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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_432/2020  
 
 
Urteil vom 26. August 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiberin de Sépibus. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Grundmann, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 1. April 2020 (VB.2019.00782). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1973) ist spanischer Staatsbürger. Ab September 1999 hielt er sich wiederholt als Kurzaufenthalter in der Schweiz auf und erhielt am 18. März 2003 eine ordentliche Aufenthaltsbewilligung. Seit dem 22. Mai 2008 verfügt er über eine Niederlassungsbewilligung EG/EFTA. 
Am 14. Januar 2010 ging aus einer Kurzbeziehung von A.________ und B.B.________ die Tochter C.B.________ hervor. Wenig später ging A.________ eine Beziehung zu D.D.________ ein, welche am 21. November 2011 die gemeinsame Tochter E.D.________ gebar. 
In der Folge versuchte A.________ mehrere Male, seine neugeborene Tochter E.D.________ durch Medikamentenverabreichung umzubringen. Am 3. April 2014 wurde er deshalb wegen mehrfach (eventualvorsätzlich) versuchten Mordes (in vier Fällen) zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Auf Berufung (des Beschuldigten) bzw. Anschlussberufung (der Staatsanwaltschaft) hin verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 18. Dezember 2015 wegen mehrfach (direkt vorsätzlich) versuchten Mordes (in drei Fällen) und qualifizierter einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren. Eine vom Beschuldigten gegen das Urteil des Obergerichtes erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht gut und hob das Urteil des Obergerichts auf (Urteil 6B_330/2016 vom 10. November 2017). Nachdem A.________ seine Berufung zurückgezogen hatte, erwuchs das bezirksgerichtliche Urteil in Rechtskraft. Eine Beschwerde um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug wies das Bundesgericht ab (Urteil 1B_61/2018 vom 27. Februar 2018). 
 
B.  
Aufgrund der schweren Straffälligkeit von A.________ widerrief das Migrationsamt am 10. April 2019 dessen Niederlassungsbewilligung EU/EFTA und ordnete an, dass er die Schweiz umgehend nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen habe. Den hiergegen erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion am 24. Oktober 2019 ab. 
Der Bewährungs- und Vollzugsdienst des Amts für Justizvollzug des Kantons Zürich ordnete am 30. Dezember 2019 ein Wohnungs- und Arbeitsexternat für A.________ an. Seit März 2020 arbeitet A.________ als Hilfsgärtner im Rahmen des Arbeitsexternats. 
Mit Beschwerde vom 26. November 2019 hatte A.________ vor dem Verwaltungsgericht beantragt, ihm die Niederlassungsbewilligung (EU/EFTA) zu belassen und von seiner Wegweisung aus der Schweiz abzusehen. Am 1. April 2020 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die bei ihm eingereichte Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. Mai 2020 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. April 2020 sei aufzuheben und ihm sei die Niederlassungsbewilligung zu belassen. A.________ sei ausländerrechtlich zu verwarnen. Eventualiter sei das Migrationsamt des Kantons Zürich anzuweisen, ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Ihm sei ferner für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu bewilligen. 
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Sicherheitsdirektion sowie das Migrationsamt des Kantons Zürich verzichten auf eine Vernehmlassung. 
Mit Präsidialverfügung vom 26. Mai 2020 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Gegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens bildet das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. April 2020. Die dadurch ersetzte Verfügung des kantonalen Migrationsamts vom 10. April 2019, mit welcher die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers widerrufen worden ist, gilt als inhaltlich mitangefochten (Devolutiveffekt; BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144; zum Begriff des Streitgegenstands vgl. BGE 136 II 457 E. 4.2 S. 463; 133 II 35 E. 2 S. 38; Urteil 2C_961/2013 vom 29. April 2014 E. 3.3).  
 
1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).  
 
1.3. Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf den Fortbestand einer bereits erteilten Niederlassungsbewilligung. Wird die Niederlassungsbewilligung widerrufen, so steht gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Die Beschwerde ist zulässig und der Beschwerdeführer dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist, vorbehältlich der Erfüllung der Rüge- und Begründungspflicht, einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die dem Bundesgericht durch Art. 105 Abs. 2 BGG eingeräumte Befugnis, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung von Art. 95 BGG beruht, entbindet den Beschwerdeführer nicht von seiner Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen).  
 
2.2.1. Die Sachverhaltsrügen erweisen sich als unbegründet, soweit sie genügend substanziiert sind. Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung vorbringt, erschöpft sich weitgehend in appellatorischer Kritik oder erweist sich für den Verfahrensausgang als nicht relevant. Wenn zwar zutrifft, dass die Ablehnung der bedingten Entlassung durch das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich nicht, wie die Vorinstanz irrtümlich festhält, aufgrund des weiter bestehenden Rückfallrisikos abgelehnt wurde, so ist dies jedoch nicht erheblich, da diese Entscheidung nicht ausschlaggebend ist für die Würdigung dieses Risikos.  
 
2.2.2. Soweit die Sachverhaltsrügen vornehmlich darauf abzielen, der Vorinstanz vorzuwerfen, sie habe falsche Schlüsse aus den ihr vorliegenden psychiatrischen Gutachten gezogen bzw. sie habe gewisse, die Legalprognose beeinflussende Faktoren zu wenig oder gar nicht berücksichtigt, sind auch diese nicht zu hören. Das Bundesgericht überprüft im Rahmen einer Sachverhaltsrüge lediglich, ob die Vorinstanz unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche willkürlich ausser Acht gelassen hat (vgl. BGE 140 III 264 E. 3.2). Inwieweit dies der Fall sein soll, ergibt sich nicht aus den Ausführungen des Beschwerdeführers und ist auch nicht erkennbar.  
 
2.2.3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erweist sich die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung auch nicht als unvollständig. Unabhängig davon, ob er die Lehren aus seiner Delinquenz gezogen hat und ob er eine Verhaltensänderung glaubhaft machen konnte, gehen die forensisch-psychiatrischen Beurteilungen weiterhin von einem geringfügigen aktuellen Rückfallrisiko aus.  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Tatsachen oder Beweismittel, welche sich auf das vorinstanzliche Prozessthema beziehen, sich jedoch erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind, können von vornherein nicht durch das angefochtene Urteil veranlasst worden sein (vgl. Urteil 2C_833/2011 vom 6. Juni 2012 E. 1.2 mit Hinweis). Diese sogenannten "echten Noven" sind im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 133 IV 342 E. 2.1 S. 344).  
Der vom Beschwerdeführer eingereichte Arbeitsvertrag vom 6./13. Mai 2020, die Meldebestätigung der Gemeinde U.________ vom 29. April 2020, die persönlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers und von F.________ vom 21. Mai 2020 wurden nach dem angefochtenen Entscheid verfasst. Diese Beweismittel sind demnach echte Noven und im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. 
 
2.4. Insofern der Beschwerdeführer der Vorinstanz eine Verletzung ihrer Begründungspflicht vorwirft, weil diese die heute stabilen persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht ausdrücklich erwähnt habe, ist auch diese Rüge unbegründet. Die Begründungspflicht soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, das Urteil gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 139 IV 179 E. 2.2 S. 183 mit Hinweis).  
 
2.5. Schliesslich ist der Vorinstanz auch nicht eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorzuwerfen, weil sie nicht von Amtes wegen eine weitere gutachterliche Beurteilung zur Abklärung der Rückfallgefahr angeordnet hat. Die Vorinstanz hat in antizipierter Beweiswürdigung auf die Erstellung eines neuen Gutachtens verzichtet, da sie zum Schluss kam, die entscheidrelevanten Elemente zur Eruierung des Rückfallrisikos ergäben sich in ausreichender Weise aus den Verfahrensakten. Der Beschwerdeführer vermag nicht substanziiert darzulegen, welche neuen Erkenntnisse zum Rückfallrisiko bei der Anordnung eines neuen Gutachtens zu erwarten gewesen wären. Der Vorinstanz ist somit auch keine willkürliche antizipierte Beweiswürdigung vorzuwerfen.  
 
3.   
 
3.1. Der Beschwerdeführer ist spanischer Staatsangehöriger und verfügt über eine Niederlassungsbewilligung EU/EFTA. Er stand bis zu seiner Verhaftung in einem weisungsgebundenen Arbeitsverhältnis, wobei er eine (tatsächliche und echte) Tätigkeit für einen anderen für eine bestimmte Zeit verrichtete und dafür ein Entgelt bezog, womit er als Arbeitnehmer im Sinne des FZA zu qualifizieren ist (BGE 141 II 1 E. 2.2 S. 4 ff.). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seiner Haft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, bedeutet nicht grundsätzlich, dass er während dieser Zeit nicht weiterhin in den schweizerischen Arbeitsmarkt eingegliedert ist, sofern zu erwarten ist, dass er innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach seiner Haftentlassung wieder eine Beschäftigung findet (vgl. Urteile des EuGH vom 29. April 2004 C-482/01  Orfanopoulos und Oliveri, Slg. 2004 I-5257 Randnr. 50; vom 10. Februar 2000 C-340/97  Nazli, Slg. 2000 I-957 Randnr. 40). Dies ist unbestrittenermassen der Fall, weshalb das FZA grundsätzlich auf ihn Anwendung findet.  
 
3.2. Gemäss Art. 2 Abs. 2 AIG (SR 142.20) gilt das AIG für den Beschwerdeführer als Angehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union nur soweit, als das FZA keine abweichenden Bestimmungen enthält oder das AIG günstigere Bestimmungen vorsieht. Der Widerruf von Bewilligungen ist im FZA nicht geregelt; Art. 23 Abs. 2 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die Einführung des freien Personenverkehrs (VEP; SR 142.203) bestimmt, dass für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA Art. 63 AIG gilt. Ist einer der in Art. 63 AIG niedergelegten Widerrufsgründe erfüllt, stellt sich weiter die Frage, ob dem Widerruf das FZA entgegensteht und ob die Massnahme im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AIG und Art. 8 Ziff. 2 EMRK verhältnismässig ist (vgl. Urteil 2C_221/2012 vom 19. Juni 2012 E. 3.2 mit Hinweis auf BGE 130 II 176 E. 3.2 S. 181).  
 
4.  
 
4.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn ein Ausländer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b AIG). Als "längerfristig" gilt eine Freiheitsstrafe, wenn ihre Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Der Beschwerdeführer ist zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt worden. Damit ist der Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AIG in Verbindung mit Art. 62 lit. b AIG erfüllt, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet.  
 
4.2. Gemäss Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürfen die vom Freizügigkeitsabkommen gewährten Rechtsansprüche nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden (vgl. auch BGE 130 II 176 E. 3.1 S. 179 f. mit Hinweisen). Weitere Präzisierungen finden sich vor allem in der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern (ABl. 56 vom 4. April 1964 S. 850; nachfolgend: Richtlinie 64/221/EWG); auf diese wird in Art. 5 Abs. 2 Anhang I FZA Bezug genommen.  
 
4.2.1. Nach der an die Praxis des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) angeglichenen Rechtsprechung des Bundesgerichts setzen Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die betreffende ausländische Person voraus. Eine strafrechtliche Verurteilung darf dabei nur insofern zum Anlass für eine derartige Massnahme genommen werden, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Art. 5 Anhang I FZA steht somit Massnahmen entgegen, die (allein) aus generalpräventiven Gründen verfügt werden (vgl. BGE 129 II 215 E. 7 S. 221 ff.). Während die Prognose über das künftige Wohlverhalten im Rahmen der Interessenabwägung nach rein nationalem Ausländerrecht zwar mitzuberücksichtigen, aber nicht ausschlaggebend ist, kommt es bei Art. 5 Anhang I FZA wesentlich auf das Rückfallrisiko an (BGE 130 II 176 E. 4.2 S. 185 mit Hinweisen). Zu verlangen ist eine nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die ausländische Person künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören wird. Je schwerer die möglichen Rechtsgüterverletzungen sind, desto niedriger sind die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr (BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20 mit Hinweisen).  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer hat zwischen November 2011 und Januar 2012 viermal (eventualvorsätzlich) versucht, seine eigene Tochter umzubringen. Die Vorinstanz hebt hervor, dass er seine Tochter jeweils in einen akut lebensbedrohlichen Zustand gebracht hat, wobei er in skrupelloser Weise auch den Tod seiner Tochter billigend in Kauf genommen habe. Die Möglichkeit einer erneuten Straffälligkeit im einschlägigen Bereich sei zwar gering, jedoch nicht ausgeschlossen.  
Gemäss einem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. Februar 2013 sei die Tathandlung Ausdruck einer dysfunktionalen Lösungsstrategie in einer sehr spezifischen und kaum reproduzierbaren Lebens- bzw. Beziehungssituation. Diese Prognose sei im Wesentlichen durch die wenig später erfolgende ROS-Abklärung (Risikoorientierter Strafvollzug) bestätigt worden, die ergeben habe, dass beim Beschwerdeführer psychopathische Eigenschaften stark ausgeprägt seien und bei Straftätern mit vergleichbarer Merkmalskombination eine 12- bzw. 24-prozentige Rückfallgefahr innerhalb von 7 bzw. 10 Jahren bestehe. In einem Therapiebericht des psychologischen Dienstes des Strafvollzugs vom 24. September 2019 werde ferner festgehalten, dass der Beschwerdeführer zwar an einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung leide, aber eine fortbestehende Affinität für tötungsnahe Handlungen innerhalb der durchgeführten Therapiegespräche nicht mehr erkannt werden könne. Diese Einschätzung würde schliesslich auch durch die Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats (nachfolgend: Fachkommission) zur Überprüfung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern geteilt, die in ihrer Stellungnahme vom 12. Dezember 2019 davon ausgehe, dass aufgrund der weitreichenden Risikosenkung die Rückfallgefahr des Beschwerdeführers therapeutisch nicht mehr zu reduzieren sei. 
Ungeachtet dessen, dass der Beschwerdeführer nur in sehr spezifischen (Beziehungs-) Situationen zu Gewaltdelinquenz neige, sei jedoch keineswegs garantiert, dass sich derartige Konstellationen zukünftig nicht wieder einstellen könnten. Angesichts der sehr schweren Straftaten des Beschwerdeführers müsse zum Schutz der Öffentlichkeit deshalb selbst ein geringes Restrisiko nicht in Kauf genommen werden. 
 
4.2.3. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Wenn zwar kein vollständiger Ausschluss der Rückfallgefahr verlangt werden kann, gibt es Delikte, die allein aufgrund ihrer Schwere und durch die Art und Weise ihrer Begehung eine spätere Rückfallgefahr - auch für weniger schwere Straftaten - möglich erscheinen lassen. Der (versuchte) Mord als schwerste Straftat gegen Leib und Leben gehört zum Kreis dieser Delikte.  
Zulasten des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass es nicht bei einem Mordversuch geblieben ist, sondern er viermal, über eine längere Zeitspanne, zur Tat angesetzt hat. Zu erwähnen ist ferner, dass die Fachkommission ihm zwar eine "günstige Legalprognose" bescheinigte, angesichts des Deliktmechanismus eine engere therapeutische Anbindung des Beschwerdeführers während der Vollzugslockerungen jedoch für notwendig erachtete. Die Vorinstanz betont zudem zu Recht, dass die kontextbezogene Risikobeurteilung des Therapieberichts vom 24. September 2019 sowie die Stellungnahmen der Fachkommission primär im Hinblick auf weitere Vollzugslockerungsschritte erfolgten, ohne detaillierte Aussagen zum Risiko nach einer Entlassung aus dem Strafvollzug zu treffen, und diese deshalb nur beschränkte Rückschlüsse auf die langfristige Legalprognose zuliessen. 
Insofern die Vorinstanz festhält, dass sich nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen lasse, ob der Beschwerdeführer mit finanziellen oder zwischenmenschlichen Problemen aktuell besser umgehen könne, kann ihr keine Willkür vorgeworfen werden. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers beruht die Einschätzung der Rückfallgefahr durch die Vorinstanz auch nicht auf rein spekulativen bzw. theoretischen Erwägungen, sondern stützt sich auf mehrfach von fachlich qualifizierten Personen unterlegte Aussagen. Wenn der Beschwerdeführer zwar berechtigterweise hervorhebt, dass er freiwillig an einer erfolgreich durchgeführten Einzeltherapie teilgenommen hat, so ist zu berücksichtigen, dass gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine aus der Sicht des Massnahmevollzugs positive Entwicklung oder ein klagloses Verhalten im Strafvollzug eine Rückfallgefahr und eine fremdenpolizeiliche Ausweisung nicht ausschliessen (BGE 137 II 233 E. 5.2.2 S. 236 f.). 
 
4.2.4. Schliesslich gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA nicht nur durch eine erneute Begehung der vorliegend verübten Gewalttat (mehrfacher versuchter Mord), sondern auch durch andere, weniger schwere Delikte gefährdet sein kann. Bereits das Risiko, dass beispielsweise eine schwere Körperverletzung begangen wird, stellt eine hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar, weshalb es nicht hingenommen werden muss.  
Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz eine aktuelle, hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit bejaht hat und der Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA vereinbar ist. 
 
5.  
Zu prüfen bleibt die Verhältnismässigkeit der Massnahme. 
 
5.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Widerruf der Niederlassungsbewilligung sei - insbesondere mit Blick auf die Trennung von seiner Lebenspartnerin und seinen zwei Töchtern - unverhältnismässig. Er pflege seit vielen Jahren eine so enge Beziehung zu seiner Lebenspartnerin, wie dies im Rahmen des Strafvollzugs nur möglich sei. Sämtliche Telefon- und Besuchskontingente seien maximal ausgeschöpft und rund 800 Briefe gegenseitig verfasst worden. Die Beziehung zu seiner Lebenspartnerin habe sich schliesslich im Rahmen der Vollzugsöffnungen nochmals intensiviert. Diese Umstände seien von der Vorinstanz ungenügend berücksichtigt worden. Schliesslich habe die Vorinstanz auch nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass seitens der älteren Tochter Lily ein Kennenlernen ausserhalb des Gefängnisses gewünscht werde und der Beschwerdeführer auch beabsichtige, zu seiner jüngeren Tochter E.D.________ eine echte Beziehung aufzubauen. Er sei während des Strafvollzugs im Rahmen der Möglichkeiten mittels Briefen, Postkarten und Geschenken im Kontakt mit seinen beiden Töchtern gestanden und habe im Rahmen seiner Möglichkeiten Opferhilfezahlungen geleistet. Eine Wegweisung greife demzufolge auch in das Kindeswohl der beiden Töchter ein.  
 
5.2. Neben Art. 96 Abs. 1 AIG, welcher die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, der persönlichen Verhältnisse und des Integrationsgrades der ausländischen Person gebietet, ergibt sich die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung auch aus dem Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK. Der Beschwerdeführer verfügt seit mehr als 10 Jahren über eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz und führt eine langjährige Lebenspartnerschaft mit einer hier ansässigen Schweizerin. Zudem ist er der Vater von zwei in der Schweiz ansässigen Töchtern.  
Gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. 
 
5.3. Rechtsprechungsgemäss besteht bei schweren Straftaten regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse, die Anwesenheit einer ausländischen Person zu beenden, welche dermassen die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt. Dies gilt auch dann, wenn die betroffene Person schon sehr lange in der Schweiz lebt oder hier geboren ist (BGE 139 I 31 E. 2.3.1 S. 33 mit Hinweisen).  
Vorliegend hat die Vorinstanz in Anbetracht der Schwere der verübten Taten die Verhältnismässigkeit der Massnahme zu Recht bejaht. Ausschlaggebend ist hier, dass der bislang vornehmlich während des Haftvollzugs im Rahmen des Möglichen gelebten Partnerschaft im Vergleich zum Verschulden des Beschwerdeführers in der Interessenabwägung geringes Gewicht zukommt. Die Vorinstanz hat rechtmässig festgehalten, dass ihm und seiner Partnerin zuzumuten ist, den Kontakt über die Distanz bzw. durch wechselseitige Besuche aufrechtzuerhalten, sollte diese ihm nicht nach Spanien folgen wollen. Von Gewicht ist ferner das Argument, dass der Beschwerdeführer und seine heutige Partnerin bereits bei Aufnahme ihrer partnerschaftlichen Beziehung mit einer Wegweisung des Beschwerdeführers zu rechnen hatten. Was die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen zwei über das Schweizer Bürgerrecht verfügenden Töchtern anbelangt, hält die Vorinstanz zutreffend fest, dass infolge des Strafvollzugs bislang keine über Briefe hinausgehende echte Kontaktnahme möglich war. Daraus folgt, dass eine räumliche Trennung von den Töchtern, mit denen der Beschwerdeführer nie zusammengelebt hat, keinen ungerechtfertigten Einschnitt in die Beziehung bewirkt. Bei der zweiten Tochter ist zudem zu berücksichtigen, dass sie das Opfer der Tat ist, für welche er die Strafe verbüsst hat. Soweit der Kontakt durch die Töchter bzw. ihre Mütter erwünscht ist, kann der Beschwerdeführer die Beziehung zu diesen auch von Spanien aus mittels Telefonaten, Besuchen und mit Hilfe von elektronischen Medien pflegen. 
 
6.  
Zu beurteilen bleibt der Eventualantrag, es sei eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Dieser ist abzuweisen, weil der Widerrufsgrund nach Art. 62 lit. b AIG, welcher auch die Aufenthaltsbewilligung betrifft, vorliegend erfüllt ist (vgl. Urteil 2C_682/2012 vom 7. Februar 2013 E. 6.1 mit Hinweisen). 
 
7.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten grundsätzlich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Diese kann ihm gewährt werden, da von seiner Bedürftigkeit auszugehen ist und die Beschwerde im Lichte der in Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA erforderlichen Bedingung der aktuellen Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht aussichtslos erschien. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 
 
3.   
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.   
Dem Beschwerdeführer wird Rechtsanwalt Oliver Grundmann als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben und diesem aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- entrichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. August 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: de Sépibus