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[AZA 0] 
5C.40/2000/bnm 
 
II. Z I V I L A B T E I L U N G ******************************** 
 
 
23. März 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung, 
Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Merkli und 
Gerichtsschreiber Schneeberger. 
 
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In Sachen 
J.M.________, Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Stutz, Bahnhofstrasse 42, 5401 Baden, 
 
gegen 
K.S.________, Beklagter und Berufungsbeklagter, vertreten durch Rechtsanwalt Richard Eichenberger-Gläser, WeiteGasse 34, Postfach 2052, 5402 Baden, 
 
betreffend 
Grundbuch, Eintragungsanspruch, hat sich ergeben: 
 
A.- J.M.________ ist Eigentümer des Grundstückes IR-Nr. 
x in Y.________. K.S.________ gehört die südwestlich angrenzende, ebenfalls längliche und etwas tiefer liegende Parzelle IR-Nr. xx. Gemäss Eintrag im Interimsregister der Gemeinde Y.________ lastet auf diesem Grundstück eine im Jahr 1886 begründete Wegdienstbarkeit; das entsprechende Recht ist weder auf dem Grundbuchblatt des Grundstückes von J.M.________ noch auf demjenigen einer angrenzenden Parzelle eingetragen. Offenbar führte bis vor 1993/1994 vom höher liegenden Grundstück über das tiefer liegende ein gekiester und an der Böschung entlang der gemeinsamen Grenze mit Treppenstufen versehener Weg Richtung Dorfkern; umstritten ist, wann der Weg erstellt wurde. 
 
B.- Mit (Grundbuchberichtigungs-)Klage verlangte J.M.________ die Feststellung des Bestehens eines Fusswegrechts von seiner Parzelle IR-Nr. x über die Nachbarparzelle IR-Nr. xx, um Eintrag dieses Wegrechts auf dem Grundbuchblatt seines Grundstückes und um Verurteilung von K.S.________ auf Wiederherstellung der entfernten Treppe. Das Bezirksgericht Bremgarten stellte mit Urteil vom 12. Februar 1998 fest, dass dem berechtigten Grundeigentümer von IR-Nr. x ein Fusswegrecht zu Lasten des Eigentümers von IR-Nr. xx zusteht, wies das Grundbuchamt Bremgarten an, das Fusswegrecht auf den Parzellen entsprechend einzutragen und verpflichtete den Beklagten schliesslich, die entfernte Treppe auf seinem Grundstück wiederherzustellen, sobald der Kläger die Möglichkeit ihrer Benutzung auch auf seinem Grundstück geschaffen habe. Zur Begründung führte es aus, die Voreigentümer des Klägers hätten das Fusswegrecht während der letzten zehn Jahre vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches nach damaligem kantonalem Privatrecht ersessen. 
 
Die Appellation des Beklagten hiess das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 26. November 1999 gut, hob den erstinstanzlichen Entscheid auf und wies die Klage ab. 
 
C.- Der Kläger beantragt mit Berufung, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und seine Klage gutzuheissen; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Frist zur Einholung einer Berufungsantwort ist nicht angesetzt worden. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
 
D.- Mit Urteil vom heutigen Tag ist das Bundesgericht auf die vom Kläger gegen das obergerichtliche Urteil erhobene staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Obwohl nach Art. 55 Abs. 1 lit. b Satz 2 OG der blosse Hinweis auf im kantonalen Verfahren gestellte Anträge nicht genügt, liegt nach der Praxis ein hinreichender Abänderungsantrag auch dann vor, wenn aus der Berufungsschrift und dem angefochtenen Entscheid entnommen werden kann, inwiefern dieser abgeändert werden soll (BGE 110 II 74 E. I/1. S. 78 mit Hinweisen). Weil in der Berufungsschrift verlangt wird, die Klage vom 9. Oktober 1996 gutzuheissen und deren Wortlaut im angefochtenen Entscheid wiedergegeben ist, kann auf die Berufung grundsätzlich eingetreten werden. Dass Art. 55 Abs. 1 lit. b Satz 2 OG in solchen Fällen nicht zum Tragen kommt, ist hinzunehmen, sind doch die rechtsanwendenden Behörden gehalten, Prozessvorschriften nicht überspitzt formalistisch anzuwenden (Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, Bern 1990, N 14.2 zu Art. 55 OG). 
 
Weil auf ein Feststellungsbegehren dann nicht eingetreten werden darf, wenn eine rechtsgestaltende oder auf Leistung abzielende Klage möglich ist (BGE 123 III 49 E. 1a S. 51 ab Mitte mit Hinweisen), kann auf das Berufungsbegehren insoweit nicht eingetreten werden, als damit klageweise um Feststellung des Bestehens des Fusswegrechts ersucht wird. 
Denn falls die Ersitzung bundesrechtswidrig verneint worden ist, dringt der Kläger mit seinem Begehren um entsprechenden Eintrag im Grundbuch durch und erreicht sein Ziel mittels rechtsgestaltendem Begehren (Art. 731 Abs. 1 ZGB). 
 
2.- Unbestritten ist, dass das Wegrecht als Last auf dem Grundbuchblatt der Parzelle des Beklagten (IR-Nr. xx) eingetragen wurde, jedoch im Interimsregister nirgends als Recht aufgenommen worden ist, weshalb das Obergericht von einem Nichteintrag ausgeht. Der Kläger wendet dagegen ein, BGE 124 III 293 sei nicht einschlägig, weil vorliegend die Grunddienstbarkeit als Last auf dem Grundbuchblatt der Parzelle des Beklagten eingetragen sei und weil hier BGE 97 II 41 und 95 II 614 massgeblich seien. 
 
a) Ist auf dem Grundbuchblatt des dienenden Grundstückes nur eine Last eingetragen (Wegrecht) und kann weder diesem noch den Grundbuchblättern der Nachbarparzellen entnommen werden, welches Grundstück das herrschende ist, muss von einer Nichteintragung ausgegangen werden und kann der Kläger als Eigentümer des angeblich berechtigten Grundstückes die Ergänzung (Berichtigung) des unvollständigen Grundbucheintrags im Hinblick auf die Einhaltung von Art. 968 ZGB und Art. 35 Abs. 2 lit. d und e GBV [SR 211. 432.1] nicht verlangen (BGE 124 III 293 E. 2a und 2c, zustimmend die Rechtsprechungsberichte von Jörg Schmid, Baurecht 1999, S. 68 und H. Rey, ZBJV 135/1999 S. 282 ff.). Offenbar verkennt der Kläger, dass auf dem Grundbuchblatt des Grundstückes des Beklagten nicht eingetragen ist, welche Parzelle die herrschende ist und dass der hier strittige Fall somit mit dem von BGE 124 III 293 behandelten absolut vergleichbar ist. Wenn er darauf verweist, das erwähnte Urteil habe - anders als hier - einen Kanton mit eidgenössischem Grundbuch betroffen, so übersieht er, dass dieser Unterschied mit dem Berichtigungsanspruch nichts zu tun hat und nur für die Publizitätswirkung des provisorischen Registers eine Rolle spielt (Art. 48 SchlTZGB i.V.m. Art. 971 Abs. 1 und Art. 973 Abs. 1 ZGB; BGE 116 II 267 E. 3 S. 269 f. mit Hinw. ; Jürg Schmid, Basler Kommentar, ZGB Bd. II, N 2 zu Art. 971 ZGB und N 1 zu Art. 973 ZGB; H. Deschenaux, Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/3, I S. 40 ff.). 
 
b) Soweit sich der Kläger für seinen Standpunkt auf BGE 97 II 37 E. 3 S. 41 f. und 95 II 605 E. 3 S. 614 beruft, übergeht er, dass in keinem dieser beiden Urteile gesagt wird, auf dem Grundbuchblatt der dienenden Parzelle müsse das herrschende Grundstück nicht vermerkt sein. Vielmehr wird im älteren der beiden Entscheide die Frage aufgeworfen und offen gelassen, ob eine Grunddienstbarkeit entstehen kann, wenn auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstückes die Dienstbarkeit nicht eingetragen ist, obwohl - anders als hier - Recht und Last auf dem Grundbuchblatt der dienenden Parzelle korrekt eingetragen sind. Im jüngeren Urteil wird lediglich ausgeführt, die Eintragung auf dem Grundbuchblatt des dienenden Grundstücks entscheide über das Zustandekommen der Grunddienstbarkeit, ohne dass die Angabe des herrschenden Grundstückes als überflüssig bezeichnet wird. 
 
Für den Standpunkt des Klägers kann auch den einschlägigen Kommentaren nichts entnommen werden (Rey, Berner Kommentar, N 26 ff. zu Art. 731 ZGB; Schmid, Basler Kommentar, ZGB Bd. II, N 3 f. zu Art. 968 ZGB; Liver, Zürcher Kommentar, N 49 und 51 ff. bis 56 zu Art. 731 ZGB), wobei hier nicht zur in den zitierten Noten erörterten Frage Stellung genommen werden muss, bei welchem Stand einer Art. 968 ZGB und Art. 35 Abs. 2 (lit. d und e) GBV nicht genügenden Eintragung die Ergänzung bzw. Berichtigung des Grundbuches Platz greifen kann. Denn der vorliegende Fall ist gleich wie der von BGE 124 III 293 beurteilte zu entscheiden. 
 
3.- Nach dem Gesagten dringt der Kläger mit der Grundbuchberichtigungsklage bzw. mit der hier wohl kaum in Betracht kommenden amtlichen Berichtigung eines fehlerhaft vorgenommenen Eintrages nicht durch (Art. 975 Abs. 1 oder Art. 977 Abs. 1 ZGB; J. Schmid, a.a.O. N 4 zu Art. 968 ZGB, N 1, 4 und 8 ff. zu Art. 975 ZGB sowie N 1 ff. und 6 zu Art. 977 ZGB; Rey, N 79 ff. zu Art. 731 ZGB; Liver, N 49 bis 53 zu Art. 731 ZGB; vgl. zum Unterschied zwischen den beiden Möglichkeiten BGE 123 III 346 E. 1b S. 349 f. und J. Schmid, a.a.O. N 3 zu Art. 975 ZGB). 
 
Da der Kläger überdies die Eintragung des Wegrechts auf dem Grundbuchblatt seiner Liegenschaft als Recht und auf demjenigen der Parzelle des Beklagten als Last unter Verweis auf das jeweils andere Grundstück anstrebt, macht er im Ergebnis auch geltend, er habe Anspruch auf Eintragung eines ersessenen Fusswegrechts (E. Petitpierre, Basler Kommentar, ZGB Bd. II, N 3 ff. und 25 f. zu Art. 731 ZGB; H. Laim, Basler Kommentar, ZGB Bd. II, N 9 bis 11 zu Art. 662 ZGB; Rey/Laim, Extratabularersitzung und kantonale Publizitätseinrichtungen, recht 11/1993, S. 140 ff.; Rey, N 125, 145 ff., 162 ff. und 217 ff. zu Art. 731 ZGB; Liver, N 91 ff., 105 ff. und 116 ff. zu Art. 731 ZGB, vgl. N 52 zu Art. 731 ZGB). 
 
4.- Der Kläger macht wohl zu Recht weder eine ordentliche noch eine ausserordentliche Ersitzung nach Art. 731 Abs. 3 i.V.m. Art. 661 f. ZGB geltend (dazu Rey/Laim, a.a.O. 
S. 139 ff. und insbes. S. 145 f., Rey, N 162 ff. und 217 ff. 
zu Art. 731 ZGB und Liver, N 92 f. und 94 ff. zu Art. 731 ZGB). Dass entsprechende Entscheide mit Berufung an das Bundesgericht weitergezogen werden können (BGE 114 II 318), hilft dem Kläger jedoch nicht. Denn das Obergericht hat die Ersitzung vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches gestützt auf das damals geltende kantonale Privatrecht verneint. Insoweit hat es kantonales Recht angewendet (Rey, N 340 und 345 des systematischen Teils vor Art. 730 ZGB; Liver, N 150 f. zu Art. 731 ZGB) und entsprechende kantonale Urteile sind nicht berufungsfähig (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 und Art. 55 Abs. 1 lit. c a.E. OG; BGE 82 II 103 E. 4 S. 111 f., 79 II 401 E. 1 S. 403 unten, 39 II 150 S. 152 ab Mitte). Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der verweigerten Einvernahme von weiteren Zeuginnen zur Ersitzung und zum angewendeten Beweismass eine Verletzung von Art. 8 ZGB rügt, ist auf die Berufung ebenfalls nicht einzutreten. Denn diese Beweislastregel wird zu kantonalem Recht, wenn sie zusammen mit diesem angewendet werden soll (BGE 115 II 300 E. 3 S. 303, 88 I 11 E. 5bS. 15). 
5.- Auf das für den Kläger ungünstige Resultat der vorstehenden Erwägung kommt jedoch insoweit nichts an, als die Berufung ohnehin nicht durchzudringen vermag: 
 
Das Obergericht führt zur Ersitzung aus, dem Kläger müsse der Umstand, dass er 1995 eine Mauer an der Grenze zum Grundstück des Beklagten errichtet habe, welche die letzte auf seinem Grundstück liegende Treppenstufe um 50 cm überrage, rechtlich als Verzicht auf das möglicherweise ersessene Recht angelastet werden. Denn er habe nicht geltend gemacht, er lasse den bei der Bauvergabe entstandenen Fehler korrigieren oder verwahre sich dagegen, dass aus dem Verbauen des Durchganges falsche Schlüsse gezogen werden. Weil der Beklagte gegen diese Begründung, die den angefochtenen Entscheid bezüglich der Verweigerung des Eintragungsanspruches zu tragen vermag, nichts vorbringt, ist auf die Berufung insoweit nicht einzutreten (BGE 121 III 46 E. 2, 117 II 432 E. 2a S. 441, 115 II 300 E. 2a). 
 
6.- Der mit seiner Berufung erfolglos gebliebene und damit unterliegende Kläger wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG); eine Parteientschädigung schuldet er jedoch nicht, weil keine Berufungsantwort eingeholt worden ist und dem Beklagten somit auch keine Kosten entstanden sind (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau vom 26. November 1999 wird bestätigt. 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kläger auferlegt. 
 
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau (1. Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 23. März 2000 
 
Im Namen der II. Zivilabteilung des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: