Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_218/2022  
 
 
Urteil vom 23. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiber Caprara. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Maurerstrasse 2, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Entschädigung der amtlichen Verteidigung; 
rechtliches Gehör, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. Januar 2022 (SW.2021.41). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Staatsanwaltschaft Bischofszell setzte am 12. Februar 2020 Rechtsanwalt A.________ in einem Strafverfahren gegen B.________ als amtlichen Verteidiger ein, mit Wirkung ab 12. Juni 2019.  
 
A.b. Das Bezirksgericht Arbon sprach B.________ mit Urteil vom 15. März 2021 vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern sowie vom Vorwurf der Pornografie frei. Es entschädigte den amtlichen Verteidiger, Rechtsanwalt A.________, mit Fr. 24'839.90 (inkl. Barauslagen und MWST), wovon es eine Akontozahlung der Staatsanwaltschaft von Fr. 909.-- abzog. Es hielt zudem fest, die B.________ zugesprochene Entschädigung gemäss Entscheid des Obergerichts vom 15. August 2019 in Höhe von Fr. 479.-- (inkl. Barauslagen und MWST) sei nicht berücksichtigt (Dispositiv-Ziffer 8c).  
 
B.  
 
B.a. Dagegen erhob Rechtsanwalt A.________ am 25. März 2021 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau. Er beantragte, Dispositiv-Ziffer 8c des angefochtenen Urteils sei aufzuheben. Es sei ihm für das ganze Strafverfahren ein Honorar von Fr. 40'008.60 (inkl. MWST) zuzusprechen, wobei die Zahlungen der Staatsanwaltschaft Bischofszell in Höhe von Fr. 909.-- und des Obergerichts in Höhe von Fr. 479.-- abzuziehen seien; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Gleichentags verlangte er beim Bezirksgericht Arbon die schriftliche Begründung des Urteils vom 15. März 2021.  
 
B.b. Das Obergerichtsvizepräsidium nahm am 31. März 2021 die am 29. März 2021 angesetzte Frist zur Einreichung von Beschwerdeantwort/Vernehmlassung zurück bzw. einstweilen ab. Es hielt fest, dass die Frist für die Einreichung der Beschwerde der amtlichen Verteidigung erst mit der Eröffnung des schriftlich begründeten Entscheids zu laufen beginne und nicht bereits mit der Eröffnung des unbegründeten Dispositivs. Ferner hielt es fest, für den Fall, dass gegen das Urteil des Bezirksgerichts Arbon [vom 15. März 2021] Berufung erhoben würde, dürften die Einwände des amtlichen Verteidigers gegen die Höhe seiner Entschädigung im dannzumaligen Berufungsverfahren zu behandeln sein und das Beschwerdeverfahren womöglich gegenstandslos werden.  
 
B.c. Am 30. März 2021 meldete Rechtsanwalt A.________ beim Bezirksgericht Arbon "sicherheitshalber" für seinen Mandanten die Berufung an. Das Bezirksgericht Arbon versandte das begründete Urteil am 27. September 2021, das A.________ am 1. Oktober 2021 zugestellt wurde.  
 
B.d. Am 6. Oktober 2021 erstattete Rechtsanwalt A.________ für sich als "Berufungskläger/Beschwerdeführer" und für B.________ als "Berufungskläger" "sicherheitshalber" die Berufungserklärung und beantragte, Dispositiv-Ziffer 8c des angefochtenen Urteils [vom 15. März 2021] sei aufzuheben. Ihm sei für das gesamte Strafverfahren ein Honorar von Fr. 40'008.60 (inkl. MWST) zuzusprechen, abzüglich der bereits erwähnten Zahlungen (vgl. oben B.a). Als Verfahrensantrag beantragte er, dieses Berufungsverfahren sei mit dem Verfahren zur Beschwerde vom 25. März 2021 zu vereinigen; eventuell sei zu entscheiden, ob die Sache als Beschwerde oder Berufung entgegengenommen werde. Zudem stellte er Beweisanträge.  
 
B.e. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 hielt das Obergerichtsvizepräsidium fest, die 10-tägige Beschwerdefrist ende am 11. Oktober 2021; bis dahin könne Rechtsanwalt A.________ die Beschwerde ergänzen. Dieser ergänzte die Beschwerde am 11. Oktober 2021.  
 
B.f. Das Obergericht des Kantons Thurgau schützte mit Entscheid vom 27. Januar 2022 die Beschwerde gegen das Urteil vom 15. März 2021 teilweise, soweit sie nicht gegenstandslos geworden und auf sie einzutreten war (Dispositiv-Ziffer 1). Es hielt fest, dass in Abänderung von Dispositiv-Ziffer 8c des angefochtenen Urteils der Staat (Staatsanwaltschaft Bischofszell) den amtlichen Verteidiger von B.________, Rechtsanwalt A.________, mit Fr. 30'925.-- (inkl. Barauslagen und MWST) zu entschädigen habe (Dispositiv-Ziffer 2). Weiter auferlegte das Obergericht dem Beschwerdeführer A.________ eine Verfahrensgebühr von Fr. 750.-- (Dispositiv-Ziffer 3) und hielt fest, dass der Staat (Staatsanwaltschaft Bischofszell) den Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'900.-- (zzgl. 7,7 % MWST) zu entschädigen habe (Dispositiv-Ziffer 4).  
 
C.  
Gegen diesen Entscheid führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, die Dispositiv-Ziffern 2 und 4 des angefochtenen Entscheids seien aufzuheben. Ihm sei in Abänderung von Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids für das Strafverfahren bis und mit rechtskräftigem Urteil zum Freispruch des Beschuldigten B.________ ein Honorar von Fr. 40'008.60 (inkl. Spesen und MWST) zuzusprechen, abzüglich zwei Zahlungen, nämlich diejenige der Staatsanwaltschaft Bischofszell vom 23. August 2019 in Höhe von Fr. 909.-- und diejenige des Obergerichts vom 3. September 2019 in Höhe von Fr. 479.--. Ihm sei zudem in Abänderung von Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Entscheids für das Beschwerdeverfahren ein Honorar von Fr. 6'928.55 zuzusprechen. 
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, mit welchem dieses über die dem amtlichen Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren zugesprochene Entschädigung entschieden hat. Es handelt sich um einen Endentscheid in Strafsachen einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht geurteilt hat. Nebst der Entschädigung als amtlicher Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren verlangt der Beschwerdeführer eine Abänderung der Kosten des Rechtsmittelverfahrens (vgl. Art. 428 Abs. 1 StPO), die namentlich die Kosten der amtlichen Verteidigung umfassen (Art. 422 Abs. 1 und 2 lit. a StPO). Es liegt kein Anwendungsfall von Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO vor, sodass das Bundesgericht für die Beschwerde in Strafsachen zuständig ist (vgl. BGE 140 IV 213 E. 1.7; Urteil 6B_707/2022 vom 20. Dezember 2022 E. 1.2). Auf die form- (Art. 42 Abs. 1 BGG) und fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 297 E. 1.2; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).  
Die Begründung der Beschwerde muss zudem in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 143 IV 122 E. 3.3; 141 V 416 E. 4; 140 III 115 E. 2). Insoweit der Beschwerdeführer auf die erstinstanzliche Sachverhaltsfeststellung verweist (Beschwerde S. 3), ist darauf nicht einzutreten. 
 
1.3. Anfechtungsobjekt bildet einzig der angefochtene Entscheid vom 27. Januar 2022 (Art. 80 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Auf ausserhalb des Streitgegenstands liegende Anträge, Rügen oder weitere Vorbringen ist daher von vornherein nicht einzutreten (Urteil 7B_153/2022 vom 20. Juli 2023 E. 1.2 mit Hinweis).  
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf die "Beweislage" im erstinstanzlichen Verfahren bzw. auf das "abgetrennte Nachverfahren" betreffend Entschädigungen des Beschuldigten verweist (Beschwerde S. 3-5), äussert er sich ausserhalb des vorliegenden Streitgegenstands. Darauf ist nicht einzutreten. Das Gleiche gilt, wenn er auf die "Unklarheiten im Beschwerdeverfahren" verweist und in diesem Zusammenhang vorbringt, dass es "von Vorteil" wäre, wenn die Beschwerde gegen Honorarkürzungen im Gesetz klarer geregelt würde, bzw. wenn er ausführt, dass in diesem Zusammenhang ein obiter dictum "hilfreich" wäre (Beschwerde S. 5 f.). 
 
2.  
 
2.1.  
 
2.1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der richterlichen Begründungspflicht als Teilgehalt seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV. Er macht geltend, die Vorinstanz erkläre die Herabsetzung seiner Entschädigung in verschiedenen Punkten nicht (Beschwerde S. 15 f.). Zudem erkläre sie nicht, weshalb auf seine Honorarnote vom 1. März 2021 abzustellen sei, obwohl ihn die erste Instanz aufgefordert habe, eine neuere Honorarnote einzureichen (Beschwerde S. 17).  
 
2.1.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK) ergibt sich für die Behörden die Pflicht, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. Nicht erforderlich ist, dass sich die Behörde mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 148 III 30 E. 3.1; 145 III 324 E. 6.1; 143 III 65 E. 5.2; je mit Hinweisen).  
Die Vorinstanz begründet eingehend, weshalb sie die von der ersten Instanz vorgenommene Kürzung der Honorarnote des Beschwerdeführers für angemessen erachtet oder von dieser abweicht (angefochtener Entscheid S. 10-30). Sie legt zudem - entgegen der Beschwerde (S. 17) - dar, weshalb sie die Honorarnote vom 1. März 2021 als massgebend erachtet (angefochtener Entscheid S. 29). Weiter nennt sie die wesentlichen Überlegungen, von denen sie sich hat leiten lassen und worauf sie ihren Entscheid stützt. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass es sich bei der Stellungnahme vom 4. November 2020 um den identischen Wortlaut wie bei den Stellungnahmen vom 21. Mai und 21. August 2020 handelte. Die Vorinstanz begründet, weshalb sie für die Stellungnahmen einen Zeitaufwand von 30 Minuten als angemessen betrachtet (angefochtener Entscheid S. 21 f.). Dass die Vorinstanz die Stellungnahme nicht entschädigt (Beschwerde S. 15), trifft damit nicht zu. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Vorinstanz davon ausgeht, die Stellungnahme des amtlichen Verteidigers sei durch dessen Sekretärin erfolgt (Beschwerde S. 15). 
Die Vorinstanz begründet hinreichend, weshalb sie im Vergleich zur erstinstanzlichen Würdigung einen zusätzlichen Aufwand von 28.25 Stunden als angemessen und deshalb für entschädigungsberechtigt hält. Dem Beschwerdeführer war es auch ohne Weiteres möglich, den Entscheid der Vorinstanz sachgerecht anzufechten. Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt nicht vor. 
 
2.2.  
 
2.2.1. Der Beschwerdeführer beanstandet die Höhe des amtlichen Honorars im erstinstanzlichen Verfahren (Beschwerde S. 6-18).  
 
2.2.2. Wenn sich der Beschwerdeführer bei der Rüge der seiner Ansicht nach zu tiefen Entschädigung als amtlicher Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren auf Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO beruft (vgl. Beschwerde S. 6 und 8), ist ihm nicht zu folgen. Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO betrifft die Kosten einer Wahlverteidigung und ist auf die amtliche Verteidigung nicht anwendbar. Ihre Entschädigung richtet sich allein nach Art. 135 StPO (BGE 139 IV 261 E. 2.2.2; 138 IV 205 E. 1; Urteile 6B_935/2020 vom 25. Februar 2021 E. 6.3; 6B_847/2017 vom 7. Februar 2018 E. 3; 6B_59/2016 vom 13. April 2016 E. 2.1; je mit Hinweisen). Sofern der Beschwerdeführer eine höhere Entschädigung für den "anwaltlichen Aufwand" in den kantonalen Beschwerdeverfahren verlangt und dies im Wesentlichen mit dem erfolgten Freispruch begründet (vgl. Beschwerde S. 10 f., S. 12-14), erweist sich die Beschwerde damit als unbegründet.  
 
2.2.3. Gemäss Art. 135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Die Entschädigung wird von der Staatsanwaltschaft oder vom urteilenden Gericht am Ende des Verfahrens festgelegt (Art. 135 Abs. 2 StPO).  
Massgebend für die Festsetzung der Entschädigung ist vorliegend die Verordnung des Obergerichts des Kantons Thurgau über den Anwaltstarif für Zivil- und Strafsachen vom 9. Juli 1991 (AnwT/TG; RB 176.31). Gemäss § 5 Abs. 1 AnwT/TG beträgt die Grundgebühr für die Vertretung im Untersuchungs- und Gerichtsverfahren bis Fr. 7'000.--. In aussergewöhnlichen Fällen, insbesondere in Verfahren mit unverhältnismässig grossem oder fremdsprachigem Aktenmaterial, mit sehr umfangreicher Korrespondenz, mit aufwändiger Instruktion, mit zahlreichen Einvernahmen oder bei in anderer Weise komplizierten Verfahren, kann das Maximum überschritten werden (§ 5 Abs. 2 AnwT/TG). Offizialverteidiger werden nach dem notwendigen Zeitaufwand entschädigt, wobei die maximale Gesamtgebühr gemäss den ordentlichen Ansätzen nicht überschritten werden darf. Sie haben eine Schlussrechnung einzureichen, welche eine spezifizierte Aufstellung der mandatsbezogenen Tätigkeiten einschliesslich Barauslagen enthält. Der Honorarsatz beträgt Fr. 200.-- pro Stunde (§ 13 Abs. 2 AnwT/TG). 
 
2.2.4. Die Anwendung des kantonalen Anwaltstarifs überprüft das Bundesgericht nur auf Willkür und Vereinbarkeit mit anderen verfassungsmässigen Rechten (vgl. Art. 95 BGG; BGE 145 I 121 E. 2.1; 142 V 513 E. 4.2; 142 IV 70 E. 3.3.1; Urteil 6B_203/2022 vom 10. Mai 2023 E. 9.2.1). Zum Begriff der Willkür und zu den für die Willkürrüge geltenden qualifizierten Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG) kann auf die bisherige Rechtsprechung verwiesen werden (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).  
 
2.2.5. Der amtliche Anwalt kann aus Art. 29 Abs. 3 BV einen Anspruch auf Entschädigung und Rückerstattung seiner Auslagen herleiten. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch besteht nur, "soweit es zur Wahrung der Rechte notwendig ist". Nach diesem Massstab bestimmt sich der Anspruch sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht, d.h. in Bezug auf den Umfang der Aufwendungen. Entschädigungspflichtig sind danach nur jene Bemühungen, die in einem kausalen Zusammenhang mit der Wahrung der Rechte im Strafverfahren stehen, und die notwendig und verhältnismässig sind. Das Honorar muss allerdings so festgesetzt werden, dass der unentgeltlichen Rechtsvertretung ein Handlungsspielraum verbleibt und sie das Mandat wirksam ausüben kann (BGE 141 I 124 E. 3.1; Urteil 1B_385/2021 vom 25. Oktober 2021 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
 
2.2.6. Es ist Sache der kantonalen Behörde, die Angemessenheit anwaltlicher Bemühungen zu beurteilen. Den Kantonen kommt bei der Bemessung des Honorars des amtlichen Verteidigers ein weiter Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht schreitet nur ein, wenn der Ermessensspielraum klarerweise überschritten wurde und Bemühungen nicht honoriert wurden, die zweifelsfrei zu den Obliegenheiten eines amtlichen Verteidigers gehören (BGE 141 I 124 E. 3.2; Urteile 6B_1113/2022 vom 12. September 2023 E. 2.1; 6B_203/2022 vom 10. Mai 2023 E. 9.2.3; je mit Hinweisen).  
Für eine Verletzung von Art. 135 StPO genügt es nicht, wenn die kantonale Behörde, welche die Entschädigung der amtlichen Verteidigung festgesetzt hat, einen in Rechnung gestellten Posten irrtümlich würdigt oder sich auf ein unhaltbares Argument stützt. Vielmehr muss die Festsetzung des Honorars ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den vom Anwalt geleisteten Diensten stehen und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstossen (BGE 141 I 124 E. 3.2; Urteile 6B_203/2022 vom 10. Mai 2023 E. 9.2.3; 6B_707/2022 vom 20. Dezember 2022 E. 2.1; 6B_1115/2019 vom 3. Dezember 2019 E. 4.3; je mit Hinweis[en]). 
 
2.2.7. Der Beschwerdeführer verlangte vor Vorinstanz für das erstinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 38'620.60 (vgl. angefochtener Entscheid S. 31). Die Vorinstanz erwägt, die erste Instanz habe die entschädigungsberechtigten Stunden des Beschwerdeführers von knapp 160 Stunden auf 110 Stunden in 18 Positionen gekürzt, die sie im angefochtenen (d.h. erstinstanzlichen) Entscheid tabellarisch festgehalten und begründet habe (angefochtener Entscheid S. 7). Nach einer Zusammenfassung der erstinstanzlichen Argumente (angefochtener Entscheid S. 8 f.) legt die Vorinstanz begründet und detailliert dar, warum sie in Bezug auf die einzelnen Positionen von der erstinstanzlichen Würdigung abweicht oder sie dieser zustimmt (angefochtener Entscheid S. 10-30). Sie kommt zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer für das Untersuchungs- und das erstinstanzliche Verfahren im Vergleich zur Würdigung der ersten Instanz zusätzlich 28.25 Stunden zu entschädigen seien, was zu einer gesamthaften Entschädigung von Fr. 30'925.-- (inkl. Barauslagen und MWST) führte (angefochtener Entscheid S. 30).  
 
2.2.8. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz bei der Überprüfung der von der ersten Instanz vorgenommenen Kürzung des Honorars des amtlichen Verteidigers (d.h. des Beschwerdeführers) das ihr zustehende Ermessen klarerweise überschritten hätte. Von einer willkürlichen Anwendung des kantonalen Anwaltstarifs (vgl. oben E. 2.2.4) kann keine Rede sein. Aus dem angefochtenen Entscheid geht nämlich hervor, dass der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Zeitaufwand von 160 Stunden erstinstanzlich um 50 Stunden auf 110 Stunden gekürzt wurde, während die Vorinstanz für das Untersuchungs- und erstinstanzliche Verfahren zusätzlich 28.25 Stunden als entschädigungsfähig erklärte (angefochtener Entscheid S. 7, 30). Dies ist gestützt auf die vorinstanzlichen Ausführungen nachvollziehbar. Ebensowenig kann gesagt werden, dass die Festsetzung des Honorars ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den vom Anwalt geleisteten Diensten stehen und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstossen würde (vgl. oben E. 2.2.6). Weder die Kürzung des Zeitaufwands noch die Höhe des Honorars erscheinen insgesamt klar unverhältnismässig oder willkürlich.  
 
2.2.9. Die Rügen des Beschwerdeführers gegen die Festlegung seiner amtlichen Entschädigung für das erstinstanzliche Verfahren erweisen sich insgesamt als unbegründet, soweit darauf aufgrund einer rechtsgenüglichen Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Ausführungen überhaupt eingetreten werden kann (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 1.2).  
 
2.2.10. Die Vorinstanz geht entgegen der Beschwerde (S. 9) keineswegs davon aus, dass der Beschwerdeführer für die kantonalen Haftbeschwerden über "kein Mandat" verfügt habe. Sie nimmt vielmehr in tatsächlicher Hinsicht (Art. 105 Abs. 1 BGG) an, dass der Beschwerdeführer in den damaligen Beschwerdeverfahren kein Gesuch um amtliche Verteidigung gestellt hatte (angefochtener Entscheid S. 10), was in der Beschwerde nicht bestritten wird. Die diesbezügliche Gehörsrüge des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 10) erweist sich als unbegründet.  
Der Beschwerdeführer räumt selber ein, dass die fünf Beschwerdeentscheide des Obergerichts nicht vor Bundesgericht angefochten wurden (Beschwerde S. 11). Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz von der Rechtskraft dieser Entscheide ausgeht und diesbezüglich ausführt, ein Zurückkommen darauf sei nicht möglich (angefochtener Entscheid S. 10; vgl. dazu unten E. 2.2.12). 
 
2.2.11. Dem Beschwerdeführer wurde die amtliche Verteidigung für das Strafverfahren gegen den Beschuldigten (d.h. für das Hauptverfahren) formell erst am 12. Februar 2020 gewährt, rückwirkend mit Wirkung ab 12. Juni 2019, und damit nach Behandlung aller fünf Beschwerden durch das Obergericht (angefochtener Entscheid S. 10). Die Vorinstanz nimmt dabei zutreffend an, dass Neben- und Rechtsmittelverfahren nicht automatisch in der amtlichen Verteidigung für die Hauptsache inbegriffen seien; die amtliche Verteidigung könne aber für solche Verfahren beantragt werden (angefochtener Entscheid S. 9; vgl. NIKLAUS RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 9 zu Art. 132 StPO), was vorliegend indes unterlassen wurde (vgl. oben E. 2.2.10).  
Aus dem Umstand, dass es sich um einen Fall notwendiger Verteidigung (Art. 130 StPO) gehandelt habe (vgl. Beschwerde S. 8), vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erstreckt sich die notwendige Verteidigung im Hauptverfahren grundsätzlich nicht auf Beschwerdeverfahren. In solchen Fällen kommt - jedenfalls wenn die beschuldigte Person Beschwerde führt - einzig die amtliche Verteidigung nach den allgemeinen Regeln der unentgeltlichen Rechtspflege in Betracht (vgl. Urteile 7B_485/2023 vom 11. September 2023 E. 4.3; 7B_221/2023 vom 20. Juli 2023 E. 3.2; 1B_232/2023 vom 30. Mai 2023 E. 4.1; 6B_1322/2021 vom 11. März 2022 E. 4.4.1; je mit Hinweisen). 
 
2.2.12. Die Vorinstanz beschränkt sich bei der Beurteilung der Entschädigung der amtlichen Verteidigung weiter nicht bloss darauf, festzuhalten, dass die kantonalen Beschwerdeentscheide - mangels Anfechtung - rechtskräftig geworden seien (vgl. Beschwerde S. 11). Sie ist vielmehr auf die fünf kantonalen Beschwerdeverfahren eingegangen, um die Anrechnung der damals teilweise zugesprochenen Entschädigungen zu klären und um die Entschädigungsberechtigung der den Beschwerden vorangegangenen Eingaben [des Beschwerdeführers] zu beurteilen (vgl. angefochtener Entscheid S. 10-18). Sofern der Beschwerdeführer kritisiert, die Vorinstanz sei auf die einzelnen Beschwerdeverfahren eingegangen, ohne ihm eine unangemessene Ausübung der Verfahrensrechte vorzuwerfen (Beschwerde S. 11), erfolgt diese Kritik unter der (falschen) Annahme, dass Grundlage für eine Entschädigung der amtlichen Verteidigung Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO sei ("angemessene Ausübung der Verfahrensrechte"). Wie bereits erwähnt, richtet sich die Entschädigung der amtlichen Verteidigung allein nach Art. 135 StPO (vgl. oben E. 2.2.2). Die Kritik erweist sich damit als unbegründet.  
 
2.2.13. Dass und inwiefern die Vorinstanz des Weiteren im angefochtenen Entscheid "zugegeben" haben soll, den Tatverdacht nicht ausreichend geprüft zu haben (vgl. Beschwerde S. 11), ist nicht ersichtlich. Vielmehr erwägt die Vorinstanz zutreffend, dass die Arbeit des Sachgerichts vorweggenommen würde, wenn Aussagen von Opfern im Beschwerdeverfahren bereits in kleinsten Details und mit allen Methoden geprüft würden (angefochtener Entscheid S. 12). Dies entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach im Haftprüfungsverfahren bei der Überprüfung des allgemeinen Haftgrundes des dringenden Tatverdachts (vgl. Art. 221 Abs. 1 Ingress StPO) keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen ist. Vielmehr ist zu prüfen, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften (vgl. BGE 143 IV 330 E. 2.1; 137 IV 122 E. 3.2; 116 Ia 143 E. 3c).  
Im Übrigen war die Überprüfung des dringenden Tatverdachts nicht Thema des vorinstanzlichen Entscheids, weshalb bereits aus diesem Grund auf die entsprechende Argumentation des Beschwerdeführers nicht einzutreten wäre (vgl. oben E. 1.3). 
 
2.2.14. Die Beurteilung der Vorinstanz, wonach im Vergleich zur erstinstanzlichen Würdigung dem Beschwerdeführer zusätzlich ein Aufwand von 28.25 Stunden zu entschädigen sei, ist ohne Weiteres haltbar. Das von ihr auf Fr. 30'925.-- (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzte Honorar für das Untersuchungs- und erstinstanzliche Verfahren liegt innerhalb des ihr zustehenden Ermessens und steht insgesamt in einem vernünftigen Verhältnis zu den vom Beschwerdeführer geleisteten Diensten. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer beanstandet die Kostenauflage im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren (Beschwerde S. 18 f.).  
 
3.2. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach ihrem Obsiegen und Unterliegen (Art. 428 Abs. 1 erster Satz StPO). Ob eine Partei als obsiegend oder unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Beschwerdeinstanz gestellten Anträge gutgeheissen wurden (Urteile 6B_870/2022 vom 28. Juni 2023 E. 1.2.3; 6B_707/2022 vom 20. Dezember 2022 E. 3.1; je mit Hinweisen).  
Bei der Regelung der Kostenfolgen verfügt das Sachgericht über einen weiten Ermessensspielraum. Da das Sachgericht am besten in der Lage ist, die Angemessenheit der Kostenverteilung zu beurteilen, auferlegt sich das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung. Es schreitet nur ein, wenn das Sachgericht den ihm zustehenden weiten Ermessensspielraum überschritten hat (Urteile 6B_870/2022 vom 28. Juni 2023 E. 1.2.4; 6B_601/2019 vom 31. Oktober 2019 E. 2.2; 6B_806/2019 vom 9. Oktober 2019 E. 2.3; je mit Hinweisen). 
 
3.3. Die Vorinstanz erwägt, die erste Instanz habe dem Beschwerdeführer Fr. 23'451.90 zugesprochen und dieser habe mit Beschwerde eine Entschädigung von Fr. 38'620.60 verlangt. Strittig seien somit rund Fr. 15'000.-- gewesen. Da der Beschwerdeführer davon knapp Fr. 7'700.-- erhalte, habe er zur Hälfte obsiegt (angefochtener Entscheid S. 31). In der Folge legt die Vorinstanz begründet dar, weshalb sie zum Ergebnis gelangt, der Beschwerdeführer sei für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren für insgesamt 7.5 Stunden à Fr. 250.-- (entsprechend Fr. 1'875.--) zuzüglich Fr. 25.-- Barauslagen und 7,7 % MWST zu entschädigen (angefochtener Entscheid S. 31-33).  
 
3.4. Der Beschwerdeführer setzt sich in seiner Beschwerde nicht hinreichend mit den vorinstanzlichen Ausführungen betreffend die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auseinander (angefochtener Entscheid S. 31-33). Weder bestreitet er, dass er im Beschwerdeverfahren zur Hälfte obsiegt hat (vgl. angefochtener Entscheid S. 31), noch legt er rechtsgenüglich dar, dass und inwiefern die Vorinstanz bei ihrem Entscheid Bundesrecht (namentlich Art. 428 Abs. 1 StPO) verletzt haben soll. Darauf ist mangels rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. oben E. 1.2) nicht einzutreten.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Caprara