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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_824/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. Februar 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
F.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Elda Bugada Aebli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Vorsorgeeinrichtung X.________,  
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Kummer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 13. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
F.________ bezog für die erwerblichen Folgen des am xxx erlittenen Nichtberufsunfalles u.a. Taggelder und ab 1. Dezember 2008 aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 53 % eine Invalidenrente der Unfallversicherung. Sodann richtete ihm die Invalidenversicherung ab 1. April 2007 eine halbe Rente (Invaliditätsgrad: 50 %) samt zwei Kinderrenten aus. Die Vorsorgeeinrichtung X.________, bei welcher F.________ im Zeitpunkt des Unfalles berufsvorsorgeversichert gewesen war, lehnte die Ausrichtung von Invalidenleistungen wegen Überversicherung ab. Die Vorsorgeeinrichtung berücksichtigte in der Überentschädigungsberechnung ein zumutbarerweise noch erzielbares Erwerbseinkommen in der Höhe des invalidenversicherungsrechtlichen Invalideneinkommens von Fr. 51'564.- gemäss Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 19. Februar 2010. In seinem die Verfügung bestätigenden Entscheid vom 4. November 2011 ermittelte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ein Invalideneinkommen von Fr. 45'501.75. 
 
B.   
Die von F.________ am 28. Februar 2012 erhobene Klage mit dem Rechtsbegehren, die Vorsorgeeinrichtung X.________ sei zu verpflichten, spätestens ab 1. Dezember 2008 die gesetzlichen und vertraglichen Leistungen aus der beruflichen Vorsorge zu erbringen, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 13. September 2013 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt F.________, der Entscheid vom 13. September 2013 sei aufzuheben und die Klage gutzuheissen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die von Amtes wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen   (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1 S. 133; 139 V 42 E. 1 S. 44) sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2.   
Streitig ist allein die Frage, ob in der Überentschädigungsberechnung für die Zeit ab 1. Dezember 2008 nach Art. 23 Ziff. 1 und 2 des Reglements der Beschwerdegegnerin (Ausgabe 2007) und Art. 24 Abs. 1 und 2 BVV 2 ein zumutbarerweise noch erzielbares Erwerbseinkommen in der Höhe des invalidenversicherungsrechtlichen Invalideneinkommens (Fr. 45'501.75.-; Art. 16 ATSG; BGE 125 V 146 E. 2a S. 149) zu berücksichtigen ist. Die Vorinstanz hat die Frage bejaht. In Würdigung der Akten ist sie zum Ergebnis gelangt, aufgrund der gesamten Umstände erscheine nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es dem Kläger tatsächlich unmöglich sei, auf dem für ihn konkret in Frage kommenden Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden, an welcher er einen Verdienst in dieser Höhe erzielen könne. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer rügt, die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz sei willkürlich. Als Folge davon sei es faktisch unmöglich, die Vermutung umzustossen, wonach das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen mit dem Invalideneinkommen übereinstimme (vgl. E. 5.2 hinten). Für diesen Nachweis gelte nicht der sonst übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. 
 
4.   
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene. Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht verletzt - umgekehrt - Bundesrecht, namentlich wenn es den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (Urteile 5A_607/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 1 und 9C_465/2013 vom 27. September 2013 E. 3.1.3, je mit Hinweisen). 
Rügen, welche die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung betreffen, prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur, soweit sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden; auf bloss appellatorische Kritik tritt es nicht ein (Urteile 5A_560/2013 vom 18. Dezember 2013 E. 1.1 und 8C_142/2013 vom 20. November 2013 E. 1.1, je mit Hinweisen). 
 
5.  
 
5.1. Aufgrund der gesetzlichen Konzeption der weitgehenden materiellrechtliche Koordination zwischen erster und zweiter Säule gilt die Vermutung, dass das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen nach Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 mit dem invalidenversicherungsrechtlichen Invalideneinkommen übereinstimmt (BGE 134 V 64 E. 4.1.2 und 4.1.3 S. 70). Das in der Überentschädigungsberechnung zu berücksichtigende Einkommen beruht - insofern abweichend vom Invalidenversicherungsrecht mit der Beurteilungsgrundlage des ausgeglichenen Arbeitsmarktes (vgl. Art. 16 ATSG [i.V.m. Art. 28a Abs. 1 IVG]) - allein auf dem Zumutbarkeitsgrundsatz (Urteil 9C_1033/2012 vom 8. November 2013 E. 3.2.1 mit Hinweis auf die Lehre; BGE 134 V 64 E. 4.2.1 S. 70 f.). Massgebend sind somit die persönlichen Umstände und die tatsächliche Lage auf dem im Einzelfall relevanten Arbeitsmarkt. Diesbezüglich haben die Vorsorgeeinrichtung und allenfalls das kantonale Berufsvorsorgegericht der versicherten Person das Gehörsrecht zu gewähren. Diese trifft im Gegenzug eine verstärkte Mitwirkungspflicht. Sie hat die persönlichen und arbeitsmarktbezogenen Umstände, welche der Erzielung eines Einkommens in der Höhe des Invalideneinkommens entgegenstehen, zu behaupten, zu substanziieren und hiefür soweit möglich Beweise anzubieten, namentlich durch den Nachweis erfolglos gebliebener Stellenbemühungen (Urteil 9C_1033/2012 vom 8. November 2013 E. 3.2.2 und 3.2.3 mit Hinweis; Urteil 9C_773/2013 vom 28. Januar 2014 E. 4.1).  
 
5.2. Art. 24 BVV 2 gilt grundsätzlich für die obligatorische berufliche Vorsorge. Im weitergehenden (überobligatorischen) Bereich können die Vorsorgeeinrichtungen die Kürzung der Leistungen wegen Überentschädigung unter Beachtung des verfassungsmässigen Minimalstandards (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit) anders regeln, solange dadurch die obligatorischen Ansprüche gewahrt bleiben (Urteil 9C_37/2007 vom 4. August 2010 E. 2.2. mit Hinweisen).  
Gemäss Art. 23 Ziff. 2 des Reglements der Beschwerdegegnerin wird Bezügern von Invalidenleistungen das weiterhin erzielte oder zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbs- oder Ersatzeinkommen angerechnet (Satz 2). Bei der Bestimmung des zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommens wird grundsätzlich auf das Invalideneinkommen gemäss IV-Entscheid abgestellt (Satz 3). Nach dem klaren Wortlaut ist somit das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen nur in Ausnahmefällen nicht dem invalidenversicherungsrechtlichen Invalideneinkommen gleichzusetzen. Das Reglement umschreibt zwar die Ausnahmetatbestände nicht, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat. Indessen kann keine Frage sein, dass die Anforderungen an den Nachweis von persönlichen und arbeitsmarktbezogenen Umständen, welche der Erzielung eines Einkommens in der Höhe des Invalideneinkommens entgegenstehen, mindestens ebenso hoch sind wie im Anwendungsbereich von Art. 24 Abs. 2 BVV 2. Jedenfalls verletzt es kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz ihrer Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit unterlegt hat. 
 
6.   
Die Vorinstanz hat ihrer Beurteilung im Wesentlichen den abgebrochenen Arbeitsversuch (im Rahmen der Arbeitslosenversicherung) in einem Callcenter sowie die Arbeitsbemühungen im Zeitraum von November 2009 bis April 2010 und vom März 2011 bis Januar 2012 zugrunde gelegt. Der Gangunsicherheit sowie der geltend gemachten Heiserkeit und veränderten Stimmlage hat sie keine Bedeutung beigemessen, da sie nicht zu erklären vermöchten, weshalb der Kläger während rund viereinhalb Jahren keine geeignete Stelle gefunden habe. 
 
6.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe den Arbeitsversuch im Callcenter wegen gesundheitlicher Beschwerden abgebrochen. Dies sei auch für den Arbeitgeber erkennbar und glaubwürdig gewesen, wie er im aufgezeichneten Telefongespräch vom yyy bestätigt habe. Darauf braucht mit Blick auf das Nachstehende nicht weiter eingegangen zu werden. Ebenso kann offenbleiben, ob die Arbeitsbemühungen quantitativ ungenügend waren, um mit der Vorinstanz daraus schliessen zu können, er sei tatsächlich nicht ausser Stande, ein dem Invalideneinkommen äquivalentes Erwerbseinkommen zu erzielen. Immerhin kann dem Beschwerdeführer nicht beigepflichtet werden, soweit er zur Begründung seines gegenteiligen Standpunktes auf den ausgewiesenen hohen und andauernden Arbeitsunfähigkeitsgrad verweist. Aus den Rentenverfügungen der Unfallversicherung vom 2. Juli 2009 und der Invalidenversicherung vom 19. Februar 2010 ergibt sich, dass ihm eine tägliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden zumutbar ist, was einem Arbeitspensum von über 70 % entspricht.  
 
6.2.  
 
6.2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er weise eine Berufsausbildung auf, die sich nicht durch eine Begabung für Schriftlichkeit kennzeichne. Er habe die Realschule besucht, eine zweijährige Berufslehre als ... absolviert und seit xxx als Automobilverkäufer gearbeitet. In seiner gesamten Berufslaufbahn habe er nie selbständig Texte verfasst, sondern nur vorgefertigte Verkaufsformulare ausgefüllt. Er habe sich daher nach Massgabe des ihm zugesprochenen Anforderungsprofils um Stellen beworben, an denen nicht das eigenständige Abfassen von Texten verlangt gewesen sei. Es könne ihm daher nicht vorgehalten werden, selbst bei den Bewerbungen im Bürobereich keine schriftlichen Bewerbungsdossiers eingereicht zu haben, da sinngemäss auch bei einem solchen Vorgehen diese Stellen für ihn nicht erlangbar gewesen wären.  
 
6.2.2. Es fragt sich, ob die erstmals geltend gemachten Defizite, sich schriftlich ausdrücken zu können, zu berücksichtigen sind, zumal nicht dargelegt wird, inwiefern diese (behauptete) Tatsache erst durch den angefochtenen Entscheid rechtswesentlich geworden ist (Art. 99    Abs. 1 BGG; Urteile 9C_970/2012 vom 23. April 2013 E. 4.3.2 und 5A_79/2008 vom 6. August 2008 E. 2.5). Die Frage kann indessen offenbleiben. Wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich, im Übrigen unwidersprochen festgestellt hat (vorne E. 4), richtete der Beschwerdeführer seine (mündlichen) Bewerbungen zum weit überwiegenden Teil auf Stellen im Bürobereich. Ist er tatsächlich nicht in der Lage, auch einfache Texte eigenständig abzufassen, waren daher seine Arbeitsbemühungen von vornherein praktisch chancenlos, wird von Tätigkeiten wie etwa diejenige als Mitarbeiter in einem Callcenter abgesehen. Damit kann aber der Nachweis, auf dem aktuellen, konkret in Betracht fallenden Arbeitsmarkt aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen kein Erwerbseinkommen in der Höhe des invalidenversicherungsrechtlichen Invalideneinkommens erzielen zu können, nicht als erbracht gelten. Daran vermögen die weiteren Vorbringen nichts zu ändern, weder der Umstand, dass seine Arbeitsbemühungen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung zu keinen Beanstandungen (Einstellung in der Anspruchsberechtigung; Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG) Anlass gaben noch die in der Beschwerde erwähnten Studien, welche belegten, dass über fünfzig Jahre alte Teilinvalide (und Sozialhilfebezüger) schlechtere Chancen haben, einen neuen Job zu finden, als andere Personengruppen. Im Übrigen wird nicht geltend gemacht, die angeblich ausgeprägte Gangataxie, sodass für das Umfeld der "verpönte Eindruck des Alkoholkonsums" entstehe, sei für die Organe der Arbeitslosenversicherung Anlass gewesen, die Vermittlungsfähigkeit in Frage zu stellen und die Arbeitsfähigkeit vertrauensärztlich abzuklären (Art. 8 Abs. 1 lit. f und Art. 15 Abs. 3 AVIG; vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts C 282/05 vom 3. März 2006 vom E. 2.3).  
Nach dem Gesagten verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG). Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
7.   
Der Beschwerdeführer als unterliegende Partei hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. Februar 2014 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler