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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_691/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 11. Februar 2016  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Bachmann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Luzern, 
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Luzern 
vom 17. August 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1963 geborene A.________ erlitt am 20. Juli 2007 bei einer Heckauffahrkollision auf der Autobahn ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule. Am 6. November 2012 meldete sie sich unter Hinweis auf seit dem Unfall bestehende Schmerzen im Rücken, in den Armen, an der Schulter und am Kopf bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in beruflich-erwerblicher sowie in medizinischer Hinsicht, namentlich nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Ostschweiz vom 24. März 2014, verneinte die IV-Stelle Luzern nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 26. Juni 2014 einen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher A.________ die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente beantragen liess, wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 17. August 2015 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr eine ganze Invalidenrente zuzusprechen und die Sache sei zur ziffernmässigen Berechnung der Rente an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell sei die Sache in Aufhebung des angefochtenen Entscheids zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem lässt A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersuchen. 
Die IV-Stelle und das Kantonsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 141 V 236 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).  
 
2.   
Streitig und - im Rahmen der dargelegten Kognition - zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht mit der Verneinung des Anspruchs auf eine Invalidenrente Bundesrecht verletzt hat. 
Die massgebenden Rechtsgrundlagen sind im Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 17. August 2015 zutreffend dargelegt worden. Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, gemäss dem als beweiskräftig eingestuften polydisziplinären Gutachten der MEDAS Ostschweiz vom 24. März 2014 sei von folgenden Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit auszugehen: Status nach anteriorer Diskektomie und interkorporeller Fusion C5/6 vom 2. November 2011 mit/bei Status nach Heckauffahrkollision am 20. Juli 2007 mit HWS-Distorsionstrauma, chronischer Zervikobrachialgie rechts mit Funktionsdefizit der HWS bei Status nach mediolateraler Diskushernie C5/6 mit Forameneinengung, intermittierenden zervikozephalen Kopfschmerzen und Status nach dreimaliger zervikaler PDA ohne signifikante Verbesserung; chronische Zervikobrachialgie rechts mit Funktionsdefizit der HWS; Diskusprolaps C5/6 rechts mit Forameneinengung; Status nach anteriorer Diskektomie und interkorporeller Fusion mit Cage/Knocheninterponat C5/6 (2011) mit residueller sensibler Störung C6/7 rechts; Uncarthrose und Spondylarthrose C4-7 sowie Status nach HWS-Distorsionstrauma Quebec-Task-Force II (Juli 2007). Ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit seien sodann ein gastroösophagealer Reflux, aktuell unter PPI beschwerdefrei, Status nach HP-Infektion sowie eine Epicondylitis humero-radialis rechts diagnostiziert worden. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Raumpflegerin hielten die Gutachter die Beschwerdeführerin aus orthopädischer und neurologischer Sicht nicht mehr für arbeitsfähig, wobei die entsprechenden gesundheitlichen Beschwerden seit dem Unfall vom 20. Juli 2007 bestünden. Für adaptierte Tätigkeiten bestehe indessen gemäss Gutachten eine Leistungsfähigkeit von 100 %; sowohl orthopädisch, neurologisch, allgemein-internistisch wie im Psychischen gebe es keine diesbezüglichen Einschränkungen.  
 
3.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren im Recht gelegenen ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.  
 
3.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigen keine offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf das Grundsatzurteil BGE 141 V 281 vom 3. Juni 2015 zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass im polydisziplinären Gutachten vom 24. März 2014 keine entsprechende Diagnose gestellt wurde (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.2 S. 297, 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13). Aus dem vom orthopädischen Gutachter bei der Würdigung verwendeten Begriff "Mixed Pain" kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Der Gutachter hielt nämlich ausdrücklich fest, die beklagte Schmerzsymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule und des rechten Armes sei orthopädisch nachvollziehbar; bei der Erklärung der Schmerzursache werde von einem Mixed Pain mit nozizeptiven Elementen bei degenerativen Veränderungen und neuropathischen Elementen nach St. n. Diskektomie C5/6 ausgegangen. Eine psychiatrische Diagnose konnte nicht gestellt werden; vielmehr führte der psychiatrische Gutachter aus, da die beklagten Schmerzen quantitativ durch die somatischen Befunde zu erklären seien, sei die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nicht mehr berechtigt. Die Berufung auf BGE 141 V 281 ist somit unbehelflich.  
 
3.4. Zum Umstand, dass keine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) durchgeführt wurde, hat die Vorinstanz bereits richtig erwogen, dass bei zuverlässiger ärztlicher Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in der Regel keine Notwendigkeit besteht, die Rechtsfrage der Erwerbsunfähigkeit durch eine EFL zu überprüfen. Ausnahmsweise kann eine solche erforderlich sein, wenn mehrere involvierte Ärzte eine solche angesichts eines multiplen und schwierig einzuschätzenden Krankheitsbildes ausdrücklich befürworten (vgl. SVR 2009 IV Nr. 26 S. 73, 8C_547/2008 E. 4.2.1 f. und SVR 2011 IV Nr. 6 S. 17, 9C_1035/2009 E. 4). Die MEDAS-Gutachter konnten jedoch - wie das kantonale Gericht zutreffend festgehalten hat - die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin hinreichend genau einschätzen, weshalb auf entsprechende Weiterungen verzichtet werden konnte und vor diesem Hintergrund die antizipierte Beweiswürdigung nicht zu beanstanden ist.  
 
3.5. Der vorinstanzlich anhand von Art. 16 ATSG bestimmte Invaliditätsgrad (10 %) wird ansonsten letztinstanzlich nicht gerügt, sodass nicht weiter darauf einzugehen ist.  
 
4.   
Nicht zu beanstanden ist schliesslich, dass die Vorinstanz den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen nicht behandelt, sondern lediglich festgestellt hat, der Beschwerdeführerin stünden mit dem im MEDAS-Gutachten umschriebenen Tätigkeitsprofil einfache Tätigkeiten auf dem gesamten Arbeitsmarkt mit 100%iger Leistungsfähigkeit offen. Im kantonalen Beschwerdeverfahren ist nur die Zusprechung einer Rente beantragt worden, weshalb der Anspruch auf berufliche Massnahmen nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet. Er kann daher auch nicht Streitgegenstand im letztinstanzlichen Verfahren sein (BGE 130 V 501 E. 1.1 S. 502 mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin davon auszugehen scheint, über die Rentenfrage könne nur befunden werden, wenn vorgängig oder (mindestens) gleichzeitig über den Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen entschieden werde, ist ihr nicht zu folgen. Solches ergibt sich weder aus dem Prinzip "Eingliederung vor Rente" noch aus dem mit der 5. IVG-Revision eingeführten Grundsatz "Eingliederung statt Rente" (BBl 2005 4524). Eine Invalidenrente soll erst und nur dann zugesprochen werden, wenn die Möglichkeiten ausgeschöpft sind, welche Eingliederungsmassnahmen zur Verbesserung der gesundheitsbedingt beeinträchtigten Erwerbsfähigkeit bieten. Kann ein Rentenanspruch indes durch allenfalls noch vorzunehmende berufliche Eingliederungsmassnahmen nicht mehr beeinflusst werden, etwa weil ein rentenbegründender Invaliditätsgrad bereits jetzt nicht gegeben ist, kann der Rentenentscheid unabhängig von allfälligen Eingliederungsmassnahmen gefällt werden (z.B. Urteile 8C_187/2015 vom 20. Mai 2015 E. 3.2.1 und 8C_515/2010 vom 20. Oktober 2010 E. 2.2). 
 
5.   
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - mit summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt. 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Februar 2016 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch