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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
4G_1/2019  
 
 
Urteil vom 10. Februar 2020  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin May Canellas, 
Gerichtsschreiber Gross. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwälte 
Dr. Albrecht Langhart und Dr. Lukas Wiget, Gesuchstellerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Severin Riedi, Gesuchsgegnerin. 
 
Gegenstand 
Kostenfolgen des kantonalen Verfahrens, 
 
Gesuch um Erläuterung/Berichtigung des 
Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ (Klägerin, Gesuchsgegnerin) beantragte mit Klage vom 17. Juni 2016 beim Bezirksgericht Plessur, die A.________ AG (Beklagte, Gesuchstellerin) sei zu verpflichten, die Zustimmung zur Übertragung von 963 (einzeln bezeichneten) Namenaktien (der Beklagten) von der C.________ AG auf sie zu erteilen und sie als Aktionärin ins Aktienbuch einzutragen. Weiter seien die genannten, bei der Beklagten hinterlegten Aktien an sie herauszugeben. Mit Entscheid vom 17. Mai 2017 schützte das Regionalgericht (ehemals Bezirksgericht) Plessur die Klage. 
Die von der Beklagten gegen diesen Entscheid erhobene Berufung wies das Kantonsgericht Graubünden mit Urteil vom 11. Oktober 2018 ab. 
Das Bundesgericht hiess mit Urteil 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019 (teilweise publ. in: BGE 145 III 351) eine von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde in Zivilsachen gut. Es hob das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 11. Oktober 2018 auf und wies die Klage ab (Dispositiv Ziff. 1). Weiter auferlegte es die Gerichtskosten von Fr. 17'000.-- der Klägerin (Dispositiv Ziff. 2) und verpflichtete diese, die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 19'000.-- zu entschädigen (Dispositiv Ziff. 3). 
 
B.  
Die Beklagte stellt mit Eingabe vom 28. August 2019 ein Gesuch um Erläuterung/Berichtigung dieses Urteils. Mit folgenden Anträgen: 
 
"1. Es sei das Dispositiv des Urteils des Bundesgerichts 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019 in dem Sinne zu ergänzen, als die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht von Graubünden zurückgewiesen wird.  
 
2.  Eventualiter : Es sei das Dispositiv [...] zu ergänzen um die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens. Dementsprechend  
- seien die kantonsgerichtlichen Gerichtskosten von CHF 15'000 und die erstinstanzlichen Gerichtskosten von CHF 20'000 der Gesuchsgegnerin (Klägerin) aufzuerlegen; 
- sei die Gesuchsgegnerin zu verpflichten, der Gesuchstellerin (Beklagte) für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 6'000 und für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 65'463.55 (  subeventualiter : CHF 19'189.10) zu bezahlen [...]".  
 
Die Gesuchsgegnerin beantragt, es sei das Gesuch um Erläuterung/ Berichtigung als Revisionsgesuch entgegenzunehmen (Ziff. 1). Die Sache sei zur Neuverteilung der Gerichtskosten der Vorinstanzen (Ziff. 2) und zur Festlegung der Parteientschädigungen für die beiden vorinstanzlichen Verfahren (Ziff. 3.1) an das Kantonsgericht Graubünden zurückzuweisen. Eventualiter sei die Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren auf Fr. 19'189.10 und für das Berufungsverfahren auf Fr. 6'000.-- festzusetzen (Ziff. 3.2). Die vorsorglichen Massnahmen, namentlich die auf Grundstück Nr. xxx, im Grundbuch der Stadt Chur, angemerkte Grundbuchsperre sei (deklaratorisch) aufzuheben und das Grundbuchamt Chur sei über den Wegfall der vorsorglichen Massnahme zu informieren (Ziff. 4). 
Die Vorinstanz beantragt dem Gesuch stattzugeben. Die Gesuchstellerin hat unaufgefordert repliziert. 
 
C.  
Bundesrichterin Klett, die am Urteil vom 31. Juli 2019 mitwirkte, schied per Ende 2019 aus dem Amt. An ihre Stelle tritt ihr Nachfolger in der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Ist das Dispositiv eines bundesgerichtlichen Entscheids unklar, unvollständig oder zweideutig, stehen seine Bestimmungen untereinander oder mit der Begründung im Widerspruch oder enthält es Redaktions- oder Rechnungsfehler, so nimmt das Bundesgericht auf schriftliches Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen die Erläuterung oder Berichtigung vor (Art. 129 Abs. 1 BGG). 
Die Erläuterung oder Berichtigung dient dazu, möglichst formlos Abhilfe zu schaffen, wenn die Entscheidformel (Dispositiv) unklar, unvollständig, zweideutig oder in sich widersprüchlich ist. Sie erlaubt insbesondere, Fehler oder Auslassungen bei der Ausformulierung des Dispositivs zu korrigieren. Eine Berichtigung ist nach Art. 129 Abs. 1 BGG zulässig, wenn sich aus der Lektüre der Entscheiderwägungen und den Umständen ergibt, dass ein solcher Mangel im Dispositiv die Folge eines Versehens ist, das auf der Grundlage des getroffenen Entscheides korrigiert werden kann. Ein unvollständiges Dispositiv kann nach Art. 129 BGG ergänzt werden, wenn die Unvollständigkeit die Folge eines Versehens ist und das korrigierte Dispositiv ohne weiteres aus den Erwägungen bzw. aus dem bereits getroffenen Entscheid abgeleitet werden kann. Mit einer Berichtigung kann der gefällte Entscheid nicht inhaltlich abgeändert werden. Insoweit unterscheidet sich die Berichtigung von der Revision nach Art. 121 Abs. 1 lit. c BGG, bei deren Gutheissung das Bundesgericht über einen unbeurteilt gebliebenen Antrag zu entscheiden hat (BGE 110 V 222 E. 1 S. 222; 99 V 62 E. 2b S. 64; Urteile 4G_2/2013 vom 3. Februar 2014 E. 1 mit Hinweisen; 4G_1/2013 vom 17. Juli 2013 E. 1). 
 
2.  
In seinem Urteil vom 31. Juli 2019 hob das Bundesgericht in Gutheissung der Beschwerde der Gesuchstellerin das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 11. Oktober 2018 auf und wies die Klage ab. Es fällte damit einen reformatorischen Entscheid in der Sache (Art. 107 Abs. 2 BGG). Der vorinstanzliche Entscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens fiel damit (vollständig) dahin und die dadurch verlegten Prozesskosten bedürfen einer Neuregelung. Da sich das Dispositiv des Urteils vom 31. Juli 2019 dazu nicht äussert, ist es unvollständig. 
Im Urteil vom 31. Juli 2019 nahm das Bundesgericht die gegenteilige Position der Vorinstanzen ein. Es hiess die Beschwerde der Gesuchstellerin gut, wies die Klage der Gesuchsgegnerin ab und beendete damit das Verfahren. In dieser Situation weist das Bundesgericht die Sache praxisgemäss an die Vorinstanz zurück, damit diese über die Prozesskosten des kantonalen Verfahrens neu entscheide. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das kantonale Recht den Kostentarif festlegt (Art. 96 ZPO) und Befreiungen von den Prozesskosten (Art. 116 Abs. 1 ZPO) vorsehen kann (zit. Urteil 4G_1/2013 E. 1). Aus dem Urteil vom 31. Juli 2019 resultiert daher, dass die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen ist, damit diese über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens entscheidet. Es handelt sich somit um die Ergänzung eines unvollständigen Dispositivs im Sinne von Art. 129 Abs. 1 BGG. Dass sich die Begründung des Urteils vom 31. Juli 2019 ebensowenig wie das Dispositiv zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens äussert, ändert - entgegen der Gesuchsgegnerin - nichts (vgl. zit. Urteil 4G_1/2013 E. 1; Urteil 4F_14/2013 vom 24. Oktober 2013 E. 2.2). Der gefällte Entscheid wird inhaltlich nicht abgeändert, sodass das Gesuch um Erläuterung/Berichtigung - entgegen der Gesuchsgegnerin - nicht als Revisionsgesuch entgegengenommen wird. 
Das Gesuch ist gutzuheissen, das Urteil 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019 ist in dem Sinne zu ergänzen, als die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht Graubünden zurückgewiesen wird. 
 
3.  
Auf den Antrag der Gesuchsgegnerin (dem die Gesuchstellerin in ihrer Replik zustimmt), wonach das Bundesgericht (aus Gründen der Prozessökonomie) zusätzlich die Grundbuchsperre auf dem Grundstück Nr. xxx (deklaratorisch) aufheben soll, welche vom erstinstanzlichen Gericht mit Entscheid vom 8. November 2016 zulasten der Gesuchstellerin angeordnet worden sei, kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht eingetreten werden. Im Übrigen fallen gemäss Art. 268 Abs. 2 ZPO vorsorgliche Massnahmen mit Rechtskraft des Entscheides in der Hauptsache von Gesetzes wegen dahin, vorbehältlich anderer Anordnung durch das Gericht unter den dafür aufgestellten Voraussetzungen (vgl. Urteil 4A_440/2014 vom 27. November 2014 E. 1.2). 
 
4.  
Da das Berichtigungsverfahren das Ergebnis eines Versehens des Bundesgerichts ist, sind keine Gerichtsgebühren zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG; zit. Urteil 4G_1/2013 E. 2). Der Gesuchstellerin (nicht aber der Gesuchsgegnerin; da ihr Antrag, die Eingabe der Gesuchstellerin müsse als Revision behandelt werden, nicht durchdringt) ist für das Berichtigungsverfahren eine Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse zuzusprechen (Urteil 1G_5/2012 vom 29. August 2012 mit Hinweis). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Dispositiv des Urteils 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019 wird in dem Sinne ergänzt, als die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht Graubünden zurückgewiesen wird. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Die Gesuchstellerin wird für das Berichtigungsverfahren mit Fr. 600.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Februar 2020 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Gross