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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_924/2018  
 
 
Urteil vom 10. Januar 2019  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, als Einzelrichterin, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Nötigung etc.); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 9. August 2018 (SW.2018.78). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die X.________ AG kündigte das Arbeitsverhältnis mit A.________ am 19. Juni 2017 auf Ende August 2017. A.________ forderte die Kosten eines Arztzeugnisses vom Arbeitgeber zurück. Am 21. August 2017 liess er deswegen u.a. Y.________, Bereichsleiter der X.________ AG, auf den Betrag von Fr. 347.65 betreiben. Die von Y.________ beauftragte Rechtsvertretung forderte A.________ auf, die Betreibung zurückzuziehen. Sollte dies nicht geschehen, werde neben zivilrechtlichen Schritten auch Strafanzeige erstattet. Im Rahmen einer arbeitsgerichtlichen Schlichtungsverhandlung bot der Arbeitgeber A.________ an, ihm ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Fr. 6'000.-- zu bezahlen und das Arbeitszeugnis anzupassen. Der Rechtsvertreter der X.________ AG erklärte zudem die Bereitschaft, im Rahmen eines Vergleichs die mittlerweile eingereichte Strafanzeige u.a. wegen Nötigung zurückzuziehen. Am 5. Februar 2018 klagte A.________ die X.________ AG wegen missbräuchlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein und forderte eine Entschädigung. Am 18. Juli 2018 zeigte er Y.________ wegen Drohung, Nötigung, versuchter Nötigung und versuchter Erpressung an. 
 
Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen nahm die Strafuntersuchung gegen Y.________ nicht an die Hand (Verfügung vom 24. Juli 2018). 
 
Das Obergericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerde gegen die Verfügung vom 24. Juli 2018 ab, soweit es darauf eintrat. Es erwog, hinsichtlich der angezeigten Drohung sei die Strafantragsfrist (Art. 31 StGB) abgelaufen. Bezüglich der Straftatbestände der Nötigung und Erpressung schützte es die Nichtanhandnahme; ein Tatverdacht sei nicht ersichtlich. Die Fragen nach der Passivlegitimation des Beschuldigten und nach der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft konnte es demnach offenlassen (Beschluss vom 9. August 2018). 
 
A.________ führt Beschwerde und beantragt, die Sache an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, damit diese den Verdacht auf nötigendes Handeln untersuche. Er macht geltend, der angefochtene Beschluss beruhe auf irrtümlichen tatsächlichen Annahmen. Weiter sei festzustellen, dass die Vorinstanz sein rechtliches Gehör verletze, da sie entschieden habe, obwohl sie seine - als schwer verständlich bezeichnete - Eingabe offenbar nicht verstanden habe. Das komme einer Rechtsverweigerung gleich. Diese Vorgänge verletzten "den bestehenden Bilateralen Vertrag zwischen der Schweiz und Italien" in Form einer indirekten Diskriminierung. Dies sei im Rahmen eines gemischten Ausschusses beider Länder zu klären. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
2.   
 
2.1. Der Beschwerdeführer reicht die Rechtsmitteleingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde ein. Mit Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde besteht daher kein Raum (vgl. Art. 113 ff. BGG; Urteil 6B_516/2016 vom 4. August 2016 E. 1.1).  
 
2.2. Die Privatklägerschaft ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wenn sie vor Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und wenn sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids hat, weil der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Der Beschwerdeführer hat darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 353 E. 1 S. 356), d.h. hier, welche Zivilansprüche er gegen die beschuldigte Person erheben möchte, sofern dies - etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat - nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 mit Hinweisen).  
 
2.3. Unbekümmert um die Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren noch kann er vorbringen, die Begründung sei materiell unzutreffend. Er kann jedoch beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 80; Urteil 6B_827/2014 vom 1. Februar 2016 E. 1.1, nicht publ. in BGE 142 IV 82).  
 
 
3.   
 
3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Beschuldigte habe ihm als Reaktion darauf, dass er den ehemaligen Arbeitgeber im Februar 2018 wegen missbräuchlicher Kündigung eingeklagt habe, per E-Mail einen ernsthaften Nachteil angedroht (resp. androhen lassen) und damit seine Handlungsfreiheit beeinträchtigt. Mit seinem nötigenden Handeln habe sich der Beschuldigte resp. der ehemalige Arbeitgeber vor einer gerichtlichen Verfolgung schützen wollen. Die Betreibung habe er, der Beschwerdeführer, schon im Oktober 2018 zurückgezogen. Die Vorinstanz habe seine Beschwerde offenkundig nicht richtig verstanden. Das komme im folgenden Passus des angefochtenen Beschlusses zum Ausdruck: "  Es trifft zu, dass die Strafanzeige des Beschwerdeführers vom 18. Juli 2018 teils schwer verständlich ist. Da der Beschwerdeführer indessen seiner Strafanzeige die notwendigen Dokumente beilegte, war für die Staatsanwaltschaft der Lebenssachverhalt ersichtlich, auf den der Beschwerdeführer seine Strafanzeige wegen Drohung, Nötigung, versuchter Nötigung und versuchter Erpressung aufbaute. Es gab daher nichts nachzufragen; dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren " (vgl. den angefochtenen Beschluss, S. 6 E. 2). Es sei davon auszugehen, dass die Vorinstanz den bestehenden Nötigungsverdacht verkannt habe. Darin liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und eine Rechtsverweigerung.  
 
3.2. Bei Einstellung oder Nichtanhandnahme des Verfahrens muss die Privatklägerschaft vor Bundesgericht konkret ausführen, inwiefern sie  im betreffenden Verfahren selber Zivilansprüche verfolgen möchte (vgl. Urteile 6B_597/2018 vom 24. September 2018 E. 2.1 und 6B_1163/2017 vom 10. April 2018 E. 1.4 a.E.). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass er im eingestellten Strafverfahren Zivilansprüche gegen die beschuldigte Person erhoben hätte (vgl. oben E. 2.2). Er beruft sich vielmehr auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf Rechtsverweigerung. Unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensrechten ist auf die Beschwerde einzutreten, sofern die formellrechtlichen Rügen von der Prüfung der Sache getrennt werden können (oben E. 2.3). Die Rügen des (in der Sache nicht legitimierten) Beschwerdeführers laufen jedoch auf eine inhaltliche Kritik an der Beweiswürdigung hinaus. Darüber hinaus macht er geltend, die Vorinstanz habe selber bekundet, die kantonale Beschwerde nicht richtig verstanden zu haben, weshalb sie ihm das Recht verweigere, wenn sie nun trotzdem entscheide. Hier setzt sich der Beschwerdeführer indes nicht weiter mit der Erwägung 2 des angefochtenen Beschlusses auseinander (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), in welcher die Vorinstanz ausführt, dass der Lebenssachverhalt, auf dem die Anzeige fusse, klar sei, weshalb kein Dolmetscher beigezogen werden müsse.  
 
Auf die Beschwerde ist somit im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Ebensowenig ist auf das Vorbringen einzugehen, der angefochtene Beschluss wirke ihm als italienischem Staatsbürger gegenüber indirekt diskriminierend, was das Freizügigkeitsabkommen mit der EU verletze. Denn diese Rüge bezieht sich wiederum auf die materielle Rechtslage. 
 
4.   
Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann angesichts der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG). Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG) dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage wird mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt die Einzelrichterin:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Januar 2019 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Einzelrichterin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub