 2021 E. 2.3).  
 
3.  
 
3.1. Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 7. Mai 2021 von einem beitragspflichtigen Einkommen für das Jahr 2017 in der Höhe von Fr. 670'600.- (basierend auf einem Erwerbseinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 615'789.- und einem im Betrieb investierten Eigenkapital von Fr. 1'965'000.-) ausgegangen ist. Zu prüfen ist diesbezüglich einzig die Qualifikation der Liegenschaften in U.________, in V.________ und in W.________. Sind sie Teil des Privatvermögens des Beschwerdeführers, sind auf den entsprechenden Erträgen keine Beiträge geschuldet. Stellen sie indessen Geschäftsvermögen dar, unterliegen die Erträge der Beitragspflicht.  
 
3.2. Das kantonale Gericht erwog zur Hauptsache, es gehe nicht an, dass einerseits gegenüber den Steuerbehörden Geschäftsvermögen deklariert und damit zumindest implizit eine selbständige Erwerbstätigkeit geltend gemacht werde, um von den steuerrechtlichen Folgen zu profitieren, und andererseits im AHV-Beitragsverfahren zu behaupten, es fehle an einer selbständigen Erwerbstätigkeit, um die beitragsrechtlichen Konsequenzen abzuwenden. Ein solch widersprüchliches Verhalten verstosse gegen Treu und Glauben und sei nicht zu schützen.  
 
4.  
In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das kantonale Gericht nicht auf die Aspekte der Beurteilung von Geschäftsvermögen aus beitragsrechtlicher Sicht eingegangen sei. 
 
4.1. Im Rahmen der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Begründungspflicht ist es nicht erforderlich, dass sich die Behörde mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 142 II 49 E. 9.2; 136 I 185 E. 2.2.1).  
 
4.2. Das angefochtene Urteil genügt den genannten Anforderungen. Die Vorinstanz schloss nicht nur darauf, dass das Verhalten des Beschwerdeführers gegen den Grundsatz von von Treu und Glauben verstosse, sondern legte auch einlässlich dar, weshalb die Ausgleichskasse ohne nähere Abklärungen auf die von der Steuerbehörde vorgenommene Qualifikation abstellen durfte. Mit Blick darauf war eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Urteils ohne Weiteres möglich, was denn der Beschwerdeführer auch gar nicht in Abrede stellt. Die Rüge der Gehörsverletzung ist unbegründet.  
 
5.  
In materieller Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, er habe im Jahr 2017 lediglich im Umfang seines Anteils an der Kollektivgesellschaft C.________ & Partner, welche verschiedene Solarien betreibe, beitragspflichtiges Einkommen erzielt; dieses habe Fr. 25'131.- betragen. Betreffend die Erträge aus den erwähnten drei Liegenschaften stellt sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, es handle sich um reine Kapitalanlageliegenschaften. Diese hätten weder durch ihre Art noch durch ihre Nutzung betrieblichen Charakter für den Eigentümer, weshalb die Mieterträge kein beitragspflichtiges Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit darstellten. Die Bindung der Steuermeldung für die AHV-Behörden betreffe nicht die beitragsrechtliche Qualifikation des Liegenschaftsertags. 
 
5.1. Gemäss unbestritten gebliebenen vorinstanzlichen Feststellungen wurden die beiden Liegenschaften in U.________ und V.________ in der Geschäftsbuchhaltung der D.________ Beratungen und die Liegenschaft in W.________ in der Geschäftsbuchhaltung der C.________ & Partner geführt. Ebenso blieb unbestritten, dass der Beschwerdeführer auf allen diesen Grundstücken wiederholt substanzielle Abschreibungen vorgenommen, dadurch seine Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit geschmälert hatte und dies zu einer tieferen Steuerlast führte. Das kantonale Gericht stützte seine diesbezüglichen Feststellungen insbesondere auf die Ausführungen des Steueramts des Kantons Zürich vom 31. August 2021.  
Im Lichte dieser unbestritten gebliebenen vorinstanzlichen Feststellungen ist erstellt, dass die vom Beschwerdeführer eigens deklarierte und von der Steuerbehörde vorgenommene Qualifikation der Liegenschaften als Geschäftsvermögen steuerrechtliche Auswirkungen hatte. Anders als die Einwände in der Beschwerde vermuten lassen, müssen die AHV-Behörden in derlei Konstellationen eigene nähere Abklärungen nur für den Fall vornehmen, dass sich ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung ergeben (vgl. E. 2.2 hievor). Solche Zweifel sind nicht ersichtlich. Auch der Beschwerdeführer vermag - sofern überhaupt geltend gemacht (vgl. nachfolgend E. 5.2) - keine solchen aufzuzeigen. Ungenügend ist in diesem Zusammenhang jedenfalls der blosse Hinweis auf die Rz. 1082 der Wegleitung des Bundesamts für Sozialversicherungen über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO (WSN), wonach die Verwaltung eigener Grundstücke grundsätzlich nicht als eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit gilt, sofern nicht Art und Nutzung der Grundstücke betrieblichen Charakter aufweist. Dies allein vermag offensichtlich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung zu begründen. 
 
5.2. Tatsächlich äussert der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesgericht auch gar keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung. Es scheint ihm vielmehr daran gelegen, dass die Erträge aus den drei Liegenschaften - trotz der grundsätzlichen Gleichheit der Begriffe der selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit im Steuerrecht und im AHV-Recht (vgl. E. 2.2 hievor) - zu seinem Vorteil von den Steuerbehörden und den AHV-Behörden je unterschiedlich qualifiziert werden. Dies widerspricht nicht nur dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung (vgl. BGE 143 II 8 E. 7.3), sondern auch dem Grundsatz von Treu und Glauben. Wie die Vorinstanz diesbezüglich zu Recht erwogen hat, verhält sich der Beschwerdeführer widersprüchlich, wenn er die Liegenschaften einerseits gegenüber den Steuerbehörden als Geschäftsvermögen deklariert (vgl. im Übrigen BGE 147 V 114 E. 4.1 zum diesbezüglichen Erfordernis einer selbständigen Erwerbstätigkeit), andererseits aber im AHV-Beitragsverfahren behauptet, es fehle an einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Derlei Verhalten verdient keinen Schutz (BGE 147 V 114 E. 3.3.1.4 mit Hinweisen).  
 
5.3.  
Darüber hinaus werden die Beitragsberechnung und die Höhe der Zinsen in masslicher Hinsicht nicht bestritten. Mangels offensichtlicher Unrichtigkeit kann auf diesbezügliche Weiterungen verzichtet werden (vgl. E. 1.2 hievor). 
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. März 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner